JoJo's Bizarre Adventure: All Star Battle - Test, Prügeln & Kämpfen, PlayStation3

JoJo's Bizarre Adventure: All Star Battle
16.05.2014, Michael Krosta

Test: JoJo's Bizarre Adventure: All Star Battle

Japan-Prügler mit Stil

Namco Bandai hat ein Herz für Liebhaber fernöstlicher und damit oft bizarrer Videospiel-Kunst: Dank des Publishers dürfen wir jetzt auch in Europa im ungewöhnlichen Beat'em Up Jojo's Bizarre Adventure: All-Star Battle die Fäuste fliegen lassen. Aber wartet unter der stylischen Cel-Shading-Fassade auch spielerisch ein Prügelfest für Japan-Fans?

Ich muss gestehen: Ich bin nicht sonderlich firm in japanischer oder fernöstlicher Manga-Kunde. Klar sind mir Serien wie Naruto oder Yu-Gi-Oh! ein Begriff. Und vor langer Zeit habe ich mir auch mal Prinzessin Mononoke gegeben, aber Jojos bizarre Abenteuer waren mir bis zu diesem Spiel ein Fremdwort. Dabei ist die Reihe in Japan eine ganz große Nummer: Seit über zwanzig Jahren existieren die Mangas aus der Feder von Hirohiko Araki, von denen mittlerweile über 80 Millionen Exemplare verkauft wurden. Daneben existieren zahlreiche Romane, Animationsfilme und TV-Serien – also das komplette Programm!

Der große Unbekannte

Viele Kämpfer nutzen einen übernatürlichen Begleiter, der mit ihrem Körper verbunden ist.
Auch in Videospiel-Gefilden hatte die Jojo-Truppe bereits den einen oder anderen Auftritt, so z.B. in Capcoms Spielhallen-Prügler Jojo's Venture (Original: Jojo's Bizarre Adventure) oder im SNES-Rollenspiel Jojo's Bizarre Adventure. All-Star Battle erschien bereits letztes Jahr in Japan auf der PS3, will jetzt aber auch international durchstarten.

Allerdings wird schnell deutlich, dass das Spiel in erster Linie für die Fans gemacht ist: Ein Außenstehender wie ich versteht im mäßig präsentierten Storymodus nur Bahnhof, weil ich in den billigen Texteinblendungen weder die Charaktere noch ihre Beziehung zueinander kenne noch die geschichtlichen Zusammenhänge verstehe. Ein Blick in die Jojo-Enzyklopädie, für die man Einträge freischaltet, brachte für mich auch nur wenig Licht ins Dunkel. Doch wenn ich mich in die Lage eines Fans versetze, würde ich angesichts der stattlichen Auswahl an knapp 40 bizarren Manga-Kämpfern mit ihren Helden und Widersachern sowie den gebotenen Epochen wahrscheinlich vor Freude jauchzen...oder so ähnlich.

Alles für die Fans

Ohne dieses Hintergrundwissen bleibt mir dagegen nur die Faszination, wie stylisch die metrosexuell angehauchten Figuren und interaktiven Arenen designt wurden. Die Mischung aus Cel Shading und Manga weist nicht nur visuelle Parallelen zu Street Fighter IV auf, sondern trägt auch deutlich die Handschrift des japanischen Entwicklers CyberConnect2, der vor allem für seine Naruto-Spiele bekannt ist und zuletzt Asura's Wrath stilistisch geprägt hat. Mit anderen Worten: Jojo's Bizarre Adventure: All-Star Battle sieht extrem stylisch aus – vor allem die Kämpfer glänzen durch einen ganz besonderen Look und

Kein Prügelspiel ohne Spezialattacken.
umwerfende, mitunter urkomische  Animationen. Spätestens wenn die sehenswerten Spezialkombos unter Lichtgewitter, mit wilden Schnitten und japanischen Zeichen gezündet werden, unterstreicht der Prügler seine visuellen Reize.

Aber wie sieht es hinter der großartigen Fassade aus? Steckt in All-Star Battle auch ein gelungenes Prügelspiel? Schnell fällt auf, dass man sich nicht nur hinsichtlich des Designs, sondern auch der Steuerung an der Street-Fighter-Reihe orientiert. So erfordern auch hier viele Aktionen halbkreisförmige Abfolgen auf dem Digipad in Kombination mit den Angriffstasten für leichte, mittlere und schwere Attacken. Geblockt wird, indem man sich im richtigen Timing nach hinten bewegt. Wie immer ist der DualShock nur zweite Wahl und das Auslösen vieler Spezial-Kombos wird eher zur Glückssache – besser und präziser prügelt es sich mit einem Fight-Stick. Allerdings fällt es selbst damit schwer, in einen richtigen Flow zu kommen: Zum einen lassen sich Abstände und Reichweiten schlecht abschätzen und zum anderen variiert das Tempo zu krass zwischen rasanten Highspeed-Schlägereien und schwerfälligen, langsamen Angriffen, die gefühlt kaum Wirkung zeigen. Die Möglichkeit, per X-Taste in den Raum hinein auszuweichen und der 2D-Prügelei damit einen kleinen 3D-Touch zu verpassen, war ebenfalls nicht die beste Design-Entscheidung, da die Funktion sich ebenfalls negativ auf das Kampfgefühl auswirkt.

Auf der Suche nach dem Flow

Unter dem normalen der fünf Schwierigkeitsgrade wird man trotzdem kaum Probleme haben, sich durchzuboxen, denn in der Regel erweist sich das Knopfgehämmer mit leichten Angriffen als äußerst effektiv – wer braucht da noch Taktik oder spezielle Kombinationen? Klar: Da das Kampfsystem ohnehin nicht besonders komplex ist, feiern auch Nicht-Prügelexperten Erfolgserlebnisse, während echten Profis die Kloppereien zu flach ausfallen. Hinzu kommt, dass sich viele Charaktere des Kaders zu ähnlich spielen – sicher auch dadurch bedingt, dass sie sich schnell in eine von fünf grundsätzlichen Stilrichtungen einordnen lassen.

Mit Buttonmashing zum Sieg?

So verfügen einige z.B. über ein monströses Alter Ego, das mit ihrem Körper verbunden ist und für sie kämpft – Persona lässt grüßen. Andere wiederum nutzen eine elektrisierende Kraft namens Hamon, mit deren Hilfe man eine Spezialleiste aufladenkann. Besonders bizarr sind Charaktere, die tatsächlich mit sowie auf ihren Pferden (!) zum Duell antreten, und dabei nicht nur ihre Fäuste, sondern auch Hufen schwingen - so etwas Abgedrehtes sieht man in Beat'em Ups nicht alle Tage!

Die Aufmachung ist extrem stylisch und abgedreht - egal ob Figuren, Arenen oder bei Spezialangriffen.
Das Herzstück bildet der Kampagnen-Modus, in dem man gegen die Avatare anderer Spieler in asynchronen Wettbewerben antritt. Folglich wird für die Teilnahme nicht nur eine Onlineanbindung vorausgesetzt, sondern man muss sich auch Updates über das PSN laden. Das ist halb so wild, doch neben dem extrem schwankenden Schwierigkeitsgrad stößt vor allem ein Umstand extrem sauer auf: Obwohl es sich um einen Vollpreis-Titel handelt, haben die Entwickler den Modus mit Elementen verseucht, die man eigentlich nur aus Free-to-play-Gefilden kennen und hassen gelernt hat. So muss man für die Teilnahme an Kämpfen mindestens eine Einheit eines Energiebalkens opfern. Sind alle aufgebraucht, muss man entweder unnötig auf eine Regeneration warten oder – Überraschung – darf sich im PSN Store neben zahlreichen Extras auch eine Auffrischung gegen echtes Geld kaufen. Pfiu, sowas stinkt doch zum Himmel und wiegt im Rahmen eines Vollpreis-Titels fast noch schwerer als in einer „Pay-to-play“-Gurke wie Soul Calibur: Lost Swords, bei der man schon im Vorfeld davon ausgehen kann, dass man früher oder später abgezockt werden soll. Hinzu kommt, dass man ausgerechnet in diesem Modus die meisten Extras wie Posen, Klamotten, Hilfsgegenstände oder Spott-Variationen freischalten kann. Eigentlich hätte dieser ungewöhnliche Prügler trotz seiner Mängel im Kampfsystem am guten Wertungsbereich gekratzt, aber eine solche Herangehensweise gehört abgestraft!

Eklige Free-to-play-Elemente

Die Kämpfe sind zwar cool präsentiert, aber in einen richtigen Flow kommt man zu selten.
Dass es nicht noch tiefer in den Keller geht, ist den übrigen Spielmodi zu verdanken: So kann man neben dem klassischen Arcade-Modus mit acht aufeinanderfolgenden Kämpfen auch in die Story abtauchen und Ereignisse des Jojo-Universums in sieben Episoden nachspielen, die aus mehreren Runden bestehen. Zwar treffen die vorgegebenen Kontrahenten pro Episode meist nur in einer von wenigen Arenen aufeinander, doch sind die Schauplätze immerhin großartig designt. Vor allem Ereignisse wie ein plötzlich herab fallender Kronleuchter oder ein heranstürmendes Auto sorgen für zusätzliche Dynamik, da sie nicht nur vom Spieler ausgelöst werden, sondern auch massiven Schaden beim Gegner anrichten können. Zudem findet man mit etwas Glück eine alternative Abschluss-Sequenz, in der man sich von seinem geschlagenen Gegner mit einem gewaltigen Finisher verabschiedet. Zusätzlich sorgen wechselnde Kampfbedingungen und „Geheimmissionen“ für Abwechslung: Mal muss man ohne Spezial-Attacken gewinnen, ein anderes Mal mit halber Energieleiste bestehen oder wird mit einer gestärkten Verteidigung seines Widersachers konfrontiert. Um dem entgegenzuwirken oder sich Vorteile zu verschaffen, darf man sein erspieltes Gold optional in Extras investieren – sei es z.B. für mehr Schaden bei Angriffen oder eine automatische Gesundheitsregeneration. Auch kann man die Anforderungen für das Abschließen von Geheimmissionen erkaufen, wenn man sie nicht durch Zufall selbst herausfinden möchte. Im Gegensatz zur verhunzten Kampagne wird in den anderen Modi übrigens auf die Einbindung von Mikrotransaktionen verzichtet – geht doch!

Im Versus-Modus zeigen sich dagegen wieder Schwächen – zumindest, wenn man sich auf Online-Duelle einlässt, bei denen immer wieder Lags auftreten, die den Spielfluss zerstören. Zudem vermisst man ein richtiges Tutorial, in dem man Schritt für Schritt in die Spielmechanik herangeführt wird und lernt, wie man die unterschiedlichen Stile anwendet, Super-Attacken auslöst oder einen Konter bzw. Kombo-Breaker initiiert. So bleibt alternativ nur der Trainingsmodus, in dem man ohne spezielle Anleitungen alles ausprobieren darf.

Fazit

Wow, das sieht verdammt stylisch aus! Jojo's Bizarre Adventure: All-Star Battle steht Street Fighter IV hinsichtlich Präsentation in nichts nach und zaubert mit seiner Mischung aus Cel Shading und Manga wunderschöne, teils bizarre und lustige Charaktere sowie schicke Schauplätze auf die Mattscheibe. Doch so ungewöhnlich das Design, so gewöhnlich ist das Prügelspiel, das sich unter der sehenswerten Fassade verbirgt. Ein richtiger Kampffluss will sich trotz großartiger Animationen nicht einstellen, denn dafür schwankt das Geschehen zu sehr zwischen Highspeed-Klopperei und trägem Gehampel mit einem überflüssigen 3D-Touch. In Online-Kämpfen vermiesen zusätzlich Lags die Lust. Den Tiefpunkt erreicht die Stimmung aber erst im verhunzten Kampagnen-Modus, der offensichtlich um ein Free-to-play-Gerüst konzipiert wurde und in dieser Form in einem Vollpreis-Titel nichts verloren hat – so schön es auch ist, dass Namco Bandai ihn nach Europa gebracht hat. Der Storymodus geht dagegen voll in Ordnung und dürfte vor allem Fans und Kenner der Materie entzücken. Als Außenseiter hat mich die Geschichte allerdings mehr verwirrt als unterhalten – die mäßige Darstellung mit einfachen Texteinblendungen hat sicher ihren Teil dazu beigetragen. Unterm Strich bleibt ein stilistisch außergewöhnlicher, aber spielerisch gewöhnlicher Prügler, der in erster Linie für Jojo-Fans und weniger für Beat'em-Up-Profis gemacht wurde. 

Pro

  • tolle Mischung aus Cel Shading- und Manga-Stil
  • bizarr designte Kämpfer und Schauplätze
  • gelungene Auswahl an Figuren...
  • relativ zugängliche Spielmechanik...
  • dynamische Events in Arenen
  • sehenswerte Animationen
  • japanisch-abgedrehte Präsentation
  • massig Freischaltbares und Anpassungen

Kontra

  • Kampagnen-Modus auf Mikrotransaktionen getrimmt
  • kein Tutorial
  • ...die sich aber zu ähnlich spielen
  • ...bei der "€žButtonmashing"€œ oft zum Erfolg führt
  • Nicht-Kenner verstehen bei der Handlung nur Bahnhof
  • mager präsentierte Geschichte
  • spürbare Lags in Online-Kämpfen
  • mangelnde Abwechslung im Storymodus
  • stark schwankender Schwierigkeitsgrad im Kampagnen-Modus

Wertung

PlayStation3

Jojo's Bizarre Adventure: All-Star Battle ist ein stilistisch außergewöhnlicher, aber spielerisch nur gewöhnlicher Prügler für Fans der japanischen Kult-Mangas.