Shantae and the Pirate's Curse - Test, Plattformer, Switch, PC, Wii_U, PlayStation5, PlayStation4, XboxOne, 3DS

Shantae and the Pirate's Curse
27.02.2015, Jan Wöbbeking

Test: Shantae and the Pirate's Curse

Mit Headbanging gegen die Untoten

Auf GameBoy Color und dem DSi war Bauchtänzerin Shantae lediglich ein Geheimtipp - trotzdem gönnt Jump-n-Run-Spezialist WayForward seinem sympathischen Maskottchen einen dritten Teil. Die ehemalige Schutzpatronin hat zwar ihre magischen Kräfte verloren, turnt diesmal aber mit allerlei coolen Piraten-Fähigkeiten durch die offene Welt. Eine weitere Perle für den eShop?

Endlich wieder headbangen und bauchtanzen: Die Attacken der stets gutgelaunten Shantae gehören zu den coolsten der Videospielgeschichte! Einfach den Haarschopf ein paarmal kraftvoll in ein paar Untote wirbeln und schon zersplittern die grunzenden Biester in klappernde Comic-Knochen. Auch andere Animationen sehen richtig putzig aus: Wenn ich einfach nur abwarte, tänzelt die Heldin schwungvoll auf der Stelle und beim Krabbeln durch versteckte Eingänge wackelt sie sogar auf höchst alberne Weise mit dem Po. Viele Grafik-Modelle wurden zwar nur leicht verändert aus dem Vorgänger übernommen, trotzdem gehören die Plattform-Kulissen zu den idyllischsten auf dem 3DS.

Immer schwungvoll aus der Hüfte!

Verkehrte Welt: Der Vorgänger auf dem DS bot räumliche Hintergründe, zwischen denen man mit Portalen wechseln konnte. Im aktuellen Teil gibt es trotz 3D-Bildschirm nur flache Welten mit einer Ebene.
Diesmal hilft die ehemalige Schutzpatronin der orientalischen Stadt Scattle Town einem alten Erzfeind. Nachdem Sequin Island mit einem bösartigen Fluch belegt wurde, schippert Shantae zusammen mit Piratin Risky Boots zu einer Reihe von Inseln, um der bösen Magie auf die Spur zu kommen, die offenbar von Riskys ehemaligem Mentor ausgeht. Nach und nach öffnen sich mehr verschlossene Türen und versteckte Pfade in den Dungeons und Schlössern, die ganz klassisch mit Hüpf-Parcours, Kämpfen und dem Einsatz versteckter Extras erschlossen werden. Kurz gesagt: Es handelt sich um einen Titel im Metroidvania-Stil. Im Gegensatz zum Vorgänger wechselt man übrigens nicht mehr zwischen mehreren Hintergrund-Ebenen – obwohl das Konzept eigentlich wie für den 3DS gemacht ist. Stattdessen erforscht man gewöhnliche flache 2D-Areale.

Am Ende der Grotten warten ausdauernde Bosse wie eine Riesenspinne auf ihre Abreibung – natürlich in angemessen vielen Phasen.
Ihre magischen Kräfte hat die Heldin leider verloren, im Gegenzug gewinnt sie im Spielverlauf aber ein paar nützliche Piratenfähigkeiten dazu. An die Stelle des Feuerballs tritt z.B. die Pistole und mit Hilfe eines mächtigen Säbels rast sie blitzschnell durch Gegnermassen. Ein riesiger Piratenhut lässt sich zudem als Gleitschirm umfunktionieren, eine Kanone schleudert sie per Rückschlag in die Höhe. Auch bekannte Extras wie Schilde, Energie spendende Mahlzeiten und rotierende Stachelkugeln sind wieder dabei – vieles davon lässt sich zwischendurch in der Stadt erwerben oder sinnvoll aufrüsten. Das Schönste am Abenteuer ist wieder einmal der unbeschwerte Retro-Charme. Egal, welch finsteren Monstern Shantae auch gegenüber steht, sie hüpft und kämpft sich quietschvergnügt durch die Horden. Im Hintergrund dudeln derweil die unheimlich gelungenen orientalisch angehauchten Chiptune-Melodien von Jake Kaufman, die übrigens auch auf Bandcamp erhältlich sind.

Ihr seid Piraten!

Ein Großteil der Rätsel wirkt gelungen und mitunter richtig albern: Auf einer Insel dresche ich mich z.B. durch jede Menge Spinnen und hartnäckig zwischen den Plattformen umherspringende Riesenfrösche, bis ich schließlich bei zwei versprengten Touristinnen im Dschungel angelangt bin. Damit die beiden Badenixen ihr Wasser bekommen, malträtiere ich den neben ihnen aufgespießten einen Schinken so lange, bis er seinen „Schinkengestank“ verströmt, der sich mit meiner magischen Lampe aufsaugen lässt. Danach erklimme ich die Klippe ein zweites Mal und mache einem antiken Wasserspeier mit dem Geruch den Mund wässrig. Und siehe da - schon plätschert das Wasser ins Becken am unteren Levelende. Das mag in Schriftform alles reichlich seltsam klingen – wird im Spiel aber meist auf witzige Weise durch kleine Schilder und Dialog-Hinweise angedeutet. Manchmal stand ich trotzdem auf dem Schlauch, z.B. als ich nach intensiven Kämpfen und Hüpfpassagen plötzlich erst einmal mit dem Schiff in die Stadt zurückkehren musste. Dort musste ich eine wichtige Zutat aufspüren, die mir schließlich den Weg auf der Insel frei machte.

Typischer WayForward-Humor

Im Gegensatz zum Vorgänger erforscht man diesmal aber nicht nur ein offenes Areal, sondern mehrere Inseln und Kerker.
Wer nicht jederzeit aufmerksam bleibt, kann in den Dialogen schnell mal die eine oder andere wichtige Information verpassen. Das ist vor allem deswegen ärgerlich, weil die deutsche Übersetzung derart schlecht ist, dass ich sie oft am liebsten einfach weggedrückt hätte. In den Dialogen gehen dadurch z.B. einige Witze verloren – im Gegenzug gibt es im Shop aber herrlich bescheuerte Übersetzungsfehler. Beispiel gefällig? „Pikenball (x3): Kauf in Masse und retten!“ Aha. „Super Pikenball: Dreibettzimmer Bällen große Schäden“ Wer kann da schon nein sagen?

Da ich manche Passagen auf der Suche nach schmalen Geheimdurchgängen mehrmals abgrasen muss, können auch die ständig nachwachsenden Gegner ganz schon lästig werden. Sie schicken der Heldin nach dem Tod oft noch explosive Körperteile hinterher, was gehörig an Energie und Essensvorrat zehrt. In der Stadt erhältliche Schnellreise-Fässer entschärfen das Problem ein wenig. Wenn ich im Labyrinth aber endlich einen Weg zum versteckten Durchgang gefunden habe, sorgt das Metroid-typisch für herrliche Genugtuung!

Renitente Gegnerhorden

Die Kulissen bieten viel Abwechslung: Von zombieverseuchten Gruselfriedhöfen bis hin zu eisigen Winterlandschaften.
Mit sieben weitläufigen Levels nebst Dungeons stimmt auch der Umfang des Abenteuers – nebenbei lassen sich noch versteckte Herztintenfische und anderer Krempel anhäufen. Auf Wii U wird die Kulisse übrigens in der gleichen niedrigen Auflösung wie auf dem 3DS-Schirm dargestellt, was auf einem großen Fernseher reichlich grobkörnig und kantig wirkt. Auch der Kontrast zu den HUD-Elementen und Charakterportraits sieht seltsam aus – Letztere werden schließlich in vollen 1080p angezeigt. Der Einsatz von Extras geht auf beiden Systemen gut von der Hand, indem man einfach auf das Touchscreen-Inventar tippt. Berührt man die Pfeiltasten, sieht man dort auch die Karte und dauerhaft aktive Aufrüstungen. Vor allem auf Nintendos neuen Handheld-Modellen lohnt es sich, den 3D-Regler aufzudrehen – die idyllisch inszenierten Kulissen wirken dann noch eine Spur lebendiger.  

Fazit

Shantae and the Pirate’s Curse wirkt wie in Spielform verwandelte gute Laune: Wenn man erst einmal mit der charmanten Bauchtänzerin über mystische Inseln und durch finstere Kerker hüpft, ist es gar nicht so einfach, wieder aufzuhören. Schnell entfaltet sich das typische Suchtgefühl eines guten offenen Plattform-Abenteuers im Metroidvania-Stil - inklusive idyllischer Kulissen, putziger Animationen, zäher Gegner und motivierender Rätsel. Ihre neuen Piraten-Gadgets sind zwar nicht ganz so cool wie die Tierverwandlungen aus dem Vorgänger, passen aber gut ins Spiel. Die ständig nachwachsenden Gegner und einige knifflig versteckte Gegenstände können allerdings ganz schön an den Nerven zehren. Wenn ich endlich einen verborgenen Durchgang erreicht habe, war aber die Freude umso größer. Auf der Wii U wirken die vergrößerten Kulissen ein wenig grob und verpixelt, was vor allem im Kontrast zu den hochaufgelösten Menübildern seltsam aussieht. Wer vollwertige HD-Grafik möchte, sollte also auf Shantae: Half-Genie Hero warten; spielerisch bietet Pirate’s Curse aber auch auf Nintendos stationärer Konsole einen guten Mix aus Hüpfen, Kämpfen, Knobeln und Erkundung!

Pro

  • gelungener klassischer Mix aus Hüpfen, Kämpfen und Einsatz von Extras
  • unterhaltsame Erkundung einer halboffenen Plattformwelt
  • zauberhaftes Figuren-Design
  • idyllische, mystische und gruselige Schauplätze
  • meist motivierende, teils lustige Puzzles
  • richtig knuffige Animationen
  • mitreißende, orientalisch angehauchte Melodien
  • leichtfüßige Wohlfühl-Atmosphäre
  • ausdauernde Riesenbosse

Kontra

  • nachwachsende Gegner zehren mitunter an den Nerven
  • wichtige Extras manchmal zu gut versteckt
  • grottige deutsche Übersetzung (manchmal immerhin unfreiwillig komisch)
  • niedrig aufgelöste Kulissen wirken auf Wii U reichlich grobkörnig

Wertung

Wii_U

Die vom 3DS übernommenen Kulissen wirken auf dem großen Schirm reichlich grobpixelig - davon abgesehen genau so unterhaltsam wie die mobile Version.

3DS

Charmanter und liebevoll designter Retro-Plattformer im offenen Metroidvania-Stil.