Der Planer: Industrie Imperium - Test, Taktik & Strategie, PC

Der Planer: Industrie Imperium
25.08.2014, Mathias Oertel

Test: Der Planer: Industrie Imperium

Der neue Industrie-Gigant?

Die Wirtschafts- und Aufbausimulation dümpelt mehr oder weniger unbeachtet vor sich hin. Sicher: Paradox hält die Spieler mit Cities in Motion 2 bei der Stange. Doch die Zeiten, in denen man sich die Nächte mit Titeln wie Transport Tycoon, Rollercoaster-Tycoon oder den ersten Industrie-Giganten um die Ohren geschlagen hat, scheinen lange vorbei. Vielleicht kann Der Planer: Industrie Imperium (ab 12,90€ bei kaufen) wieder für Schlaflosigkeit sorgen?

Blanke Zahlen und Infos: Es gibt fast 50 Gebäude, von denen die meisten direkt mit der Erzeugung von Rohstoffen oder der Weiterverarbeitung zu tun haben. Man kann über 150 Güter herstellen und mit beinahe 30 Fahrzeugen transportieren. Umliegende Städte profitieren davon und wachsen kontinuierlich, wodurch ggf. neue Bedürfnisse entstehen, die man befriedigen muss. Das klingt  doch alles ganz ordentlich. Und dieser Eindruck wird auch durch das solide Tutorial gefestigt. Insgesamt hätte man zwar mehr ins Detail gehen können, doch nachdem man sich durch den Mix aus Interaktion und statischen Texten gewühlt hat, bleibt das Gefühl, dass Industrie Imperium (hierzulande mit dem Präfix "Der Planer" versehen) Potenzial besitzt.

Aufbau für alle

Die Benutzerführung und der Straßenbau sind unnötig kompliziert.
Aber sobald man sich mit dem freien Spiel auf einer der drei großen Karten oder einem der sechs Szenarien beschäftigt, wächst der Frust. Denn ohne die textuelle Führung wirken die Menüs schrecklich unübersichtlich und die Zusammenhänge sind häufig unklar. Sicher: Man hat irgendwann raus, welche Gebäude wo versteckt sind, wie man für Ressourcen sorgt und wie man einen Wirtschafts-Kreislauf in Gang setzen kann. Dennoch dauert es zu lange, bis man sich vergleichsweise sicher und vor allem schnell zu dem klickt, was man eigentlich möchte. Und dann hören die Probleme nicht auf. Man hat zwar Übersichten, welche Rohstoffe einem in welcher Menge zur Verfügung stehen. Und beim freien Spiel fängt man beschaulich mit nur wenigen zur Verfügung stehenden Gebäuden und Transportmitteln an. Doch spätestens ab dem Moment, wenn man eine große Fläche auf der Karte sein Eigen nennt, auf der man entsprechend viele Fabriken, Rohstoffe fördernde  oder produzierende Unternehmen und Energie herstellende Industrie hat, wird es unübersichtlich. Vor allem, wenn man Änderungen an der Warenkette vornehmen möchte. Denn für diesen Fall gibt es keine Möglichkeit, über eine Liste direkt zur Fleischerei zu springen, um z.B. die Belieferung von der Rinderfarm in Auftrag zu geben. Man kann auch nicht sehen, welche Betriebe in irgendeiner Form zusammenhängen oder wer was wo hinliefert. So verbringt man unnötig viel Zeit mit der Suche und dem Wühlen in den hässlichen Menüs.

Auch eine ordentliche Detailansicht kann nicht verschleiern, dass die Kulisse unter dem Strich nicht zeitgemäß ist.
Das ist insofern bedauerlich, da sich die Grundlagen als durchaus solide zeigen. Zwar muss man bei der Rohstoff-Herstellung oder -Verarbeitung trotz schnellen Vorlaufs viel Geduld aufbringen. Doch das wirtschaftliche Fundament ist in Ordnung. Zumal es sich rudimentär auch auf die Entwicklung der umliegenden Gemeinden und Städte auswirkt. Beliefert man diese ihren Wünschen entsprechend, beeinflusst man auf diesem Wege deren Wachstum. Doch natürlich steht das Wachstum der eigenen Firma im Vordergrund. Und während der Kauf neuen Baulandes samt Bebauung problemlos erledigt werden kann, insofern man das nötige Kleingeld besitzt, ist der Straßenbau ein Graus. Kurven oder intelligenten Straßenbau kennt der Asphalt-Editor nicht – man kann sich nur helfen, indem man mehrere kurze Geraden aneinanderklebt. Doch während man von einer Hauptstraße an Punkt A problemlos eine Abzweigung zu den eigenen Fabriken (Zufahrtswege sind zwingend für den Transport von Waren nötig) bauen kann, ist noch lange nicht gewährleistet, dass der nur zehn Meter weiter rechts oder links liegende Punkt B (oder C) das gleiche Ergebnis liefert. Klar: Auch dieses Manko kriegt man irgendwann vorausschauend in den Griff und muss nicht ständig wieder Gebäude abreißen. Doch das hätte man anders lösen müssen.

Verschenkte Chancen

Daneben kann man fehlende logische Zusammenhänge wie z.B. eine Hühnerfarm, die disproportional mehr Eier als Hühner produziert, beinahe schon ignorieren. Oder auch die "Sonderfähigkeiten", die man mit Punkten freischaltet, die man wiederum für das Erreichen von Meilensteinen bekommt. Darüber kann man z.B. den Spritverbrauch der Transporter senken, Baukosten verringern usw. Und das führt dazu, dass man im schlimmsten Fall auf eine Industrie setzt, die man eigentlich gar nicht unterstützen möchte, nur um die Meilenstein-Punkte einzuheimsen, damit man schließlich das bauen kann, was man eigentlich will. Egal wohin man schaut: All das, was an der Basis noch einigermaßen funktioniert, wird durch problematische Design-Entscheidungen torpediert und bringt den im Ansatz aufkeimenden Spaß schnell zum Stolpern.

Fazit

Der Planer kann auch mit dem Ableger "Industrie Imperium" nicht an die Erfolge alter Zeiten anknüpfen. Während der Tutorialphase bekommt man noch einen ordentlichen Eindruck, wenn man in die Grundlagen der Warenkreisläufe, der Rohstoffverarbeitung und des Transportwesens eingeführt wird. Danach allerdings geht die Motivation in den Keller, wenn man sich entweder in dem halben Dutzend Szenarien oder dem freien Spiel alleine mit der kruden und unnötig verschachtelten Menüführung beschäftigen muss, um Transporte in Auftrag zu geben oder Produktionsketten in Gang zu setzen. Ganz zu schweigen vom vollkommen hanebüchenen Straßenbau, der sämtlichen Fortschritt in Aufbauspielen der letzten zehn bis 15 Jahre ignoriert. Dazu gibt es noch eine Kulisse aus der Anfangsphase des Jahrtausends, die schrecklichste Dudelmusik diesseits des Fahrstuhls des Grauens und viele Ungereimtheiten hinsichtlich Spiellogik. Nicht einmal für Einsteiger tauglich, um die Türen ins mitunter schwer zugängliche Genre der Wirtschafts-Simulationen aufzustoßen, gibt es für die Aufbau-Fans viele bessere und häufig günstigere Alternativen als diesen misslungen Mix aus Elementen von Transport- und Industrie-Gigant.

Pro

  • umfangreiche Wirtschaftskreisläufe
  • sechs Szenarien...
  • freies Spiel auf drei Karten
  • ordentlicher Fuhrpark

Kontra

  • antiquierte Kulisse
  • ... die alle gleich langweilig sind
  • frickeliger Straßenbau
  • umständliche Menüführung
  • unrealistische Zusammenhänge
  • Dudel-Fahrstuhlmusik zum Grausen
  • Fähigkeiten-Upgrades wirken wie ein Fremdkörper

Wertung

PC

Das Fundament stimmt, bekommt aber durch unhandliche Benutzerführung und fahrlässige Design-Entscheidungen starke Risse.