Das Schwarze Auge: Blackguards - Test, Taktik & Strategie, PlayStation4, XboxOne, PC

Das Schwarze Auge: Blackguards
23.01.2014, Eike Cramer

Test: Das Schwarze Auge: Blackguards

Das Schwarze Auge steht seit 1984 für Rollenspieltradition aus deutschen Landen. Mittlerweile in der vierten Edition erhältlich, ist sie auch für den Videospielemarkt interessant. Nach den guten Adventures Memoria und Satinavs Ketten schickt Daedalic mit Blackguards ein rundenbasiertes Taktik-Abenteuerins Rennen. Können die Adventure-Spezialisten auch hier überzeugen?

Es gibt Spiele, die sind für mich als Rezensent angenehme Testobjekte. Sei es, weil sie besser sind als der Rest und neue Akzente setzen, oder weil sie einfach so grottenschlecht sind, dass sich der Verriss fast von selbst schreibt. Und dann gibt es da dieses Mittelmaß, diese Niemandsland der Meinung. Es gibt diese Titel, die nichts so richtig falsch machen, aber auch keinen frischen Akzent setzen können. Spiele, nach deren Abspann man sich denkt: „Das war jetzt aber … OK“. Kurz: Es gibt Das Schwarze Auge: Blackguards (ab 8,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen).

Gepflegtes Mittelmaß

Von Anfang an habe ich hier das Gefühl, die Verkörperung des mittelmäßigen Spiels vor mir zu haben. Eine Reise ins Durchschnittsland sozusagen. Und wie jede dieser Geschichten, beginnt alles mit einem  mäßigen Charaktereditor. Der ist zwar solide und funktionell, aber absolut nichts Besonderes. Ich klicke mir rudimentär meinen Helden zusammen, verteile entsprechend des DSA-Regelwerkes Startpunkte sowie Talente und lege meine Ausrüstung fest. Schon kann mein Abenteuer losgehen.

Die Arenen sind abwechslungsreich und mit Fallen sowie nutzbaren Gegeständen gespickt.
Der Plot ist feinster Fantasy-Standard. Irgendeine Prinzessin stirbt und ich bin angeblich irgendwie schuld. Es folgen Knast, Flucht, Verrat, vorhersehbare Wendung, wieder Verrat. Alles so wie man es kennt. Dazu kommt irgendeine mystische Krankheit, dunkle Magie und Religion. Meine Gruppe besteht u.a. aus einem dauer-grummeligen Zwerg, einer spitzfindigen Hexe, einem hochnäsigen Zauberer-Aristokraten und meinem angeblichen Anti-Helden, der aber ziemlich schnell zum echten Helden mutiert. Mehr Klischee geht nicht.

Fantasy-Standard für den Durchschnittsabenteurer

Zudem beschränken sich die Entwickler zu sehr auf bekannte Erzählstrukturen, inklusive der obligatorischen Rückblenden, was im zweiten von insgesamt fünf Kapiteln in viele Arenakämpfe gipfelt. Hier tritt die Geschichte viel zu lange auf der Stelle; das ist die spielgewordene Ideenarmut!  Die Antagonisten und Charaktere sind zudem stereotyp und austauschbar. Ach es gibt auch Zombies. Wer hat da gerade laut gegähnt?

Dabei ist nicht alles schlecht. Immerhin sind alle Dialoge, wenn auch mit schwankender Qualität, vertont. Zudem gibt es im Verlauf der Geschichte ein paar Entscheidungen, die den Questverlauf leicht verändern, Nebenaufgaben freischalten, Kämpfe erleichtern oder Zugang zu Gebieten ermöglichen. Diese sind aber an wichtiger Stelle nicht konsequent genug: Sobald es um Leben und Tod von Gruppenmitgliedern geht, haben meine Handlungen keinen Einfluss. Es gibt aber oft die Möglichkeit, bestimmte Szenen auf verschiedene Arten zu lösen, auch wenn es meist auf die Entscheidung zwischen Kampf oder Überredungskunst hinausläuft. Standardkost eben.

Das DSA-Bestiarium gibt einiges her. Hier: die giftige Morfu-Riesenschnecke.
Die rundenbasierten Kämpfe in den abwechslungsreichen Hexfeld-Arenen bieten genau das, was man von ihnen erwartet. Auf Grundlage des DSA-Systems hauen, stechen, schießen und zaubern sich meine Gefährten durch Horden von Zombies, Skeletten, Echsenmenschen und Räubern. Das Regelwerk ist routiniert umgesetzt: Paraden, Treffer und Ausweichen werden im Hintergrund ausgewürfelt und funktionieren schlüssig.

Der routinierte Schlagabtausch

Dank des guten Kreismenüs und einer frei belegbaren Hotkey-Leiste lassen sich die Kämpfe einfach bedienen. Insbesondere die Charakterentwicklung ist übersichtlich und logisch aufgebaut: Punkte können auf Fähigkeiten, Waffentalente und Attribute verteilt werden. Neue Fähigkeiten und Zauber werden, DSA-typisch, durch Lehrmeister und Bücher gelernt.

Zudem gibt es die Möglichkeit der Zuweisung von defensiven und offensiven Punkten auf Waffentalente. Dies ermöglicht taktisches Feintuning: So kann mein filigraner Zauberer mit seinem Stab besser parieren als zuschlagen, mein Zwerg mit vielen  Lebenspunkten und schwerer Rüstung hingegen nutzt sein ganzes Talent für den Angriff.

Wenn einer eine Reise tut. Auf der Hauptkarte wird zwischen den Schauplätzen gewechselt.
Viele der Arenen bieten Fallen, rutschige Pfützen oder nutzbare Gegenstände wie Zugbrücken oder Kistenstapel. Auch können manchmal Gefangene befreit werden, die dann auf der Seite meiner Recken kämpfen. Es gibt Arenagefechte gegen Gladiatoren und wilde Tiere oder den klassischen Karawanenüberfall: Besonders spannend ist hier nichts, auch wenn gelegentliche Schleichmissionen und Bosskämpfe den Spielfluss auflockern.  Zudem spielen Höhenunterschiede keine Rolle und es gibt kein Moralsystem oder Boni, wenn Charaktere dicht zusammenstehen.

Taktisch fragwürdig

Oft genug führt zudem die simple Taktik, Gegner einzeln von vorne angreifen zu lassen zum Erfolg. Außerdem hat man mit den einzelnen Gruppenmitgliedern schnell einen Standardangriff ausgemacht, von dem man nur abweicht, wenn es gar nicht mehr anders geht. Etwa wenn ein Skelett statt des filigranen Floretts die grobe Kelle braucht, da Untote natürlich gegen Stichschaden immun sind. Hier fehlt es an einer Begrenzung der Einsätze von Spezialattacken. Ebenso hätte man die Beschränkung auf normale Angriffe mit Aktionspunkt-Vorteilen belohnen können.

Zudem fehlt mir ein Beziehungssystem à la Jagged Alliance 2, das Einfluss auf die Kooperation im Kampf hat. Damals ging man soweit, dass zankende Charaktere im Kampf noch nicht mal Munition tauschen wollten. Vielleicht wäre das hier aber ungünstig, kann ich doch die Zusammensetzung meiner Gruppe zu keinem Moment selbst bestimmen. Gerade in einem gruppenbasierten Rollenspiel ist dies allerdings eine vertane Chance – wo sind die spannenden Konflikte oder moralischen Zwiespälte innerhalb meiner Gemeinschaft, die Einfluss auf das Spielgeschehen haben?

Statisch: Die Städte sind nicht nur extrem weichgezeichnet, sondern auch recht unbelebt.
Während das Kampfsystem aufgrund seiner konservativen Grundwerte nicht hervorsticht, tut es die Balance umso mehr – allerdings im negativen Sinne. So sind die meisten Gefechte relativ einfach, wenn man die Grundregel „nicht einkreisen lassen“ einigermaßen beherzigt.  Also halte ich mit den schweren Kämpfern die Front und nutze die Magier und Hexen als Unterstützung. So weit so simpel. Es gibt aber einige Kämpfe, die extrem schwierig sind – ohne dass sich die grundlegende Taktik ändert.

Kritischer Balanceakt

So ist z.B. ein Kampf gegen Zombiehorden unverhältnismäßig nervig: Die Viecher schlagen hart zu, vergiften immer und kommen aus allen Richtungen. Es blieb mir nicht viel mehr, als Rücken an Rücken zu stehen und zu hoffen, dass alle Schläge treffen. Nach vier Versuchen habe ich diesen Abschnitt geschafft – ohne meine Taktik zu ändern. Einzig der Zufall, Treffer oder Fehlschlag, entschied den Kampf. Das ist unbefriedigend, denn hier liegt bei der Balance einiges im Argen.

Auch die Dialog-Inszenierung besticht nicht gerade durch ihre Intensität.
Schön ist hingegen, dass Daedalic sehr gekonnt das ursprüngliche Pen&Paper-Flair der DSA-Lizenz einfängt. So gibt es keine offen begehbare 3D-Welt, sondern Einzelschauplätze und Dungeons, die auf der hübschen, zweidimensionalen Weltkarte angesteuert werden. Städte sind Einzelbilder, auf denen die jeweiligen Orte oder Personen angeklickt werden können. Auch Dungeon-Übersichten bestehen ausschließlich aus 2D-Karten. Nur im Kampf wird auf das 3D-Hexfeld umgeschaltet. Dieser Ansatz ist interessant und funktioniert im Kern gut, auch wenn viele der Einzelszenen, Dialoge und Stadtansichten viel zu statisch sind.

Pen&Paper-Flair in statischer Kulisse

Dies liegt vor allem an der Kulisse, die bestenfalls Mittelmaß ist. Vor allem die Animationen im Kampf und in den Dialogen sind steif. Das Artdesign wirkt zwischen Übersichtskarte, Ladenbildschirmen und Kampfsequenzen zudem merkwürdig zersplittert und inkonsequent. Ganz so, als ob man sich nicht zwischen bunter oder finsterer Fantasy entscheiden konnte. Dazu kommt ein extremer Weichzeichnungseffekt, der alles unangenehm verschwimmen lässt.

Fazit

Das Schwarze Auge: Blackguards ist für mich das spielgewordene  Mittelmaß. In allen Belangen ist das Design konservativ, stereotyp und nichtssagend – von den simplen Rundenkämpfen über die maue Geschichte bis zur mäßigen Kulisse. Die Hintergrundgeschichte des eigenen Charakters ist zum Vergessen, die Erzählstruktur entspricht dem vorhersehbaren Standard und viele Mechaniken sind altbekannt. Allerdings ist, bis auf einige Probleme mit dem Balancing, auch nichts so richtig schlecht. Die Umsetzung der DSA-Regeln ist solide, die Arenen sind interaktiv und abwechslungsreich und das Pen&Paper-Flair wird durch den Verzicht auf eine dreidimensionale Oberwelt gekonnt eingefangen. Zudem sind Kreismenü, Inventar und Charakterbogen durchdacht, übersichtlich und gut zu bedienen. Insgesamt ist Blackguards also genau diese Art von Spiel, für die die Note „Befriedigend“  erfunden wurde.

Pro

  • Pen&Paper-Flair durch Kämpfe, Schauplätze und Reisen
  • abwechslungsreiche, interaktive Arenen
  • vollvertonte Dialoge ...
  • Entscheidungen mit Konsequenzen ...
  • interessante, teil witzige Nebenaufgaben
  • solide rundentaktische Kämpfe
  • durchdachte, übersichtliche Menüs
  • routinierte Umsetzung des DSA-Regelwerkes
  • solide Rundentaktik

Kontra

  • altbackene, steife und zu stark weichgezeichnete Kulisse
  • Uneinheitliches Artdesign (Karte, Kämpfe, Ladebildschirme)
  • ... allerdings auch schwankender Sprecherqualität
  • ... die, wenn es wichtig wird, nicht drastisch genug sind.
  • schlecht ausbalancierter Schwierigkeitsgrad
  • trotz Nebenaufgaben recht linear
  • belanglose, vorhersehbare Geschichte
  • stereotype Charaktere
  • zu wenig taktische Variation nötig
  • keine eigene Gruppenzusammenstellung
  • keine Gruppeninteraktion (Konflikte etc.)

Wertung

PC

Das spielgewordene Mittelmaß: Blackguards macht nichts richtig falsch, kann aber hinsichtlich Story, Kulisse und Kampf auch nicht begeistern.