Rise of the Triad - Test, Shooter, PC
"Eine Einsatzbesprechung? Ernsthaft? Du brauchst eine Einsatzbesprechung? Na, dann: Schieß auf alles, das sich bewegt." So plärrt mich das Spiel an, als ich auf "Mission Briefing" klicke. Und es hat ja Recht: Handlung? Figuren? Filmische Inszenierung? LOL! Natürlich könnte ich vom H.U.N.T.-Team sprechen, das auf irgendeiner Insel irgendeine kultische Bande ausspionieren soll. In Wirklichkeit interessiert das allerdings nicht die Bohne, weil ich einfach von Episode 1 Level 1 zu Episode 1 Level 2 usw. renne, um – genau – auf (fast) alles zu schießen, das sich bewegt. Inszeniert wird dabei jedenfalls gar nichts.
Im Fahrwasser von Doom
Kommt euch bekannt vor? Dann habt ihr vermutlich Rise of the Triad gespielt, das Mitte der Neunziger im Fahrwasser von Doom etwas Aufmerksamkeit erregte. Das Original sollte übrigens die Fortsetzung zu Wolfenstein sein, bis id Software das Projekt abschob.
Und was zeichnete einen Shooter anno '95 aus? Schnelle, unkomplizierte Action, die mit glaubwürdigen Schusswechseln so viel zu tun hat wie Michael Bay mit Erzählkino. Es geht
Frenetik
Ich find's prima! Im Zweifelsfall verzichte ich nämlich gerne auf realistische Bewegungen und Animationsphasen, wenn meine Figur dafür ohne Verzögerung auf Eingaben reagiert. Und genau das tut sie hier: In einem stürmischen Klick-und-tot ballere ich mich im Formel-1-Tempo durch abstrakte Keller, Höfe, Klöster, Gefängnisse, die alle der Blaupause "Bauen mit Vierecken" geschuldet scheinen. Deckung suche ich mir ohne Knopfdruck-Hilfe selbst und um Wunden zu heilen muss ich Essen finden, anstatt in einer dunklen Ecke auf den Verletzungs-Cooldown zu warten.
Kleine Höhepunkte sind große Hallen, in denen ich von mehreren Ebenen aus unter Beschuss genommen werde. Ich rede mir damit zwar den Mund fusselig, aber die Vertikale wird im modernen Shooter oft gnadenlos vernachlässigt. Motivierend sind viele Geheimnisse, die sich hinter abstrakten Schalterrätseln oder auf scheinbar unerreichbaren Plattformen verbergen sowie Fallen, denen ich geschickt ausweichen muss. Viel Spaß habe ich nicht zuletzt mit Anspielungen wie der herablassenden Bemerkung zur Einsatzbesprechung oder den einen Meter langen Schlüsseln, die unübersehbar auf Podesten rotieren.
So weit, so retro
Auf das Rülpsen nach dem Verschlingen eines heilenden Happens könnte ich dagegen ebenso verzichten wie auf die ständig gleichen Sprüche beim Aufheben einer großen Waffe. Witzig zumindest, dass ich mit einer Explosion die Teller anzünde; gebraten stellt das
Als kurzer, dreckiger Abstecher in die Zeit vor Half-Life macht das Laune – als ich vollends in der Vergangenheit angekommen war und tief durchgeatmet hatte, schaute ich jedoch genauer hin. Und wer das macht, dem wird schnell klar: Rise of the Triad geht auf seiner Zeitreise drei bis vier Schritte zu weit. Und zwar in allen erdenklichen Richtungen.
Uber-Retro
Die vielen aus dem Quadrat gestampften Grundrisse? OK, geschenkt. Allerdings wurden die Schauplätze in ihrer Gesamtheit recht einfallslos zusammengesteckt. Auch die Musikstücke kicken als Neuauflage der Oldies nur ein paar Minuten lang, bevor sie sich wie ein ungewollter Schlager vor dem Trommelfell einnisten. Ich ärgere mich außerdem darüber, dass fast alle schweren Waffen nur Abwandlungen eines Raketenwerfers sind.
Und dann kommen die Gegner: In einer geraden Linie auf mich zu laufende Pfosten, von denen erschreckend viele kein anderes Verhalten beherrschen als die "Luftlinientaktik".
Schießscheiben an Fäden
Richtig frustrierend wird das Erleben dieses spielerisch höchst dünnen Spießrutenlaufs in Verbindung mit den automatischen Speicherpunkten. Dass ich nicht eigenhändig sichern darf, sorgt spätestens auf den eigentlich interessanten hohen Schwierigkeitsgraden für minutenlange Wiederholungen. Zumal Rise of the Triad trotz neu hinzukommender Gegner kaum abwechslungsreicher wird oder spannender, sondern lediglich schwerer.
Der Vergleich hinkt, aber wo BioShock Infinite mit ebenso altmodischen Mechanismen ähnlich frenetische Action inszeniert, bietet es gleichzeitig eine große taktische und Bewegungsfreiheit. Rise of the Triad versucht hingegen nicht einmal, die an Fäden aufgehängten Zielscheiben zu kaschieren – ein, zwei Bosskämpfe sind die Ausnahme. Das ist selbst für eine Zeitreise zu wenig.
Wo sich das Original zudem durch einfallsreiche Mehrspielergefechte auszeichnete –
Schmerzhafter Verlust
... in der Theorie aber zumindest mehr als ich gesehen habe. Mir verweigert das Spiel nämlich auf zwei völlig verschiedenen Rechnern den Zugang zur Onlinewelt. Tatsächlich habe ich bis heute keine einzige Partie erlebt. Ein Patch soll die gröbsten Schnitzer ausmerzen, doch erstens warten Besitzer der GOG-Version noch immer auf das per Steam schon erhältliche Update und zweitens kann ich diesem Spiel, mit dem ich eine kurze Zeitlang einfach nur die Gegenwart ausblenden wollte, inzwischen kaum noch etwas abgewinnen – Patch hin oder her. Und das schmerzt viel mehr als der Verlust der Zeit, an die es erinnern will.
Fazit
Ein paar Minuten lang hatte ich richtig Spaß mit dieser Neuauflage! Ich bin durch rechteckige Labyrinthe gesprintet, habe mich über Schalterrätsel, schnelle Action und eine rasante Feuerprobe für meine Fingerfertigkeit gefreut. Doch so sehr ich die frenetische Action der alten Schule mag – hier steckt abseits der Schießbude viel zu wenig drin. Die krasse Gewaltdarstellung nutzt sich rapide ab, unheilvolle Spannung kommt nie auf, das Spiel kennt kaum Abwechslung und das einfallslose Verhalten der Gegner ist eine Katastrophe. So verkam die alte Schule immer mehr zum modernden Altbau. Ich kann dem neuen Rise of the Triad einiges nachgesehen, weil es manche Macken gleichzeitig imitiert und augenzwinkernd kommentiert – damit sammelt es Sympathien. Unterm Strich ist diese Hommage mit ihren groben Fehlern, allen voran der oft nicht funktionierende Mehrspieler-Teil, allerdings ernüchternd.
Pro
- schnelle Action, direkte Steuerung
- viele Rätsel und Geheimgänge
- explosive Waffen und witzige Extras sowie Anspielungen
- zahlreiche Grafikoptionen
Kontra
- sehr weit entfernte Checkpunkte, kein eigenhändiges Speichern
- strunzdummes Gegnerverhalten
- Figuren stecken in Wand/Decke fest und viele weitere Fehler
- auf vielen Rechnern keine Mehrspieler-Partien möglich
- einfallslose (sehr ähnliche) Waffen