Super Mario 3D World - Test, Plattformer, Wii_U

Super Mario 3D World
20.11.2013, Jan Wöbbeking

Test: Super Mario 3D World

Die neuen Konsolen protzen mit Technik, die Wii U kontert mit guter Laune: Im Nachfolger zu Super Mario 3D Land flitzen bis zu vier Spieler in Katzenkostümen durch quietschbunte Welten. Der ultimative Party-Hüpfer oder nur aufgeblasenes Recycling vom 3DS?

Was für ein Ohrwurm: Seit ich am Sonntag mit Super Mario 3D World (ab 24,99€ bei kaufen) angefangen habe, geht mir die Titelmelodie nicht mehr aus dem Kopf. Oft kann ich gar nicht anders, als sie laut mitzupfeifen. Sie ist das ideale Sinnbild der guten Laune, welche mich sofort einlullt, wenn ich den Titel spiele. Konsole an, Mario starten und dann einfach nur unkomplizierten Spaß haben – wie in guten alten Zeiten.

Spielbare gute Laune

Vor ein paar Tagen befürchtete ich noch, dass sich Nintendo nach all den 2D-Marios zu sehr aufs Recycling verlässt und nur eine aufgeblasene Version von Super Mario 3D Land für die Wii U abliefert. Doch ich habe Nintendos Studio EAD Tokyo unterschätzt, welches auch das geniale Super Mario Galaxy schuf: So gut wie jetzt fühlte ich mich schon lange nicht mehr nach dem Durchzocken eines Spiels. Nach anfänglicher Skepsis hat mich Mario mich wieder voll in seinen Bann gezogen, so dass ich gar nicht mehr aufhören konnte.

Kampf um den Kopfschmuck: Wer im Koop-Spiel die höchste Punktzahl erreicht, bekommt eine Krone und Bonus-Punkte in nächsten Level.
Zu Beginn verdirbt  - wer hätte es gedacht – wieder mal Bowser die Party. Diesmal entführt er ein Grüppchen Feen – wie einfallsreich! Das Schöne an der simplen Story ist aber, dass sie sich komplett im Hintergrund hält und Platz für das spielerische Erlebnis macht. Von den kurzen, textlosen Zwischensequenzen abgesehen dreht sich alles ums Hüpfen, Zuschlagen und Entdecken. Das Geschehen wird wie auf dem 3DS meist aus einer isometrischen Perspektive eingefangen. Auf dem kleinen 3D-Schirm von Nintendos Handheld ergab das Sinn, hier habe ich mich zunächst geärgert: Warum bewegt sich Nintendo noch weiter weg von der traumhaft freien Kamera eines Super Mario Sunshine? Warum keine klassische Perspektive, welche mich wie in den Galaxy-Teilen so intensiv in die Fantasiewelt versetzt?



Schon wieder die olle Kröte!

Die Antwort lautet: Multiplayer. Wer möchte, kann fast jederzeit bis zu drei Mitspieler einsteigen lassen, um mit ihnen das komplette Spiel durchzuzocken. Das funktioniert leider nur lokal, dort aber richtig gut. Anders als bei den letzten Mehrspieler-Marios friert der Bildschirm bei Treffern zum Glück nicht ein. Außerdem kommt man sich nicht so häufig in die Quere wie in den 2D-Marios oder bei Rayman Legends: Die schmalen Levels bleiben überschaubar, besitzen trotzdem genug Platz zum Ausweichen sind wie gemacht für lustige Koop-Sessions. Nur ab und zu verschwindet einer der Spieler aus dem Bild, was aber auch nicht allzu schlimm ist, weil er kurz danach in einer Blase wieder herbei schwebt – dazu später mehr.

Beim Design haben die Entwickler sich selbst übertroffen: Nachdem ich in der idyllischen Oase über Treibsand und ein paar schmale Pfade balanciere, treffe ich auf einen der knuffigsten Gegnertypen der Spielgeschichte: Eine Herde langhälsiger Pickvogel neigt ruckartig den Hals, um Mario kleinzuhacken. Da ich schnell genug bin, zische ich gerade noch rechtzeitig unter ihnen her und springe ihnen nur sehr widerwillig auf den Kopf, weil sie einfach zu putzig aussehen. Ähnlich süß sind die kleinen Gumbas, welche in einem großen Schlittschuh über eine Eisfläche im Winterlevel düsen. Ein Sprung auf den Kopf und schon sitzt der kleine Mario im viel zu großen Schuh. Das schnelle Düsen übers Eis erweist sich vor allem beim Einsammeln von verschwindenden roten Münzen als nützlich.

Akute Kariesgefahr

Auch anderswo kommt es darauf an, Marios Anzüge und Extras geschickt zu nutzen. Unter Wasser z.B. hüpfe ich zunächst mit gutem Timing an einen Bonus-Block, um die Feuerblume und kein anderes Extra zu erwischen. Ich verwandle mich, räume ein paar Fische mit klassischen Feuerbällen aus dem Weg und Bingo: Dahinter liegt eine versteckte Röhre. Also nichts wie rein in den Bonus-Raum. Ich decke mich mit Münzen ein und schnappe mir außerdem eine Kanonenverkleidung, welche unentwegt Kugeln ausstößt. Da fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Im Raum vorher gab es doch ein paar Risse in der Wand!

Die langhälsigen Pickvögel in Aktion.
Ich tauche zurück, zerdeppere die Wand und schnappe mir einen der grünen Bonus-Sterne, von denen in jedem Level drei Stück verstreut sind. Die meisten davon sind unheimlich geschickt versteckt. Wenn ich ein wenig die Augen offen halte, finde ich immer wieder vorbildlich eingebaute Hinweise: Mal blitzt z.B. abseits des Weges eine verdächtige Plattform auf. An anderer Stelle lässt sich die eigentlich zu hohe Mauer mit dem neuen Katzenanzug erklimmen oder über andere Umwege erreichen – ein Riesenspaß!



Klettertouren als Stubentiger

Die Katerverkleidung ist der Star des Spiels – und zwar nicht nur, weil Mario ein abgeschlossenes Level mit einem herrlich albernen „Miaaauu!“ beendet oder wie ein echter Stubentiger mit erhobenem Schwanz über die Weltkarte trippelt. Das Emporklettern an beweglichen Gittergerüsten und anderen Oberflächen erleichtert einige Passagen deutlich. Trotzdem ist das Extra nicht übermächtig: Anderswo ist es schließlich nützlich, stattdessen mit dem Waschbärenanzug über lange Abgründe zu schweben oder Gegnergrüppchen aus der Distanz mit Feuerbällen aus dem Weg zu räumen.

Miaaaauu!
Da die regulären Levels ähnlich wie in Rayman Legends einen angenehm fairen, mittleren Schwierigkeitsgrad besitzen, entwickelt sich ein guter Spielfluss. Der Umfang ist eine ganze Ecke üppiger als auf dem 3DS. Grob geschätzt brauchte ich zum Durchspielen etwas mehr als zehn Stunden. Steigen andere Mitspieler ein, geht es deutlich einfacher und schneller, da sie nicht nur im Kampf mithelfen, sondern wie gehabt auch eine kleine Lebensversicherung darstellen. Stirbt einer der Teilnehmer, schwebt er kurz danach in einer Blase ins Bild, aus der er sich per Knopfdruck an den Ort seiner Wahl plumpsen lassen kann.

Gemeinsam sind sie stark

Wenn es z.B. an der Tür klingelt, kann sich ein Mitspieler auch kurz per Knopfdruck in eine Blase zurückziehen, um kurz danach wieder einzusteigen. Legen bis zu vier Spieler zusammen los, entfaltet sich ein herrlich lustiges Gewusel. Jeder schnappt sich eine der Figuren wie Luigi, Toad oder die Prinzessin und los geht’s! Letztere ist etwas langsamer, kann dafür von Haus aus ein Stückchen schweben und auch die anderen beiden besitzen ein dezent abweichendes Handling. Damit es nicht allzu leicht wird, gibt es natürlich einige enge Hüpfpassagen, in denen man sich schon mal in die Quere kommt. Oder ich hebe versehentlich einen Mitspieler in die Luft und schmeiße ihn in den Abgrund: Das Hochheben liegt schließlich auf dem gleichen Knopf wie das Sprinten.

An Abwechslung mangelt es nicht: Es gibt Rennstrecken zu Land und Wasser, Arcade-Shooter aus der Draufsicht, einarmige Banditen und vieles mehr!
Das Übernehmen des Sprint-Knopfes vom 3DS ist eines der wenigen Fehlentscheidungen im Spiel. Das Wii-U-Gamepad besitzt schließlich einen viel feinfühligeren Analogstick als das Schiebepad des Handhelds. Nur auf Knopfdruck düsen Mario & Co schnell durch die Levels; nach ein paar Metern zünden sie sogar eine Art Turbo-Stufe wie in einem Rennspiel. Durch diese Abstufungen fühlt sich die Handhabung nicht ganz so intuitiv und leichtfüßig an wie in Marios früheren 3D-Spielen. Auch die schräge Kameraperspektive erschwert manchmal das Hüpfen. Meist kann ich die Kamera zwar in zwei Stufen nach hinten oder in eine seitliche Sicht ändern, oft darf ich sie aber auch gar nicht beeinflussen. Die Perspektive lässt sich auf Wunsch zwar ein wenig durch die Bewegungssteuerung des Gamepads korrigieren, doch das eignet sich eher zum Absuchen der Umgebung nach Extras und ist keine echte Alternative zu einer freien Kamera. Zum Glück ist all das Kritik auf hohem Niveau, denn die Steuerung flutscht trotzdem noch besser als bei Sly Racoon, Sonic Lost World und der übrigen Konkurrenz. Als ich mich an die Eigenheiten gewöhnt hatte, turnte ich auch wesentlich entspannter eleganter durch die Welt als im Vorgänger für den 3DS.



Steuerungsmacken in einem Mario-Spiel?

Nachdem ich beinahe alle Levels durchgespielt habe, muss ich viele Exemplare noch ein zweites Mal besuchen, um genügend grüne Sterne für den Bosskampf zu sammeln. Für meinen Geschmack hätte Nintendo die Hürde ruhig ein wenig niedriger setzen können, nervig wird es aber nicht, weil die Levels sehr viel Abwechslung bieten. Mal rase ich auf dem Rücken eines Loch-Ness-Monsters einen Wasserfall hinunter und entdecke geheime Abkürzungen – anderswo erspiele ich mir die wertvollen Sterne mit gut platzierten Ballwürfen. Ähnlich gelungen wirken Toads kleine rotierbare Rätsel-Levels, welche ein wenig ans 3DS-Spiel Pullblox erinnern. Nur aus der richtigen Perspektive entdecke ich die kleinen Stege und Durchgänge. Auch die Bosskämpfe machen Spaß. Einige werden zwar recycelt, doch beim Sprung über akrobatische Sandmonster und Bowsers Feuerbälle ist gutes Timing gefragt.

Ein Arena-Kampf nach Mario-Art.
Die bunten Plattformwelten sind nicht nur mit viel Liebe zum Detail gestaltet, sondern flutschen auch technisch bemerkenswert sauber und flüssig über den Schirm. Alles wirkt knackig scharf und auf glatten Oberflächen gibt es hübsche Spiegelungen zu entdecken. Am Rande des Geschehens tanzen sogar die Blumen und niedlich animierte Vögel im Takt der Musik. Außerdem gab es bei unserem Spiel nicht mal einen Anflug von Bugs oder technischen Problemen. Auch die Musikuntermalung bietet wieder ähnlich viel Abwechslung und Ohrwurmelodien wie in den beiden Galaxy-Teilen. In der Wüste gibt es exotische Instrumente zu hören, in der offenen Prärie wecken beschwingte Orchesterklänge die Lust am Entdecken und unter der Erde wartet ein gelungener Remix der bekannten NES-Melodie.

Auf Hochglanz poliert

Schade, dass Nintendo den Sprung ins Online-Zeitalter noch immer nicht ganz geschafft hat und man nur mit Freunden vor der eigenen Konsole loslegen kann. Im Gegenzug darf man immerhin gegen den eigenen Geist oder die Figur eines anderen Miiverse-Nutzers antreten. Letzterer muss das Level vorher gemeistert haben, ohne ein Leben zu verlieren. Die Figur huscht dann exakt so vor einem durchs Level wie im entsprechenden Durchgang. Wie gut die Funktion und eine im Spiel erwähnte Bestenliste im Detail funktioniert, können wir noch nicht beurteilen, da das Spiel erst in am Freitag kommender Woche erscheint. Bislang tauchten Geister nur sporadisch auf und die Anleitung bleibt bei der Beschreibung des Features vage. Die Gegner werden aber nur automatisch vermittelt, so dass man sich keine selbst herausgepickten Geister herunterladen kann – schade.

Häschen hüpf: Das Verhalten der Mäuse gibt manchmal nützliche Hinweise.
Ein weiteres Online-Extra sind die in den Levels versteckten Stempel: Mit ihnen lassen sich Miiverse-Beiträge aufpeppen. Wer eine Herausforderung sucht, kann sich auch wieder auf einige extraknackige Levels freuen. Beim Balanceakt über tödliche Bodenwellen, rotierende Rollen und andere Gemeinheiten musste ich manchmal ganz schön die Zähne zusammenbeißen.

Steuerungs-Vielfalt

Bei der Wahl des Controllers richtet sich Nintendo ganz nach dem Geschmack des Spielers. Neben dem Gamepad werden auch Wiimotes mit oder ohne Nunchuk, der Classic- sowie der Pro-Controller unterstützt. Entscheidet man sich für eine einzelne Fernbedienung, wird sie quer gehalten und ähnlich wie ein alter NES-Controller benutzt. Wenn der Fernseher besetzt ist, lässt sich das Spiel auf den Schirm des Gamepads spielen. Auch ein paar dezent integrierte Steuerungs-Features werden genutzt: Wenn in der Landschaft verdächtige Schemen erkennbar werden, solltet ihr z.B. ab und zu ins Mikro pusten, denn durch den Wind werden versteckte Plattformen schneller sichtbar.

Fazit

Mario bereichert das diesjährige Weihnachtsgeschäft um eine Riesenportion gute Laune: Seit Rayman Legends versprühte kein Spiel so derart viel unbeschwerten Spaß am Hüpfen und Entdecken. Als ich nach erster Skepsis in die kunterbunte Welt abgetaucht war, konnte ich kaum noch aufhören. Es gibt fantasievoll gestaltete Gegner und Hüpfpassagen, unheimlich clever versteckte Geheimnisse und toll darauf abgestimmte Spezialfähigkeiten wie den lustigen Katzenanzug. Nintendos Entwickler beim Team EAD Tokyo beweisen erneut, dass sie einen treffsicheren Blick fürs Wesentliche besitzen. Obwohl das Spiel ähnlich viel Abwechslung bietet wie in Sonic Lost World, wirkt im Gegensatz zu Segas Spiel alles bemerkenswert gut ausbalanciert. Obendrauf gibt es sogar einen richtig lustigen lokalen Koop-Modus für bis zu vier Spieler, der deutlich besser flutscht als in den 2D-Marios. Verhältnismäßig kleine Wehrmutstropfen sind die nicht immer ideale Kamera, der Sprint-Knopf und die halbherzige Online-Anbindung. Davon abgesehen ist Super Mario 3D World ein Musterbeispiel für poliertes Design, welches sich ganz auf den Spaß an der Spielerfahrung konzentriert und alles Unwichtige ausblendet. Marios neues Abenteuer ist zwar nicht ganz so innovativ und leichtfüßig wie Super Mario Galaxy, aber trotzdem ein ausgezeichnetes Jump-n-Run!

Pro

  • unheimlich gut ausbalancierter Hüpfspaß
  • fantasievolle gestaltete, technisch sehr saubere Welten
  • viel Abwechslung, Bonus-Levels und alberne Ideen
  • enorm knuffige Gegner
  • beschwingter, sehr abwechslungsreicher Soundtrack
  • knackig-genaue Steuerung
  • motivierender, sanft ansteigender Schwierigkeitsgrad
  • lustiger, gut funktionierender lokaler Koop für bis zu vier Spieler
  • coole und sehr nützliche Extras wie der Katzenanzug
  • viele geschickt versteckte Abschnitte
  • Spiel, Menüs und alles andere versprüht viel gute Laune
  • Wettrennen gegen eigene Geister oder (leider nur automatisch vermittelte) Miis anderer Spieler

Kontra

  • zu starre Perspektive erschwert manchmal das punktgenaue Springen
  • Sprinten per Knopfdrück ist weniger intuitiv als in Galaxy & Co
  • zum Schluss etwas zu viel Sternesammeln nötig
  • kein Online-Koop oder -Multiplayer
  • im Mehrspieler zoomt die Kamera manchmal nicht weit genug heraus

Wertung

Wii_U

Abwechslungsreich, bezaubernd und bemerkenswert gut ausbalanciert: Super Mario 3D World ist purer Plattformspaß für bis zu vier Spieler.