Armored Core 5: Verdict Day - Test, Shooter, 360, PlayStation3

Armored Core 5: Verdict Day
17.10.2013, Eike Cramer

Test: Armored Core 5: Verdict Day

Riesige, düsengetriebene Kampfmechs,  die sich in schnellen Gefechten mit einem gigantischen Waffenarsenal beharken? Eine 60-Missionen-Kampagne plus Online-Welteroberung? Freie Individualisierung der Kampfmaschinen? Klingt nach einem Kandidaten für das Spiel des Jahres! Warum Armored Core 5: Verdict Day genau davon Lichtjahre entfernt ist, klärt der Test.

Mechs faszinieren mich. Seien es die schwerfälligen Stahlkolosse des Battletech-Universums, die gigantischen EVAs aus Neon Genesis Evangelion oder die Jaeger aus Pacific Rim: Wenn sich ein Pilot in das Cockpit eines Kampfläufers schwingt, ist ihm meine Aufmerksamkeit erst einmal sicher.

Faszination Mechlabor

Auch die fixen Mechas aus Armored Core sind da keine Ausnahme. Die mit Düsen versehenen, haushohen Kampfmaschinen, die sich mit einem riesigen Waffenarsenal bearbeiten und dabei behände von Haus zu Haus springen, sind wirklich cool. Auch die umfangreiche Individualisierung der Kolosse, bei der ich von den Beinen bis zum Kopf alles selbst zusammenstellen und sogar die letzte Schraube noch umlackieren kann, ist interessant. Welche Waffenkombination ist effektiv für die nächste Mission? Welche Raketenwerfer nehme ich mit und passt Rot nicht doch besser zu meinem eigenen Wappen als Blau?

Die Kulisse "nicht zeitgemäß" zu nennen kommt einer Verharmlosung gleich. Die Umgebung ist wirklich hässlich.
Diese Faszination endet jedoch abrupt wenn die erste Mission geladen wurde. In hässlicher grau-brauner Kulisse, die mit einem furchtbaren Grain-Filter überzogen wurde, wird man in lieblose Missionen geschmissen. Diese könnten generischer nicht sein: Feinde zerstören, viele Feinde zerstören und etwas beschützen und dabei Feinde zerstören; Abwechslung sieht wirklich anders aus. Dazu gesellt sich ein völlig überladenes HUD und eine teilweise krampfige Steuerung. Im Gefecht macht Armored Core: Verdict Day wahrlich keine gute Figur.

Grau-Braun der vorletzten Generation

Zudem ist die Gesamtzahl der Einsätze zwar beeindruckend, wenn die gängige Sonderbelohnung aber „Schaffe die Mission unter drei Minuten“ lautet, dürfte klar sein, dass das eher Schein als Sein ist. Die meisten Schießbuden sind tatsächlich nach zwei bis drei Minuten vorbei. Dafür darf man diese aber gerne dreimal erleben. Grinding wird nämlich nach wie vor groß geschrieben.

Auch die Gefechte gegen andere Armored Cores (wie die Mechas hier heißen) sind meist kurzlebige Begegnungen in engen Arenen. Diese Gefechte sind aber wenigstens knackig – zumindest bis man gelernt hat die Briefings zu lesen und aus der  Waffenkonfiguration des Gegners den Typ der eigenen Panzerung ableiten kann. Dann besteht auch so ein Kampf aus wildem Herumspringen, während man alle Abzüge durchgedrückt hält.   

Kämpfe gegen andere Armored Cores sind die Highlights der drögen Kampagnenmissionen.
Einzig die zehn Hauptmissionen knacken die Fünf-Minuten-Marke. Spannend sind diese allerdings auch nicht, zumal von einer echten Handlung keine Rede sein kann. Reaper Squad, Türme, drei Fraktionen, Söldner – äh wie bitte? Die Geschichte von Verdict Day als „verworren“ zu bezeichnen, wäre ein Euphemismus und den Inhalt sucht man zwischen Kriegs-Plattitüden mit der Lupe. Interessant oder gar spannend ist hier ohnehin nichts. Etwas mehr Mühe hätte man sich ruhig geben können, wenn man schon mit 60 Einzelspieler-Missionen protzt.

„Rahmenhandlung“

Der Fokus liegt aber, wie schon bei Armored Core 5, auf dem Mehrspieler-Part. Bereits zu Beginn sollte man einem Clan beitreten, der sich wiederum einer der drei Hauptfraktionen anschließt. Diese kämpfen auf einer Weltkarte um die Vorherrschaft, auf der sowohl PvP- als auch PvE-Gefechte ausgetragen werden können. Zudem könnten alle Einzelspieler-Missionen kooperativ angegangen werden, ja sogar freie Söldner könnten zu Missionen eingeladen werden.

Könnten. Jeder meiner Versuche ein Online-Spiel zu starten, sei es ein Ranglistenmatch, eine Territorien-Verteidigung oder eine kooperative Mission, scheiterte an fehlenden Spielern. Dies ist nicht die Schuld der Entwickler, die einen wirklich umfangreichen Mehrspielerpart bereitstellen. Als Käufer sollte einem aber klar sein, dass man wohl ein paar Freunde zur Clangründung animieren sollte, um diesen in unseren Gefilden auch vernünftig nutzen zu können.

Die Menüs sind das Tüpfelchen auf dem I des schlechten Spieldesigns. "Intuitiv" geht wahrlich anders.
Als Freund-Ersatz können stattdessen auch halbautonome ACs in die Schlacht geführt werden. Diese UNACs können dabei genauso detailliert gestaltet werden wie die eigene Kampfmaschine. Zudem ist es möglich die KI-Routinen der Blechkameraden bis ins kleinste Manöver einzustellen. Wie soll auf welche Gegnertyp reagiert werden, welcher Arm wann abgefeuert, welche Route wann gewählt werden? Das ist cool, auch wenn man irgendwie das Gefühl bekommt, man legt hier die KI an, die eigentlich die Entwickler hätten implementieren sollen.

Der Bot an meiner Seite

Das Problem dabei ist das Menü, das, wie alle anderen im Spiel, furchtbar gestaltet ist. Sei es die Werkstatt, der Shop oder die Farbauswahl: Jedes Menü glänzt mit langen Ladezeiten, ist völlig überladen, behält sich wichtige Hinweise vor und macht mir die Bedienung so schwer wie nur möglich. Absolutes Highlight dieser Oberfläche des Grauens ist die KI-Programmierung der UNACs, bei der ich teilweise nicht mal wusste, wie sich die nächste Unterkategorie öffnen lässt. 

Fazit

Liebe Entwickler von From Software, ich bin wirklich sauer. Ich weiß, dass ihr das besser könnt. Ja, Armored Core ist nicht Dark Souls, aber reißt euch doch mal zusammen! Es steckt ungeheures Potential in Verdict Day: Die Möglichkeit sich aus unzähligen Elementen taktisch eine eigene Kampfmaschine zu erstellen und mit dieser einen umfangreichen Mehrspieler-Modus (mit Welteroberung!) sowie viele Einzelspieler-Einsätze zu durchleben ist faszinierend. Das Design der Kolosse ist gelungen und auch die Handhabung ist im Kern solide! Alles andere, vor allem Grafik, Story, Missionsdesign und Menüs sind es aber nicht! Die grau-braune Langeweile wird nur die allerhärtesten Mecha-Fans hinter dem Ofen hervorlocken können. Gerade weil sich die Kampfmechanik den Vergleich mit Hawken gefallen lassen muss, muss hier mehr passieren, wenn man auch nur in die Nähe einer unterhaltsamen Spielerfahrung kommen will.

Pro

  • umfangreicher Mechbaukausten mit unendlichen Möglichkeiten
  • großer Mehrspielermodus mit Welterberung und eigenen Territorien
  • gute Clan-Struktur im Mehrspielermodus
  • alle Missionen können kooperativ angegangen werden
  • UNAC-Programmierung möglich

Kontra

  • veraltete Kulisse mit grausamem Grain-Filter
  • generisches und langweiliges Missionsdesign
  • verworrene und schwache Geschichte
  • furchtbare Menüs (vor allem bei der UNAC-Programmierung)
  • etwas sperrige Steuerung
  • Missionen sind zu kurz und schwach inszeniert
  • Grinding von Nebenmissionen ist nötig

Wertung

PlayStation3

Hässlich, generisch, langweilig: Auch der coole Mechbaukasten rettet Verdict Day nicht vor dem Absturz.