NBA Live 15 - Test, Sport, XboxOne, PlayStation4

NBA Live 15
04.11.2014, Jörg Luibl

Test: NBA Live 15

Vom Airball zum Brick

Letztes Jahr war das Comeback von NBA Live 14 nur eines: peinlich. Da hatte Electronic Arts die Chance, auf den neuen Konsolen endlich wieder für Konkurrenz unter dem Korb zu sorgen, aber enttäuschte auf PS4 und Xbox One in allen Bereichen – Wertung: 40%. Trotz des internationalen Airballs hält man an seiner Basketballreihe fest. Wie schlägt sich NBA Live 15 (ab 5,12€ bei kaufen) dieses Jahr? Mehr dazu im Test.

Das ist schon kurios: Angesichts des Desasters von NBA Live 14 auf PS4 und Xbox One hätte sich niemand gewundert, wenn Electronic Arts die Reihe sofort einstampft – die internationale Kritik war vernichtend. Aber stattdessen entwickelt man nicht nur den aktuellen Nachfolger, sondern plant mutig bis NBA Live 17. Woran das liegt? Vielleicht verspricht man sich mittelfristig Erlöse, egal wie schlecht das eigene Spiel letztlich ist: Basketball boomt nach der Finanzkrise wieder weltweit und die NBA-Show ist aufgrund der milliardenschweren TV-Deals auf viele Jahre finanziell gesichert.

Mutige Entscheidung

Kacheldesign ist in: Die Spielmodi bieten u.a. Karriere, Management und Sammelkartenreize.
Dass NBA Live nicht mit NBA 2K mithalten kann, wird dabei sogar einkalkuliert: Producer Sean O´Brien von EA Tiburon betont, dass man sich „noch im Aufbau“ befinde und verspricht, dass man sich mit jedem Teil steigern wolle. Das sind seltsam bescheidene Töne von einem Publisher dieser Größenordnung, die natürlich der fehlenden Qualität im eigenen Hause geschuldet sind. Und genauso sieht auch das Ergebnis aus: Ja, NBA Live 15 ist besser als NBA Live 14 - was auch Mindeste sein musste. Aber nein, es kommt nicht mal ansatzweise an die Faszination von NBA 2K15 heran und ist trotz „500 Gameplay-Verbesserungen“ kein ernst zu nehmender Konkurrent oder gar eine Alternative.

Der Spielablauf verschwimmt zwischen Arcade und Realismus. Einerseits kommt man rasant vorwärts über Pässe, andererseits gibt es viel steife Bewegungen und sowohl Dunks als auch Blocks sind nicht wuchtig genug.
Man merkt einfach an allen Ecken und Enden, dass die Entwickler noch viel Grundsätzliches nacharbeiten müssen – schließlich sah der Vorgänger auf PlayStation 4 aus wie ein mittelprächtiges PS3-Spiel. Erst mit diesem zweiten Anlauf legt man hinsichtlich Kulisse und Animationen endlich das technische Fundament für ein grafisch solides bis ansehnliches Erlebnis. Ja, vor allem die realistischen Spielermodelle können sich jetzt samt Schweißbildung sehen lassen und sind das Highlight dieses Spiels. Auch das Publikum sieht jetzt besser aus, man erkennt mehr Individuen und Aktionen am Rande. Man kann also festhalten, dass man auf PS4 und One angekommen ist.

Aus der Baustelle wird ein Fundament

Aber grafische Faszination sieht anders aus. Wie weit man trotz dieser kleinen Fortschritte von der Brillanz eines NBA 2K15 entfernt ist, zeigt sich schon in den ersten Matches: Die Bewegungsabläufe bei Dribblings, Dunks & Co sind einfach zu steif, die Richtungswechsel der

Die Spielermodelle sehen sehr gut aus.
Spieler  wirken immer noch roboterhaft, die Trikots bauschen sich genauso künstlich auf wie der Schweiß aus den Poren strömt und die Kulisse innerhalb der Arenen wirkt sowohl akustisch als auch grafisch noch zu gleichförmig. Auch die angekündigten emotionalen Reaktionen der Profis sind zwar sichtbar, aber sie wirken entweder viel zu überzogen (Warum flippen Profis vor Freude aus, weil sie einen Freiwurf in der ersten Minute bekommen?) oder gehen als Randerscheinungen unter.

Die ESPN-Lizenz trägt zwar ihren Teil dazu bei, dass die Präsentation mit ihren Halbzeitanalysen etwas authentischer und lebendiger wirkt. Ähnlich wie im Fußball bindet man zudem das reale Geschehen der Liga in das Spiel bzw. die Menüs ein: Es gibt Live-Szenen und je nach Leistung der Profis aktualisierte Werte. Aber das kommentierende Duo schläfert einen in den Matches nahezu ein. Hier wirkt selbst ein Top-Spiel wie biederer College-Basketball bei ewig gleichem Fansingsang.

Es gibt jetzt endlich auch eine Physik, die den Namen halbwegs verdient – das führt tatsächlich zu authentischeren Kollisionen. Trotzdem muss man unter dem Korb und beim Kampf um den Ball immer noch viele Augen zudrücken, weil die Körper so oft so künstlich aufeinander reagieren. Überhaupt kann man seine eigene Schwere unter dem Korb kaum einsetzen: Das Aufposten und Blockieren desselben ist im Vergleich zu NBA 2K ein Witz! Man kann nicht aktiv als Verteidiger  den Gegner bedrängen, bevor er zum Korb ansetzt. Wer einen Center spielt, fühlt sich in der Defensive um seine ganze körperliche Kraft kastriert, so dass situative taktische Spannung im eins gegen eins gar nicht erst aufkommt. In der Offensive kann man sich zwar besser in den Gegner lehnen, aber die Möglichkeiten der Aktion sind auch hier genauso bescheiden wie die Ausführung. Man vermisst überall flüssige Eleganz!

Center ohne Körperlichkeit

Der Karrieremodus bleibt hinsichtlich Regie & Co weit hinter NBA 2K15 zurück.
Ärgerlich ist zudem, dass die Spielmechanik irgendwo zwischen Arcade und Realismus verschwimmt. Vor allem die hohe Passquote trägt zunächst ihren Teil zum Arcadegefühl bei, denn der Ball kommt selbst in sehr kniffligen Situationen inklusive Doppeldeckung meist beim Mitspieler an – er prall kaum mal ab und Turnovers sind wirklich selten. Alles wirkt dadurch rasanter als im Vorgänger und weil man mit einfachen Moves recht zügig zum Korb ziehen kann, könnte da explosive Faszination am Brett entstehen. Aber die wird wiederum im Keim erstickt, weil die Bewegungen so stocken, weil die Wucht bei den Dunks fehlt und weil sie zum anderen nicht spektakulär genug zu blocken sind. Da fehlt es einfach an Power.

Richtig schwach wird das Aufposten inszeniert: In der Offensive kann man seine Körperlichkeit noch einigermaßen einsetzen, in der Defensive hat man kaum Möglichkeiten.
Überhaupt nicht warm wurde ich mit der Wurfmechanik, dir mir zwar taktisches Feingefühl über eine recht plump designte Anzeige suggeriert, aber letztlich nur künstliche Hektik ins Spielgefühl bringt: Was habe ich von theoretisch löblichen Faktoren für Müdigkeit oder Positionstyp (frei, gedeckt, stark gedeckt) unter meinem Spieler, wenn ich für einen erfolgreichen Wurf nur schnell den Knopf loslassen muss? Im Vergleich zu NBA 2K15 fühlen sich die Würfe hier alle extrem verfrüht an, weil man quasi kurz nach der Aktivierung schon den Finger runter nehmen muss. So hat man auch gar keine Zeit  – das löst NBA 2K15 wesentlich besser und intuitiver!

Immerhin: In der Karriere wurde das Feedbacksystem verbessert.
NBA Live 15 sieht schlechter aus, spielt sich schlechter, aber kann vielleicht bei den Spielmodi punkten? Nein, denn auch hier bekommt man weder den Umfang noch die Tiefe oder gar Regie der Konkurrenz - egal ob online oder offline ist NBA 2K15 weit voraus. Die Karriere „Jordan Rising Star“ bietet zwar ein verbessertes Feedbacksystem und man kann seinen Spieler über Punktevergabe auf Fähigkeiten zum Star entwickeln, aber die Inszenierung ist viel zu unpersönlich. Es gibt ansonsten Standardmodi wie ein fades Tutorial, das schnelle Spiel, eine Managerkarriere sowie den aus FIFA bekannten Saison- bzw. Ultimate-Team-Modus, also den Auf- und Abstieg in knackigen Ligen sowie die Sammelkartenreize; beide Varianten wurden für den Basketball angepasst. Aber was lohnt es sich, eine Karriere, eine Saison oder einen „Big Moment“ der Basketballgeschichte nachzuspielen, wenn sich das Geschehen in der Arena so fade anfühlt?

Spielmodi - wen interessiert's?

Fazit

Vom Airball zum Brick: Das ist zu wenig, Electronic Arts! Dass sich NBA Live 15 gegenüber dem miserablen Vorgänger vor allem technisch steigern würde, war zu erwarten – jetzt sieht der Basketball auch auf Xbox One und PS4 zumindest ansehnlich aus. Aber trotz ESPN-Lizenz und hübscherer Kulisse wirkt ein Top-Match hier im Vergleich zu NBA 2K15 wie biederer College-Basketball. Zu steif bewegen sich die Profis, zu ermüdend sind Gesänge und Kommentare. Obwohl man die Steuerung gegenüber dem Vorgänger verbessert hat, will kein Flow aufkommen. Irgendwo zwischen Arcade und Simulation erlebt man sehr holprige Spiele. Wo ist die Körperlichkeit in der Defensive, wo ist die Eleganz in den Dribblings? Die neue Wurfanzeige wirkt plump, das Abwurftiming zwingt zu extrem schnellen Aktionen. Man ist nicht nur auf dem Platz, sondern auch in Sachen Spielmodi meilenweit von der Faszination der Konkurrenz entfernt. Unterm Strich ist NBA Live 15 keine Katastrophe mehr, aber so deutlich unterlegen, dass es komplett überflüssig wirkt.

Pro

  • sehr gute Spielermodelle
  • solide bis ansehnliche Kulisse
  • Management, Karriere, Saison & Sammelkartenmodus

Kontra

  • zu steife Bewegungen, hakeliges Spielgefühl
  • Spiel verschwimmt zwischen Arcade und Simulation
  • plumpe Wurfanzeige, seltsam frühes Abwurftiming
  • Pässe sind viel zu leicht
  • Körper im Duell kaum zu spüren
  • Aufposten & Post-Defense fehlt Finesse
  • Publikum grafisch & akustisch zu gleichförmig
  • Kommentatoren-Duo schläfert ein
  • Karriere mit fader Regie
  • sehr langweiliges Tutorial
  • kein Streetball, kein 3on3, 5on5 etc.

Wertung

XboxOne

Unterm Strich keine Katastrophe mehr, aber im direkten Vergleich mit NBA 2K15 so deutlich unterlegen, dass es komplett überflüssig wirkt.

PlayStation4

Unterm Strich keine Katastrophe mehr, aber im direkten Vergleich mit NBA 2K15 so deutlich unterlegen, dass es komplett überflüssig wirkt.