Stronghold Crusader 2 - Test, Taktik & Strategie, PC

Stronghold Crusader 2
25.09.2014, Eike Cramer

Test: Stronghold Crusader 2

Burgenbau auf Wüstensand

Mit Stronghold 3, das sich zum Release in einem desolaten Zustand befand, legten die Firefly Studios 2011 eine veritable Bauchlandung hin. Jetzt versucht man es ohne Publisher. Kann Stronghold Crusader 2 (ab 26,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) im Test überzeugen?

Stronghold 3 war zur Veröffentlichung vor drei Jahren fehlerreich, unfertig und spielerisch völlig unzureichend. Zwar konnte man zig Patches später wenigstens problemlos lauffähige Echtzeit-Strategie anbieten, inhaltlich konnte man aber nach wie vor nicht überzeugen.

Der Katastrophe zweiter Teil?

Promo-Träume auf offiziellen Screenshots ...
Mit Stronghold Crusader 2 gelobte das Studio schon bei einem Vorschau-Termin Besserung: Man habe auf die Fans gehört sowie Fehler erkennen und vermeiden können. Durch die Veröffentlichung in Eigenregie habe man zudem deutlich mehr Zeit und Freiraum gehabt, damit man am Ende ein fertiges und gutes Produkt abliefern könnte. Die Alpha- und Beta-Versionen waren von diesem Versprechen noch recht weit entfernt, waren aber auch nur eben genau das: Alpha- und Beta-Versionen. Seit Dienstag steht der Kreuzfahrer-Nachfolger in den Regalen. Hat sich Firefly an die eigenen Vorgaben gehalten?

Eins vorweg: Ganz so kaputt wie der Vorgänger ist Stronghold Crusader 2 zur Veröffentlichung nicht. Im Test kam es während des Spiels nie zu Abstürzen und auch Missionsbeschreibungen und Auslöser funktionieren so wie sie sollen. Allerdings ist man von der selbst auferlegten Fehlerfreiheit relativ weit entfernt. Es kam es immer mal wieder zu Bugs wie z.B. durch bzw. direkt auf Mauern clippende Feinde, hängenbleibende Einheiten, die sich partout nicht mehr

... Ernüchterung in der Realität. Belagerungen wie oben gezeigt finden so schlicht nicht statt. Alleine die Einheiten-Organisation für das Bild dürfte Stunden gedauert haben.
bewegen wollen sowie Aussetzer in der Wegfindung, die immer wieder Opfer unter den eigenen Truppen fordern. Verglichen mit dem Zustand des Vorgängers sind das aber schon fast Kinkerlitzchen.

Kaputt oder nicht kaputt?

Als Solist bestreitet man in der Wüste des Heiligen Landes zunächst zwei kurze, spröde inszenierte Einführungskampagnen mit Richard Löwenherz und Saladin, die sowohl durch schlechtes Missionsdesign als auch mangelhafte Balance bestechen. Während man einige der simplen Aufträge in wenigen Minuten und mit einfacher Taktik erledigen kann, verzweifelt man an anderer Stelle dank schlecht abgestimmter Gegnerwellen schon zu Beginn.

Stattdessen werden mir z.B. vor Antiochia so viele außerhalb der Karte erschienene Einheitenwellen gegen meine Mauern geworfen, dass ich kaum eine Chance habe zu bestehen. Nur durch Trial-and-Error und zahlreiche Neustarts kann mühsam eine Kontertaktik entworfen werden. Dieser Ablauf hat mit fairem Anspruch oder gar gutem Missionsdesign nichts zu tun.

Nicht missverstehen: Stronghold Crusader 2 ist nicht durch die gute Taktik der Feinde besonders anspruchsvoll.

Scheinbar hat man an dieser Stelle auch bei Firefly verstanden, dass man seine Stärken nicht im Entwurf einer gut inszenierten Kampagne hat. Stattdessen kann ich nach Abschluss der acht Kampagnen-Missionen in „Scharmützel-Zügen“ weitere 24 Gefechte gegen die KI bestreiten. Diese werden nach und nach anspruchsvoller, allerdings sind auch hier die Feinde nicht taktisch gefährlich, sondern durch die schiere Masse.

Auf Gefechtstour durch das Heilige Land

Epische Einheitenmassen wie auf diesem Werbebild ....
Die KI greift während der Gefechte stur immer an der gleichen Stelle mit derselben Einheitenmischung an.  Hat man den initialen Angriff überstanden, kann man sich den folgenden Ansturm meist ausrechnen und die Verteidigung entsprechend anpassen. Ebenfalls schwach: Feind-Einheiten erkennen zwar Breschen in Mauern, nehmen aber meist den beschussreichen Weg an den Bollwerken entlang. Zudem rennen die Soldaten gerne blind in Flammenfelder, die von Öltopfwerfern geschaffen werden.

Dabei ist aber bei weitem nicht alles schlecht – vor allem der Aufbau der eigenen Festungsstadt macht sogar richtig Laune und erinnert streckenweise leicht an die Siedler- oder Anno-Reihe. Für den steten Truppennachschub gilt es, möglichst viele Einwohner in die eigenen Mauern zu locken. Dafür sollte man für eine

... sucht man vergebens. Sie wären dank der miserablen Formations-Optionen wohl auch kaum zu kontrollieren.
ausreichende Nahrungsversorgung, kirchliche Betreuung oder ein zünftiges Besäufnis in der Festungskneipe sorgen.

Aufbau hey…

Es gibt vier Nahrungssorten, für ein Echtzeit-Strategiespiel erstaunlich lange Warenketten. Man braucht z.B. Wasser und Hopfen, um Bier zu brauen. Zudem gibt es ein gut funktionierendes Marktsystem mit automatischem An- und Verkauf. Auch das Hochziehen von Mauern und die Zusammenstellung einer ansehnlichen Sammlung aus geschliffenem Stahl in der Waffenkammer können überzeugen. Im freien Sandbox-Modus kann man sich ganz auf die Errichtung seiner Festung konzentrieren. Zwar vermisst man die Herausforderung von Feindangriffen, bekommt aber einen ordentlichen Wuselfaktor.

Sobald es aber in einem der anderen Modi in den Kampf geht, verblasst der Glanz. Die Organisation der eigenen Truppen ist aufgrund der mäßigen Wegfindung und der Tendenz der Einheiten große Haufen zu bilden ein Krampf.

Blick auf eine Mission der Saladin-Kampagne. Es ist genauso spannend wie es aussieht.
Selbst die simplen Formationen (Linie und Reihe) schaffen keine Abhilfe, da sich z.B. in der Reihenformation Armbrustschützen vor Lanzenträger stellen.

… Militär och nee!

Zudem ist man die ganze Zeit damit beschäftigt seine Kämpen manuell außerhalb der feindlichen Pfeilreichweite zu halten. Hier zählt millimetergenaues Mikromanagement – ansonsten steht die Gruppe eben im Pfeilhagel und lässt sich abschlachten. Im Kampf selbst geht dann jede Übersicht verloren: Truppen clippen ineinander, bilden großen Prügelhaufen wie damals auf dem Schulhof und sind nur schwerlich wieder in Formation zu bringen. Diese Form der Echtzeit-Kämpfe hat mir schon vor zehn Jahren keinen Spaß gemacht.

Da hilft es auch wenig, dass die verhältnismäßig teuren und massiv aussehenden Mauern scheinbar aus Pappe bestehen. Schon die leichtesten Einheitentypen können sich in wenigen Minuten durch dichtes Mauerwerk hacken,

Katapulte parken zwar gerne ineinander, sind aber verheerend für die Pappmauern im Orient.
Katapulte zerlegen die Bollwerke oft mit wenigen Schüssen. Das sieht zwar dank der Physik-Engine ganz schick aus, nervt im Spiel allerdings unheimlich, da man so eine sinnvolle Verteidigung mit ausgedehntem Mauerwerk oder gar längere Belagerungen völlig vergessen kann. Zudem haben die Einheiten auf den Wehrgängen und Türmen kaum Schutz – schon bei einer leichten Beschädigung sterben meist alle Einheiten auf den Mauern, da der Boden aufbricht.

Mauern aus Pappe

Ist es z.B. bei allen Ablegern der Total-War-Reihe unbedingt erforderlich Bauwerke durchdacht sturmreif zu schießen und überlegt Breschen zu schlagen, lässt man hier einfach die Katapulte feuern, bis die feindliche Stadt dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Immerhin kann man die Mauern jetzt bemannen und vernünftig verbinden, Hatte Firefly beim Vorgänger sich noch an einem freien Bausystem versucht, das mehr Probleme als Vorzüge einführte, können Mauern jetzt nur noch in bestimmten Winkeln errichtet werden. Das funktioniert schlüssig – Lücken entstehen so gut wie nie und Einheiten finden jetzt jederzeit den Weg zu Türmen und Brustwehren. Allerdings bleibt die Freiheit beim Festungsbau so etwas auf der Strecke.

Davon hat man aber zumeist auch gar nicht so viel, denn die meisten der Karten sind erschreckend klein. Das geht bis hin zum bizarren Fall, dass die Feind-Festung nur einen Bildschirm weit entfernt ist. Sollte mal mehr Platz sein, begrenzen die viel zu engen Baugrenzen die freie Entfaltung des gemeinen Festungs-Bauherren ganz gewaltig. Mächtige Zitadellen der Kreuzfahrer-Epoche können so nur selten errichtet werden. Zudem liegen die wichtigen

Bescheidener Anfang. Die Mauern sind allerdings viel zu verletzlich.
Ressourcen oftmals außerhalb des eigenen Baugebietes, was einen sinnvollen Schutz  durch Mauern völlig unmöglich macht.

Karten für Ameisen, Kulisse von gestern

Ebenfalls nicht so schön ist die Kulisse – die erinnert nämlich frappierend an Echtzeit-Vertreter von vor zehn Jahren und hat sich seit Stronghold 3 nicht einen Deut weiterentwickelt. Animationen, Effekte, Oberflächen und Lichtstimmungen: So richtig zeitgemäß ist hier nichts. Zudem clippen die Einheiten ständig ineinander, haben keine echte Kollisionsabfrage und gleiten auch mal durch eigene Gebäude. Tag-Nacht-Wechsel gibt es nicht und am Ende kämpft man zur immer gleichen Lichtstimmung in der immer gleichen Wüste.

Auch mit der Abwechslung hat man es scheinbar nicht so richtig ernstgenommen. Zwar gibt es während der

Im Sandbox-Modus kann man sich malerische Mittelalter-Städtchen basteln. Hier macht Stronghold Crusader 2 richtig Spaß.
Kreuzzüge naturgemäß zwei Seiten, bis auf ein bisschen optisches Klimbim (Kirchen sind Moscheen, Schweinefarmen werden zu Ziegenfarmen und Mauern sind orientalisch angehaucht) gibt es keinen einzigen spielerischen Unterschied zwischen den Fraktionen. Das geht sogar so weit, dass auch die Muslime Kreuzritter ins Feld führen und ebenfalls nur über das Söldner-Zelt regionale Truppen wie Krummschwert-Kämpfer rekrutieren können. Wenigstens die Texturen hätte man austauschen können! So muss man Unterschiede mit der Lupe suchen.

Zwei Seiten, eine Fraktion

Immerhin: Der Mehrspieler-Modus funktioniert ordentlich und ist das Herzstück der zweiten Kreuzfahrer-Auflage. Hier muss man sich nicht mehr mit der grenzwertigen Feind-KI herumschlagen und gerade größere Gefechte mit einnehmbaren, neutralen Städten machen Spaß. Dennoch: Auch hier gibt es trotz Koop-Spielweise und gemeinsamem Aufbau am Ende nur einen Spielmodus und insgesamt wenig Abwechslung. Zudem muss man sich mit dem gleichen Einheitengewusel, frustiger Kampfsteuerung und Pappmauern herumschlagen.

Fazit

Stronghold Crusader 2 ist keine Katastrophe, aber auch kein gutes Spiel. Die altbackene Kulisse, nervige Bugs und eine friemelige Kampfsteuerung aus dem letzten Jahrhundert ernüchtern schnell. Zudem muss man sich mit einer taktisch schwachen Feind-KI, unfairem Missionsdesign, nervigen Aussetzern im Verhalten der eigenen Einheiten und Mauern aus Pappe herumschlagen. Immerhin: Der Aufbaupart überzeugt und vor allem im Multiplayer kann Stronghold Crusader 2 seine Stärken ausspielen. Zudem funktioniert der Mauerbau durchweg gut und ermöglicht die komfortable Errichtung von Festungen, die durch enge Baugrenzen aber zu sehr in ihrer Größe eingeschränkt sind. Firefly vermeidet eine Wiederholung des Stronghold-3-Debakels, schafft es aber mit diesem biederen Spieldesign erneut nicht, endlich wieder unterhaltsame Burgen-Strategie abzuliefern.

Pro

  • Mauerbau funktioniert zuverlässig
  • guter Aufbaupart mit Wuselfaktor
  • Sandbox-Modus
  • Mehrspielergefechte
  • nette Physikeffekte

Kontra

  • nervige Einheitenballungen
  • schlechtes Formationssystem
  • Wegfindungsprobleme
  • schwache Feind-KI
  • notdürftige Kampagneninszenierung
  • mangelhafte Balance in der Kampagne
  • Mauern aus Pappe
  • nerviges Mikromanagement
  • veraltete Kulisse
  • Fraktionen nutzen die gleichen Einheiten

Wertung

PC

Die veraltete Kulisse, nervige Einheiten-KI und Mauern aus Pappe machen aus Stronghold Crusader 2 zwar keine totale Katastrophe, aber auch kein gutes Spiel.