Splatter - Test, Action-Adventure, PC

Splatter
08.07.2014, Mathias Oertel

Test: Splatter

Dead Nation aus Dresden

Zweistick-Shooter sind in. Zombie-Spiele sind in. Was bekommt man, wenn man diese Elemente verbindet? Die meisten werden als Antwort vermutlich Housemarques PlayStation-Ballerei Dead Nation parat haben. Doch auch PC-Spieler können jetzt durchladen und mit Splatter - Blood Red Edition auf Untoten-Jagd gehen.

Alles beginnt mit einem inneren Monolog des Protagonisten Max: "Ist das das Ende? So vieles hat sich in den letzten Tagen geändert. Auch ich....." So geht es noch einige Sätze weiter, bevor es in die Vogelperspektive à la Hotline Miami geht. Max geht zur Tür, von außen hört er die Polizei eine Warnung aussprechen, bevor sich die Ereignisse überschlagen: Ein Zombie bricht durch die Eingangstür, bekommt einige Kugeln in den Rücken und Hinterkopf und sackt endgültig tot auf dem Flur zusammen. Und damit steckt Max mitten in der Zombie-Apokalypse, die (natürlich) nur er aufklären und beenden kann.

Payne Nation

Zwar nutzt das in Dresden ansässige Team von Dreamworld Development erzählerisch Elemente des Film Noir, doch die Geschichte ist wenig geheimnisvoll, dazu mitunter etwas weitschweifend erzählt, so dass der im Ansatz aufkommenden Spannung der Wind aus den Segeln  genommen wird. Angesichts des geringen Budgets gehen die englischen Sprecher zwar in Ordnung (es gibt keine deutsche Sprachlokalisierung), doch weder das zu bemüht wirkende Drehbuch noch die Regie können langfristig Atmosphäre aufbauen.

Draufsicht, Dualstick-Action und haufenweise Gegner - das ist Splatter.
Mechanisch hingegen ist Splatter deutlich solider aufgestellt - auch weil man sich im Wesentlichen an der Formel bedient, mit der Housemarque auf der PS3 und PS4 in Form von Dead Nation den klassischen Dualstick-Shooter erweitert hat. Mit dem linken Stick des Gamepads bewegt man die Figur durch Häuserschluchten oder die auf einen zustürmenden Feinde, mit dem rechten unabhängig davon die Schussrichtung, bevor man abdrückt. Dank akkurater Kollisionsabfrage funktioniert die Jagd auf Untote, Käfer oder Spinnen per Pad ebenso gut wie über Maus- und Tastatur, so dass man stets die volle Kontrolle hat. Allerdings verpasst man bei der Dauerfeuer-Action ein Spannungmoment, von dem auch Dead Nation gezehrt hat: Nachladen. Es hat zweifellos seinen Reiz, draufzuhalten, was das Munitionspack hergibt, ohne Gedanken an das Auswechseln des Magazins verschwenden zu müssen. Doch interessanter, spannender und auch taktischer wären die Gefechte, wenn man sich überlegen müsste, ob man sich lieber nochmal für ein bis zwei Sekunden zurückzieht, um neue Munition einzusetzen. Interessanterweise sorgt das Durchladen der Pumpgun immer wieder für kurze Momente dieser Art.

Untote Nation

Mit Elementen wie Entscheidungen soll die Mechanik aufgewertet werden, doch letztlich bleibt vieles zu oberflächlich.
In einigen anderen Punkten geht Splatter sogar über das hinaus, was Dead Nation geboten hat. So kann man hier zahlreiche Gebäude betreten. Und es sind damit fast immer Spannungsmomente verbunden. Denn die Inhalte von Häusern und mitunter einzelnen Zimmern (samt ihrer feindlichen Bewohner) werden erst dann angezeigt, wenn man durch die Tür schreitet. Wenn zudem das Mobiliar nur von Max‘ Taschenlampe erhellt wird und düstere Schatten an die Wand wirft, aus denen die Feinde plötzlich angreifen, geht das Adrenalin nach oben. Doch diese Spannung kann nicht langfristig gehalten werden.

Denn der Pegel normalisiert sich wieder, wenn man feststellt, dass die KI nur zwei Zustände kennt: Angriff oder dumm herumstehen. Ja, ich weiß: Es handelt sich hier um Zombies. Doch da man sich in den großräumigen Abschnitten häufig so weit zurückziehen kann, bis sich die Untoten durch einen Flaschenhals wie z.B. eine Tür zwängen müssen und diese einen mitunter wie an einer Perlenschnur gezogen verfolgen, hat man vergleichsweise leichtes Spiel. Vor allem, wenn man gleichzeitig die Leuchtfackeln auswirft – Licht vertreibt die Untoten und die dadurch gewonnene Zeit kann man nutzen, um die Feinde einen nach dem anderen auszuschalten. Spannender wäre es, wenn die Gegner auch versuchen würden, ihre zahlenmäßige Überlegenheit zu nutzen, um einen einzukesseln oder zumindest einen alternativen Weg zum Opfer zu suchen. Was übrigens auch von den lebenden bzw. vermeintlich "intelligenten" Kontrahenten wie Spinnen oder Feuer speienden Käfern nicht angewandt wird. Immerhin gibt es einige Abschnitte, in denen man Leuchtkäfer (bitte erinnern: Die Untoten verabscheuen Licht) nutzen kann, um sich unbemerkt durch die Zombies zu schleichen. Oder in denen man versuchen kann, den Käfern aus dem Weg zu gehen, indem man nur langsam geht. Mehr wie diese Elemente und vor allem der Zwang, mal anders vorgehen zu müssen hätten geholfen, um den auf Dauer sehr einheitlich ablaufenden Spielrhythmus aufzubrechen. Wie z.B. bei dem offenbar von Lollipop Chainsaw inspirierten Ausflug per Mähdrescher, der natürlich eine Schneise durch die Zombies reißt.

Schwarmintelligenz

Nicht nur Juliet aus Lollipop Chainsaw kann mit einem Mähdrescher auf Untoten-Jagd gehen.
Nett, wenngleich nur für das Sammeln von versteckter Munition oder Geld bzw. das Entdecken von Geheimnissen effektiv eingesetzt, ist die Zerstörung der Umgebung: Das Interieur lässt sich beinahe komplett zerlegen - und das nicht nur durch die Projektile der acht in vier Stufen aufrüstbaren Schießprügel (darunter auch ein Flammenwerfer oder ein Laser-Gewehr). Denn auch die Gegner hinterlassen mitunter eine Schneise der Zerstörung innerhalb der Abschnitte, die ihre Atmosphäre weniger durch die sich schnell wiederholenden Texturen, sondern vor allem durch die gelungenen Lichteffekte aufbauen. Scheiben bersten, Türen werden gesprengt, Tische werden in Sägemehl und -Späne verarbeitet, Kisten werden dem Erdboden gleich gemacht. Auch scheint sich das Team in erster Linie auf die Zerstörung an sich konzentriert zu haben, in einem weiteren Schritt könnte man überlegen, diese Zerstörung oder die Umgebung auch taktisch einzusetzen. In Ansätzen gelingt dies bei den Bosskämpfen, die strikten Arcade-Grundsätzen folgen und z.B. verschiedene Phasen und verwundbare Punkte anbieten.  Nur beim finalen Boss hat man es etwas übertrieben. Bei der letzten der drei Phasen wird zufallsbedingt zwischen ein paar Angriffsschemata gewechselt. Doch nur bei einer davon kann man dem Gegner schaden. Und bei den anderen wird man kaum gefordert. Das ist insofern schade, da die Auseinandersetzung mit dem Boss davor deutlich spannender ist und man Splatter so antiklimaktisch beendet. Der Kampf wird nicht nur zu leicht, sondern auch unnötig in die Länge gezogen.

Die bis auf eine Ausnahme gelungenen Bosskämpfe zelebrieren Arcade-Kultur.
Hat man nach etwa vier bis fünf Stunden die Kampagne erledigt und zumindest den Grundstein für das Überleben der Menschheit gelegt, kann man sich an einem höheren der insgesamt vier Schwierigkeitsgrade versuchen. Hier werden die bereits erreichten Waffen-Upgrades übernommen, man muss nur warten, bis die Knarre innerhalb der Geschichte zur Verfügung steht. Oder aber man versucht sich an den gegenwärtig zur Verfügung stehenden Arcade- bzw. Mehrspieler-Modi. Für Solisten steht das Überleben auf fünf Karten gegen immer stärkere Gegenerwellen auf dem Programm, mit dem Ziel,  sich einen Eintrag in den Online-Ranglisten zu sichern.

Der Tod danach

Wer Gesellschaft bevorzugt, kann sich bis zu drei Freunde vor den PC holen und dort ebenfalls den Kampf ums Überleben aufnehmen. Oder aber man gibt sich zu einem Deathmatch die Ehre. Beide Varianten sind für ein Spielchen zwischendurch geeignet, aber nichts für die Ewigkeit. Schade ist allerdings, dass es keine Möglichkeit gibt, abseits die lokalen Koop mit oder gegen andere Zombiejäger anzutreten.

Fazit

Splatter ist ein ordentlicher Versuch, ein Spiel wie das Sony-exklusive Dead Nation auf den PC zu bringen. Hier und da zieht man sogar noch den Hut vor dem Klassiker Crimsonland zieht.  Und man integriert Ideen wie betretbare Gebäude. Die etwa vier bis fünf Stunden Soloaction bieten passable sowie Blut triefende Unterhaltung. Allerdings ist auch an allen Enden spürbar, dass es sich hier nur um ein extrem kleines Team handelt. Im Detail finden sich viele Ecken und Kanten, die abgeschliffen werden müssten - angefangen von der KI bis hin zur Kulisse, die aber dank der Lichteffekte sowie der zerstörbaren Umgebung  einen stimmungsvollen Eindruck hinterlässt. Die Story ist eher plakativ als düster, wenngleich die Inszenierung leicht an das erste Max Payne erinnern möchte. Trotz aller Mankos: Splatter zeigt, dass auch hierzulande interessante Indie-Produktionen entstehen.

Pro

  • unkomplizierte Zombiehatz à la Dead Nation
  • fehlendes Nachladen sorgt für Dauerfeuer-Action...
  • ordentliche Bosskämpfe
  • passables Artdesign
  • Pad-Unterstützung
  • akkurate Steuerung
  • nette Lichteffekte sorgen immer wieder für Spannung
  • Waffen-Aufwertungen
  • zerstörbare Umgebung

Kontra

  • finaler Bosskampf unnötig in die Länge gezogen
  • ... kostet aber Spannungsmomente
  • oberflächliche Story
  • Schwarm-KI lässt sich mitunter leicht in die Flaschenhals-Falle locken
  • Kulisse mit Wiederholungserscheinungen
  • kein Online-Multiplayer

Wertung

PC

Gelungenes Indie-Debüt des Dresdner Dreamworlds-Teams, das sich als viel versprechender Klon von Housemarques Dead Nation ergänzt um interessante Ideen präsentiert.