MXGP - The Official Motocross Videogame - Test, Rennspiel, 360, PS_Vita, PlayStation3, PlayStation4, PC

MXGP - The Official Motocross Videogame
27.10.2014, Michael Krosta

Test: MXGP - The Official Motocross Videogame

Technisch optimierter Offroad-Spaß?

Nachdem Milestone auf PC und den alten Konsolen bereits im Frühjahr mit MXGP zum motorisierten Offroad-Ausflug eingeladen hatte, schiebt man jetzt - wie schon bei MotoGP 14, eine PS4-Umsetzung hinterher. Und genau wie bei den Rennen mit den PS-starken Zweirädern auf asphaltierten Rennstrecken halten sich die technischen Verbesserungen auch beim Gerangel auf den staubigen Pisten in Grenzen...

Die gute Nachricht: Milestone hat mit MXGP quasi eine 180-Grad-Wende vollzogen, denn der jüngste Ausflug in Offroad-Gefilde hat mit seinem spirituellen Vorgänger fast nichts mehr gemeinsam. Zwar brettert man auch hier mit den Zweirädern der MX1- und etwas schwächeren MX2-Klasse über 14 Hügelpisten auf der ganzen Welt, doch hat man sich von dem Arcade-Ansatz verabschiedet und setzt stattdessen auf mehr Authentizität bei der Umsetzung des actionreichen Motorsports. Vorbei sind damit die Zeiten, in denen man nach einem erfolgreichen Scrub mit einem Geschwindigkeits-Boost belohnt wurde, der viel zu oft direkt in der Streckenbegrenzung endete. Hier führt das Querlegen der Maschine in der Luft physikalisch korrekt dazu, dass die Reifen schneller wieder den Boden berühren – gut so!

Ein neuer Ansatz

Die Fortschritte der PS4-Version halten sich in Grenzen - immerhin gibt es weitere Strecken.
Überhaupt spürt man eine viel bessere Verbindung zwischen den Pneus und der meist hügeligen Fahrbahn, die in Echtzeit mit Fahrrillen verformt wird. Im Gegensatz zu MUD lässt sich so viel besser nachvollziehen, warum das MX-Bike so reagiert, wenn man es in die Kurve schmeißt oder nach einem weiten Sprung wieder landet. Das neue Steuerungskonzept, bei dem man sich scheinbar an THQs MX vs ATV: Reflex orientiert hat, verbessert ebenfalls das Fahrgefühl, denn die Dual-Stick-Control erlaubt die getrennte Kontrolle von Maschine und Fahrer via den beiden Analogsticks. So verkleinert man z.B. durch geschickte Gewichtsverlagerungen den Kurvenradius beim Einlenken oder verschafft sich bei Sprüngen den nötigen Schwung. Zusätzlich darf man jetzt auch endlich an der Maschine herumschrauben – eine Funktion, die man bei MUD noch vermisst hat. Die Einstellungen an Federung, Getriebe und Bremsen sind zwar sehr rudimentär und nicht vergleichbar mit den Optionen eines MotoGP oder einer anderen Motorrad-Simulation, aber trotzdem eine kleine Bereicherung, die ebenfalls den realistischeren Ansatz unterstreicht.

Unglaublich, wie sich die ausgelassene Freude über meinen Sieg im Gesichtsausdruck des Mechanikers widerspiegelt.
Kontrolle der Fahrerposition, manuelle Schaltung, getrennte Vorder- und Hinterradbremse – ach, und gelenkt werden muss ja auch noch: Unter möglichst realistischen Bedingungen hat man alle Hände voll zu tun, wenn man die durchaus kraftvollen Gelände-Zweiräder in der Spur halten will. Wer es weniger komplex bevorzugt, darf den Anspruch auf Wunsch etwas senken, denn neben drei Stufen der Fahrphysik steht auch eine Kombi-Bremse und ein automatisches Getriebe zur Auswahl. Zudem lässt man sich auf Wunsch auch bei der Ausbalancierung des Fahrers unter die Arme greifen. Wie stark die Konkurrenz am Gaszug zieht, darf ebenfalls in vier Stufen festgelegt werden, wobei ich erst in den beiden höheren Schwierigkeitsgraden spannende Zweikämpfe erlebt habe. Wurde das Renngeschehen bei MUD noch vom Gummiband geplagt, kann man hier aufatmen: Zwar kann selbst der Führende mal durch einen Unfall Zeit verlieren, doch in der Regel wartet die KI hier zumindest in höheren Stufen nicht künstlich darauf, dass man als Spieler wieder den Anschluss findet.

Für jeden etwas

Neben schnellen Einzelrennen, in denen Fahrer und Strecken per Zufall festgelegt werden, hat man im Grand-Prix-Modus und der Meisterschaft mehr individuelle Anpassungsmöglichkeiten. So kann man sich z.B. einzig auf Rennen beschränken oder komplette Wochenenden inklusive Training und Qualifikation sowie zwei Läufen absolvieren. Abseits des offiziellen Kalenders sind auch eigene Meisterschaften erlaubt, wobei man sämtliche Veranstaltungen abseits der Sofortrennen entweder mit einem der lizenzierten oder seinem eigenen Biker in Angriff nehmen darf. Ja, richtig gelesen: Im Gegensatz zu MUD darf man sich hier selbst einen Fahrer erstellen, wobei der rudimentäre Editor lediglich optische Anpassungen am Helm und Schriftzügen am Trikot erlaubt. Beim Aussehen muss man – wie schon bei MotoGP – mit einer Auswahl an vorgefertigten Portraits leben, mit denen man auch seinen persönlichen Manager bestimmt.

Volles Programm

Und hier wartet schon die nächste Gemeinsamkeit mit der hauseigenen Motorrad-Simulation: Die neue Karriere wurde quasi 1:1 aus dem letzten Auftritt der MotoGP übernommen, sodass man auch hier in seinem Motorhome E-Mails checkt, die Titelseiten von Magazinen betrachtet oder sich fiktive Fan-Beiträge in „Fakebook“ durchliest. Die Inspiration von Codemasters ist bei MXGP damit genauso offensichtlich wie bei MotoGP, doch schafft man es bei Milestone immer noch nicht, das Menü so hip zu gestalten, wie es die Briten können. Tatsächlich ist die Karriere, in der man als Wildcard-Fahrer beginnt und sich

Ein Tricksystem gibt es nicht - einzig Scrubs oder Whips helfen bei Sprüngen, das Bike mit der veränderten Flugbahn wieder schneller auf den Boden zu bringen.
anschließend von der MX2-Klasse zum MX1-Champion hoch arbeiten muss, recht spröde und langweilig. Den zumindest vom Konzept her interessanten Karriere-Modus von MUD mit seinen Rollenspiel-Anleihen hat man dagegen komplett über Bord gekippt. Das gilt leider auch für die Trick-Arena, in der man auch mal mehr als die Standard-Scrubs- und Whips zeigen konnte. Zwar kann man sich im Rennverlauf auch an Wheelies und Stoppies versuchen, doch de facto spielen Stunts hier quasi überhaupt keine Rolle mehr – schade.       

Bei Milestone ist man es ja mittlerweile gewohnt, dass trotz offizieller Lizenz nicht immer alles im Spiel enthalten ist, was man erwarten dürfte. So fehlten in den offiziellen WRC-Rallyespielen schon mal ganze Schauplätze oder Fahrer. MXGP liefert dagegen einen seltsamen Mischmasch aus gestrichenen und Ersatz-Inhalten: Genau wie die laufende Saison bot das Spiel auf den anderen Plattformen zwar ebenfalls 14 Läufe rund um den Globus, doch entsprach die Zusammenstellung des Kalenders einer Mischung aus dem Vorjahr und 2014. So vermisste man u.a. diesjährige Stationen wie die Ukraine, Bulgarien oder Mexiko, bekam im Gegenzug aber Abstecher auf Pisten in Portugal, Lettland oder den deutschen Lausitzring geboten, die eigentlich im vergangenen Jahr im Rennkalender standen. Und ich wette, auch bei den Fahrern hat sich die eine oder andere Lücke aufgetan, doch habe ich mir in diesem Fall die Arbeit einfach gespart, um Spiel und Realität abzugleichen – das ist eigentlich Milstones Job. Immerhin hat man für die PS4-Umsetzung mittlerweile etwas nachgebessert: Der Kurs in der Ukraine steht hier ebenso zur Auswahl wie die Piste in Bulgarien oder der italienische Schauplatz Arco di Trento, doch das mexikanische Leon sucht man weiterhin vergeblich. Stattdessen hält auf der PS4 mit Lierop eine weitere Station in den Niederlanden Einzug ins Streckenangebot, die aber erneut aus der vergangenen Saison stammt.

Mehr Strecken auf der PS4

Es vergeht kaum ein Jahr, in dem die Italiener nicht mit massiven Verbesserungen protzen und einen neuen Engine-Himmel versprechen. Doch schon bei MotoGP zeigte sich auch auf der PS4, dass sich der technologische Fortschritt selbst mit der Technik-Power der neuen Konsole in Grenzen hält. Und da MXGP augenscheinlich auf der gleichen Technik fußt wie die flotten Motorrad-Kollegen, muss man auch hier vornehmlich mit einer angestaubten Grafik leben, die hinsichtlich Detailgrad der Kulissen und Motorräder eher an die PS2-Ära erinnert, obwohl die gut animierten Fahrer mit ihren flatternden Trikots etwas moderner wirken. Der Mechaniker hat dagegen fast schon einen Comedy-Preis verdient, wenn er sich mit versteinerter Einheits-Miene über den Sieg seines Schützlings freut.

Neue Engine, alte Technik

Die Streckenverformungen werden auf der PS4 sauberer umgesetzt.
Die Pop-ups am Streckenrand wurden auf der PS4 genauso reduziert wie die Schattenwürfe, die auf den anderen Plattformen noch plötzlich eingeblendet wurden. Den größten Fortschritt erkennt man dagegen bei den transformierbaren Strecken-Texturen: Hatte man auf 360 & Co noch das Gefühl, als würde sich die Oberfläche ständig in Bewegung befinden, hat man den unschönen Effekt hier nahezu vollständig eliminiert. Trotzdem: Das hat schon Sega Rally damals im Jahr 2007 ordentlich hinbekommen! Hinsichtlich der Bildrate liefert die Engine auch auf der neuen Konsole ein Armutszeugnis: Während der Offroad-Ausflug am PC durchweg flüssig über den Bildschirm flutschte, hat die PS4-Version manchmal damit zu kämpfen, um überhaupt 30 Bilder pro Sekunde zu gewährleisten – und das, obwohl visuell hier bis auf leichte Verbesserungen bei der Beleuchtung ebenso wenig geboten wird wie auf auf den anderen Plattformen. Hinzu kommen lange Ladezeiten zwischen den Rennen. Immerhin wird in der immersiven Helmansicht das Offroad-Feeling gut eingefangen.

Manchmal geht es bei den Positionskämpfen hart zur Sache - Massenkarambolage inklusive.
Neben Zeitrennen um Platzierungen auf der Online-Bestenliste darf man auch in direkten Duellen gegen bis zu elf Kontrahenten antreten – und das sowohl in einzelnen Grand-Prix-Sessions mit Abstimmungen als auch kompletten Meisterschaften. Dabei hinterlassen die Online-Fahrten auf der PS4 einen deutlich besseren Eindruck als im Frühjahr: Waren die Rennen dort noch von unzumutbaren Lags verseucht, liefen sie im Rahmen meiner Tests durchweg ohne Probleme ab - abgesehen von der Tatsache, dass die Leitung nicht automatisch auf einen anderen Spieler übertragen wird, falls sich der Host einer Lobby verabschieden sollte. Wer sich auf der PS4 Rennen am geteilten Bildschirm oder im lokalen Netzwerken erhofft hat, wird hier genauso enttäuscht wie zuvor auf den anderen Systemen. Positiv ist hingegen, dass sich bei Online-Rennen das Feld optional mit KI-Rasern auffüllen lässt. Das Anlegen eigener und auch privater Lobbys wird ebenso erlaubt.

Verbesserter Online-Auftritt

Fazit

Milestone hat sich scheinbar viele Kritikpunkte von MUD zu Herzen genommen und mit einer 180-Grad-Drehung auch Taten folgen lassen: MXGP fängt das MotoCross-Feeling deutlich besser ein als sein ernüchternder Vorgänger und der neue Fokus auf mehr Authentizität war eine gute Designentscheidung. So macht es durchaus Laune, über die holprigen Pisten zu brettern, spektakuläre Sprünge zu wagen und mit den anderen Fahrern um Positionen zu kämpfen – auch dank der neuen Dual-Stick-Control, mit der man Biker und Maschine besser im Griff hat. Doch selbst auf der PS4 leidet der Fahrspaß unter der grenzwertigen Bildrate. Das kann und darf einfach nicht sein! Nicht im Hinblick auf die ohnehin angestaubte Technik mit ihren detailarmen Kulissen, einigen Pop-ups sowie dem mangelndem "Next-Gen-Flair"! Schön ist dagegen, dass man der PS4 nicht nur ein paar zusätzliche Strecken spendiert, sondern sich auch hinsichtlich der Online-Performance massiv gesteigert hat: Von den krassen Lags, die mir im Frühjahr noch den Spaß an den Duellen verdorben hat, war in meinen Testläufen auf Sonys neuer Konsole nichts mehr zu sehen. Insgesamt also doch noch eine ordentliche Vorstellung von MXGP auf der PS4 - viel Luft nach oben ist aber auch hier noch vorhanden!

Pro

  • offizielle Lizenz...
  • Geländeverformungen in Echtzeit
  • gelungenes Offroad-Gefühl
  • getrennte Steuerung von Fahrer und Bike (Dual-Stick-Control)
  • (rudimentäre) Bike-Einstellungen möglich
  • drei Fahrphysik-Stufen
  • umfangreiche Karriere...
  • rudimentärer Fahrer-Editor
  • zuschaltbare KI (in Online-Rennen)
  • (oberflächliches) Lobby-System
  • immersive Helmansicht

Kontra

  • ...mit Lücken im Streckenangebot
  • kein echtes Tricksystem / Trick-Modus
  • angestaubte Technik (Kulissen, Figuren)
  • keine Splitscreen-Rennen
  • magere Präsentation
  • ...deren Aufmachung 1:1 aus MotoGP übernommen wurde
  • vereinzelte Physik-Bugs
  • lange Ladezeiten

Wertung

PlayStation4

Eine solide Umsetzung der Offroad-Duelle auf zwei Rädern, die aber trotz Verbesserungen auch auf der PS4 technisch enttäuschen.