Fable Anniversary - Test, Rollenspiel, 360, PC
Ist es tatsächlich schon zehn Jahre her, dass ich mit dem namenlosen Helden durch das von Peter Molyneux ersonnene Fantasy-Reich Albion gewandert bin? Zehn Jahre, dass ich das interessante Grundkonzept zu schätzen wusste, bei dem der Held nicht auf das Dasein als strahlender Gutmensch festgelegt war, sondern auch böse sein durfte? Zehn Jahre, seitdem ich in zahlreichen heldenhaften Aufträgen meinen Spaß hatte?
Das komplette Paket
Der Kalender lügt nicht. Der Blick in den Spiegel auch nicht. Und die Inszenierung ebenso wenig. Sie ist mit ihren mitunter stockenden Animationen und kruden Schnitten nicht mehr zeitgemäß - daran kann auch der neue Grafikmotor Unreal Engine nichts ändern, denn an den wesentlichen Animations-Bibliotheken wurde nicht geschraubt. Während man sich durch die Welt bewegt, fällt dieses Manko weniger ins Gewicht, denn die Stärke war damals schon das intuitive Kampfsystem mit seinen fordernden Auseinandersetzungen.
Inhaltlich bleibt man dem Ursprungsmaterial jedoch durchweg treu und serviert das gleiche Spielerlebnis, mit dem man vor zehn bzw. neun Jahren bei uns in den jeweiligen Tests eine 85-Prozent-Wertung samt Gold-Award einheimsen konnte: Man beginnt als kleiner Junge, der mit ansehen muss, wie sein Dorf von einer Horde brandschatzender Banditen dem Erdboden gleichgemacht wird. Danach erlebt man in der Heldengilde über gut eingestreute Tutorial-Missionen seinen Aufstieg zum Erwachsenen, während man sich mit allen Kampfoptionen (Nahkampf, Fernkampf, Zauber) vertraut macht. Und man zieht mit ihm schließlich durch Albion, um als guter, böser oder neutraler Held das Volk um sich zu scharen.
Grundstein für das Fableversum
Aufgewertet
Dafür jedoch kann man in der begleitenden Smartglass-App, die Lionhead zusammen mit den Lösungsbuchspezialisten von Prima Games mit Inhalten bestückt, an bestimmten Orten Screenshots mit der damaligen Kulisse zum Vergleich aufrufen. Das ist zwar kein adäquater Ersatz für das fehlende Ad-hoc-Umschalten, aber dennoch eine gelungene Bonus-Funktion der App. Als mobile Karte abseits des Hauptbildschirms, auf der sogar Geheimnisse angezeigt werden können, lässt sich Smartglass natürlich ebenfalls nutzen.
Fazit
Der runderneuerte Jubiläums-Abstecher in die albionische Geschichte ist größtenteils gelungen. Das Anhübschen mit der Unreal-Engine sorgt dafür, dass der Anfang der Fable-Historie in einem zeitgemäßen Licht erstrahlt - auch wenn die Kulisse immer wieder mit Pop-Ups und Tearing zu kämpfen hat. Weniger zeitgemäß ist nach heutigen Maßstäben die Inszenierung, die unverändert übernommen wurde: Die Figuren bewegen sich manchmal plump, Schnitte werden nicht minder ungeschickt gesetzt. Der nur hinsichtlich Speicher- und Kontrolloptionen erweiterte spielerische Kern hingegen, der über zwei weitere Teile verfeinert wurde, überzeugt als Action-Rollenspiel (die Betonung liegt auf Action) weiterhin so wie vor zehn Jahren. Man kommt schnell in einen angenehmen, auch immer wieder fordernden Spielfluss. Und ehe man sich versieht, hat man doch wieder mehr Zeit in Albion verbracht, als man ursprünglich geplant hatte - gerade, weil man mittlerweile weiß, dass Fable nicht das epische Gegenstück zu Titeln wie Morrowind oder Knights of the Old Republic darstellt. Eine ordentliche Umsetzung eines der definierenden Xbox-Titel, der allerdings mehr Feinschliff sehr gut getan hätte.
Pro
- abwechslungsreiches Action-Rollenspiel
- moralische Entscheidungen und Auswirkungen...
- zeitgemäße Kulisse...
- riesiger Fantasy-Abenteuer-Spielplatz
- umfangreiche Charakter-Entwicklung
- zahlreiche Sidequests und Rätsel
- gute Spielbalance
- stimmungsvolle Musik
- ordentliche deutsche Sprachausgabe
- intensive Kämpfe
- viel zu entdecken
- zahlreiche ironische Seitenhiebe auf Pop-Kultur
- schöner Humor
- umfangreiche Statistiken
- gelungene Smartglass-Anbindung
Kontra
- häufiges Nachladen
- ... die aber abseits der Geschichte kaum stattfinden
- ... die allerdings technische Probleme hat (Tearing, Pop-Ups)
- krude Inszenierung nicht mehr zeitgemäß
- keine Dialogbäume
- inkonsequentes "Jede-Handlung-hat-eine-Konsequenz"-Denken
- nur ein Charakter
- viele Gimmicks unerheblich für den Spielverlauf
- fester Story-Weg