Blackguards 2 - Test, Taktik & Strategie, XboxOne, PC, PlayStation4

Blackguards 2
21.01.2015, Eike Cramer

Test: Blackguards 2

Aufstand der Spinnenkönigin

Nur zehn Monate nach Blackguards veröffentlicht Daedalic bereits einen Nachfolger. Versprochen werden mehr Entscheidungen und ein verbessertes Kampfsystem. Ob das Taktik-Rollenspiel überzeugen kann, klärt der Test.

In Al'Anfa, tief im Süden Aventuriens, herrscht Krieg. Die fanatischen Söldner der stummen Legion bringen im Namen ihres Gottes Tod und Verderben über das Land. Von ihrem Gemahl Marwan in die Verliese unter der Stadt Mengbilla verstoßen und von Gift und Spinnenbissen entstellt, scheint ihre finstere Anführerin Cassia von Rache besessen. Doch wer ist diese gleichermaßen entschlossene und düstere Figur wirklich, die ihr verunstaltetes Gesicht hinter einer silbernen Maske verbirgt und deren Banner eine silberne Spinne ziert?

Der Kampf der Spinnenkönigin

Ereignisse vor Kämpfen werden in Textform präsentiert.
Die Handlung von Blackguards 2 (ab 0,85€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) schließt einige Jahre nach dem Ende des ersten Rundenabenteuers von Daedalic an und ist deutlich spannender als das durchwachsene Klischee-Gemisch des Vorgängers. Die auf das wesentliche reduzierte Geschichte von Cassia und der stummen Legion wird zwar ohne große und Überraschungen erzählt, ist aber durch den scheinbaren Wahnsinn der Heerführerin und ihr gutes Erzähltempo interessant. Allerdings wird auf eine neue Gruppe verzichtet: die Helden Takate, Naurim und Zurbaran entstammen samt ihrer eindimensionalen Persönlichkeiten dem Vorgänger.

Scheinbar hat man bei Daedalic erkannt, dass ihnen das große und umfangreiche Rollenspiel auf der einen sowie die strategische Finesse im Rundenkampf auf der anderen Seite gleichzeitig nicht liegt. Aus diesem Grund fokussiert man sich bei Blackguards 2 auf ein Spielprinzip, das dem Ablauf von The Banner Saga ähnelt: Cassia

Die Kulisse wurde nur im Detail überarbeitet. Licht und Effekte wirken etwas stimmiger.
führt ihre Truppen auf der Strategiekarte gegen Stützpunkte und Städte des Feindes. Jede Eroberung bringt Boni, neue Ausrüstung und Vorteile für die Stumme Legion. Auf dem Weg nach Mengbilla können verschiedene Wege eingeschlagen und Nebenquests absolviert werden, um ihre Truppen zu stärken.

Heimeliges Heerlager und strategische Schachzüge

Während eines Angriffs werden dann nicht nur die Helden, sondern auch gesichtslose Soldaten in den Kampf geschickt, die die Gruppe unterstützen. Die kleinen Verbände aus Speerträgern, Schwertkämpfern und Bogenschützen, werden zuvor auf einem Auswahlbildschirm zusammengestellt. Die Klassen besitzen dabei eigene Ausrüstung und Attribute, die nur über Eroberungs-Boni verbessert werden können. So  hat man bei jeder Schlacht das Gefühl, Teil einer größeren Fraktion des Krieges zu sein. Dummerweise verliert aber die Armee so aber auch ihren Charakter. Die Söldner sind Klonfiguren, deren Verlust keine Rolle spielt, da es in den Reihen der Stummen Legion keine Erfahrungsboni oder Veteranen-Vorteile gibt. Zudem steht unbegrenzt sprachloses Menschenmaterial für die  Schlachten bereit, sodass Verluste völlig unerheblich sind.

Obwohl viele Charakter- und Kampfmechaniken aus dem Vorgänger übernommen wurden, gibt es einige Änderungen im Detail. So fällt z.B. auf, dass das rundenbasierte Kampfsystem jetzt insgesamt besser funktioniert. Man hat das Pen-and-Paper-Regelwerk von Das Schwarze Auge sowie die Mechaniken entschlackt, das Fähigkeitensystem angepasst und Charakterstatistiken übersichtlicher gestaltet. So bewegt man sich jetzt z.B. in der Anpassung der Waffenfähigkeiten in einem Bereich zwischen 0 und 100, was auf den ersten Blick deutlich mehr verrät als krude Zahlen. Warum gleichzeitig aber das Attributsystem entfernt und mit den Spezialfähigkeiten zusammengelegt wurde, ist weniger verständlich.

Verbesserungen im Detail

Das Kampfsystem wurde durch einen Ausdauer-Wert ergänzt, der Spezialattacken wie den Wuchtschlag

Bessere Übersicht: Reichweite und Trefferchance für Fernkämpfer können komfortabel eingeblendet werden.
wertvoller macht und gleichzeitig die Balance gegenüber Zauberern stärkt. Auch das unsinnige Treffersystem wurde abgeschafft. Statt der nervigen Fehlschläge gibt es jetzt nur noch Treffer, Paraden oder Ausweichen, was die Planung im Kampf aufwertet. Dank Höhenstufen, einblendbarer Sichtkegel sowie Angriffsreichweiten gehen die Gefechte in den Hexfeld-Arenen besser von der Hand und sind berechenbarer als zuvor.

Leider verpasst man aber die Chance, das Kampfsystem wirklich konsequent zu überarbeiten. So kann nach wie vor keine Verteidigungsposition eingenommen werden, Schalter bedienen ist fummelig wie eh und je und auch Boni bei Charakter-Interaktionen gibt es nach wie vor nicht. Außerdem ärgerlich: Während des Tests gab es mehrfach Bugs, die das Beenden von Kämpfen verhinderten oder mir dank eines unsterblichen Charakters trotz klarer Niederlage einen Sieg ermöglichten.

Der neue Spielablauf rückt den Kampf auf den Gefechtskarten in den Vordergrund. So verbringt man nicht länger viel Zeit in statischen Stadtbildschirmen auf der Suche nach der nächsten Quest. Stattdessen organisiert man seine Party auf einem ebenso statischen, aber immerhin übersichtlichen Heerlager-Bildschirm, in dem Gespräche geführt, Gefangene verhört, Ausrüstung gekauft und Fähigkeiten gelernt werden. Das Spiel fokussiert

Vor der Schlacht können Helden und Söldner gewählt werden.
sich somit eher auf die Kämpfe, was dem Erzähltempo gut tut. Zudem verliert sich die Handlung nicht mehr in belanglosen Dialogen und Nebenquests, sondern kommt meist schnell zum Punkt.

Klare Ausrichtung, besseres Spiel

Die gut vertonten Gespräche sind auf die Beziehung der Gruppenmitglieder ausgerichtet. Das macht die Charaktere zwar nicht wesentlich tiefgründiger, man erfährt aber etwas mehr über Hintergründe und Motivationen. Außerdem schön: Es gibt viele Entscheidungen, die ich mit Cassia treffen kann. Während des Feldzuges kann ich sie durch Hinrichtungen und Folter zu einer brutalen und kompromisslosen Autokratin werden lassen – oder durch sanfte Befragungen und Gnade zur Königin der Herzen avancieren. Zwar sind die Entscheidungen und Beziehungen nicht so ausgefeilt und gravierend wie z.B. bei The Banner Saga oder Dragon Age: Origins, man hat aber fast immer einen schlüssigen Grund, um sich mit den Gefährten zu unterhalten.

Leider hat sich, trotz einiger neuer Effekte und Lichtstimmungen, bei der Kulisse im Vergleich zum Vorgänger wenig getan. Nach wie vor wirken die steifen Animationen und verwaschenen Oberflächen altbacken, auch wenn die Arenen dank des stimmigeren Designs abwechslungsreicher sind.  Es gibt jetzt mehr nutzbare Fallen wie brennbare Fässer, zestörbare Brücken oder durch Helden ausgelöste Steinschläge. Zudem bieten die Schlachtfelder meist mehrere Wege, die taktisch genutzt werden können. Auch Höhenstufen spielen, gerade für Bogenschützen, eine wichtige Rolle.

Alte Kulisse, neues Missionsdesign

Zudem wurde das Missionsdesign verbessert: Bei Angriffen auf Festungen muss meist zunächst eine Verteidigungsanlage zerstört werden, bevor im nächsten Kampf alle Feinde getötet werden sollen. Mal muss

Auf der Weltkarte werden Cassias nächste Ziele ausgewählt.
man Gefangene befreien oder im Ansturm der Feinde Heil-Kristalle zerstören, bevor man von der Karte flieht. Es gibt auch Bosskämpfe, die z.B. dank einfacher Schalterrätsel das übrige Kampfgeschehen auflockern. Cool: Nachdem man einige Städte erobert hat, greift die Armee von Marwan an, die in Verteidigungsgefechten aufgehalten werden muss.

Die Kämpfe sind dank vieler und starker Feinde zwar nach wie vor anspruchsvoll, dank des überarbeiteten Kampfsystems und gestrichener Zeitlimits aber weniger frustrierend. Nur manchmal leistet sich das Spieldesign merkwürdige Ausbrüche in fiese Trial-and-Error-Regionen; etwa wenn man für eine Quest im Gebirge unterwegs ist und Unmengen brutaler Echsenkrieger  das Schlachtfeld überschwemmen.

Fazit

Gar nicht schlecht, Daedalic. So kurz nach dem Vorgänger hätte ich nicht erwartet, dass Blackguards 2 viel am Spielprinzip verändern würde. Das neue Konzept mit Söldnerarmee und Heerlager passt aber wesentlich besser zu den ordentlichen Rundengefechten, als das durchwachsene Rollenspiel zuvor. Zudem ist Cassia eine interessante Hauptfigur, deren Geschichte schnörkellos und solide erzählt wird. Leider verpasst man dennoch den entscheidenden Qualitätssprung: die Kulisse wirkt nach wie vor veraltet, dem Kampfsystem hätte trotz der ordentlichen Anpassungen eine grundlegende Überarbeitung gutgetan und die Charakter-Interaktion bleibt oberflächlich. Immerhin: Mit der Abkehr vom DSA-Purismus halten sich die Entwickler für die Zukunft wesentliche Veränderungen offen, die die Gefechte auf eine gute Ebene heben könnten. Blackguards 2 ist eine konsequente Weiterentwicklung des Vorgängers, verfehlt aber dank ärgerlicher Bugs, den flachen Charakteren und der altbackenen Kulisse eine gute Wertung.

Pro

  • neue Ausrichtung (Heerlager, Feldzug)
  • Söldner-Mechanik ...
  • interessanter Hauptcharakter ...
  • Detailverbesserungen des Kampfsystems...
  • besseres Level- und Missionsdesign ...
  • gute Dialogvertonung

Kontra

  • nach wie vor mäßige Technik
  • ... die stumme Legion ist aber eine Klonarmee
  • ... aber eine Heldengruppe ohne Tiefgang
  • ... die deutlich konsequenter hätten sein dürfen
  • ... aber nach wie vor seltene Rückfälle in Trial-and-Error
  • vereinzelte, aber nervige Bugs

Wertung

PC

Konsequente Weiterentwicklung des Vorgängers mit guten Ideen, deren Eindruck durch Bugs, flache Charaktere und mäßige Technik gedämpft wird.