Heroes of Might & Magic 3 - HD Edition - Test, Taktik & Strategie, PC, Android, iPhone, iPad

Heroes of Might & Magic 3 - HD Edition
29.01.2015, Jörg Luibl

Test: Heroes of Might & Magic 3 - HD Edition

Schlecht gealterter Fantasy-Kitsch

1995 feierte Heroes of Might & Magic seine Premiere: In der Tradition von King’s Bounty inszenierte Lead-Designer Jon Van Caneghem endlos anmutende Rundentaktik in einer kunterbunten Fantasywelt. Die Serie von 3DO war so beliebt, dass zig Nachfolger und Erweiterungen folgten. Der 1999 veröffentlichte dritte Teil gilt kommerziell als erfolgreichster und wird jetzt von Ubisoft als HD-Version für PC und iPad veröffentlicht. Lohnt sich die Zeitreise für knapp 15 Euro? Mehr dazu im Test.

Ich bin eigentlich ein Nostalgiker. Das heißt, dass ich ein Herz für Klassiker habe und gerne ein Auge zudrücke. Aber als das grob aufgelöste Intro von Heroes of Might & Magic 3 HD im kleinen Fenster läuft, überkommen mich sowohl auf dem iPad als auch PC sehr starke Fluchtreflexe. Meine Güte, was ist das für ein unheimlich schlechter Fantasykitsch! Einerseits will ich es mit einem Schmunzeln verdrängen, aber die Lady in Tanga und Plattenpanzer spricht auch noch Deutsch. Ihr schlimmes Geplapper über Erathias Banner muss ich ganz schnell verdrängen, damit die Zehnägel wenigstens noch zurückrollen können...

Königin "Catherine Ironfist" bittet zur Flucht...

Präsentation, Story und Texte wirken unfreiwillig komisch. Heroes of Might & Magic wurde zunächst von 3DO entwickelt - der erste Teil erschien 1995, dieser dritte Teil 1999.
Und selbst das wird knapp. Denn wenn man die erste Kampagne startet, wird man nochmal von Königin „Catherine Ironfist“ begrüßt, die ihren "epischen" Auftrag erteilt: Man soll Truppen sammeln, die Nighon-Invasion stoppen und alles auf dem Weg platt machen, um das Königreich zu einen. Und wen spielt man? Zunächst nur Hauptmann Christian. Der sieht in seinem Portrait aus wie Franzl sein Sohn aus der Historienschmonzette Sissi – na Küss die Hand. Aber hey: Er hat ein „Rudel (!) Bogenschützen“, Pikeniere sowie Greife zur Verfügung. Bis auf gute Texte kann er später alles Weitere an Truppentypen rekrutieren. Und: Es gibt ja noch viele andere Helden.

Auch wenn die HD-Version etwas hübscher ist: Weder Kulisse noch Kampfsystem können heutzutage begeistern. Might & Magic entführt in ein kunterbuntes Patchwork zwischen Elfen und Untoten.
Aber was soll eigentlich mein Gejammer über die Präsentation oder den Kitsch? Man kann doch schlechte Fantasy einfach mal gerade sein lassen! Es geht doch letztlich nicht um Rollenspiel, sondern um Taktik. Ja, aber selbst wenn man auf die Zähne beißt und in den erzählerischen Trashmodus schaltet, um sich nur auf die Rundeneroberung zu konzentrieren, verliert der Klassiker schnell an Reiz. Wenn man dieses Heroes of Might & Magic 3 HD z.B. mit der Fire-Emblem-Serie oder aktueller Rundentaktik auf dem iPad wie z.B. Ravenmark oder Desert Fox vergleicht, liegen dazwischen qualitative Welten.

Schwache Story, seichtes Spielprinzip

Trotzdem versuche ich das goldig funkelnde Artdesign wie eine Hommage zu akzeptieren, ignoriere die ärgerlichen Rechtschreibfehler und stürze mich in den Rundenkampf. Might & Magic entführt ja in ein kunterbuntes Patchwork zwischen Elfen und Untoten, Magiern und Nekromanten. Richtig Spaß macht das allerdings auch nicht, denn der taktische Anspruch hält sich in Grenzen – am besten stellt man den

Eine Kampagne beginnt mit einem kleinen Ausschnitt im Nebel des Krieges. Auf dem PC kennt man die Steuerung, auf dem Tablet ist die Bedienung mit dem Finger ein unpräziser Graus...
Schwierigkeitsgrad direkt auf eine höhere der fünf Stufen. Was ich damals wie Chips Runde für Runde in mich reingestopft habe, fühlt sich heute an wie ein seichtes Wimmelbildabenteuer für Feldherren. Auf der Weltkarte grast man alles stoisch ab, was einem an Schätzen, Rohstoffen und Artefakten begegnet. Weil dieses monotone Einsacken von der Aufdeckung der Karte begleitet wird, entstehen aber zumindest rudimentäre Erkundungsreize - ja, ab und zu blitzt auch dieses Noch-ein-Klick wieder auf. Das lässt einen so lange den Nebel des Krieges verjagen, bis man von einer dämlichen Anekdote daran erinnert wird, dass Epos und Elend hier nah beieinander liegen. Nein, das ist kein Blender - es gibt auch viel zu grübeln: Auf der strategischen Ebene gilt es Rohstoffe, Rekrutierungen, Zauber, Heldenklassen und die bis zu acht Stadttypen zu beachten.

Zwischendurch darf man immer wieder die auf der Karte sichtbaren Monster zum Tanz auf dem platten Schlachtfeld bitten. Dort wird nicht elegant mit Aufstellungen, Formationen, Höhen & Co gepokert, sondern recht plump mit allen konventionellen und magischen Mitteln gekämpft. Ja, man sollte auf Nah- und Fernangriffe sowie passive Fähigkeiten achten. Ja, je länger man spielt desto mehr Möglichkeiten ergeben sich über 50 Truppentypen. Aber es gibt mehr Masse als Klasse. Die halbgar animierten Gefechte sehen nicht nur komisch aus, wenn Katapulte in seltsamen Winkeln ihre Bolzen abfeuern, sie fühlen sich auch viel zu oberflächlich an. Die auch für 16:9 optimierte HD-Version ist natürlich hübscher, zumal es zusätzliche Schatten sowie höhere Auflösungen gibt. Aber was sollen das für Zaubereffekte sein? Von einer wirklich edlen Kulisse ist man so weit entfernt, dass man auch beim Original mit Mods bleiben kann.

Der Umfang stimmt: Es gibt neben den Kampagnen auch zig Szenarios - inklusive Hotseat sowie Online-Unterstützung.
Sehr ärgerlich ist zudem, dass man sich auf dem iPad ständig vertippt, weil alles so fitzelig klein nebeneinander liegt. Das Besetzen einer Mine wird unfreiwillig zur Dartübung für den Finger. Die Bedienung auf dem Tablet ist nicht intuitiv, sondern ein fummeliger Graus – man hat nicht nur all die kleinteiligen, vollkommen überfrachteten Menüs übernommen, sondern simuliert quasi die Maussteuerung mit rudimentären Touchkompromissen. Man kann ja nicht einmal die Karte mit zwei Fingern vergrößern! So kann man gerade dieses klickintensive Spiel nur mit viel Geduld ertragen. Auf dem PC hat man diese Steuerungsprobleme natürlich nicht, außerdem gibt es nur hier einen Editor.

Frustrierende Tablet-Steuerung

Auch wenn es die beiden Erweiterungen (Armageddons Blade, Shadow of Death) nicht in die HD-Version geschafft haben - der Umfang stimmt auf allen Systemen. Drei Kampagnen sind von Beginn an wählbar (Lang lebe die Königin, Dungeons und Teufel, Kriegsbeute), vier weitere können freigeschaltet werden. Bei den Szenarien kann man aus dem Vollen schöpfen: Es gibt über 50 Scharmützel in allen Varianten und Kartengrößen von klein bis riesig für bis zu acht Fraktionen. Meist gilt es alle Feinde zu vernichten, aber man muss auch mal alle Minen besetzen, Artefakte sichern, spezielle Gebäude errichten, alle Monster besiegen oder Städte erobern. Im Mehrspieler kann man diese per Hotseat oder online erleben, inklusive Chat und Einladungen. Am PC läuft das Ganze inklusive Lobby und Steamworks-Kompatibilität. Aber ganz ehrlich: Wer will das heutzutage im Netz spielen?

Fazit

Ich liebe Rundentaktik, habe ein Herz für Klassiker und mag Fantasy. Aber dieses Might & Magic 3 HD sorgt für Fluchtreflexe. Mal abgesehen davon, dass die Präsentation samt Videos und Texten zum Fremdschämen schlecht ist, kommt auch auf der Karte sowie den platten Schlachtfeldern weder nostalgischer Charme noch Spaß auf. Es gibt Spieldesign, das gut altert. Aber das ist Spieldesign, das heutzutage gammelt: sammeln, aufrüsten, rekrutieren und weghauen in monotoner Endlosschleife und vor Kitsch triefender 08/15-Fantasywelt. Das hat mit motivierender Rundentaktik wenig zu tun. Dagegen fühlen sich Fire Emblem auf dem DS oder Ravenmark auf iPad sowohl dramaturgisch als auch taktisch wie Next-Generation an. Was auf dem PC zumindest noch sauber bedienbar ist sowie hunderte Szenarien plus Online-Anbindung serviert, mutiert dann auf dem iPad zur frustrierenden Geduldsprobe. So eine miese Bedienung muss man sich als Touch-Feldherr bei der Auswahl an hochwertiger Strategie wirklich nicht antun. An alle Fans der Serie: Installiert lieber wieder das Original mit Mods - oder wartet auf den siebten Teil. An alle Fans mit Lust auf eine kreative Alternative: Schaut euch mal Might & Magic Heroes: Das Brettspiel an.

Pro

  • umfangreicher Klassiker
  • zig Truppentypen, Völker, Zauber und Helden
  • deutsche Texte und Sprachausgabe
  • fünf Schwierigkeitsgrade
  • für 16:9 optimiert; höhere Auflösungen
  • Online-Unterstützung & Hotseat
  • Editor (PC)

Kontra

  • schlimme Kitsch-Fantasy
  • schwache Story und Präsentation
  • monotones Spielprinzip
  • taktisch mehr Masse als Klasse
  • Schlachtfelder ohne Finessen (Höhen etc.)
  • unansehnliche Animationen und Zauber
  • vollkommen überfrachtetes Menüdesign
  • Fehler in deutschen Texten
  • zwei Erweiterungen nicht enthalten
  • unpräzise und nervige Steuerung (iPad)
  • kein Editor (iPad)

Wertung

PC

Viel Masse, wenig Klasse: sammeln, aufrüsten, rekrutieren und weghauen in monotoner Endlosschleife und vor Kitsch triefender 08/15-Fantasywelt.

iPad

Die unpräzise Steuerung sorgt für Frust: So darf man ein Strategiespiel nicht auf das Tablet bringen!

Kommentare
MrMetapher

Insanely wrong review.

vor 3 Jahren
Uwe sue

also dieses eine mal kann ich hernn luibl nicht 100% zustimmen... nur zu 90%! ich habe dieses spiel anno95 mit kumpels im pvp gesuchtet und habe es auch später noch ab und an rausgeholt wenn die alten jungs da waren und zeit hatten. ich kenne das original komplett auswendig - habe jetzt hier nur für nen kurzen skirmish reingeschaut und würde dem ganzen zumindest am PC eine solide 55-59% wertung geben. ok, für leute die das original nicht kennen und vll erst bei teil 5 angefangen haben lautet die wertung FINGER WEG. mit nostalgie-bonus komme ich aber doch über ne 50er bewertung. ich kann den tester durchaus verstehen, er testet ja für leute die das spiel nicht kennen und vll geld hinlegen würden, da muss der erhobene zeigefinger her und ein "ich habs euch ja gesagt" hinterher FINGER WEG... - aber für kenner des originals fände ich ne gute solide 55er wertung durchaus ok.

vor 4 Jahren
GamepadPro

gelöscht

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 9 Jahren