Tomodachi Life - Test, Simulation, 3DS

Tomodachi Life
27.06.2014, Eike Cramer

Test: Tomodachi Life

Skurrile Langeweile

Die Lebenssimulation Tomodachi Life (ab 39,99€ bei kaufen) von Nintendo sorgte schon vor der Veröffentlichung für ordentlich Aufregung:  Die Entwickler haben keine homosexuelle Partnerschaften vorgesehen.  Ob das Spiel ansonsten überzeugen kann, zeigt der Test.

Es gibt Spiele wie Deponia, die durch ihren charmanten und abgedrehten Humor auffallen. Es gibt Spiele, die so verkorkst sind, dass sie unfreiwillig komisch sind - und es gibt Tomodachi Life. Selten hat mich ein Spiel zu solchen Lachattacken gebracht wie Nintendos Lebenssimulation. Dabei ist der Ablauf simpel: Miis, die neu erstellt oder importiert werden können, leben auf einer Insel, interagieren miteinander, verlieben oder streiten sich.

Skurrile Absurditäten

Das Absurditätenkabinett beginnt allerdings schon bei der Charaktererstellung – jeder Mii bekommt nämlich eine

Die Möglichkeit, Miis mit alberner Sprachausgabe zu versehen, ist eines der Highlight des Spiels.
Stimme, die einen roboterähnlichen Touch hat und individuell in Höhe und Betonung eingestellt werden kann.  Absicht oder nicht: Wenn ein männliches Mii (dessen Ähnlichkeit mit einem 4P-Redaktionsmitglied rein zufällig ist!) mit  einer alienhaft verzerrten, viel zu hohen Stimme spricht, kann ich das dümmliche Giggeln nicht unterdrücken. Ebenfalls witzig: Individuelle Spitznamen, die von den Bewohnern mit alberner Ernsthaftigkeit genutzt werden. Herrlich!

Unterhaltsam ist auch der Grafikstil, der eine 3D-Kulisse mit Fotos kombiniert. Viele Gegenstände sind keine 3D-Modellen, sondern simple Bilder – Essensteller, Spielkonsolen oder CDs. Zudem gibt es ähnlich wie in der Cartoon-Serie Spongebob Schwammkopf eine Foto-Hand, die ab und zu ins Bild greift. Dieser absurde Ansatz hebt das Spiel angenehm von Animal Crossing oder Harvest Moon ab – Tomodachi Life ist mit Absicht albern.

Doch so symphatisch und witzig die brabbelnden Miis auch sind, es gibt auf der Insel einfach viel zu wenig zu tun. Als Spieler gibt es für mich die Möglichkeit Essen, Kleidung oder Einrichtungssets zu erstehen und an die Bewohner zu

Die Umgebungen sind schwach gestaltet und können nicht erkundet werden.
verteilen. Mit der richtigen Wahl erhöhe ich das Zufriedenheitslevel meiner Schützlinge. Bei jedem Levelaufstieg kann ich den Miis eine Phrase, einen Song, eine neue Einrichtung oder ein Objekt schenken.

Wenig zu erleben

Das Problem: Ich kann keine soziale Interaktion auslösen. Vieles passiert automatisch und ich kann nur in bestimmten Momenten kleine Tipps, z.B. beim ersten Zusammentreffen von zwei Charakteren geben. Anders als bei den Sims gibt es keine Möglichkeit, andere Bewohner zu treffen oder zu Veranstaltungen einzuladen. Stattdessen muss ich darauf warten, dass sich Miis treffen wollen oder sich automatisch bei Events einfinden.

Immerhin werde ich von meinen Schützligen immer mal wieder vor kleinere Probleme oder Herausforderungen gestellt. Mal fehlt ein Gegenstand, mal braucht der Bewohner neue Kleidung oder Essen. Sehr schnell hat man hier den Dreh raus, welche Gegenstände wann funktionieren – und arbeitet sich routiniert durch die sich ständig wiederholenden Aufgaben. Zudem ist die Auswahl der Gegenstände extrem beschränkt.

Persönliche Probleme

Die Einrichtungen sind an ihre Sets gebunden und können nicht individualisiert werden.

Besser ist da schon die Möglichkeit, meine Miis auf die Bühne zu schicken und Songs verschiedener Stilrichtungen aufführen zu lassen. Von Metal bis Oper können eigene Songtexte zu vorgefertigten Hintergrund-Tracks aufgeführt werden. Das ist, zumindest die ersten drei Male, ziemlich witzig. Aber auch hier fehlt es an Abwechslung, Interaktion und kreativem Freiraum. Warum kann ich die Songs nicht wenigstens grob selbst zusammenstellen?

Ab und zu fordert ein Einwohner mich auch dazu auf, eines der unheimlich überflüssigen Minispiele (Formenraten, Memory, „Klopfduell“) mit ihm zu spielen, die weder spannend noch abwechslungsreich sind.

Zudem sind die Gesangs-Aufführungen noch die beste Nebenbeschäftigung. So gibt es u.a. noch die Möglichkeit mit den Miis Frisbee-Werfen zu spielen, ihnen beim Grillen zuzugucken und zu bestimmten Zeiten eine unheimlich

Die Meisten Aktivitäten sind ziemlich langweilig. Auch Rap-Battles sind vorhanden.
schwache Japan-Rollenspiel-Hommage am Spielautomaten im Vergnügungspark  zu spielen, bei der mir genau zwei Knöpfe zur Verfügung stehen. Das ist repetitiv und langweilig! Was soll das denn, Nintendo?

Unterbeschäftigung

Auch die Umgebungen sind unheimlich einseitig gestaltet – obwohl mit Bergen und  Stränden, dem Vergnügungspark und dem Café eigentlich genug Abwechslung möglich wäre. Allerdings bestehen sie aussschließlich aus einer  starren Ansicht, in der nur leicht gezoomt werden kann. So bekommt man kein Gefühl für die Umgebung oder die Größe der Insel. Zudem ist es nicht sonderlich spannend den Bewohnern beim Besuchen der Orte zuzuschauen, da im Zweifelsfall ohnehin immer das Gleiche passiert.

Fazit

Tomodachi Life ist albern, skurril und witzig – aber zugleich auch langweilig, viel zu automatisiert und oft eintönig. Die vorhandenen Aktivitäten schwanken zwischen ganz nett und völlig überflüssig – wobei letztere dummerweise deutlich überwiegen. Außerdem kommt die Interaktion mit den Bewohnern für eine Lebenssimulation viel zu kurz: Warum kann ich keine Gespräche auslösen, warum kann ich meine Bewohner nicht zu ihrem Glück zwingen – oder einfach etwas mit ihnen unternehmen? Das Spiel lässt mich viel zu oft ohne Beschäftigung, weil es einfach nichts mehr zu tun gibt. Das waren Momente, in denen ich meinen 3DS einfach zugeklappt und beiseitegelegt habe, da ich es leid war, auf einen leeren Strand zu starren.

Pro

  • witziger Grafikmix aus Fotos und 3D-Objekten
  • herrlich alberner Humor
  • viele Absurditäten und skurille Einfälle
  • Gesangsperformances

Kontra

  • viel zu wenig Spielinhalte
  • langweilige Beschäftigungen
  • öde Umgebungen
  • stupide Minispiele
  • überschaubare Menge an Gegenständen und Kleidung
  • kaum Interaktionsmöglichkeiten mit den Miis
  • keine aktive soziale Interaktion
  • keine individuellen Einrichtungen möglich

Wertung

3DS

Die Lebenssimulation ist im Kern charmant und witzig, enttäuscht aber mit zu wenigen und meist langweiligen Aktivitäten und Minispielen.