DanganRonpa 2: Goodbye Despair - Test, Adventure, PC, PlayStation4, PS_Vita

DanganRonpa 2: Goodbye Despair
05.09.2014, Jens Bischoff

Test: DanganRonpa 2: Goodbye Despair

Mörderischer Südseetrip

Spike Chunsofts PS-Vita-Remake DanganRonpa: Trigger Happy Havoc wurde von uns im Februar mit einem Gold-Award prämiert. Nun schickt NIS America die Fortsetzung DanganRonpa 2: Goodbye Despair (ab 120,00€ bei kaufen) an den Start. Kann der Anime-Thriller erneut begeistern?

Eigentlich fängt alles ganz harmlos an: Statt in einem hermetisch abgeriegelten Schulgebäude wie im Vorgänger, finden sich die 16 Studienanfänger der Elite-Uni Hope's Peak dieses Mal auf einem tropischen Inselarchipel wieder - inklusive aller erdenklichen Annehmlichkeiten wie privater Bungalows mit Pool, freier Verköstigung im Hotelrestaurant, lauschiger Parkanlage, traumhafter Sandstrände und gut sortiertem Einkaufszentrum. Es gibt sogar einen Flughafen. Nur landen und starten hier keine Flieger, die herumstehenden Maschinen haben nicht einmal Turbinen. Auch sonst scheint die Insel trotz gepflegten Zustands wie ausgestorben, die Kulisse wie eine Attrappe...

Trügerische Idylle

Noch skurriler ist allerdings der Ausflugsleiter: Statt Sado-Robo-Bär Monokuma aus Trigger Happy Havoc heißt Gute-Laune-Häschen Usami, die das genaue Gegenteil ihres Vorgängers zu sein scheint, die Schüler willkommen. Entsprechend wird auch niemand zu Mord und Totschlag angestiftet, um das Eiland verlassen zu dürfen.

Die tropische Exkursion der Eliteschüler beginnt mit Gute-Laune-Hase und Sonnenschein...
Gewalt in jeder Form ist sogar strikt untersagt, ein gewissenhafter Umgang mit Mitschülern und Umwelt für alle verpflichtend. Man sei schließlich hier, um sich in entspannter Umgebung gegenseitig kennenzulernen.

Doch die Friede-Freude-Eierkuchen-Zeit ist natürlich nur von kurzer Dauer. Schon bald verdunkelt sich der azurblaue Südseehimmel und ein alter Bekannter übernimmt gewaltsam die Ausflugsleitung samt neuer Ziele und Regeln. Und um seine Spitzenposition unmissverständlich klar zu machen, hat er nicht nur jede Menge Überwachungskameras, sondern auch riesige gewaltbereite Blechkameraden als Unterstützung mitgebracht, die gleich mal ein Exempel statuieren und eine Flucht unmöglich erscheinen lassen.

Schnell wird klar, dass nur einer das Inselparadies lebendig verlassen wird und zwar derjenige, der es zuerst schafft, einen Mitschüler umzubringen, ohne als Täter entlarvt zu werden. So beginnt ein weiteres Mal ein mörderisches Treiben, bei dem man nicht weiß, wem man vertrauen kann, wer die Wahrheit sagt und wer insgeheim welche Pläne schmiedet. Anfangs scheint zwar noch ein gewisser Zusammenhalt unter den Eliteschülern zu herrschen. Doch seid angekündigt wurde, dass sich ein von der Schulleitung eingeschleuster Verräter in der Gruppe befinde und die Erinnerungen der Schüler manipuliert wurden, wächst das Misstrauen untereinander.

Die Jagd beginnt

Protagonist Hajime Hinata kann sich nicht einmal an sein spezielles Talent erinnern, dass ihm überhaupt erst Zugang zur Elite-Uni verschafft hat. Schließlich erhalten nur die Besten der Besten eine Einladung nach Hope's Peak. Allerdings geht's es dabei weniger um einzelne Noten, Zeugnisse oder Intelligenzquotienten.

...doch schon bald ziehen dunkle Wolken auf und Sado-Bär Monokuma gibt sich die Ehre.
Unter den Auserwählten befinden sich auch Köche, Sportler oder Künstler. Selbst skurrile Exoten wie der ultimative Mafiosi, Züchter oder Glückspilz sind mit von der Partie. Und obwohl erneut jede Menge Klischees bemüht werden, sind die Figuren charakterlich nicht immer so stereotyp wie sie auf den ersten Blick erscheinen.

Auch der unverkennbare Artstyle mit seinen aufklappenden 2D-Kulissen und Figuren, die man aus anpassbaren Blickwinkeln unter die Lupe nehmen kann, ist wieder mit dabei. Engagierte Spürnasen können dabei nicht nur Hinweisen und Interaktionsmöglichkeiten nachgehen, sondern neuerdings auch versteckte Souvenirs entdecken, deren Finderprämie man wiederum in Geschenke für seine Mitschüler investieren kann.

Die frei navigierbaren, aber ungemein steril wirkenden 3D-Schauplätze hätte man sich hingegen auch dieses Mal sparen können. Ebenso wie den teils übertrieben plakativen Voyeurismus. Zwar hat manch kompromittierende Stellung oder charakterliche Perversion tatsächlich auch spielerische Relevanz, aber die Darstellung wirkt oft aufgesetzt und pubertär statt atmosphärisch oder dramaturgisch passend.

Pubertäre Anwandlungen

Schade auch, dass es nach wie vor keine durchgehende Sprachausgabe oder deutsche Übersetzung gibt. Immerhin kann man frei zwischen US-Synchro und japanischen Originalton wechseln, während der teils vertraute Soundtrack wieder markante Akzente setzt. Selbst der Schwierigkeitsgrad lässt sich erneut an individuelle Logik- und Actionanforderungen anpassen.

Bei manchen Darstellungen kann man einfach nur mit dem Kopf schütteln...
Wer will, kann sich auch wieder relevante Interaktionsmöglichkeiten, Zielmarkierungen oder Aufenthaltsorte seiner Mitschüler anzeigen lassen sowie schnell von einem Schauplatz zum andern springen.

Es gibt sogar ein optionales Minispiel im Tamagotchi-Stil. Wer sein persönliches Haustier darin gedeihen sehen will, sollte allerdings kein Bewegungsmuffel sein, da es sich sonst nicht weiterentwickelt. Auch Saubermachen und Beschenken hat Einfluss auf den Werdegang. Weit wichtiger ist allerdings das Knüpfen sozialer Kontakte, indem man Zeit mit seinen Mitschülern verbringt und sich deren Geschichten und Vorlieben merkt, um durch passende Bemerkungen und Geschenke so genannte Hoffnungsfragmente zu erlangen, mit denen man sich in den anstehenden Schulprozessen spielerische Vorteile verschaffen kann.

Sobald ein Mord entdeckt wird, werden nämlich nicht nur Hinweise gesammelt und Tatverdächtige befragt, sondern am Ende auch richtige Prozesse geführt, in denen man anhand von Logik- und Geschicklichkeitstests den wahren Täter ausfindig machen muss. Mal braucht man lediglich die passenden Indizien oder Aussagen auswählen, ein andermal in Verhörspielchen entscheidende Informationen herauskitzeln. Die meisten dieser Spielchen kennt man bereits aus Teil eins. Manche wurden allerdings etwas abgewandelt oder ausgeweitet; auch ein paar komplett neue integriert.

Der Prozess

Generell werden zuvor sicher gestellte Spuren und Hinweise wieder wie Patronen geladen und im richtigen Moment per Fadenkreuz auf widersprüchliche Texteinblendungen abgefeuert, um sie verschiedenen Widrigkeiten trotzend als Falschaussagen zu entlarven.

Die Mordprozesse halten alte, neue und abgewandelte Herausforderungen parat.
Neuerdings gibt aber auch Aussagen, denen man mit passendem Deckungsfeuer mehr Nachdruck verleihen kann. Zudem kommen dieses Mal nicht nur Kugeln, sondern auch Klingen in Fruit-Ninja-Manier zum Einsatz, um Lügen und Wahrheit voneinander zu trennen. Schließlich wird am Ende entweder der entlarvte Mörder oder die falsch liegende Jury auf makabere Weise hingerichtet.

Besondere Eigenheiten der PS Vita wie Touchscreen oder das rückseitige Touchpad werden in den Verhandlungen abermals sinnvoll genutzt ohne jedoch verpflichtend zu sein. Wer will, kann sich auch wieder komplett auf Tasten und Sticks verlassen sowie persönliche Schwachstellen mit individuell zusammengestellten Aktionsboni ausgleichen, wenn man es nicht schon vorab über die entsprechenden Schwierigkeitsregler getan hat. Darüber hinaus sorgen Rücksetzpunkte und Wiederholmöglichkeiten dafür, dass sich Frustmomente trotz Zeit- und Energielimits in Grenzen halten.

Fazit

Dass in Japan beide DanganRonpa-Remakes im günstigen Doppelpack erschienen sind, während man in westlichen Gefilden zwei Vollpreistitel daraus gemacht, hinterlässt natürlich einen bitteren Beigeschmack. Fans bizarrer Mystery-Thriller können dennoch froh sein, endlich in den Genuss der zweiten Episode des mörderischen Highschool-Experiments zu kommen. Das findet dieses Mal nicht hinter dicken Schulmauern, sondern vor tropischer Traumkulisse statt. Doch auch die wird bald zum Alptraum für ihre Besucher, wenn das mörderische Treiben um die einzige Rückfahrgelegenheit nach Hause von Neuem beginnt. Manch übertrieben voyeuristische Darstellung hätte man sich allerdings sparen und stattdessen lieber in zusätzliche Sprachaufnahmen oder eine deutsche Lokalisierung investieren sollen. Die meisten spielerischen Abläufe kennt man bereits aus dem Vorgänger, wodurch die Faszination trotz gleicher Qualität nicht mehr ganz so groß ist. Dennoch gibt es auch die ein oder andere Überraschung beim insularen Erkunden, Recherchieren und Prozessieren, so dass das mörderische Ränkespiel erneut sehr gut zu unterhalten weiß.

Pro

  • bizarres Szenario
  • skurrile Charakterriege
  • spannende Mörderhatz
  • markanter Grafikstil & Soundtrack
  • abgedrehte Gerichtsverhandlungen
  • motivierende Beziehungs- & Tierpflege
  • separat regulierbare Action- & Rätselschwierigkeit
  • praktische Aufenthaltsmarker & Schnellreisefunktion
  • Wahl zwischen englischer Synchro und japanischem Originalton

Kontra

  • keine deutsche Lokalisierung
  • keine durchgehende Sprachausgabe
  • teils übertrieben voyeuristische Darstellungen
  • separater Verkauf zum Vollpreis statt günstigem Doppelpack wie in Japan

Wertung

PS_Vita

Mörderische Klassenfahrt auf eine tropische (Alp-)Trauminsel.