Landwirtschafts-Simulator 2013 - Test, Simulation, 360, PC, PlayStation3

Landwirtschafts-Simulator 2013
12.09.2013, Michael Krosta

Test: Landwirtschafts-Simulator 2013

Bauer sucht Konsole: Nachdem Astragon schon seit einigen Jahren versucht, den PC-Spielern das Leben eines Landwirts näher zu bringen, rattern Traktoren, Mähdrescher & Co mit einer saftigen Verspätung jetzt auch auf der Xbox 360 und PS3. Ist die Umsetzung eine Bereicherung für die Konsolenwelt oder wünscht man sich, Sony und Microsoft hätten den Machern nie die Erlaubnis für die Simulations-Invasion erteilen sollen?

Im Prinzip bekommen Konsolen-Bauern eine 1:1-Umsetzung vom Landwirtschaftssimulator 2013, der in internationalen Gefilden auch einfach nur als Farming Simulator vertrieben wird. So geht man auch hier den alltäglichen Aufgaben wie Pflügen, Säen und Düngen nach, verdient Geld mit dem Getreideanbau sowie Viehwirtschaft (ohne Schweine) und investiert die hart erarbeiteten Einnahmen in die Vergrößerung des lizenzierten Fuhrparks, hochwertigere Maschinen oder in den Ausbau des Bauernhofs. So weit, so bekannt (siehe PC-Test). Einzige nennenswerte Unterschiede: Bei den Konsolenfassungen ist die US-Erweiterung mit einer neuen Farm und Karte bereits enthalten. Im Gegenzug wurde allerdings der kooperative Online-Modus gestrichen – aus welchen Gründen auch immer.

Kein Online-Koop mehr möglich

Ich weiß, dass die Reihe durchaus ihre Fans hat – die überirdischen Verkaufszahlen sprechen eine deutliche Sprache. Und ich kann auch im Ansatz eine gewisse Faszination nachvollziehen, wenn jemand Spaß daran hat, ganz entspannt auf dem Mähdrescher seine Runden zu drehen oder die Felder zu bestellen. Das ist Zen-Gaming in Höchstform – und ein krasser Gegensatz zu den meisten Konsolen-Produktionen, in denen es im Sekundentakt kracht und rummst. Aber das alles ist mir tausendmal lieber als das, was Astragon hier fabriziert hat, denn der Landwirtschaftssimulator stellt jede noch so starke Einschlaftablette in den Schatten. Das geht schon bei den Tutorials los, in denen ich immer und immer wieder das Feld auf und ab fahren muss – mal mit dem Pflug, mal mit der Saat-Maschine, mal mit der Düngerspritze. Es wartet immer der gleiche Trott. Und dann sooooo unfassbar langsam, weil man Tempovorgaben nicht überschreiten darf, da man die Anhängsel wie den Kartoffelernter sonst verlieren könnte.

Die Kuh macht Muh...und ich sag Buuuuh

Die Vehikel sind zwar schwach modelliert, aber immerhin überwiegend lizenziert.
Aber all das geht in Ordnung – immerhin sprechen wir hier von einer Simulation. Es gehört halt zum Leben eines Landwirten dazu, die Felder abzugrasen, Vieh auf die Weiden zu stellen und im Schneckentempo über die Straßen zu kriechen. Diesen Teil bekommt der Landwirtschaftssimulator hervorragend hin, auch wenn sich mir dabei nicht erschließen will, wie man angesichts dieser schrecklichen Monotonie Spaß empfinden soll. Bei der Physik hört es dann endgültig auf – sofern man das merkwürdige Fahrverhalten mit dieser „Super-Mittelachsenlenkung“ und der Bodenhaftung eines F1-Boliden überhaupt als solche bezeichnen kann. Es ist einfach nur ein Witz, wenn ich mit einem Anhänger eine fast hundertprozentige Steigung ohne Probleme meistern kann. Unfälle haben ebenfalls keine Auswirkungen – wer braucht bei einer Simulation schon ein Schadensmodell nach einem Überschlag oder dem fast erfolgreichen Versuch, eine Hauswand hoch zu fahren? Oder gar so einfache Dinge wie Reifenspuren im Feld?

Für Zusatzgeräte wie Anhänger, weitere Traktoren oder Aufsätze muss man lange sparen.
Weiter geht’s mit der kaum vorhandenen Kollisionsabfrage, bei der man einfach durch die wenigen Inzest-Passanten oder dicke Sträucher hindurch fährt. Immerhin: An den meisten Bäumen und Häusern greift die Kollisionsabfrage genauso gut wie an den unsichtbaren Grenzen der relativ großen Karten, bei denen man immer noch keine Wegpunkte setzen darf - top! Und noch eine lustige Geschichte: In regelmäßigen Abständen werden Missionen angeboten, sofern man die Option in den Einstellungen aktiviert hat. Diese laufen meist nach dem Prinzip „Bringe Ware von Punkt A nach Punkt B“ ab, orientieren sich dabei aber überhaupt nicht an der aktuellen Situation, in der ich mich gerade befinde. So sah mein erster Auftrag vor, dass ich eine Palette aufnehme und innerhalb einer knappen Zeitlimits ans Ziel befördere. So weit, so gut. Allerdings befand sich weder der nötige Gabelstapler-Aufsatz noch das entsprechende Vehikel in meinem Besitz. Kostenpunkt: knapp 25.000 Euro – bei einem aktuellen Budget von ca. 6.000 Euro. Aber ich habe mich auf das Spielchen eingelassen und einige meiner Start-Traktoren verkauft, um mir die Ausrüstung leisten zu können. Beim Versuch, die Gabeln anzukoppeln, passierte mir das Missgeschick: Ich habe sie berührt und den Aufsatz aus Versehen leicht umgestoßen. Danach hatte ich weder die Chance, das blöde Teil anzukoppeln noch konnte ich es irgendwie wieder aufrichten. Einzige Lösung: Ich musste die Neuware für die Hälfte des Anschaffungspreises wieder verkaufen und mir einen neuen Gabelaufsatz bestellen. Ja, so macht Landwirtschaft Spaß!

Kollisionsabfrage: Totaaaaal überbewertet

Eigentlich glaubt man zu Beginn, dass die Menüs an Hässlichkeit kaum noch zu überbieten sind. Doch sobald man zum ersten Mal frei die ländliche Kulisse erforschen darf, wird schnell klar: Schlimmer geht immer! Meine Güte, wie kann man im Jahr 2013 den Käufern eine so dermaßen miese Grafik und Technik zumuten? Schon als „Standbild“ führt die leblose Kulisse mit ihren detailarmen Feldern, Fachwerkhäusern und grob modellierten Maschinen zu ersten Brechreizen.



Geht es noch hässlicher?

Jedes Vehikel verfügt auch über eine Innenansicht.
Doch kommt erst Bewegung ins Spiel, offenbart sich das ganze Ausmaß der Technik-Katastrophe: Die Bildrate geht ständig in die Knie, das starke Kantenflimmern brennt sich in die Augen und jeder Meter vorwärts wird von abartigen Pop-ups begleitet, die man selbst in der Psone-Ära besser im Griff hatte. Zusammen mit der fehlerhaften Kollisionsabfrage und fürchterlichen „Fahrphysik“ ist der Landwirtschaftssimulator damit ein Paradebeispiel, was man im Technikbereich alles falsch machen kann. Ach, nehmen wir den Sound doch gleich auch noch mit dazu: Die Aufnahmen der Motoren und anderer Geräusche  wirken durch die Bank billig und man hört deutlich, dass hier nur kurze Schleifen der Samples abgespielt werden. Einen Unterschied zwischen Cockpit- und Außenansicht hört man selbstverständlich nicht. Radios oder MP3-Player sind im Rahmen der virtuellen Landwirtschaft scheinbar ebenfalls verpönt. Wer will auch angesichts dieser wunderbaren Ratter-Toktok-Dauerschleifen noch Musik hören?

Aufgrund der dämlichen KI kann es schon mal zu Unfällen kommen.
Das Einstellen eines Gehilfen ist eine willkommene Funktion, wenn man mal keine Lust hat, sich selbst um die Feldarbeit zu kümmern – was bei mir in der Regel schon nach spätestens fünf Minuten der Fall war. So konnte ich in Ruhe im Internet surfen oder eine Pinkelpause einlegen, während sich mein „Sklave“ abgerackert hat. Problem dabei: Einerseits verlangt der Kerl einen ganz schön hohen Minutenlohn und andererseits versagt er unter bestimmten Umständen vollkommen. Hat man sich z.B. kreuz und quer durch ein Feld gemäht und übergibt die Arbeit anschließend an einen Assistenten, ist dieser völlig verwirrt, wendet an unsinnigen Stellen und mäht sich einen völligen Mist zusammen. Aber KI-Routinen zählen generell nicht zu den großen Stärken von Entwickler Giant Software GmbH – eine Feststellung, die durch das Verhalten der Autofahrer unterstrichen wird. Diese tuckern auf der einen Seite meist schön brav hinter meinem Traktor in ihren Karossen her, die zwar eine unverschämt frappierende Ähnlichkeit zu Modellen von BMW, Mercedes & Co aufweisen, aber offiziell nicht lizenziert wurden. Die Idee, mich selbst auf einer langen Gerade ohne Gegenverkehr zu überholen, kommt ihnen dabei nicht in den Sinn.

Der Freund und Helfer

Die US-Erweiterung ist auf den Konsolen enthalten - der Mehrspielermodus wurde allerdings gestrichen.
Nur manchmal geht das Temperament mit den KI-Fahrern durch: So wurde ich z.B. hin und wieder rücksichtslos über den Haufen gefahren und war erstaunt, wie sehr doch so ein kleiner PKW selbst bei niedrigem Tempo mein schweres Gefährt samt Hänger ins Schleudern bringen kann. Andererseits bleiben sie ganz ruhig, wenn ich im Gegenzug auf Kollisionskurs gehe und wie ein Monster-Truck über ihre Köpfe hinweg fahre. Aber warum auch aufregen? Ohne Schadensmodell kann ja nichts passieren – außer, dass man sich ineinander verkeilt, was innerhalb der Redaktion zusammen mit den wahnwitzigen Stunt-Aktionen im Rahmen der lächerlichen Fahrphysik für fröhliches Gegacker gesorgt hat. Und damit hat der Landwirtschaftssimulator 2013 doch noch etwas Gutes. Ein bisschen zumindest...

Fazit

Ohne Witz: Ich hatte beim Testen von Landwirtschaftssimulator 2013 oft damit zu kämpfen, nicht während des Spielens einzuschlafen. Immer schwerer wurden meine Augenlider und die zunehmende Gähnfrequenz war nicht etwa Folge von Sauerstoff- oder Schlafmangel, sondern weil das virtuelle Leben als Bauer Heinrich einfach so unglaublich schnarchlaaaaaaaangweilig ist. Wenn ich immer wieder mit dem Trekker die Felder auf und ab fahre, schön den Tempomat einschalte oder Heuballen lege, kann das durchaus entspannender wirken als so manche Beruhigungspille. Eigentlich kann ich das dem Spiel nicht mal negativ ankreiden, obwohl das Leben als Bauer (hoffentlich) einen Hauch aufregender ist als es hier dargestellt wird. Ach, bestimmt: Immerhin muss man sich in der Realität nicht mit einer solch grottigen Fahrphysik herumschlagen und darf bei der Arbeit auch Musik hören. Oder Motoren, die wirklich wie echte Motoren klingen und nicht nur aus einem Billig-Sample bestehen. Zudem dürfte selbst das langweiligste und abgelegenste Feld besser aussehen als das, was Giant Software hier technisch aus PS3 und 360 „herausholt“: Mit starken Bildrateneinbrüchen, heftigen Flimmerkanten, kaum vorhandenen Texturen, schwachen Fahrzeugmodellen und Pop-ups ohne Ende ist das Ding eine einzige Katastrophe, die von der dämlichen KI komplettiert wird. Nö, dieser Schrott kann mir gestohlen bleiben und ich hätte nichts vermisst, wenn Astragon von einer Veröffentlichung auf PS3 und 360 abgesehen hätte. Hoffentlich bleibt der Landwirtschaftssimulator die Ausnahme, aber ich ahne Furchtbares...

Pro

  • Aufgabenfeld von Landwirten wird gut eingefangen und umgesetzt
  • viele lizenzierte Vehikel und Zubehör
  • Tutorials und Hilfen
  • US-Erweiterung bereits enthalten
  • im Ansatz brauchbares Bau- und Wirtschaftssystem
  • Tag-/Nachtwechsel und verschiedene Witterungsbedingungen
  • Cockpitansicht
  • für Zuschauer durchaus lustig...

Kontra

  • grottige Fahrphysik
  • fehlerhafte Kollisionsabfrage
  • dämliche Helfer-KI (...unter bestimmten Umständen)
  • einschläfernder Spielablauf
  • kooperativer Onlinemodus wurde gestrichen
  • mitunter starke Einbrüche der Bildrate
  • detailarme Kulissen
  • ...für den Spieler eher weniger
  • starkes Kantenflimmern
  • billige Soundeffekte bei Motoren und Umwelt
  • kein Schadensmodell
  • Autofahrer-KI schwankt zwischen dumm und rabiat
  • Geldverdienen benötigt viel zu viel Zeit und Aufwand
  • extrem langsamer Bildaufbau mit zahlreichen Pop-ups
  • hässliche Menüs
  • Wegpunkte dürfen nicht gesetzt werden
  • knappes Zeitlimit bei Missionen
  • Missions-Angebote werden nicht an aktuelle Situation angepasst
  • keine Reifenspuren

Wertung

360

Der Landwirtschaftssimulator haut mehr rein als jede Schlaftablette und ist technisch unter aller Sau - und das, obwohl Schweine in der Viehwirtschaft immer noch fehlen.

PlayStation3

Der Landwirtschaftssimulator haut mehr rein als jede Schlaftablette und ist technisch unter aller Sau - und das, obwohl Schweine in der Viehwirtschaft immer noch fehlen.