The Wolf Among Us: Episode 2 - Smoke & Mirrors - Test, Adventure, 360, PS_Vita, PlayStation3, iPad, Mac, PC

The Wolf Among Us: Episode 2 - Smoke & Mirrors
05.02.2014, Jörg Luibl

Test: The Wolf Among Us: Episode 2 - Smoke & Mirrors

Wunderlampen, Blaubart und Schneewittchen mitten in New York? Telltale Games hat im November letzten Jahres zusammen mit Vertigo  ein Comic-Adventure der besonderen Art gestartet. In „The Wolf Among Us“ jagt man in einer düsteren Parallelwelt voller Märchenfiguren  einen skrupellosen Mörder. Vier Monate nach der Premiere geht es endlich mit der zweiten Episode „Smoke Mirrors“ weiter. Ob sich das Warten gelohnt hat, klärt der Test.

Big Bad Wolf gegen das Biest: Wenn es zur Sache geht, wird man in mehrteiligen Reaktionstests geprüft.
Jetzt ist es doch passiert! Ich wollte mich bei der Recherche zurückhalten, aber „Big Bad Wolf“ rastet aus – sein Gesicht verzerrt sich und aus der Fratze des Wolfs stiert ein gelbes Augenpaar. Im nächsten Augenblick stürzt sich das Biest auf mich. Er sieht auch nicht freundlicher aus: Zwei Hörner ragen aus seiner Stirn, zwei Augen funkeln blutrot. Warum ist er so sauer? Weil er denkt, dass ich mit der Schönen ein Rendezvous in diesem Hotel habe. Es kommt zu einem Kampf mit Reaktionstests, bei dem ich mal per WASD ausweichen, mal schnell Q drücken oder mit der Maus einen bestimmten Bereich wie das Kinn anvisieren muss.

Der Wolf und das Biest

Aber als ich ihn fast besiegt habe, muss ich mich bei ablaufender Zeitleiste entscheiden: Schlage ich dem am Boden liegenden Biest nochmal ins Gesicht oder lasse ich es dabei bewenden? Je nachdem was ich tue, wirkt sich das auf die nächste Szene oder die dritte Episode aus – die hoffentlich nicht wieder vier Monate auf sich warten lässt. So lange ist es her, dass man in der Rolle des bösen Wolfs zum ersten Mal auf Mörderjagd ging: Wer hat die arme Faith geköpft? Damals konnte man fünf größere und einige kleinere Entscheidungen während der Recherche treffen. Schön ist, dass in dieser Episode einige Folgen sichtbar werden.

Brutal oder subtil? Ihr habt die Wahl, wie ihr das Verhör gestalten wollt.
Und es gibt natürlich viele neue Situationen, in denen man die Wahl hat:  Gehe ich beim Verhör des gefesselten Zeugen so brutal vor wie Blaubart es vorschlägt? Schließlich lügt er mich offensichtlich an! Ich könnte zuschlagen oder eine Zigarre auf ihm ausdrücken. Während ich etwas Subtileres ausprobiere, motzt Blaubart schon rum. Schlage ich später bei einem Nachtclub-Besuch alles kurz und klein oder drohe ich nur damit? Letzteres fällt angesichts des ekelhaften Chefs verdammt schwer: Gerade schnauzt er die Stripperin wieder an, die nicht sexy genug an der Stange tanzt.

Auf die harte Tour?

Telltale hat ein Händchen dafür, diese Szenen in die Länge zu ziehen, so dass man nicht abrupt, sondern aufeinander aufbauend entscheiden kann. Klasse ist, dass es auch in weniger dramatischen Momenten eine Reaktion gibt: Wer auf eine Frage z.B. nicht antwortet, wird daraufhin als Ignorant zurechtgewiesen. So entstehen atmosphärisch dichte Situationen, in denen die interessanten Figuren jederzeit mit lebendiger Mimik und Gestik überzeugen; die englischen Sprecher sind zudem hervorragend besetzt. Eine deutsche Tonspur gibt es nicht; man kann lediglich englische Untertitel einblenden.

Der kleine TJ hat etwas Schreckliches beobachtet. Wie geht ihr im Gespräch mit ihm vor?
Rätselfreunde alter Schule werden nicht auf ihre Kosten kommen: Es gibt weder komplexe  Item-Kombinationen noch besondere Kopfnüsse. Zwar muss man mal einen Behälter so zurechtdrehen, dass ein Bild entsteht oder auf Fragen korrekt antworten, so dass Indizien verknüpft werden, aber all das ist nicht besonders schwierig. Im Vordergrund steht erneut die erzählerische Dramaturgie, wobei die spielerische Spannung über plötzliche Reaktionstests oder Entscheidungen entsteht. Zwischendurch sammelt man an den sehr kleinen, aber stimmungsvoll inszenierten Schauplätzen weitere Hinweise – da Indizien alle angezeigt werden, kann man quasi nichts verpassen.

Professionelle Regie

Aber selbst wenn echte Rätsel oder weiträumigere Erkundungsreize fehlen, fesselt die Story mit ihren skurrilen Charakteren. Das Verhör des Froschjungen TJ ist gleich zu Beginn ein Highlight. Nicht nur, weil einem der schluchzende Fratz so leidtut, sondern weil die Dialoge einfach sehr gut geschrieben sind und sich alle Beteiligten während des Gesprächs angenehm natürlich verhalten; die Regie erreicht TV-Serien-Niveau. Sondern

Es gibt nur kleinere, sehr leichte Rätselelemente.
auch, weil man eben die Wahl hat, ob man behutsam oder forsch nachfragt.

Nach knapp 90 Minuten ist leider viel zu früh Schluss – natürlich mit einem Hering an der Angel, den man am liebsten sofort fressen würde. Schade ist auch, dass man über einige neue Charaktere wie Blaubart oder Jack Horner nur etwas unter Extras erfährt, aber während des Spiels kaum Gelegenheit dafür bekommt. Überhaupt mangelt es dieser Episode im Vergleich zu ersten etwas an Vielfalt, was frische Gesichter und Schauplätze angeht. Nach so langer Wartezeit kann man etwas mehr Fleisch erwarten.

Langes Warten auf einen Snack

Fazit

Was, schon vorbei? Leute, das hat doch gerade erst richtig Fahrt aufgenommen! Die Regie ist so gut, dass man unheimlich schnell in dieser düsteren Märchenwelt New Yorks versinkt – skurrile Charaktere, klasse Dialoge, morbides Krimiflair. Zwar entsteht die spielerische Spannung eher durch die vielen Entscheidungen als über Kopfnüsse, aber genau das hebt diese Art der offenen Adventures von klassischen Point&Clicks ab. Doch bei aller Liebe zum hervorragenden Comicstil und der gelungenen Dramaturgie: Vier Monate Wartezeit sind für anderthalb Stunden Spielzeit einfach zu lang, Telltale! Kein Wunder, dass es im Vergleich zur Premiere auch an Vielfalt fehlt.

Pro

  • interessante Parallelwelt mit Märchenthema
  • knallharte Krimi-Story macht neugierig
  • sehr gute Dialoge, lebendige Mimik
  • stimmungsvolles Comic-Artdesign
  • spannende Reaktionstests
  • Entscheidungen beeinflussen Handlung
  • professionelle englische Sprecher
  • gute Comic-Adaption (Fables von Vertigo)
  • Zusammenfassung der Entscheidungen mit Spieler-Statistik
  • Bibliographie aller Kreaturen

Kontra

  • Spielzeit zu kurz für vier Monate Wartezeit
  • recht beengte Schauplätze
  • steife Laufanimationen
  • keine deutsche Lokalisierung
  • keine anspruchsvollen Rätsel
  • hier und da leichte Ruckler

Wertung

360

Sehr stimungsvoller zweiter Teil, der leider schon nach knapp 90 Minuten vorbei ist.

PlayStation3

Sehr stimungsvoller zweiter Teil, der leider schon nach knapp 90 Minuten vorbei ist.

PC

Sehr stimungsvoller zweiter Teil, der leider schon nach knapp 90 Minutenvorbei ist.