CounterSpy - Test, Action-Adventure, PlayStation3, PS_Vita, Android, PlayStation4, iPad, iPhone

CounterSpy
22.08.2014, Jörg Luibl

Test: CounterSpy

NOLF als Sidescroller? Cool...

Imperialisten oder Sozialisten – wen wollt ihr infiltrieren? Am besten alle im Wechsel! Denn in CounterSpy (ab 12,99€ bei kaufen) müsst ihr beide Supermächte aufhalten, sonst gibt es einen Atomschlag auf den Mond. Das klingt seltsam? Ist es auch, aber die süffisant inszenierte Stealth-Action nimmt den Kalten Krieg ohnehin nicht so ernst. Ob sie trotzdem spielerisch überzeugt, verrät der Test.

Eines muss man Dynamighty lassen: Sie nutzen zwar die Wald-und-Wiesen-Unity-Engine für ihre Comic-Kulissen, aber das mit Stil. Schon das Intro weckt nostalgische James-Bond-Gefühle, der süffisante Humor erinnert an No One Lives Forever und das leicht verschrobene Figurendesign könnte auch aus Evil Genius stammen. Nur dass man hier selbst als Agent in gefährliche Anlagen eindringen und brisantes Material stehlen muss – das heißt jede Menge Kameras, fiese Wachen und klassisches Schleichen sowie Schießen.

James Bond lässt grüßen

Auf leisen Sohlen von links nach rechts: Dann kann man die Wache von hinten erledigen.
Zwar herrscht in erster Linie ein humoristischer Ton, sowohl hinsichtlich des Artdesigns als auch der kurzen Textdialoge, aber in den Ladezeiten gibt es auch interessante historische Informationen: Wer hat eigentlich den Kalten Krieg als Erster so genannt? Wie viel Dollar hat er die USA gekostet? Welcher Satellit war als Erster im All?

Während das Saxophon unbeschwerte Leichtigkeit suggeriert, steckt man als Geheimagent sehr schnell zwischen den ideologischen Fronten. Im Auftrag einer neutralen Agentur namens COUNTER soll man dafür sorgen, dass das atomare Wettrüsten zwischen Amerikanern und Russen nicht eskaliert.  Wie wahrscheinlich ein Erstschlag ist, wird durch fünf DEFCON-Stufen für jede ideologische Seite separat angezeigt: Bei einer  1 befindet sich die Hand von Mr. President oder dem Parteichef quasi schon über dem roten Knopf.

Auch schwere Waffen kommen zum Einsatz. Explosive Fässer? Sorgen für Rundumschaden. Feindliche Raketen? Kann man abschießen!
Aber wo soll man als Erstes infiltrieren? Das kann man sich vor jeder Mission aussuchen. Je nachdem, ob man bei den Imperialisten oder Sozialisten eindringt, kann man dort nicht nur den Alarmlevel senken, sondern auch spezielle Beute machen. Ob das in erster Linie Geld, Waffenblaupausen, Fähigkeiten oder Raketenpläne sind, wird vorher angezeigt – ideal für die Planung. Man startet lediglich mit einer kleinen Pistole, aber kann im Laufe der Zeit bis zu vier Waffen und drei Fähigkeiten pro Mission aktivieren, darunter bessere Panzerung, Kamerasabotage & Co.

Imperialisten gegen Sozialisten

Sehr motivierend ist in diesem Zusammenhang das System der Offiziere: Diese silbrig markierten Feinde kann man nämlich dazu nötigen, die allgemeine Alarmstufe zu senken. Aber nur, wenn man sie in einem Abschnitt ohne andere Wachen erwischt. Man muss den Bereich also erstmal bereinigen. Wenn man dann mit der Waffe auf sie zielt, gehen sie in die Knie und DEFCON sinkt z.B. von der gefährlichen 1 auf die mildere 2. Ein weiterer Offizier? Dann sinkt sie auf 3! Ein cleverer Designkniff, um die Balance zu gewährleisten und kluges Vorgehen zu forcieren.

Von links nach rechts erkundet man pro Level etwa ein halbes Dutzend kleinerer Räume, die sehr ansehnlich z.B. mit politischen Postern oder dicken Raketenköpfen im Hintergrund illustriert sind. Der Clou: Sie sind zufallsgeneriert. Wer also eine Mission wiederholen muss, wird sich zunächst wundern, weil alles etwas anders angeordnet ist. So steigt natürlich nicht nur die Spannung vor dem Öffnen einer Tür, sondern auch der Wiederspielwert. Wer alles an Geld, Waffenblaupausen und Raketenplänen einsacken will, sollte auch die verdeckten Nischen untersuchen. Allerdings ist die Levelstruktur alles andere als verschachtelt und sehr überschaubar, so dass man letztlich nicht viel erkunden kann. Außerdem klickt man Safes & Co quasi nur an, um etwas einzusacken - es gibt keinerlei Codes, Rätsel oder Fallen, die man austricksen müsste.

Seitwärts scrollende Stealth-Action

Und der Nachteil am eigentlich lobenswerten Zufallsfaktor ist zum einen, dass manche Levels ihre generischen

Kameras überwachen kleine Gebiete: Man kann sie meist einfach ausschalten, indem man auf sie schießt. Später tauchen sie allerdings in gepanzerter Form auf, dann muss man sein Arsenal aufrüsten.
Baukastenwurzeln nicht verhehlen können; je länger man spielt, desto mehr ähneln sich die Korridore.  Zum anderen können die Abschnitte plötzlich kniffliger und im schlimmsten Fall sogar unfair angeordnet sein – mal hat man nach dem Öffnen einer Tür nämlich sofort eine Deckungsmöglichkeit, mal wird man sofort gesehen, weil es kein Versteck gibt. Das ist wiederum schlecht designt.

Das Spiel inszeniert ansonsten klassische, aber eher arcadige als anspruchsvolle Stealth-Action: Wer den Analogstick behutsam nach vorne drückt, bewegt sich langsamer und leiser - so kann man z.B. Wachen von hinten erledigen. An speziell markierten Flächen darf man entweder hinauf klettern oder auf Knopfdruck in Deckung gehen. Die weichen Animationen und der Comiclook können sich sehen lassen. Sehr schön: Sowohl aus dem

Man kann zwar nicht in die Tiefe laufen, aber die Kamera schwenkt bei entsprechender Deckung dorthin: Feuer frei!
Hängen als auch dem Ducken heraus kann man Wachen packen, um sie hinab zu stürzen oder mit einem Faustschlag auszuschalten. Wegziehen und verstecken muss man sie nicht.

Langsam, leise und tödlich

Leider verhalten sich nachfolgende Wachen dabei manchmal sehr  dumm, so dass man aus der sicheren Position schon mal zwei, drei hintereinander ausschaltet – sie „sehen“ einen nicht, obwohl man zwei Meter vor ihnen den Kollegen platt gemacht hat. Hinzu kommt, dass sie nicht an Leitern klettern oder durch Schächte kriechen, um einen zu verfolgen, sondern immer nur in ihrer Ebene wachsam sind. So entstehen einige skurrile bis unlogische Situationen, wenn unter einem alles voll alarmiert ist und hin und her rennt, aber einen Meter weiter oben nix passiert. Das Spieldesign geht einige faule Kompromisse ein, die man natürlich ausnutzen kann.

Aber das Infiltrieren ist trotz der Statik kein Kinderspiel. Die Feind-KI hat zwar visuell Probleme, macht aber akustisch eine soliden Job: Sie reagiert z.B. sehr gut auf Geräusche. Nicht nur wenn man rennt, sondern auch wenn man einfach mal einen Safe explosiv öffnet oder eine Kamera ausschießt. Zur Spannung trägt auch bei, dass Kollegen misstrauisch werden und dass über Funk alarmiert wird – schaltet man denjenigen nicht früh genug aus, eskaliert es. Außerdem darf man sich nicht zu plump in offene Schussgefechte wagen, denn es wird auch mit schwerer Munition zurückgeschossen.

Ballern oder schleichen

Noch etwas Geduld, dann kann man die Wache greifen...
Counter Spy verlangt nicht die totale Perfektion des Schleichers. Es gibt also kein Trial&Error, sondern zwei Vorgehensweisen, um ins Ziel zu gelangen: subtil oder brachial. Und man kann quasi nahtlos wechseln. Selbst wenn eine Situation eskaliert, kann man sich in actionreichen Schießereien behaupten – von der Pistole bis zur Schrotflinte steht einem da alles zur Verfügung. In diesen Gefechten kommt zwar Arcade-Flair auf, wenn man Granaten zurückwirft oder feindliche Raketen aus der Luft abfeuert. Allerdings ist man beim Ballern sehr limitiert, auf die Deckungspositionen angewiesen und muss auch mal blind nach vorne feuern, weil man die Kamera nicht aktiv bewegen kann. So entstehen viele chaotische Schusswechsel. Man darf zwar nicht selbst in die Tiefe des Raumes gehen, aber bei entsprechender Deckung kann man zumindest in die Tiefe feuern – dann schwenkt die Kamera automatisch.

Die Levelstruktur ist nicht verschachtelt genug: Die Wege sind meist offensichtlich...
Leider gibt es einige Bugs: Da steht ein Feind mit der Bazooka vor einem, feuert zweimal und…stirbt dann selbst? Okay, das freut einen, aber ist genauso ein Fehler wie Wachen, die man einfach nicht anvisieren kann. Zwar bilden diese Situationen die Ausnahme, aber ganz sauber entwickelt wurde Counter Spy nicht. Hinzu kommen auch Grafikfehler wie z.B. Figuren, die komplett in Wänden verschwinden sowie ganz ärgerliche sporadische Abstürze – dann muss man Spiel und Mission neu starten.

Einige Ärgernisse

Auf den ersten Blick motivierend, aber nicht ganz ausgereift wirkt auch das Rivalen-Prinzip, wenn man online ist: Man bekommt angezeigt, dass z.B. „User X“ für diesen Abschnitt der Gegner ist. Dann gilt es seine Punktzahl von z.B. „1234“ zu schlagen, um eine besondere Belohnung zu bekommen. Hört sich gut an und sorgt auch dafür, dass man etwas gewissenhafter punktreiche Aktionen durchführt. Aber ich habe bisher immer sehr leicht jeden Kontrahenten schlagen können und nie etwas direkt im Abschnitt danach dafür bekommen, obwohl das versprochen wird...oder war darunter der Geldbonus zu verstehen?

Fazit

Aus der Deckung feuern, Wachen von hinten ausschalten und Kameras sabotieren – all das im coolen Comiclook. Das Abenteuer von Dynamighty entführt euch zunächst mit viel Stil in einen skurrilen Kalten Krieg. Man fühlt sich fast wie in einem Sidescroller zu No One Lives Forever. Sehr motivierend ist die Idee mit den beiden Alarmstufen und gelungen ist in diesem Zusammenhang das Einschüchtern der Offiziere. Bis hierher hatte das Spiel richtig gutes Potenzial! Aber obwohl die Kulisse cool, die Musik unbeschwert jazzig und das Spieldesign weitgehend flüssige Wechsel zwischen klassischem Schleichen und Baller-Action anbietet, fehlt es letztlich an Tiefe und Feinschliff. Man hat die einfach strukturierten Abschnitte sehr schnell durchschaut und sackt die Beute nach Schema F ein. Aufgrund der zufallsgenerierten Levels kann es zudem unfaire Situationen geben. Hinzu kommen einige Grafik- und KI-Bugs sowie sporadische Abstürze - das darf nicht sein! Auch das Rivalen-Prinzip kann sein kompetitives Potenzial nicht entfalten. Trotz dieser ärgerlichen Mängel inszeniert CounterSpy für knapp drei Stunden solide Stealth-Action mit Arcadeflair.

(Die Version für PS Vita soll unter technischen Problemen und langen Ladezeiten leiden; wir liefern die Wertung nach, sobald geprüft. Anm.d.Red.)

Pro

  • unterhaltsame Stealth-Action
  • zufallsgenerierte Levels
  • James-Bond-Flair und süffisanter Humor
  • markantes Artdesign, jazzige Musik
  • interessantes Game-Over-Prinzip
  • bessere Waffen & Fähigkeiten freischalten
  • motivierender Rivalen-Wettstreit
  • einmal gekauft, ist es auf PS3, PS4 und Vita spielbar inklusive Speicheraustausch

Kontra

  • keine freie Kamera
  • einige redundante Levelblöcke
  • teilweise chaotische Schusswechsel
  • kaum verschachtelte, schnell durchschaute Levelstruktur
  • zufallsgenerierte Räume können unfair sein
  • dumme Bugs (Feind-KI besiegt sich selbst mit Schrotflinte)
  • kleinere Grafikfehler (Figur in Wand/Kulisse)
  • ärgerliche sporadische Abstürze
  • nach knapp drei Stunden ist man durch

Wertung

PlayStation3

Trotz der ärgerlichen Mängel inszeniert CounterSpy angenehm kurzweilige Stealth-Action.

PlayStation4

Trotz der ärgerlichen Mängel inszeniert CounterSpy angenehm kurzweilige Stealth-Action.