MXGP - The Official Motocross Videogame - Test, Rennspiel, 360, PS_Vita, PlayStation3, PlayStation4, PC
Die gute Nachricht: Milestone hat mit MXGP quasi eine 180-Grad-Wende vollzogen, denn der jüngste Ausflug in Offroad-Gefilde hat mit seinem spirituellen Vorgänger fast nichts mehr gemeinsam. Zwar brettert man auch hier mit den Zweirädern der MX1- und etwas schwächeren MX2-Klasse über 14 Hügelpisten auf der ganzen Welt, doch hat man sich von dem Arcade-Ansatz verabschiedet und setzt stattdessen auf mehr Authentizität bei der Umsetzung des actionreichen Motorsports. Vorbei sind damit die Zeiten, in denen man nach einem erfolgreichen Scrub mit einem Geschwindigkeits-Boost belohnt wurde, der viel zu oft direkt in der Streckenbegrenzung endete. Hier führt das Querlegen der Maschine in der Luft physikalisch korrekt dazu, dass die Reifen schneller wieder den Boden berühren – gut so!
Ein neuer Ansatz
Für jeden etwas
Neben schnellen Einzelrennen, in denen Fahrer und Strecken per Zufall festgelegt werden, hat man im Grand-Prix-Modus und der Meisterschaft mehr individuelle Anpassungsmöglichkeiten. So kann man sich z.B. einzig auf Rennen beschränken oder komplette Wochenenden inklusive Training und Qualifikation sowie zwei Läufen absolvieren. Abseits des offiziellen Kalenders sind auch eigene Meisterschaften erlaubt, wobei man sämtliche Veranstaltungen abseits der Sofortrennen entweder mit einem der lizenzierten oder seinem eigenen Biker in Angriff nehmen darf. Ja, richtig gelesen: Im Gegensatz zu MUD darf man sich hier selbst einen Fahrer erstellen, wobei der rudimentäre Editor lediglich optische Anpassungen am Helm und Schriftzügen am Trikot erlaubt. Beim Aussehen muss man – wie schon bei MotoGP – mit einer Auswahl an vorgefertigten Portraits leben, mit denen man auch seinen persönlichen Manager bestimmt.
Volles Programm
Und hier wartet schon die nächste Gemeinsamkeit mit der hauseigenen Motorrad-Simulation: Die neue Karriere wurde quasi 1:1 aus dem letzten Auftritt der MotoGP übernommen, sodass man auch hier in seinem Motorhome E-Mails checkt, die Titelseiten von Magazinen betrachtet oder sich fiktive Fan-Beiträge in „Fakebook“ durchliest. Die Inspiration von Codemasters ist bei MXGP damit genauso offensichtlich wie bei MotoGP, doch schafft man es bei Milestone immer noch nicht, das Menü so hip zu gestalten, wie es die Briten können. Tatsächlich ist die Karriere, in der man als Wildcard-Fahrer beginnt und sich
anschließend von der MX2-Klasse zum MX1-Champion hoch arbeiten muss, recht spröde und langweilig. Den zumindest vom Konzept her interessanten Karriere-Modus von MUD mit seinen Rollenspiel-Anleihen hat man dagegen komplett über Bord gekippt. Das gilt leider auch für die Trick-Arena, in der man auch mal mehr als die Standard-Scrubs- und Whips zeigen konnte. Zwar kann man sich im Rennverlauf auch an Wheelies und Stoppies versuchen, doch de facto spielen Stunts hier quasi überhaupt keine Rolle mehr – schade.Bei Milestone ist man es ja mittlerweile gewohnt, dass trotz offizieller Lizenz nicht immer alles im Spiel enthalten ist, was man erwarten dürfte. So fehlten in den offiziellen WRC-Rallyespielen schon mal ganze Schauplätze oder Fahrer. MXGP liefert dagegen einen seltsamen Mischmasch aus gestrichenen und Ersatz-Inhalten: Genau wie die laufende Saison bot das Spiel auf den anderen Plattformen zwar ebenfalls 14 Läufe rund um den Globus, doch entsprach die Zusammenstellung des Kalenders einer Mischung aus dem Vorjahr und 2014. So vermisste man u.a. diesjährige Stationen wie die Ukraine, Bulgarien oder Mexiko, bekam im Gegenzug aber Abstecher auf Pisten in Portugal, Lettland oder den deutschen Lausitzring geboten, die eigentlich im vergangenen Jahr im Rennkalender standen. Und ich wette, auch bei den Fahrern hat sich die eine oder andere Lücke aufgetan, doch habe ich mir in diesem Fall die Arbeit einfach gespart, um Spiel und Realität abzugleichen – das ist eigentlich Milstones Job. Immerhin hat man für die PS4-Umsetzung mittlerweile etwas nachgebessert: Der Kurs in der Ukraine steht hier ebenso zur Auswahl wie die Piste in Bulgarien oder der italienische Schauplatz Arco di Trento, doch das mexikanische Leon sucht man weiterhin vergeblich. Stattdessen hält auf der PS4 mit Lierop eine weitere Station in den Niederlanden Einzug ins Streckenangebot, die aber erneut aus der vergangenen Saison stammt.
Mehr Strecken auf der PS4
Es vergeht kaum ein Jahr, in dem die Italiener nicht mit massiven Verbesserungen protzen und einen neuen Engine-Himmel versprechen. Doch schon bei MotoGP zeigte sich auch auf der PS4, dass sich der technologische Fortschritt selbst mit der Technik-Power der neuen Konsole in Grenzen hält. Und da MXGP augenscheinlich auf der gleichen Technik fußt wie die flotten Motorrad-Kollegen, muss man auch hier vornehmlich mit einer angestaubten Grafik leben, die hinsichtlich Detailgrad der Kulissen und Motorräder eher an die PS2-Ära erinnert, obwohl die gut animierten Fahrer mit ihren flatternden Trikots etwas moderner wirken. Der Mechaniker hat dagegen fast schon einen Comedy-Preis verdient, wenn er sich mit versteinerter Einheits-Miene über den Sieg seines Schützlings freut.
Neue Engine, alte Technik
Verbesserter Online-Auftritt
Fazit
Milestone hat sich scheinbar viele Kritikpunkte von MUD zu Herzen genommen und mit einer 180-Grad-Drehung auch Taten folgen lassen: MXGP fängt das MotoCross-Feeling deutlich besser ein als sein ernüchternder Vorgänger und der neue Fokus auf mehr Authentizität war eine gute Designentscheidung. So macht es durchaus Laune, über die holprigen Pisten zu brettern, spektakuläre Sprünge zu wagen und mit den anderen Fahrern um Positionen zu kämpfen – auch dank der neuen Dual-Stick-Control, mit der man Biker und Maschine besser im Griff hat. Doch selbst auf der PS4 leidet der Fahrspaß unter der grenzwertigen Bildrate. Das kann und darf einfach nicht sein! Nicht im Hinblick auf die ohnehin angestaubte Technik mit ihren detailarmen Kulissen, einigen Pop-ups sowie dem mangelndem "Next-Gen-Flair"! Schön ist dagegen, dass man der PS4 nicht nur ein paar zusätzliche Strecken spendiert, sondern sich auch hinsichtlich der Online-Performance massiv gesteigert hat: Von den krassen Lags, die mir im Frühjahr noch den Spaß an den Duellen verdorben hat, war in meinen Testläufen auf Sonys neuer Konsole nichts mehr zu sehen. Insgesamt also doch noch eine ordentliche Vorstellung von MXGP auf der PS4 - viel Luft nach oben ist aber auch hier noch vorhanden!
Pro
- offizielle Lizenz...
- Geländeverformungen in Echtzeit
- gelungenes Offroad-Gefühl
- getrennte Steuerung von Fahrer und Bike (Dual-Stick-Control)
- (rudimentäre) Bike-Einstellungen möglich
- drei Fahrphysik-Stufen
- umfangreiche Karriere...
- rudimentärer Fahrer-Editor
- zuschaltbare KI (in Online-Rennen)
- (oberflächliches) Lobby-System
- immersive Helmansicht
Kontra
- ...mit Lücken im Streckenangebot
- kein echtes Tricksystem / Trick-Modus
- angestaubte Technik (Kulissen, Figuren)
- keine Splitscreen-Rennen
- magere Präsentation
- ...deren Aufmachung 1:1 aus MotoGP übernommen wurde
- vereinzelte Physik-Bugs
- lange Ladezeiten