PlayStation Vita Pets - Test, Simulation, PS_Vita

PlayStation Vita Pets
24.06.2014, Jan Wöbbeking

Test: PlayStation Vita Pets

Gesprächige Vierbeiner

Sony will die virtuelle Welpenaufzucht revolutionieren. Wie cool wäre es eigentlich, wenn das putzige kleine Hündchen sein Herrchen nicht nur verstehen, sondern selbst sprechen könnte? Die Antwort lautet: Gar nicht – zumindest wenn man ihm derart peinliche Worte in den Mund legt.

„Katze! Katze! Katze! Katze!“ Es gibt nur wenige Momente, in denen ich meinen Job hasse. „Katze! Katze! Katze! Katze!“ Dieser gehört definitiv dazu. „Katze! Katze! Katze! Katze! Katze! Katze!“ Nein, mein Hund „Katze“ hört nicht auf seinen Namen – obwohl ich ihn gerade laut und deutlich auf exakt die gleiche Weise vergeben habe. „Katze, verdammt, Katze!“ Vielleicht bin ich auch selbst Schuld und eine Programmzeile verhindert das Vergeben derart alberner Namen für einen Hundewelpen. Jetzt werden auch die Kollegen aufmerksam: „Was zum Henker machst du da eigentlich?“ Na was wohl – ich erziehe ein Hündchen – aber das Mikro der Vita lässt mich nicht. Sogar Mathias wird von der bizarre Szene aus dem gegenüberliegenden Büro gelockt: „Ja, ja - aber über die Stimmerkennung von Kinect lästern. Erkennt der dich immer noch nicht?“ Recht hat er – entweder ist das Mikro meiner Vita verstopft oder die Entwickler bei Spiral House (LittleBigplanet, WipEout Pulse) haben gewaltig gepfuscht.

Die Freuden der Spracherkennung

Beim Ballspiel in der realen Welt...
Der einzige Weg, das Problem zu beseitigen, ist ein Neustart und die Wahl eines einfacheren Namens: „Sebastian“ ist offenbar zu komplex, „Alice“ ebenfalls – lediglich ein langsam und deutlich ausgesprochenes „Vita“ wird als Name für meinen kleinen Collie akzeptiert. Auch die Tricks, die „Vita“ im Laufe des Spiels lernt, können mit Worten wie „Sitz!“, „Platz!“ oder „Roll!“ befohlen werden, was immerhin etwas besser klappt. Irgendwann bin ich trotzdem einfach auf die besser funktionierenden alternativen Gestenkommandos per Fingerstrich ausgewichen – offenbar haben auch die Entwickler bemerkt, dass an ihrer Spracherkennung etwas faul ist.

...flitzt der Hund auch gerne mal durch die Luft oder steht auf dem Kopf.
Eigentlich steckt in Pets ein recht gewöhnliches Hündchenpflegespiel im Stil von Nintendogs – inklusive Füttern, Minispielen, Spaziergängen und Erkundung einer erfreulich großen Insel voller mystischer Schätze zum Ausbuddeln. Um ihre „Sonydogs“ von der Konkurrenz abzuheben, hat sich Spiral House allerdings eine Besonderheit ausgedacht: Statt nur (sehr niedliche) Waff-, Quietsch- und Knurr-Geräusche von sich zu geben, sprechen die Hunde sogar mit ihrem Besitzer. Eigentlich keine schlechte Idee – ein paar verbale Hinweise auf die Wünsche und den Gemütszustand meines Haustiers könnten sich durchaus als nützlich erweisen. Doch Sony übertreibt es eindeutig, denn die kleinen Vierbeiner reden wie ein Wasserfall. Jede noch so beschauliche Situation wird durch pausenloses Geplärre gestört: „Woohoo, ich liebe Shopping – lass uns einkaufen, bis wir umfallen!“, „Hey, kannst du Gedanken lesen – ich habe gerade richtig Lust darauf, mit dem Ball zu spielen!“ oder „Streichel mich, dann werden wir beste Freunde!“.

Gesprächige „Sonydogs“

Die Knuffigkeits-Skala ereicht mitunter fast Woll-Yoshi-Niveau - allerdings nur, bis der Vierbeiner wieder den Mund aufmacht.
Das alles mag in geschriebener Form gar nicht so wild klingen, nervt durch die übermotivierten Stimmen aber gewaltig. Sehr seltsam wird es beim ausgiebigen Kuscheln: Mein putziger „Vita“ lässt sich zwar in einem gelungenen Minispiel auf dem Touchscreen an Bauch, Kopf, Ohren etc. streicheln, beim Formulieren der Kommentare sind die Autoren aber übers Ziel hinausgeschossen: „Ja, ja, jajaja, das ist genau die richtige Stelle, hör nicht auf, das tut so guuut!“ und ähnliche Seufzer haben für verstörte Blicke im Büro gesorgt. Okay, einem Kind fällt die Parallele vermutlich nicht so leicht auf, trotzdem hätte man die Sequenz um einiges besser ver- und betonen können. Meines Collie z.B. wird zwar von der Profi-Sprecherin Rita Ringheanu synchronisiert, ihre Stimme wirkt aber schrecklich fehl am Platze: Wenn ich vor mir ein niedliches Fellknäuel herumtollt, assoziiere ich zumindest keine erwachsene, leicht rauchige Frauenstimme damit. Die Franzosen sind übrigens noch schlechter dran als wir: Als ich die Systemsprache entsprechend geändert hatte, überschlug sich die Sprecherin beim ständigen „Oh oui oui oui!“ beinahe. Lediglich die ebenfalls enthaltene englische Vertonung bleibt halbwegs erträglich, was bei der angepeilten Zielgruppe natürlich trotzdem keine Alternative darstellt. Erst als ich die Sprachausgabe im Optionsmenü komplett deaktiviert hatte, gestaltete sich das Entdecken der Welt deutlich entspannter. Im Gegenzug verpasste ich aber auch die vom Erzähler vorgelesene Märchen und wichtigen Hinweise.

In Wald und Höhlen gibt es viel zu entdecken...
Schade, denn von einigen Macken abgesehen steckt in Pets ein ordentliches Haustier-Spiel. Auf der hübsch gestalteten Insel gibt es jede Menge Dinge frei zu buddeln sowie mystische Orte und Grabstätten zu entdecken. Trotz aller Abgeschiedenheit müssen sogar Häufchen weggeräumt werden – zumindest so lange man nicht genug Bares für eine „Häufchen-O-Matic“-Maschine zusammen hat. Dank der starren Steuerung sind Abstecher vom Feldweg allerdings nicht drin. Auch die Schieberätsel in alten Ruinen unterhalten nur leidlich - sie sind selbst für die junge Zielgruppe zu einfach. Der Erzähler mit raunender Märchenonkelstimme verknüpft das Geschehen derweil mit einer Sage um einen alten König.

Indiana Bones

...zum Beispiel alte Grabstätten und simpel gestrickte Schieberätsel.
Versperrte Türen zu neuen Gebieten kann der Hund aufzerren, nachdem ich sein Gebiss mit käuflichen Zerrspielzeugen gestärkt habe; gegen Langeweile auf langen Wegen helfen die Schnellreise-Tunnel. Die Minispiele erinnern erfreulich stark an einen echten Hunde-Alltag, gestalten sich aber trotzdem meist fade. Zum Erschnüffeln von vergrabenen Gegenständen tippe ich einfach mit grünen Duftspuren markierte Bereiche an, bis der Hund die passende Stelle findet. Das ermüdende Ballspiel findet mit Hilfe der Rückseiten-Kamera sogar in der realen Welt statt. Freunde klingelnder Rollenspielbelohnungen kommen voll auf ihre Kosten: Minispiele, Streicheleinheiten und andere Aktivitäten werden an jeder Ecke mit Kumpel-Punkten honoriert. Mit Münzen kaufe ich zusätzlich neue Spielzeuge, Futter, Leckerli, Halsbänder und alberne Klamotten wie Schleifchen oder ein Hotdog-Kostüm. Viel falsch machen kann man im begehbaren Kleiderschrank übrigens nicht: Wenn dem flauschigen Model die Auswahl missfällt, beschwert es sich natürlich prompt mit entsprechenden Kommentaren.

Fazit

Muss es den ausgerechnet diese Stimme sein? Und diese übertrieben euphorischen Seufzer? Will man so die Vita retten? Ohne die schrecklich penetrante Sprachausgabe hätte Pets ein passables Haustier-Abenteuer für junge Vita-Spieler werden können. Die knuffigen Hundewelpen und in die geheimnisvolle Ferieninsel sind den Entwicklern schön gelungen. Im Gegenzug bremsen aber einige dicke Schnitzer dem Spaß am Entdecken und Herumtollen aus: Die Spracherkennung z.B. reagierte bei uns nur selten, die Laufsteuerung wirkt ziemlich starr und auch die Schieberätsel in alten Katakomben könnten selbst für die junge Zielgruppe knackiger sein. Wer all das in Kauf nimmt oder Spaß an unfreiwilliger Komik hat, kann natürlich trotzdem hineinschnuppern – ich verschone meine Kollegen in Zukunft lieber mit den übermotivierten Lauten der Synchronsprecher.

Pro

  • große Insel mit vielen Geheimnissen zu erkunden
  • knuffige, realistisch herumtollende Hundewelpen
  • prima umgesetztes Streicheln (vom Sound abgesehen)
  • Minispiele schön an realen Hundealltag angelehnt...
  • idyllische Natur und mystische Ruinen

Kontra

  • peinlich synchronisierte Hunde-Monologe
  • Sprachausgabe lässt sich nur komplett deaktivieren, wodurch man Hinweise und Geschichten des Erzählers verpasst
  • steife, teils umständliche Steuerung
  • ...Geschicklichkeitstests sind trotzdem zu leicht und öde
  • Spielablauf baut etwas zu intensiv aufs Hochleveln von Fähigkeiten

Wertung

PS_Vita

Die peinliche Sprachausgabe der pausenlos brabbelnden Vierbeiner machen das eigentlich passable Haustierspiel zur Lachnummer.