Donkey Kong Country: Tropical Freeze - Test, Plattformer, Wii_U, Switch
Eigentlich könnte ich es kurz machen: Man nehme unseren Platin-Träger Donkey Kong Country Returns, verpasse ihm ein paar neue und fantasievoll designte Welten mit frischen Gegnern wie aggressiven Pinguinen oder Seelöwen und stelle der Primaten-Truppe auch noch den erstaunlich agilen Opa Cranky Kong als spielbare Figur zur Seite – fertig ist der nächste Hüpf-Hit aus dem Hause Nintendo.
Auf der Insel nichts Neues?
Ja, mehr muss man hier tatsächlich nicht sagen, denn Tropical Freeze ist der Beweis dafür, dass dieser Plan erstaunlich gut funktioniert – zumindest noch. Während ich mich an den 2D-Auftritten der Mario-Brüder mittlerweile satt gehüpft habe, empfinde ich die Ausflüge mit Donkey, Dixie, Diddy und Neuzugang Cranky Kong immer noch erfrischend. Klar: Ich renne wahlweise alleine oder mit einem Koop-Partner durch wunderschöne 2D-Kulissen, sammle wieder fleißig Bananen ein, tauche durch den tiefblauen Ozean und lege mich u.a. mit elektrisierenden Quallen, Kugelfischen, Eulen, fliegenden Hühnern,
Feuer-Igeln sowie anderen Widersachern an. Und das, obwohl sie mit ihren umwerfenden Animationen und dem niedlichen Artdesign eigentlich viel zu putzig aussehen, um ihnen mit einem gezielten Sprung auf den Kopf oder anderen Angriffen den Garaus zu machen.Dazu gesellt sich die motivierende Suche nach Puzzle-Teilen, versteckten Räumen, Bonus-Leveln und weiteren Extras. Und was wäre Donkey Kong Country ohne die obligatorischen Lorenfahrten, die auch hier wieder die Reflexe auf eine harte Probe stellen? Überhaupt ist der Anspruch wieder angenehm hoch und erfordert echte Pad-Akrobatik, bleibt gleichzeitig aber fair, wenn man sich rein kniet und eine Taktik austüftelt. Das gilt besonders für die grandiosen und kniffligen Bosskämpfe, die dem durchweg gelungenen Leveldesign das i-Tüpfelchen aufdrücken – mehr will ich an dieser Stelle nicht verraten.
Abwechslung pur
Aber auch der normale Spielablauf hat es in sich und dank der abwechslungsreichen Level wird es nie langweilig: Da wird sich an Lianen entlang gehangelt, der heiße Feuerboden mit Wasserfrüchten bekämpft, an Hüpfkissen ausgetobt oder im Sturm um sein Leben gerannt, um nicht im Abgrund zu enden, wenn der Boden unter den Füßen wegbricht. Und dann noch diese traumhaften Tauchabschnitte, in denen man filigran Fischen und Zeitbomben ausweicht, auf die nächste Sauerstoffblase hofft oder sich einen aufregenden vertikalen Wettlauf gegen einen XL-Tintenfisch liefert. Etwas einfacher wird es selbstverständlich im Duett, denn Diddys Jetpack und Dixies „Haar-Helikopter“ befördern Donkey nicht nur auf höher gelegene Plattformen, sondern erhöhen die Zeit bei Sprüngen und verdoppeln auch die Trefferpunkte von zwei auf vier. Nicht zu vergessen Cranky Kong: Der alte Haudegen katapultiert mit seinem Krückstock das Duo nicht nur in die Höhe, sondern überspringt mit dem richtigen Timing auch spitze Stacheln und andere Fallen, ohne dabei Schaden zu nehmen. Auch Rambi, das stampfende Nashorn, ist natürlich wieder mit von der Partie.
Funky Kong hält sich aus der Action weiterhin raus und unterstützt seine Freunde lieber mit den nützlichen Gegenständen aus seinem Shop, die er sich natürlich bezahlen lässt. Ein Glück, dass wir hier bei Nintendo sind und nicht etwa bei EA, wo man bei Hilfen wie einem zusätzlichen Lebensherz, Puzzleteil-Finder Squawks, kurzzeitiger Unverwundbarkeit, Vollkasko-Versicherung bei Lorenfahrten, Begleiter-Fässern & Co sicher die Chance auf überzogene Mikrotransktionen gewittert hätte. Funky lässt sich dagegen weiter mit Münzen bezahlen, die man im Spiel findet und nicht auf der eigenen Kreditkarte – traurig, dass dies heute nicht mehr selbstverständlich ist. Zumindest für die Extraleben in Form roter Ballons wird man aber nur selten Nachschub aus dem Shop benötigen: Wer halbwegs fleißig sammelt und sich nicht blindlings in jeden der zahlreichen Abgründe stürzt oder Gegner mit offenen Armen empfängt, wird schnell eine Überversorgung bemerken – ich hatte selbst in späteren Stufen meist mehr als 90 Leben auf dem Konto, wobei 99 den Maximalwert darstellt. Wollte ich mein Kontingent wieder auffüllen, zog ich den Besuch eines bereits absolvierten Levels dem Shop vor, denn manche von ihnen sind extrem ertragreich und lassen schon mal fünf oder mehr rote Luftballons aufsteigen.
Nützliche Hilfe ohne Mikrotransaktionen
Unabhängig davon lohnt sich die Rückkehr aus einem weiteren Grund: Ab sofort stehen Zeit-Herausforderungen für jeden Level zur Verfügung, in dem man nicht nur um Medaillen, sondern auch Platzierungen auf der Online-Bestenliste kämpft. Im Gegensatz zu Rayman sieht man zwar keine „Live-Geister“ anderer Spieler, doch kann sich ihre Vorstellung in Videoform ansehen und dabei lernen, wie man möglichst flott ans Ziel kommt.
Alles drin, alles dran
Apropos: Der fantastische Soundtrack trägt neben den witzigen Soundeffekten ebenfalls seinen Teil zur Faszination bei! Die Melodien erstrecken sich über locker-flockige Jazz-Arrangements über rhythmische Percussion-Einlagen bis hin zu atmosphärischen Klängen, die z.T. für eine wohlige Gänsehaut sorgen. Als bei meiner Ankunft in der Savanne plötzlich fröhlicher Gesang aus den Lautsprechern drang, dachte ich, plötzlich in Disneys König der Löwen gelandet zu sein – die
Musikbegleitung ist der Wahnsinn und passt sich manchmal sogar interaktiv mit nahtlosen Übergängen der Szenerie an. Zwar werden teilweise bekannte Themen aus den alten Stücken aufgegriffen, doch bekommen auch sie durch die neuen Arrangements einen frischen Anstrich mit Retro-Flair. Kurzum: Das liebevolle Artdesign und der fantastische Soundtrack ergänzen sich grandios und machen Tropical Freeze zu einem audiovisuellen Erlebnis!Ohrwurm-Garantie
Chance nicht genutzt
Fazit
Früher konnte ich Konsolen noch nicht viel abgewinnen – zu groß war meine Liebe für den Amiga! Doch beim Anblick von Donkey Kong Country schielte ich als Freund von exzellenten Jump'n'Runs damals ähnlich neidisch auf das SNES wie es heute wohl Sony- und Microsoft-Jüngern mit der Wii U ergeht. Nintendo ist immer noch das Maß der Dinge, wenn es um Plattformer geht! Und obwohl sich die Retro Studios nach der ersten Wiederbelebung auf der Wii auch in Tropical Freeze vornehmlich auf bekannte Elemente stützen und ihnen lediglich einen modernen HD-Anstrich verpassen, packen mich die schweißtreibenden Hüpfeinlagen, die motivierende Suche nach Puzzleteilen und die großartigen Bosskämpfe heute noch genauso wie damals. Trotzdem hätte ich mir eine bessere Einbindung der GamePad-Funktionen gewünscht, um das Hüpf-Vergnügen nicht nur technisch, sondern auch spielerisch mit neuen Ideen und Möglichkeiten zu bereichern – hallo, Rayman Legends. So bleibt man zwar konservativ, fährt im Gegenzug aber alles auf, was einen klassischen 2D-Plattformer auszeichnet: Die Steuerung reagiert präzise, das Artdesign ist eine Pracht und jeder Level ist hervorragend gestaltet. Einzig die zu generöse Versorgung mit Extraleben stößt etwas sauer auf. Aber trotz der Ballon-Sicherheitsnetze werden Joystick-Akrobaten ordentlich gefordert. Nintendo beweist mit Tropical Freeze einmal mehr, dass die sympathische Affenbande zur absoluten Hüpf-Elite gehört!
Pro
- Hüpfen und Springen in Reinkultur
- präzise Steuerung
- großartiges Figuren- und Artdesign
- mitunter herrliche Animationen
- abwechslungsreiche Welten
- erstklassiges Leveldesign
- fantastische Bosskämpfe
- harter aber fairer Schwierigkeitsgrad
- traumhafter Soundtrack
- hilfreiche Gegenstände im Shop (optional)
- motivierende Puzzle- und Extras-Suche
- kooperativer Mehrspielermodus für zwei Affen
- knackige Zeit-Herausforderungen (online & offline)
- alle gängigen Controller werden unterstützt
Kontra
- GamePad-Möglichkeiten werden kaum genutzt
- Überversorgung an "Extraleben"