Dungeon of the Endless - Test, Taktik & Strategie, PC, Mac, XboxOne, iPad, Switch, PlayStation4

Dungeon of the Endless
06.11.2014, Eike Cramer

Test: Dungeon of the Endless

Die Angst vor Türen

Mit Dungeon of the Endless (ab 9,94€ bei kaufen) inszenieren die Endless-Space-Macher der Amplitude Studios eine Mischung aus Rollenspiel, Dungeon-Crawler und Tower-Defense. Warum die Erkundung düsterer Verliese überzeugt, klärt der Test.

In den Gängen und Höhlen von Auriga lauert in jedem Schatten der Tod. Nach dem Absturz ihrer Rettungskapsel in die Tiefen der zufällig generierten Verliese sind meine Helden nicht nur auf sich allein gestellt. Nein, zudem kreucht und fleucht es nur so vor feindseligem Getier. Ihr Ziel: Mit dem wertvollen Energiekern die rettende zwölfte Ebene erreichen und diesen elenden Planeten verlassen. Das aber ist in Dungeon of the Endless deutlich leichter gesagt als getan, denn auf Auriga ist jedes Ableben dauerhaft. Geraten die Pixel-Helden also in die Bredouille, ist die Rettungsmission schneller vorbei als die nächste Tür geöffnet werden kann. Wird mein Team ausgelöscht oder die Energiequelle zerstört, ist der Einsatz vorbei.

Die Dunkelheit ist der Feind

Düster: In den Schatten der Dungeons von Auriga lauert der Tod.
Aus der Vogelperspektive arbeite ich mich angespannt von Raum zu Raum. Jede Tür öffnet einen unbekannten Bereich, in dem ich bestenfalls eine Schatztruhe oder einen Händler finde, im schlimmsten Fall aber unzählige Monster lauern. Habe ich genug Einheiten der Ressource Dust gesammelt, kann ich dunkle Räume beleuchten und die großen sowie kleinen Bauplätze nutzen, um Türme oder Rohstoffquellen zu errichten. Da Energie aber verhältnismäßig knapp ist, wird es zunehmend schwieriger jeden Bereich zu beleuchten – und jeder im Schatten liegende Raum ist eine potentielle Brutstätte für fiese Viecher aller Art. Ich muss mich auf meinem Weg durch den Dungeon also von Anfang an für eine beleuchtete Route entscheiden und an anderer Stelle Vorkehrungen treffen, um den Ansturm der Monster zu verzögern.

Das Öffnen einer Tür fungiert auf Auriga als Rundenende. In diesem Moment erhalte ich eine bestimmte Menge der drei Ressourcen Nahrung, Forschungspunkte sowie Industrie. Diese werden u.a. eingesetzt, um das Level der Charaktere zu erhöhen, Abwehrtürme zu errichten oder  an Forschungsstationen neue Gebäude zu entwickeln.

Die hübsche Pixelkulisse ist ungemein stimmungsvoll und das Artdesign charmant.
Ihre Menge hängt von der Anzahl errichteter Rohstoffquellen ab, was schon zu Beginn Entscheidungen erfordert. Errichte ich eher Nahrungsquellen, um meine Helden schneller aufzuleveln oder setzte ich mit Industrie auf Abwehr? Errichte ich erst Lasertürme oder erst Gebäude, die die Statuswerte meines Teams verbessern?

Taktisches Ressourcen-Management

Jedes Rundenende lässt zudem neue Monster in den dunklen Ecken des Dungeons erscheinen, die zielgerichtet auf meinen Energiekristall zumarschieren. Bei jeder Türöffnung muss ich also auch die Platzierung meines Teams im Blick haben und etwaige Angriffsrouten sichern. Dabei steuere ich meine Heldentruppe nur indirekt von Raum zu Raum, manuelle Angriffs- oder Formationsbefehle gibt es nicht. So kommt es vor allem auf die taktische Verteilung meiner Figuren im Verlies und die Ausstattung meiner Räume und Charaktere an, die an Knotenpunkten Wache halten. Immerhin kann die Stromversorgung von Bereichen jederzeit an- und abgeschaltet werden, etwa um eine durchgehend beleuchtete Route durch das Stockwerk zu erzeugen.

Besonders in den höheren Stockwerken überlege ich oft: Öffne ich „nur noch“ diese Tür, um einen Dust-Bonus oder mehr Nahrung zu erhalten? Kann ich dann überhaupt noch eine weitere Welle überstehen, auch wenn ich meinen Helden verbessert habe? Jede Ressourcen-Investition muss sorgfältig abgewogen, jeder Turm, jedes Gebäude überlegt platziert werden.  Der Clou ist nämlich: Habe ich in den zufallsgenerierten Ebenen den Ausgang zum Fahrstuhl gefunden, muss ich den Energiekern noch dorthin bringen. Nachdem ich den Kristall aus seiner Verankerung entferne, fallen nacheinander die Lichter in den aktivierten Räumen aus und die Monster beginnen einen letzten Großangriff. So muss ich mir vorher genau überlegen, welche Route ich wähle und erreiche gerade in höheren Ebenen meist nur knapp den rettenden Ausgang.

Fällt eine meiner Figuren, verliere ich nicht nur ein Teammitglied. Die Figuren können individuell mit Rüstung und Waffen ausgestattet werden, die sich bei Händlern und in Truhen finden. Zudem kommentieren sie während der Fahrstuhlfahrten zwischen den Ebenen und beim Betreten neuer Räume das Geschehen ab und an witzig. So wird die Bindung zu den skurrilen Figuren (u.a. eine Schwert schwingende Gesetzeshüterin, ein dümmlicher Rambo-Verschnitt, genannt „Der Schlächter“, sowie ein Musketier mit Degen) trotz ihrer eher oberflächlichen Charakterisierung von Tür zu Tür enger. Leider gibt es keinerlei Interaktion zwischen den

Je nach Landekapsel ändert sich auch das Aussehen des Energiekristalls.
Figuren, die z.B. ihre Kampfwerte beeinflussen oder Bonusaktionen ermöglichen. Hier hat man Potential verschenkt!

Skurrile Charakterköpfe

Während der Reise durch die Dunkelheit trifft man immer wieder auf neue Gefährten, die sich im Tausch gegen Ressourcen der Reisegruppe anschließen. Diese sind, hat man sie drei Stockwerke lang am Leben erhalten, auch auf dem Startbildschirm auswählbar. Hier ist die Zusammenstellung der Gruppe außerordentlich wichtig – zwar räumen Nahkämpfer ordentlich auf, es fehlt aber das Heilungstalent der Schwester oder die Reparaturfähigkeit des Ingenieurs. Um sich erfolgreich durch die Verliese zu kämpfen, muss die Gruppe eine ausgewogene Fähigkeiten-Mischung mitbringen, ansonsten ist der Weg zum Fahrstuhl schnell vorbei.

Zudem muss man ausgesprochen frustresistent sein, um seine Mannen durch alle zwölf Stockwerke zu bringen. Durch das Zufallselement bei der Türöffnung kann es passieren, dass auch das ausgeklügelste Abwehrsystem

Fahrstuhlgespräche: Zwischen den Stockwerken tauschen sich die Figuren über mehr oder weniger sinnvolle Themen aus.
ausgehebelt wird, oder sich eine lange, dunkle Route als gefährliche Sackgasse entpuppt. So erleidet die Gruppe trotz akribischer Vorbereitung oft einen sekundenschnellen Tod, der einen kompletten Neustart zur Folge hat. Das kann schnell frustrieren und erfordert gerade auf höheren Schwierigkeitsgraden viel Geduld. Immerhin entschädigt die hübsche 2D-Kulisse mit stimmungsvoll-schummrigen Räumen, schönen Lichteffekten und durchweg charmantem Artdesign.

Frustresistenz im Pixeldungeon

Hat man das Spiel einmal erfolgreich beendet, werden neue Landekapseln freigeschaltet, die mit Boni und Mali das Spielgefühl stark beeinflussen – einmal startet man direkt mit vier Helden, kann aber keine Abwehrtürme errichten; einmal beginnt man alleine, wird aber nach dem Tod wiederbelebt. Ganz Harte können zudem einen Endlos-Modus freischalten, bei dem nicht nach zwölf Ebenen Schluss ist.

Fazit

Ich gebe zu: Nach ein paar Stunden Dungeon of the Endless bekomme ich Angst vor Türen. Die Amplitude Studios inszenieren einen faszinierenden Mix aus Rollenspiel, Roguelike-Dungeoncrawler und Tower-Defense. Mit dem Tod im Nacken schleicht man sich durch die Dunkelheit und hofft, dass hinter der nächsten Biegung der Ausgang und keine Horde fieser Monster lauert. Die Mischung aus Ressourcenmanagement, Charakterentwicklung und Strategie wirkt frisch und ist zudem ungemein fordernd. Aufgrund des dauerhaften Todes, zufallsberechneter Level und permanenter Neustarts zerrt die Dungeon-Erkundung gerade auf höheren Schwierigkeitsgraden aber ordentlich an den Nerven. Zudem wurde bis auf ein paar skurille Sprüche auf spielverändernde Interaktion der Figuren oder eine schlüssige Hintergrundgeschichte verzichtet. Dank der stimmungsvollen Kulisse  und der durchdachten Spielmechanik sorgt Dungeon of the Endless aber für richtig gute Unterhaltung!

Pro

  • Dauerhafter Tod ...
  • anspruchsvolle Zufalls-Ebenen ...
  • gelungene Mischung aus Tower-Defense, Rollenspiel und Dungeoncrawler
  • stimmungsvolle Pixel-Kulisse
  • viele Helden und Landekapseln
  • taktisches, frisches Spielprinzip

Kontra

  • ... der zu ständigen Neustarts führt
  • ... die eine leicht störende Glückskomponente mitbringen
  • verschenktes Potential bei Party-Chemie
  • schwache Charakterisierung der Figuren
  • kaum Hintergrundgeschichte

Wertung

PC

Stimmungsvolle Mischung aus Rollenspiel, Tower-Defense und Dungeon-Crawler, die aber Frustresistenz voraussetzt.