Fire - Test, Adventure, Switch, PC, iPad, Wii_U, iPhone
Ursprünglich wollte Daedalic nur eine neue Animations-Engine ausprobieren – und herausfinden, wie sich ein kleines Puzzle-Spiel ganz ohne Sprache sowohl für Touchscreen-Geräte als auch für den PC realisieren lässt. Nachdem ein Prototyp auf die Beine gestellt war, teilte man Sebastian „Bade“ Schmidt ein kleines Team zu und ließ ihn ein komplettes Spiel um den tollpatschigen Steinzeithelden basteln, das ab sofort auf Steam und als Box-Version erhältlich ist. Eine Umsetzungen für iOS soll später folgen. Die minimalistisch inszenierte Story wird in kurzen Slapstick-Sequenzen erzählt und dient leider nur als Aufhänger für Unghs Reise: Der Protagonist ist bei der Nachtwache eingeschlummert und hat das Lagerfeuer des Dorfes erlöschen lassen. Also muss er sich auf die gefährlichen Reise zum Vulkan machen, um eine neue Flamme zu besorgen.
Vom Testballon zur Entdeckungsreise
Zieht Ungh z.B. neben einem Dinosaurier an einer Kordel, öffnet sich ein Vorhang und das Gehirn des Giganten wird freigelegt. Klicke ich drauf, dreht sich das Organ in drei mögliche Stellungen und wird mit anderen Nerven-Enden verbunden. Eine Option hebt den Schweif an, eine andere öffnet das Maul, so dass ich direkt in den Dino spazieren und ihn mit Klicks auf seine Organe ärgern kann. Nachdem ich das Biest mit allerlei gefundenem Zeug vollstopft und seinen Verdauungstrakt manipuliert habe, purzelt irgendwann eine kleine Kugel aus ihm heraus. Diese Murmel mit einem darin eingesperrten Glühwürmchen ist das Ziel eines jeden Levels: Sie öffnet das Portal in den nächsten Abschnitt.
Bizarre Experimente an lebendigen Urviechern
Sogar außerirdische Kultstätten wie ein Monolith-artiges Banana-Phone und Zeitreise-Puzzles sind im Spiel vertreten. Setze ich z.B. einen Schmetterling in der Vergangenheit aus, entsteht in der Zukunft was…? Na...? Natürlich, ein Wirbelsturm! Durch den allseits bekannten Butterfly-Effekt, bei dem selbst ein winziger Flügelschlag große Katastrophen herbeiführen kann. Auch wenn das alles jetzt ziemlich abstrus klingen mag, so ergibt es doch innerhalb der kleinen Levels erstaunlich viel Sinn. Jedes der in sich abgeschlossenen Areale nimmt sich ein spezielles Thema vor und besitzt seine eigenen Gesetzmäßigkeiten, mit denen ich so lange herumexperimentiere, bis ich auf die Lösung komme. In einem Level muss ich z.B. vier kugelrunde Wuschelviecher dazu bringen, zu musizieren. Ein Klick auf ein Fellknäuel und schon pfeift es eine schmissige Funk-Melodie, ein weiterer Klick und es säuselt traurige Harmonien oder imitiert einen wummernden Techno-Beat. Nur wenn alle Stimmen zusammenpassen, lassen sich die Höhlenmenschen mit ihren individuellen Musikgeschmäckern glücklich stellen.
Apple war gestern…oder morgen?
Auch der Rest der Steuerung läuft sehr bequem und einsteigerfreundlich ab und wurde offenbar mit dem Touchscreen der iOS-Version im Hinterkopf entwickelt. Ungh kann nicht frei herumlaufen, sondern tappst lediglich zu wichtigen Objekten oder Figuren, wenn ich sie anklicke. Diese Hotspots lassen sich wie gewohnt per Leertaste anzeigen. So konnte ich das Spiel auch bequem ohne Maus auf meinem Notebook spielen. Lediglich die Minispiele gehen mit der Maus etwas besser von der Hand, weil hier Timing wichtig ist. Beim Trip auf den Mond etwa müssen einige Space-Invaders abgeschossen oder Brückenteile zusammengepuzzelt werden. Die simplen Action-Einlagen sind zwar nur mäßig unterhaltsam, bieten aber eine willkommene Pause für die Gehirnzellen.
Einfach gehaltene Handhabung
Fazit
Fire ist zwar ein sehr kurzer Knobelsnack, dafür aber ein richtig leckerer. Auf seiner abwechslungsreichen Reise zum Vulkan trifft der sympathische Ungh auf herrlich albern designte Urzeitviecher und derart bizarre Mechanismen, dass es eine wahre Freude ist, an ihnen herumzuspielen. Da sich die Experimente auf kleine Levels beschränken und die Bedienung sehr einfach gehalten ist, wird es nur in Ausnahmefällen frustig. Man merkt an allen Ecken und Enden, dass mit Sebastian Schmidt ein erfahrener Rätseldesigner das Projekt geleitet hat: Die minimalistisch inszenierte Rahmenhandlung spielt leider kaum eine Rolle; stattdessen dreht sich alles um den Spaß am Entdecken und an ebenso lustigen wie ausgefeilten Puzzlemechaniken. Wer die guten alten Gobliiins oder Machinarium mochte, wird auch hier auf seine Kosten kommen.
Pro
- sehr charmante Hauptfigur
- knuffig-monströse Urzeit-Viecher
- alberner Humor mit gelungenen Anspielungen
- liebevolle Slapstick-Animationen
- abwechslungsreiche, teils bizarre Rätsel-Mechaniken
- Puzzles trotz verrückter Gesetzmäßigkeiten gut ausbalanciert
- Knobel-Experimente schaffen eine entspannte Atmosphäre
- sehr bequeme Bedienung
- fehlendes Inventar passt gut zum Level-Design
- eingängige Musikstücke fangen die Stimmung prima ein
Kontra
- minimalistische Story bleibt bloßer Aufhänger für die Reise
- nur rund zweieinhalb Stunden kurz
- speichert lediglich zwischen den Level-Häppchen
- leichtes Ruckeln beim Scrollen zwischen den Bildschirmen