Men of War: Assault Squad 2 - Test, Taktik & Strategie, PC
Rasselnd fährt mein gerade bestellter Wolverine-Panzerjäger auf das Schlachtfeld. Schnell will ich den Panzer auswählen und zur Verstärkung meiner unter schwerem Beschuss liegenden Ranger an die Front schicken. Aber halt! Ich kann das Kampfgerät partout nicht anklicken. Stattdessen wird mir in blassem Grün der Name eines Mitspielers angezeigt. Der hat allerdings nicht mitbekommen, dass ich ihm – warum auch immer - einen neuen Panzer geschenkt habe. Also rasselt der Panzerjäger gemächlich an die Front und ich kann nur verzweifelt mit ansehen wie eine 88mm-Flak aus dem wertvollen Fahrzeug Kleinholz macht. Ganz toll.
Kooperatives Chaos
Assault Squad 1.5
Auch spielerisch ist kein Fortschritt zu erkennen. Es wird unverändert anspruchsvolle und taktische Echtzeit-Strategie geboten, in der mir viele Freiheiten bleiben. So kann ich Infanterie-Trupps jederzeit aufspalten und neu zusammenfügen sowie meine Soldaten über ihr Inventar individuell bestücken. Die Kampfentfernung ist deutlich höher als z.B. bei Company of Heroes und Deckung sowie Panzerdurchschlag wirken komplexer als bei der Konkurrenz. Ich kann sogar die Kontrolle über einzelne Einheiten übernehmen, um selbst feindliche Stellungen unter Beschuss zu nehmen. Schön: Auch eine Zeitverlangsamung ist vorgesehen, was mir etwas mehr Übersicht auf dem Schlachtfeld ermöglicht.
Allerdings gibt es auch immer noch die alten Fehler: Die Wegfindung der Fahrzeuge ist mitunter ein schlechter Scherz. LKW und Panzer drehen an den unmöglichsten Positionen, finden Lücken, die doppelt so breit sind wie sie selbst nicht, oder weigern sich schlicht in Position zu fahren. Daraus folgt nerviges Babysitting, bei dem ich meine Geschütze stellenweise manuell in Position navigieren muss. Auch die Infanterie neigt zu Aussetzern: Ab und an findet sie ihre Deckung nicht, oder bleibt bei Beschuss einfach stehen, was zu unnötigen Verlusten führt.
Ebenfalls nervig ist das friemelige Mikromanagement, das mir bei den kleinsten Aktionen aufgezwungen wird. So trägt z.B. jeder Soldat Munition für seine Waffen mit sich, die verbraucht wird. Ist der Vorrat erschöpft, muss an Versorgungs-LKWs oder an Kisten aufmunitioniert werden. Das ist gut, denn so entsteht taktische Spannung, weil Versorgungswege offengehalten werden müssen. Allerdings gibt es keine automatische Aktion für den Nachschub – jeder MG-Gurt oder Karabiner-Ladestreifen muss per Klick in das Inventar des Soldaten bugsiert werden. Unter Beschuss wird die Munitionsverteilung so zu einem Ding der Unmöglichkeit.
Mikromanagement im Schützengraben
Performance am Abgrund
Allerdings haben die Weltkriegs-Schlachten arge technische Probleme. Trotz der eher mittelmäßigen Kulisse, die in keiner Weise mit dem Effektgewitter eines Company of Heroes 2 mithalten kann, läuft Assault Squad 2 nie wirklich flüssig. Was in den Einzelspieler-Szenarien eher ein kleines Stottern ist, wenn neue Gebiete aufgedeckt werden, mutiert in den Mehrspieler-Gefechten bei gleichen Einstellungen zu unerträglichen Ruckelorgien mit Einbrüchen der Bildrate in den einstelligen Bereich.
Da sich die Performance des einzelnen Mitspielers spürbar auf das ganze Gefecht auswirkt, habe ich keinen einzigen Schlagabtausch ohne heftige und dauerhafte Bildrateneinbrüche beenden können. Koordination und Spielfluss bleiben dabei auf der Strecke und machen die Gefechte – wohlgemerkt das Kernstück von Assault Squad 2 - nahezu unspielbar. Die lange Beta-Phase merkt man dem Spiel auf technischer Seite zu keinem Zeitpunkt an.
Fazit
Der Auslieferungszustand von Men of War: Assault Squad 2 ist äußerst grenzwertig. Trotz einer schier endlosen Betaphase sind die im Zentrum des Spiels stehenden Mehrspieler-Gefechte aufgrund einer unterirdischen Performance so gut wie unspielbar. Von vierzig Einzelspieler-Szenarien sind nur fünfzehn wirklich neu und der Koop-Modus ist ein chaotisches und undurchschaubares Stück Mehrspieler-Frust. Ja, die taktische und komplexe Echtzeitstrategie bietet mir viele Freiheiten, fünf Fraktionen, dutzende Einheiten sowie eine fordernde KI – allerdings bot mir das in minimal schwächerer Kulisse auch der Vorgänger. Stattdessen wurden nervige Elemente wie eine gruselige Wegfindung und extrem kleinteiliges Mikromanagement überhaupt nicht überarbeitet. Es ist zwar schön, dass ich die Panzer selbst fahren kann – schöner wäre es, wenn sie den Weg selbst auch finden würden. So bleibt trotz des gelungenen Spielmodus Frontlines nur ein ausreichender Eindruck.
Pro
- taktische, komplexe Echtzeitstrategie
- viel Freiheit bei der Truppzusammenstellung
- hohe Kampfentfernungen
- umfangreiches Arsenal
Kontra
- mäßige Kulisse
- grausame Perfomance im Mehrspieler-Modus
- chaotischer Koop-Modus
- viel Recycling bei den Einzelspieler-Szenarien
- keine Kampagne
- teils furchtbare Wegfindung der Fahrzeuge