Akiba's Trip: Undead & Undressed - Test, Rollenspiel, PlayStation3, PlayStation4, PC, PS_Vita
Akiba's Trip: Hinter dem Titel verbirgt sich zum einen die Aufforderung Tokyos Szene-Bezirk Akihabara (kurz Akiba) einen virtuellen Besuch abzustatten. Und wer schon einmal in der japanischen Metropole war, dürfte sich in der Spielwelt schnell zurechtfinden. Denn das Team von Acquire (Way of the Samurai) hat das Kultviertel akribisch modelliert und teilweise sogar die Original-Werbungen verwendet, die auf den Hochhäusern prangen. Und als besonderes Gimmick kann man von zahlreichen Shop-Assistenten sogar Flyer aktueller Geschäfte einsammeln - mit dem Hinweis der Entwickler, bei einem Live-Besuch in dem Viertel die jeweiligen Läden durch einen Besuch zu unterstützen! Und im Vergleich zu den Versionen auf den alten Systemen hat die Kulisse erfreulich zugelegt: Es gibt nicht nur mehr Figuren, die sich in den Straßen Akibas herumtreiben. Sie werden auch nahezu ohne Verzögerung und damit deutlich schneller als auf PS3 oder Vita in den Speicher geladen. Der Eindruck einer belebten Stadt ist auf der PlayStation 4 damit deutlich größer. Bei den Umgebungstexturen hat sich zwar nicht viel getan, doch in einer nativen 1080p-Auflösung und endlich ruckelfrei macht die Stadt deutlich mehr her. Die Gebiete sind allerdings weiterhin zu klein und werden immer wieder von Ladephasen unterbrochen. Hier hätte man gut daran getan, die Engine zusätzlich zu optimieren und die Areale entweder größer oder
idealerweise ganz offen zu gestalten. Denn so geht auch auf dem neuen System einiges der Atmosphäre wieder flöten, die theoretisch durch die faszinierende Welt der tokyoter Pop- und Shopping-Kultur entstehen könnte.Eindeutig verbessert
Dafür jedoch hat man mit dem so genannten "Visual Editor" ein mächtiges Tool zur Verfügung, mit dem man die Module, aus denen Akiba besteht, seinen eigenen optischen Vorlieben entsprechend anpassen darf. Alle Farbwerte dürfen manipuliert werden, wobei der Editor zwischen Figuren, Umgebung und Effekten unterscheidet, so dass man im Zweifelsfall alles beim Alten belässt und nur die Schatten grellgelb oder blümchenrosa einfärbt. Mit etwas Geduld und u.a. Modifkation der Umrahmungsdicke der Figuren kann man Akiba auch im Stil von Nintendos Legend of Zelda: The Wind Waker rekreieren - nett. Zusätzlich kann man auch bis zur Übelkeit mit der Intensität des Motion-Blurs experimentieren. Acquire hat ein paar Presets mitgeliefert, die z.B. noch stärker ins "mangaische" gleiten oder einen grün-monochromen Look liefern, der aus dem Abenteuer zumindest visuell ein neues Erlebnis macht.
Eindeutig zweideutig
Zumindest für Zuschauer interessanter ist die Option, die Ereignisse bei Spielern, die Akiba's Trip über Twitch streamen, über bestimmte Chat-Eingaben massiv zu beeinflussen. Während der Akteur den erst nur am oberen Bildschirmrand durchlaufenden Hinweis gern übersieht, sind dessen Auswirkungen schnell spürbar und können das Ergebnis auf dem Schirm stark beeinflussen. Wie glücklich der Spieler darüber ist, wenn er ohne Provokation von den Cops gejagt wird oder auf einmal von Zivilisten angegriffen wird, sei dahin gestellt. Für die Zuschauer ist dies eine bislang noch viel zu wenig ausgereizte Option, mit einem Let's-Player zu interagieren und in jedem Fall ein schadenfreudiges Ereignis. Wobei man natürlich auch hilfreich unter die Arme greifen und z.B. eine magische Variante der kleinen Schwester des Protagonisten beschwören kann.
Alles wie gehabt
Je nachdem, wie man die Dialogbäume entlang wandert, wie man in bestimmten Situationen reagiert und natürlich, wen man als Partner auf die Wanderungen durch Akiba mitnimmt, verändern sich die Beziehungen, die auch auf unterschiedliche Enden hinsteuern. Und das alles mit einer Leichtigkeit in den Gesprächen, die komplett konträr zur mitunter schwerfälligen Steuerung in den Kämpfen steht. Dabei ist das Grundkonzept sehr interessant: Die Stärke der drei Lebensbalken wird durch die Kleidung festgelegt, die man trägt, jeweils für den Kopf, den Oberkörper und den Unterkörper. Die Angriffskraft und vor allem die Art der Kombos oder unblockbaren Attacken wird durch den Gegenstand geregelt, den man als Waffe mit sich führt - das Repertoire reicht von Posterrollen über Boxhandschuhe bis hin zu Gitarren, Monitoren oder Tastaturen. Auch hier nimmt sich der ungewöhnliche Vampirausflug erfrischend unernst. Und durch diese Varianten wird eine Tür zu enormer Personalisierung geöffnet. Erledigte Feinde lassen Klamotten und Waffen liegen und wer sich ggf. über das Erledigen der zahlreichen Nebenmissionen genug Yen verdient, kann im Zweifelsfall auch bei den zahlreichen Shops zuschlagen und seine Figur ausrüsten.
Alte Probleme
Absurde Spielzeugkiste
Killzone Shadow Fall hat es gezeigt, Mittelerde Mordors Schatten und GrandTheft Auto 5 ebenso: Eine clevere Einbindung des Pad-Lautsprechers kann die Immersion erhöhen. In Akiba’s Trip kann man die üppige Sprachausgabe, die sowohl in Englisch als in Japanisch zur Verfügung steht, wahlweise auch über den Controller ausgeben lassen. Unter dem Strich erhöht dies zwar nicht im gleichen Maße den Unterhaltungswert wie z.B. die Telefonate in GTA 5, doch es zeigt, dass sich die Entwickler Gedanken gemacht haben, wie man den Titel an die Eigenheiten des Sony-Systems anpassen kann. Leider haben sie sich wie in diesem Fall zu sehr an Gimmick-Schnickschnack festgeklammert, anstatt die Engine weiter zu optimieren und auf "Offene Welt" zu trimmen.
Fazit
Acquire hat mit der PS4-Version von Akiba's Trip viele Ungereimtheiten der Past-Gen-Versionen ausgemerzt. Die Ladezeiten wurden deutlich verringert, die comichafte Kulisse lässt sich bis zur Entfremdung an die eigenen Vorlieben anpassen. Und sie erstrahlt mit einer stabilen Bildrate in 1080p-Auflösung, während das störende Nachladen der Passanten auf ein kaum spürbares Minimum reduziert wurde. Allerdings bleibt das grundsätzliche Problem der viel zu kleinen und durch ständiges Nachladen unterbrochenen Abschnitte weiterhin bestehen - eine offene(re) Welt wäre für die ungewöhnliche Vampir-Action mit Rollenspieleinschlag sinnvoller gewesen. Auch die Kontrolle wurde nicht weit genug optimiert und zeigt sich nach wie vor hakelig, insbesondere beim Anvisieren von Gegnern. Doch die Faszination für den klischee-behafteten sowie herrlich übertriebenen Einblick in Tokyos Akihabara-Distrikt bleibt ebenfalls bestehen. Die Charakterzeichnung ist sehr sympathisch und das Kampfziel, seinen Feinden die Klamotten vom Leib zu prügeln wird herrlich unbekümmert-naiv inszeniert. Ja: Es wurden zahlreiche Verbesserungen vorgenommen wurden und man darf sich als PS4-Vampirjäger auch über alle bislang veröffentlichten Download-Inhalte freuen. Dennoch bleibt es leider dabei, dass Akiba's Trip auch auf dem neuen System das Potenzial vor allem technisch nicht ausschöpft.
Pro
- umfangreiche Personalisierung
- grafisch im Vergleich zu PS3- und Vita-Versionen stark verbessert...
- akkurate virtuelle Nachbildung von Tokyos Akihabara-Distrikt
- gute englische Texte und Sprachausgabe
- amüsante Charakter-Zeichnung und Pop-Kultur-Anspielungen
- Kampfsystem abhängig von der Ausrüstung
- viele Gimmicks, Easter Eggs und Geheimnisse
- unterschiedliche Enden
- wahlweise japanische Sprachausgabe wählbar
- "Visual Editor" erlaubt haarkleine Anpassung der Kulisse
- Streaming-Zuschauer können das Spiel per Chat-Kommandos beeinflussen
- Toybox-Modus zum Experimentieren mit Kleidung und Waffen
Kontra
- hakelige Steuerung
- ... aber immer noch viele kleine Abschnitte mit Ladepausen statt offener Welt
- Kampfsystem trotz üppiger Waffenauswahl auf Dauer monoton
- Kameraprobleme machen Anvisieren einzelner Gegner zur Glückssache