Lego Der Hobbit - Test, Action-Adventure, 360, XboxOne, PlayStation3, 3DS, Wii_U, PS_Vita, PlayStation4, PC

Lego Der Hobbit
15.04.2014, Mathias Oertel

Test: Lego Der Hobbit

Unterhaltsames Mittelerde-Recycling

Seit 2005 haben sich die Lego-Spiele zur Haupteinnahmequelle von Traveller's Tales entwickelt. Und ich möchte die zwei bis drei Bauklotz-Titel pro Jahr zu Kinofilmen oder Comics nicht missen - auch wenn Neuerungen immer spärlich gesät sind. Doch vielleicht kann Lego Der Hobbit (ab 19,50€ bei kaufen) neue Wege beschreiten? Wir klären im Test, ob Bilbo Beutlin den Sprung von der Leinwand in die Lego-Welt gut verkraftet hat.

Die Ära der Lego-Videospiele begann 2005 mit Lego Star Wars. Es folgen bis heute jährlich zwei bis drei weitere Bauklotz-Abenteuer, die eine starke Lizenz mitbrachten. Man nahm sich zwei Mal Indiana Jones vor, noch zwei weitere Male Star Wars, Harry Potter, Batman und die DC-Helden, das Marvel-Comichelden-Universum, Fluch der Karibik, Der Herr der Ringe und arbeitete mit Harmonix sogar an einer Lego-Variante von Rock Band. Doch bis auf das Musik-Spektakel blieb man dem Konzept im Wesentlichen treu, mit dem man vor beinahe zehn Jahren Lucasarts einen Überraschungserfolg bescherte: Man steuert eine Gruppe von Figuren, die alle über eine Spezialfähigkeit verfügen, die man für die Lösung von Umgebungsrätseln nutzen muss. Man nimmt nach allen Regeln der Kunst die Lego-Elemente in den großräumigen, aber linearen Abschnitte auseinander, sammelt die dabei frei gelegten „Noppen“ ein, setzt blinkende Steine auf Knopfdruck zusammen und vermöbelt die munter auf einen zustürmenden Gegner. Später kamen zwar neue Elemente wie immer größere HUB-Welten hinzu, von denen man ins Abenteuer aufbricht oder mehr sowie ausgefeiltere Fähigkeiten. Und man bekam schließlich sogar Sprachausgabe spendiert.

Das gleiche Spiel seit 2005?

Nicht nur Charaktere aus Lego Der Herr der Ringe wurden recycelt, es wurden gleich ganze Landstriche wiederverwendet.

Doch das Grundkonzept wurde nur unwesentlich verändert bzw. in Details kontinuierlich verfeinert. Dass es trotz der Schwemme an Lego-Spielen dennoch nur selten zu einer Abnutzung des Prinzips kam, ist vor allem dem cleveren Zusammenspiel von Humor und der jeweiligen Lizenz zu verdanken: Für Fans der Vorlagen wurde jedes Spiel zu einer witzigen Ostereiersuche. Denn Traveller’s Tales wusste nicht nur das sympathische Design der Mini-Legofiguren optimal zum Leben zu erwecken. Sie haben sich jedes Mal kultige Szenen der jeweiligen Filme gesucht und diese persifliert. In den besten Momenten wie z.B. bei der klassischen Lego-Star-Wars-Trilogie oder Der Herr der Ringe (nahezu unerreicht und immer noch ein Kichern wert: Der Auftritt der Reiter von Rohan als Pferdeballett), könnten die Ideen für die Zwischensequenzen auch von den Comedy-Göttern Jerry Zucker, Jim Abrahams, David Zucker und Pat Proft stammen – den Machern von Filmen wie Die Nackte Kanone oder Top Secret. Und wenn es schlecht lief, wie z.B. beim ersten Lego-Batman-Spiel, hatte man immerhin noch genug Spaß, die Welt zu erkunden.

Es werden Schlüsselszenen aus den ersten beiden Hobbit-Filmen nachgespielt.


Zurück in Mittelerde

Dementsprechend darf man auch in Lego Der Hobbit keinen all zu großen Fortschritt erwarten - insbesondere, wenn man Lego Der Herr der Ringe kennt. Nachdem Peter Jackson als Regisseur der Kinofilme für die Reise Bilbo Beutlins bereits zahlreiche Kulissen wieder verwendet hat, ist es nicht überraschend, dass auch Traveller's Tales Mittelerde nicht von der Pike auf neu gestaltet, sondern sich häufig auf Mechaniken oder bereits genutzte Design-Elemente verlässt. Dazu gehört z.B. die große Oberwelt, in der man sich von Level zu Level bewegt. Hier findet man genauso wie beim Ausflug mit Aragorn und Frodo zahlreiche Nebenquests, die die Kernspielzeit von etwa zehn bis Stunden gut und gerne verdoppeln, wenn man allen Geheimnissen auf die Spur kommen und alle der beinahe 100 Figuren freischalten möchte. Hobbingen kennt man ebenso wie Rivendell und einige andere Gebiete, die man durchwandert. Doch obwohl ich anfänglich angesichts des frechen Recyclings die Nase rümpfte, hat mich der Charme der Oberwelt schnell wieder gefangen genommen. Was natürlich auch am Einsatz des grandiosen Original-Soundtracks von Howard Shore liegt, der neben den Melodien, die John Williams für Star Wars komponierte, für mich zu den eindrucks- und stimmungsvollsten Film-Soundtracks aller Zeiten gehört. Wenn das Hauptthema aus den Boxen schallt, bekomme ich immer noch Gänsehaut.

In den Abschnitten, die sich erzählerisch natürlich an den Geschehnissen der Zelluloidvorlage entlang hangeln, aber zu fragmenthaft bleiben, wenn man die Streifen nicht kennt, verlässt man sich ebenfalls größtenteils auf Bewährtes. Doch neben dem Zerdeppern von Gegenständen, dem Auslösen von Schaltern oder Kämpfen (natürlich auch wieder gegen mehrstufige Bosse) haben sich ein paar Änderungen eingeschlichen. Dazu gehören z.B. die Team-Angriffe: Befinden sich zwei Zwerge nebeneinander, kann man diese „zusammenschweißen“ und neue Attacken einsetzen. Mitunter ist dieser Kombo-Angriff bei Bossen sogar verpflichtend, da diese auch im verwundbaren Zustand für Standard-Hiebe nicht anfällig sind. Auch bei der Lösung der Umgebungsrätsel wird die Zwergenkombo eingesetzt. Mal müssen sich mehrere aufeinander postieren und so eine Leiter bilden, damit man nach an schwer erreichbare Stellen gelangen kann. Ein anderes Mal hängen sie sich in Kombination an eine schwingende Kette um mehr Schwung für einen weiter reichenden „Abwurf“ zu bekommen. Mit diesen kleinen Erweiterungen wird das zeitlose Spielprinzip zwar interessant erweitert. Dennoch würde ich es begrüßen, wenn man mal mehr Mut zum Risiko zeigen würde.

Mit dem hierzulande zeitgleich erschienenen The Lego Movie Videogame teilt man sich übrigens das Bau-Prinzip der größeren Modelle: Man muss unter Zeitdruck aus einer Serie von dargestellten Legosteinen den gesuchten finden. Da mitunter sehr ähnlich aussehende Steinchen angeboten werden, ist das Finden in Mittelerde zwar etwas komplizierter als im Gegenstück zum Lego-Kinofilm, aber unter dem Strich immer noch zu leicht. Zudem wird das Konzept weiterhin nur rudimentärgenutzt. Der generelle Schwierigkeitsgrad liegt insgesamt ebenfalls höher als bei The Lego Movie, dürfte Veteranen aber nur selten vor Probleme stellen, zumindest die einhundertprozentige „Noppensammelrate“ für jeden Abschnitt zu erreichen. Das Schmieden des Vorgängers wurde ebenfalls erweitert: Mit dem Zerstören von Gegenständen besteht auch immer eine Chance, dass man Rohstoffe einsammeln kann, die an entsprechenden Stationen verarbeitet

Zerstören, kämpfen, bauen: Lego Der Hobbit baut auf bekannte Mechaniken, setzt diese allerdings abermals gekonnt in Szene.


Grüße von Emmet Brickowski

werden können, um z.B. einen Schlüssel zu schmieden. Das Repertoire reicht dabei von Holzlatten über Taue, Edelsteine und Eisenerz bis hin zu Lebensmitteln. Dieses Element wird im Übrigen auch bei vielen Nebenmissionen genutzt: Mitunter muss man eine bestimmte Anzahl Brote abliefern oder braucht soundsoviele Edelsteine, um sein Gegenüber zufrieden zu stellen.

Wenn es Der Herr der Ringe nicht in der Lego-Version gäbe, wäre der Charme des Hobbits allerdings  noch größer. Denn letztlich bleibt festzuhalten, dass Traveller’s Tales nicht nur bei der Weiterentwicklung der grundlegenden Mechanik weitgehend stagniert, sondern es auch nicht schafft, sich vom Quasi-Vorgänger zu lösen. Da dieser jedoch zu den besseren Lego-Titeln der letzten fünf Jahre gehörte und viele der Qualitäten, die Aragorn & Co in Klötzchenform auszeichneten, auch hier zu finden sind, kann man sicher sein, trotz gelegentlichem durch Nachladen bedingtes Stocken der Videosequenzen unterhaltsame Stunden in Mittelerde verbringen zu können. Insbesondere auch, da der Humor trotz Verwendung der Original-Sprachsamples aus den Filmen (im englischen Original) immer wieder sitzt. Und das, obwohl er sich zumeist auf Pointen in Bildform verlassen muss, um ernsten Themen immer wieder nahezu beiläufig in Komik auflösen.

Fazit

Traveller's Tales macht sich selbst das Leben schwer: Während im englischsprachigen Ausland der Hobbit keine Bauklotz-Konkurrenz fürchten braucht, muss er sich hierzulande mit dem zeitgleich veröffentlichten Spiel zum Lego-Kinofilm herum schlagen. Allerdings muss ich sagen, dass ich unter dem Strich lieber mit Bilbo in Mittelerde als mit Emmet in den Weiten des Lego-Universums unterwegs bin. Über die grundsätzlichen Elemente wie sammeln, kämpfen, kooperative Abenteuer oder das Zerlegen der Umgebung braucht man kaum noch Worte zu verlieren. Und viele der positiven Aspekte, die seinerzeit auch Lego Der Herr der Ringe zu einem Erlebnis machten, findet man in dieser Quasi-Fortsetzung ebenfalls. Dazu gehören die erforschbare Oberwelt mit ihren zahlreichen Nebenaufgaben, der beeindruckende Umfang und vor allem der typische Humor, der im Spiel zum Lego-Kinofilm etwas zu kurz kam. Unter dem Strich ist das Recycling der Herr-der-Ringe-Elemente zwar etwas zu offensichtlich, dennoch gehört der Hobbit eindeutig zu den besseren Bauklotz-Titeln der letzten Jahre.

Anm.d.Red.: Zum Test standen nur die Versionen für PlayStation 4 und Xbox One zur Verfügung.

Pro

  • gute Nutzung der Lizenz
  • stimmungsvoller Original-Soundtrack
  • typischer Lego-Humor in den Zwischensequenzen
  • große Oberwelt mit zahlreichen Nebenmissionen
  • größtenteils Original-Stimmen (englische Version)
  • großer Umfang: viel zu entdecken und freizuschalten
  • beinahe 100 spielbare Figuren mit individuellen Spezialfähigkeiten
  • hangelt sich erzählerisch an den beiden bisherigen Filmen entlang

Kontra

  • Recycling von Herr-der-Ringe-Assets und Umgebungen
  • kein Online-Modus
  • gelegentliches Ruckeln bei Zwischensequenzen
  • Ladezeiten
  • wenig Neuerungen

Wertung

XboxOne

Gelungene Bauklotz-Adaption der ersten Hobbit-Filme, die sich allerdings in vielerlei Hinsicht bei Lego Der Herr der Ringe bedient.

PlayStation4

Gelungene Bauklotz-Adaption der ersten Hobbit-Filme, die sich allerdings in vielerlei Hinsicht bei Lego Der Herr der Ringe bedient.