Sid Meier's Ace Patrol - Test, Taktik & Strategie, iPhone, iPad, PC

Sid Meier's Ace Patrol
04.09.2013, Benjamin Schmädig

Test: Sid Meier's Ace Patrol

Schon auf iOS hob der Rote Baron unter Federführung von Sid Meier ab – jetzt rollen die Flugzeuge des Ersten Weltkriegs auch auf den Landebahnen der PCs. Weil die Steamversion vom Start weg sämtliche Inhalte bietet, ist sie dem Pay-to-Win des mobilen Spiels dabei klar überlegen. Oder?

Erfahrene PC-Spieler sind mit Sid Meier aufgewachsen: Pirates! und Civilization haben die Entwicklung der Spielewelt entscheidend geprägt – mit Ace Patrol konzentrierte der Veteran vor kurzem erstmals alle Kraft auf eine mobile Plattform. Denn die ist für Rundentaktik wie prädestiniert und das nutzt der Entwickler geschickt aus. Wenn auf überschaubaren Karten wenige Flugzeuge um Luftüberlegenheit ringen, liefern sie sich packende Gefechte.

Meier und Immelmann

Über Symbole in den umliegenden Hex-Feldern wählt man das Manöver der aktiven Maschine: Im Sturzflug rast sie drei Felder weit, mit einem Immelmann dreht sie sich einem Verfolger entgegen. Einen Feind in Reichweite ihrer Geschütze nimmt sie automatisch unter Beschuss – das Manöver sowie die Position zum Ziel bestimmen über den Schaden. Die Flughöhe spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, denn in Bodennähe sind trickreiche Manöver nicht möglich.

Um Leben und Tod geht es dabei leider nicht, denn abgeschossene Piloten kehren spätestens nach ein paar Missionen aus der Gefangenschaft zurück, Verwundete genesen im Lazarett. Überhaupt geht Ace Patrol sehr oberflächlich mit dem Szenario um: Piloten grinsen wie frisch eingeschulte Kadetten auf starren Fotos und der Krieg wird als harmloses Geplänkel inszeniert. Es gibt keine Filmszenen, keine historische Aufarbeitung mit wissenswerten Einblicken. Selbst spielerisch sind die Feldzüge der Franzosen, Briten,

Echte Asse bringe ihre Gegner mit trickreichen Manövern ins Schwitzen.
Amerikaner und Deutschen keine strategischen Frontverschiebungen, sondern eine Aneinanderreihung zufällig erstellter Standardaufgaben. Die Kampagnen gleichen sich zudem so sehr, dass man sie spielerisch und inhaltlich kaum auseinanderhalten kann.

Schlitzohre über den Wolken

Immerhin hat man vor jedem Gefecht die Wahl zwischen drei Einsätzen: Der Zufall erstellt Verteidigungsmissionen, offensive Schläge sowie risikoreiche Spezialaufträge. Mal müssen feindliche Frischlinge vom Himmel geschossen, mal ein Konvoi zerstört, mal ein Aufklärungsflugzeug oder der eigene Stützpunkt beschützt werden. Schön, das man nach Erreichen aller wichtigen Ziele noch feindliche Flieger zerstören oder sich über die Grenze zurückziehen kann. Das bringt weniger Erfahrungspunkte, rettet ein beschädigtes Flugzeug aber vor dem Abschuss – einige der gegnerischen Asse sind schon auf dem dritten von fünf Schwierigkeitsgraden gefährliche Schlitzohre.

Obwohl Verletzte und in Gefangenschaft geratene Piloten nach einigen Gefechten zum Dienst zurückkehren, sind die Kämpfe richtig spannend. Schließt man einen Einsatz nämlich ohne größere Schäden ab, darf man Grundwerte wie Geschwindigkeit oder Treffsicherheit einzelner Piloten verbessern. Abgesehen davon gehören gerade mal vier Männer und Frauen zum Geschwader, so dass der zeitweise Verlust fortgeschrittener Asse schmerzhaft sein kann. Frischlinge, die dann an ihrer Stelle abheben müssten, beherrschen weniger Manöver und stecken oft weniger Schaden ein.

Speichern statt Pay-to-win

Vielleicht gehört die Beschränkung auf wenige Piloten deshalb zum Konzept, weil man auf iOS sowohl die Heilung als auch die Rückkehr vom Krankenbett durch das Entrichten kleiner Beträge beschleunigen kann – das gibt es am PC zum Glück nicht mehr. Steamflieger dürfen außerdem drei Spielstände anlegen und jederzeit speichern. Das nimmt heiklen Situationen zwar den Biss, kann aber dort ein Rettungsanker sein, wo mehrere abgeschossene Piloten auf iOS das Pay-to-win praktisch erzwingen.

In der Hitze des Gefechts geht die Übersicht leider schnell verloren.

So oder so: Deutlich besser hätte dem Spiel das Rekrutieren neuer Piloten sowie der dauerhafte Verlust abgeschossener Asse gestanden. Immerhin entstand XCOM, das gerade die Bindung an hochdekorierte Soldaten hervorragend fördert, im selben Entwicklerstudio!

Überhaupt lässt Ace Patrol beim originalgetreuen Übergang von der mobilen Plattform auf den PC Federn. Das angebliche "Vollbild" ist z.B. nur ein maximiertes Fenster und die technische Qualität der Modelle, Texturen und Animationen ist ein Witz. Nicht einmal die Steuerung wurde angepasst: Menüschalter machen bei der Auswahl nicht „Klick“ und anstatt mit dem Mausrad zu scrollen, zieht man die von iOS bekannten Balken. Ace Patrol mutet ohne Zynismus an, als läuft es in einem rudimentären Emulator.

Es macht einfach nicht "Klick"

Die Umsetzung übernimmt deshalb ärgerliche Einschränkungen, die man gerade auf dem größeren Bildschirm besser lösen könnte. So entstehen nach wie vor unübersichtliche Situationen, wenn sich mindestens zwei Flugzeuge nah beieinander befinden. Mitunter

Gerade in dichten Wolkenfeldern entbrennen aufregende Duelle.
kann man zudem nicht erkennen, welchen Gegner der eigene Jäger eigentlich angreifen wird. Es stören auch die ständigen Kamerafahrten, weil es keinen festen Blick über das gesamte Einsatzgebiet gibt.

An einer empfindlichen Stelle wird das Spiel sogar gekürzt: Mehrspieler-Duelle sind nur noch vor einem Bildschirm möglich. Dabei hätten Onlinegefechte gerade diesem Spiel ausgesprochen gut gestanden! Die Entscheidung über die nächste Aktion ist nämlich auch bei maximal vier Flugzeugen schnell gefällt, so dass man vom dynamischen Rhythmus cooler Loopings und Sturzflüge gefangen genommen wird. Luftabwehr stellt Angreifer vor eine knifflige Herausforderung und weil feindliche Maschinen unsichtbar durch Wolkenfelder fliegen, entbrennen dort aufregende, taktisch geprägte Kopfduelle! Wer aus einer solchen Situation heraus in den Rücken eines Gegners stürzt und ihm dadurch massiv schadet, erlebt trotz aller Schwächen sehr aufregende Momente.

Eine einsame Spezies

Fazit

Ganz schön schwach, was Sid Meier hier abliefert! Denn technisch ist die Umsetzung seiner Flugzeugtaktik nur eine emulierte Version des iOS-Spiels: Es fehlen angepasste Menüs, eine PC-gerechte Technik – nicht einmal echtes Vollbild unterstützt Ace Patrol. Ärgerlich ist auch das Fehlen eines Onlinemodus', denn die flotten taktischen Gefechte bieten sich für Mehrspieler-Duelle geradezu an. Im Kern steckt nämlich anspruchsvolle Taktik mit wichtiger Charakterentwicklung, die cleveres Truppenschieben mit coolen Flugmanövern belohnt. Dass die Bezahloptionen auf Steam komplett fehlen, tut der Fliegerei dabei richtig gut, während fünf Schwierigkeitsgrade allen Anforderungen genügen. Zu einem guten Spiel wird Ace Patrol damit allerdings nicht: Dazu sind die Kampagnen dieses fröhlichen Weltkriegs mit seinen nichtssagenden Zufallsmissionen einfach zu belanglos.

Pro

  • fünf Schwierigkeitsgrade
  • anspruchsvolle Rundentaktik
  • Lexikon mit wichtigen Informationen jederzeit verfügbar
  • Wiederholungen...
  • taktisch wichtige Wolken und Luftabwehr-Felder
  • zahlreiche Flugmanöver
  • Piloten verbessern Fähigkeiten und Werte
  • verschiedene Auftragstarten
  • Gefechte für zwei Spieler an einem Bildschirm
  • drei Spielstände, manuelles Speichern

Kontra

  • einfallslose Gestaltung, keine Erzählung, kein historisches Flair
  • nahe Flugzeuge schwer zu unterscheiden
  • gewähltes Ziel wird nicht angezeigt
  • â€Å  die man leider nicht speichern kann
  • Zufallsmissionen statt strategischer Kampagne
  • wenige Piloten, Einsatzgebiete ähneln sich sehr
  • technisch ausgesprochen schwach
  • maximiertes Fenster statt echtes Vollbild
  • kein Onlinespiel
  • Steuerung und Bildausschnitt ohne Anpassung von iOS übernommen

Wertung

PC

Anspruchsvolle Taktik mit wichtiger Charakterentwicklung - die belanglose Kampagne und eine technische schwache Umsetzung stören aber den guten Kern.