The Wolf Among Us: Episode 5 - Cry Wolf - Test, Adventure, 360, iPad, PlayStation3, PC, PS_Vita

The Wolf Among Us: Episode 5 - Cry Wolf
10.07.2014, Jörg Luibl

Test: The Wolf Among Us: Episode 5 - Cry Wolf

Dramatisches Finale in Fabletown

Blut und Magie, Fabelwesen in New York, Point und Click: Seit Oktober 2013 kann man in The Wolf Among Us einem Killer in einem bizarren Märchenland nachspüren. Kürzlich hat Telltale Games den letzten Teil des Adventures veröffentlicht. In diesem Test fassen wir die Einschätzungen der Episoden vier und fünf zusammen. Die Wertung am Ende wird sich also auf die gesamte Serie beziehen.

In der Rolle von Sheriff Bigby hatte man trotz der kurzen Spielzeiten von maximal 90 Minuten pro Episode bereits viel zu tun: Wem hat man die Wahrheit gesagt, wen belogen? Welche Tatorte hat man zuerst untersucht?  Auf welche schmutzigen Deals hat man sich eingelassen? War man in Extremsituationen gewalttätig oder beschwichtigend?  Und wie hat sich auch aus diesem Verhalten die Beziehung zu Snow White aka Schneewittchen entwickelt?

Der Fluch der Episoden

Mit Gewalt? Und wenn ja, gegen wen? Bigby wird in einige Extremsituationen verwickelt.
Wenn man so viele Entscheidungen in einem Krimi-Adventure mit Indizien treffen muss, wirkt ein Episodenformat mit zu langen Pausen wie eine erzählerische Bremse: Man ist nach mehreren Wochen oder gar Monaten einfach raus. Zwar fasst die Regie die wichtigsten Ereignisse nochmal kurz in einem "Was bisher geschah" zusammen, aber man muss vor dem Weiterspielen unter Extras bei "Player Choices" nachlesen, um sich wieder in Stimmung und auf den aktuellen Stand zu bringen.

Dort wird nicht nur chronologisch illustriert, welche Entscheidungen man bisher getroffen hat; inklusive der interessanten Prozentzahl derjenigen Spieler, die ebenfalls so gehandelt oder gedacht haben. Sehr schön ist auch, dass z.B. nochmal die fünf Verdächtigen aufgereiht werden - schließlich gilt es u.a., einen

Es gibt nur sehr wenig investigative Erkundung - die Schauplätze sehen cool aus, aber sind sehr klein.
Killer zu finden: Wem hat man die Morde bisher am ehesten zugetraut? Dem zwielichtigen Blaubart, den grobschlächtigen Tweedle-Brüdern oder dem brutalen Zuhälter Georgie Porgie? Und welche Rolle spielen Bloody Mary oder der verkrüppelte Mann?

Jack the Ripper und politische Macht

Es geht also nicht nur um eine Jack-the-Ripper-Geschichte. Schon in den ersten drei Teilen wurde die politische und auch sozialkritische Ebene innerhalb der Exilgemeinde sehr deutlich - Erpressung, Prostitution und Korruption inklusive. Die Fabelwesen leben ja quasi inkognito unter den Menschen, weil sie ihre Auslöschung befürchten - manche z.B. in humaner Gestalt, obwohl ein Werwolf oder ein Biest in ihnen steckt. Und so blüht nicht nur der Handel mit dem Verwandlungszauber "Glamour", so wuchern auch innere Konflikte und Tragödien - es geht vordergründig um die Morde, aber die Episoden vier und fünf nähern sich der alles entscheidenden Frage: Wer hat die Macht im Märchenland?

Autsch - das tut weh! Selbst ein harter Wolf wie Bigby muss die Zähne zusammen beißen, als er zu Beginn der vierten Episode verarztet wird. Er wurde nicht nur mit Blei, sondern auch mit Silber vollgepumpt; außerdem hat man ihm den Arm gebrochen. Überall Blut, offene Wunden und ein Knochen, der schief ins Bild ragt. Wer auf den Arzt hört, kann ihn

Bigby hat Schmerzen: Aber die Kugeln in seinem Körper sind das geringste Problem - irgendetwas scheint ganz Fabletown in den Abgrund zu ziehen.
selbst einrenken. Die gnadenlose Regie bleibt sich treu: The Wolf Amongs Us ist ein Adventure für Erwachsene, das in seinen letzten Folgen nochmal einen draufsetzt, was die Darstellung von Gewalt betrifft.

Gnadenlose, aber reife Regie

Aber sie wird nie zum Selbstzweck eingesetzt, sondern unterstreicht damit all die Extremsituationen, in denen sich die Fabelwesen befinden. Alles scheint sich zuzuspitzen, jeder scheint um seine Existenz zu kämpfen. Aber vor wem haben alle nur diese Angst? Und warum? In der Rolle von Bigby kann man sich kaum der Story entziehen, die sehr schnell, sehr knackig präsentiert wird - obwohl es spielerisch mal wieder wenig Anspruchsvolles gibt.

Mal ein Reaktionstest hier, mal ein bisschen untersuchen da, aber wirkliche Rätsel, Kombinationen von Gegenständen oder detektivische Erkundungen sind Fehlanzeige. Dafür werden einige Kämpfe ausgedehnt zelebriert. Es gibt unter dem Strich sogar noch weniger investigative Aufgaben als in den ersten drei Teilen - das ist schade, denn gerade das Krimi-Thema hätte sich für mehr angeboten.

Fast keine Rätsel, trotzdem raucht der Kopf

Man knobelt also erneut nicht klassisch, aber dafür zerbricht man sich mal wieder den Kopf in den vielen Multiple-Choice-Situationen. Spielt man den harten Kerl oder lässt man Snow an sich heran? Zieht man als Wolf die kommenden Ermittlungen auf seine rustikalere Art durch oder überlässt man Snow die Strategie? Sie will alles

Im gelungenen Finale müssen alle nochmal Rechenschaft ablegen - hier zeigen sich die Konsequenzen für bisherige Handlungen.
sauberer und klarer, aber auch rigoroser angehen, was die Fabelwesen angeht: Niemand soll unnötig verletzt werden. Alles sollen in Sicherheit kaserniert werden. Unterstützt man sie in ihrem Vorhaben und zieht sich den Unmut anderer zu?

Die Gespräche werden auch deshalb immer interessanter, weil es um Vertrauen und Misstrauen sowie Beziehungen wie Freundschaft und Liebe geht. So werden selbst kleine Entscheidungen relevant, weil sich Charaktere wie in allen bisherigen Episoden erneut merken, was Bigby antwortet. Während die Zeit abläuft, muss man sich immer wieder entscheiden. Man kann stellenweise sogar mit Gesten wie einer Umarmung reagieren oder einfach nichts sagen - so entstehen sehr subtile, angenehm emotionale Situationen, die von der Regie ruhig ausgepielt werden.

Die finale Abrechnung

Und das Schöne ist: In der fünften Episode wirkt sich all das nochmal aus, denn Bigby muss in einem Finale mit einer Art Gerichtsverhandlung endlich Rechenschaft über seine Taten ablegen. Das wird sehr schön inszeniert, denn alle relevanten Figuren treten nochmal auf, hören zu oder sprechen selbst. Welchen Fabelwesen hat er im Laufe der fünf Episoden mit seiner Art der Ermittlung vor den Kopf gestoßen? Wen konnte er mit seinem Verständnis für sich gewinnen? Wen haben er und auch Snow White trotz guter Vorsätze gegen sich aufgebracht?

Fazit

Auch wenn die Veröffentlichungspolitik von Telltale kontraproduktiv für das Erlebnis ist, weil teilweise mit vier Monaten viel zu viel Zeit zwischen den fünf Episoden liegt; und auch wenn diese mit etwas mehr als einer Stunde zu kurz sind: Ich habe die dramaturgische Würze und das reife Drehbuch genossen. Sehr gut gefallen haben mir nicht nur die moralischen Graustufen, wenn es um Schuld und Verantwortung ging, sondern auch einige angenehm subtile Situationen, in denen man Beziehungen stärken oder schwächen konnte - selbst mit kleinen Gesten. Hinzu kommen das coole Comic-Artdesign in einer Parallelwelt, die trotz des Märchenthemas nicht im Kitsch versinkt, sondern mit markanten Charakteren und toller Regie punktet. Schade ist allerdings, dass man selbst in den Reaktionstests kaum gefordert wird und es weder kreative Rätsel noch den Hauch von investigativer Erkundung gibt - da hat Telltale viel Potenzial verschenkt. So "knobelt" man letztlich nur in den Dialogen. Aber dort kann man die Rolle des wölfischen Ermittlers angenehm individuell interpretieren. Unterm Strich dramaturgisch nicht so stark wie The Walking Dead, aber The Wolf Amongs Us hat mich im Finale gut unterhalten!

Pro

  • gutes Finale zeigt Konsequenzen
  • interessante Parallelwelt mit Märchenthema
  • angenehm subtiles Beziehungsmanagement
  • knallharte Krimi-Story macht neugierig
  • sehr gute Dialoge, lebendige Mimik
  • stimmungsvolles Comic-Artdesign
  • Entscheidungen beeinflussen Handlung
  • professionelle englische Sprecher
  • gute Comic-Adaption (Fables von Vertigo)
  • Zusammenfassung der Entscheidungen mit Spieler-Statistik
  • Bibliographie aller Kreaturen

Kontra

  • keine deutsche Lokalisierung
  • keine anspruchsvollen oder kreativen Rätsel
  • kaum Erkundungsreize, kleine Schauplätze
  • sehr kurze Spielzeit (60
  • 80 Min. pro Episode)
  • hier und da leichte Ruckler

Wertung

360

Unterm Strich dramaturgisch nicht so stark wie The Walking Dead, aber The Wolf Amongs Us hat mich im Finale gut unterhalten!

PlayStation3

Unterm Strich dramaturgisch nicht so stark wie The Walking Dead, aber The Wolf Amongs Us hat mich im Finale gut unterhalten!

PC

Unterm Strich dramaturgisch nicht so stark wie The Walking Dead, aber The Wolf Amongs Us hat mich im Finale gut unterhalten!

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