Gauntlet - Test, Arcade-Action, PlayStation4, PC

Gauntlet
09.10.2014, Mathias Oertel

Test: Gauntlet

Vorwärts in die Vergangenheit

Denkt man an Hack&Slay oder actionlastige Dungeon-Crawler kommt man schnell zu Blizzards Diablo-Serie. Doch begründet wurde das Monstermetzeln schon viel früher. Einer der Urväter des Erfolges war Gauntlet. Nachdem sich die zahlreichen Fortsetzungen immer mehr von den Ursprüngen entfernt haben, wurde das Team von Arrowhead beauftragt, den Klassiker zu modernisieren. Ob das Vorhaben gelungen ist, beantwortet der Test.

Vor gut 30 Jahren brauchte man keine Beute und keine ausufernde Ausrüstung, um die Fans von Fantasy-Action zufrieden zu stellen. Es reichten vier spielbare Figuren und viele Höhlen voller Gold sowie Monstern, die sich zum Teil hinter verschlossenen Türen versteckten - der "Dungeon Crawler" war geboren. Und man konnte im Wesentlichen zwei Gattungen unterscheiden: Auf der einen Seite findet man den rundenbasierten wie Bard's Tale oder Wizardry, der heutzutage mit Titeln wie Legend of Grimrock oder Etrian Odyssey weiter lebt. Und auf der anderen die Echtzeitaction, die sich in den letzten Jahrzehnten zum Action-Rollenspiel à la Diablo oder Torchlight gemausert hat. Und die hat ihren Ursprung im Wesentlichen in Midways Gauntlet-Serie.

Früher war alles besser?

Als Figuren standen ein Krieger, eine Walküre, ein Zauberer und ein Elf (aka Bogenschütze) zur Verfügung. Doch sollte man sich trotz der prinzipiell vorhandenen Stärken und Schwächen keine Illusion machen: Im Wesentlichen war kein großer Unterschied festzustellen – alle konnten z.B. auch mit einem Fernkampfangriff die Gegner dezimieren, deren Nachschub von zerstörbaren Monstergeneratoren geregelt wurde. Sehr schön: Schon damals konnte man selbst am Spielhallenautomaten zu viert losziehen und sich gemeinsam auf die Jagd nach Highscores, Gold und Essen machen, das die gnadenlos runter tickende Lebensenergie wieder auffüllt. Und wehe dem, der „aus Versehen“ die Nahrungsmittel mit einem Gegner verwechselte, abschoss und damit vernichtete. Gauntlet (ab 4,19€ bei GP_logo_black_rgb kaufen)war der Inbegriff des kompetitiven Teamgedankens. Alle folgen twar einem Ziel, sind aber in erster Linie mit ihrer Punktzahl und ihrem Überleben beschäftigt - auch wenn dies bedeutet, dass für den Magier kein Futter über bleibt.

Es stehen die vier Helden des Arcade-Originals zur Verfügung, die sich im Gegensatz zu früher erfreulich unterschiedlich spielen.
Zahlreiche Nachfolger und Ableger später, die sich zunehmend Richtung Beute-Feldzüge und Action-Rollenspiel entwickelten, machen sich die schwedischen Magicka-Macher von Arrowhead daran, den Klassiker wieder aufleben zu lassen. Und sie halten sich erstaunlich nah an viele Elemente von damals. Die vier ursprünglichen Helden kehren zurück. Neben sorgsam platzierten Gegnern tauchen immer wieder Monstergeneratoren auf, die zerstört werden müssen, da ansonsten stets neue Feinde nachrücken. Mit Schlüsseln kann man Türen öffnen, mit Essen seine Gesundheit auffüllen. Aber Vorsicht: Auch hier kann man die wertvolle Nahrung vernichten, indem man sie angreift – sehr zum Leidwesen der Mitspieler. Denn auch hier kann man mit bis zu vier Spielern über zwölf Abschnitte in drei thematisch sortierten Untergrund-Welten nach dem Schwert von Tyrfing suchen.  Und es bleibt auch beim Konzept der unkomplizierten Action ohne Tiefgang.

Heute ist alles wie früher

Aber Arrowhead hat auch einige Modernisierungen eingebracht. Dazu gehören z.B. die Relikte, die man zwischen den Höhlenausflügen für das erbeutete Gold erwerben und in mehreren Stufen ausrüsten kann. Diese Relikte werden durch die aufgesammelten Tränke (im Original noch eine Smartbomb) aktiviert und können mit ihrem Effektspektakel lebensrettend sein. So kann man sich z.B. unsichtbar machen und sich ungesehen durch die Gegnermassen bewegen. Jeder berührte Feind erleidet Schaden, der später sogar in eigene Gesundheit umgewandelt werden kann. Oder man aktiviert die Stiefel, die eine Feuerspur hinter sich her ziehen, die natürlich jeden Kontrahent in Flammen setzt, der mit ihr in Berührung kommt. Schade ist allerdings, dass die Relikte für alle Figuren gleich sind.

Wobei man sich, und dies ist der größte Unterschied zum Original, nicht mehr darüber beschweren kann, dass sich Krieger, Walküre, Magier und Elf mehr oder minder identisch spielen. Jede Figur stellt andere Anforderungen an den Spieler. Die Walküre z.B. kann ihren Schild den Feinden nicht nur entgegen werfen, sondern ihn (bei Padsteuerung) über den rechten Stick als potenten Schutz verwenden. Und sie verfügt nicht nur über eine ordentliche Nahkampfattacke, sondern kann mit einem Sturmangriff vorpreschen. Der Elf hingegen feuert seine Dauerfeuer-Pfeile über den rechten Stick ab und kann Bomben platzieren bzw. später sogar an einem Pfeil befestigen. Zusätzlich verfügt er über eine flinke Ausweichrolle, mit der er im Mehrspieler-Modus noch im letzten Moment vor einem anderen Gruppenmitglied Gold oder Essen erreichen und es für sich beanspruchen kann.

Vier Freunde, vier Feinde, vier Figuren

Der barbarische Krieger wiederum ist vor allem im Nahkampf potent: Mit seinem Spalter oder dem Wirbelangriff kann er problemlos mehrere Gegner erledigen. Mit seinem Raserei-Laufangriff schließlich kann er Feinde umwerfen und kurzzeitig betäuben. Angesichts der Einfachheit, mit der sich diese Figuren in den Auseinandersetzungen kontrollieren lassen, ist der Magier eine Figur für Spezialisten. Er verfügt über neun Zauber defensiver und offensiver Natur, die über Tastenkombinationen ausgewählt werden. Zwar reicht nach der Auswahl ein Knopf, um die Magie wieder und wieder (bei jedem Druck) wirken zu können, doch wenn ein Spieler den Magier wirklich "kann" ist er eine Tausendsassa-Klasse, die in jeder defensiven oder offensiven Position mächtig ist. Bei den Figuren kann man sich über Abwechslung nicht beklagen. Jede spielt sich spürbar anders.

Zu viert ist es gleichermaßen chaotisch wie unterhaltsam.
Leider lässt sich das über die Gestaltung der Gewölbe und die Anforderungen nicht sagen. Für jede der drei Themenwelten gibt es vier Türen. Hinter den ersten dreien steckt jeweils ein Trio von Herausforderungen: Ein Standard-Level, eine Höhle mit besonderen Anforderungen und eine Art Mini-Boss- bzw. Bonus-Abschnitt, der mit Monstergeneratoren und Gold zugepfercht ist. Das Problem: Innerhalb der Welten ist die besondere Anforderung stets gleich, in der ersten wird man z.B. vom Tod gejagt, der nicht besiegt werden kann, aber die Figuren bei Berührung ins Jenseits schickt. Ist man hinter der ersten Tür und kennt diese Herausforderung noch nicht, ist es spannend. Doch hinter der zweiten und dritten Tür von Welt 1 wartet wieder der Tod im Mittelteil - und ist dann nicht mehr so eindrucksvoll. Gleiches gilt für die speziellen Abschnitte der zweiten und dritten Welt. Die Dunkelheit ist auch nur anfänglich bedrohlich und die Lavaeinschläge im Tempel kann man bei ihrem zweiten und dritten Auftritt ebenfalls einschätzen. Mit den fordernden Bosskämpfen, die sich jeweils hinter der vierten Tür verbergen, kommt allerdings wieder etwas Schwung in die Metzelei.

Gleichförmiges Leveldesign

Dennoch bleibt hinsichtlich des Designs ein gespaltener Eindruck. Die Abschnitte bieten viele kleine Geheimnisse in Form von Gold oder verstecktem Essen. Doch sie sind auch überschaubar - man kann zwischen 60 und 120 Minuten pro Gebiet inkl. Bosskampf einrechnen. Wenn man mit einer eingespielten sowie mit aufgerüsteten Relikten ausgestatteten Gruppe unterwegs ist, dürfte man sogar noch schneller durch die Höhlen rauschen. Solo sollte man ohnehin nur im Notfall die Gebiete durchforschen, da man schnell an die mechanischen Grenzen stößt. Die hektisch-chaotischen Gefechte samt Streit um Beute, Kills und Nahrung sind zu viert hingegen durch die Bank unterhaltsam und können sowohl die mechanische als auch die Design-Redundanz kaschieren. Allerdings frage ich mich immer wieder, wieso man auch beim Online-Spiel darauf angewiesen ist, alle Spieler auf dem Bildschirm zu halten - hier hat Arrowhead zu sehr an alten Strukturen festgehalten.

Fazit

Der Spaß, den die Neuauflage des Hack&Slay-Klassikers entfacht, ist stark abhängig von der Gruppe, mit der man wahlweise kooperativ auf dem Sofa oder online durch die Gewölbe zieht. Zwar wird von Gauntlet ein gesundes Maß an kompetitiven Selbsterhaltungstrieb gefordert sowie gefördert, wenn man auf der Jagd nach Gold, Gegnern und Nahrungsmitteln durch die düsteren Hallen, Höhlen oder den Lavatempel zieht und sich jeder selbst der nächste ist. Doch spätestens bei den Bossen sollte man geschickt als Gemeinschaft agieren, wenn man überleben möchte. Schade ist allerdings, dass mit insgesamt 30 kurzen Abschnitten der Spaß relativ schnell vorbei ist - egal ob in der Gruppe oder auf der deutlich weniger unterhaltsamen Solo-Jagd. Natürlich kann man nach dem Finale mit einer der anderen, erfreulich unterschiedlich spielbaren Figuren erneut auf die Jagd gehen oder sich am Aufstieg in den Online-Ranglisten versuchen. Doch selbstverständlich  wird man dabei nicht mehr von den leichten Rätseln oder den platzierten Fallen überrascht - der Wiederspielwert hält sich in Grenzen. Nach den letzten, nicht überzeugenden Auftritten von Gauntlet hat Arrowhead die Serie mit der Rückbesinnung auf alte Tugenden dennoch wieder auf Kurs gebracht - auch wenn man sich etwas zu sehr an den redundanten Mechaniken des Originals orientiert hat.

Pro

  • die vier Helden des Ur-Gauntlet kehren zurück
  • die Figuren spielen sich sehr unterschiedlich
  • herrlich chaotische Kämpfe (vor allem Multiplayer samt Streit um Kills und Gold)...
  • gelungene Modernisierung des klassischen Spielprinzips
  • passable Bosskämpfe
  • Meilensteine schalten Boni frei

Kontra

  • redundantes Spieldesign
  • solo mit überschaubarem Unterhaltungswert
  • ... bei denen das Chaos häufig in Hektik und Frust enden kann
  • nur wenig Personalisierung möglich
  • auch bei Online-Spiel auf einen Bildschirm konzentriert

Wertung

PC

Neuauflage des Klassikers, die Solisten etwas zu schnell langweilt, aber mit Freunden zwischendurch Laune macht.