Hand of Fate - Test, Rollenspiel, XboxOne, PlayStation4, PC

Hand of Fate
24.02.2015, Mathias Oertel

Test: Hand of Fate

Diablos Sammelkarten in Aktion

Sammelkartenspiele gibt es einige, Tabletop-Umsetzungen ebenfalls - und über mangelnde Hack&Slay-Action braucht man sich auch nicht beklagen. Mit Hand of Fate versucht das australische Indie-Team von Defiant, diese drei Elemente zu vereinen. Werden hier Zutaten gemischt, die nicht schmecken? Oder kann die Kartenaction überraschen? Der Test gibt die Antwort.

"Komm. Setz dich. Du hast die 13 Tore hinter dir gelassen. Und du sitzt mit mir am Tisch, um das Spiel um Leben und Tod zu beginnen. Ich verweigere niemanden den Zutritt, aber ich rate dir, umzukehren." Mit diesen Worten begrüßt mich der vermummte Kartenspieler, von dem nur die unter seiner Kapuze blitzenden Augen einen Anhaltspunkt über seine Gemütslage liefern, zu einer Runde eines fiktiven Tabletop-Kartenspiels. Eines Kartenspiels, bei dem die Ausrüstung meiner Spielfigur ebenso bei jeder neuen Runde per Zufall aus den mir zur Verfügung stehenden bzw. von mir gewählten Karten ausgespielt wird wie die Räume bzw. Situationen, die ich mit der Spielfigur auf dem Tisch durchwandere. Und diese Worte sind nicht die letzten, die er an mich richtet. Immer wieder kommentiert er meine Situation. Er versucht, mich mit Spitzfindigkeiten aus der Reserve zu locken. Er bemitleidet mich, er triezt mich, er benimmt sich fast wie ein lebendiger Spielmaster in diesem Tabletop-Kartenspiel. Wenn, ja wenn er sich nicht irgendwann wiederholen würde. Und wenn tatsächlich alle ausgespielten Karten mit irgendwelchen Kommentaren, Anekdoten oder Erzählungen ausgeschmückt würden.

Schicksalsfragen

Der geheimnisvolle Spielleiter trägt mit seinen gelungenen Kommentaren zur Atmosphäre bei.
Doch es gibt zahlreiche Situationen, in denen er weder erzählt noch kommentiert. Schade, ist die leicht zynische und mich  an Jeremy Irons erinnernde Stimme (es gibt keine deutsche Synchronisierung, Sky Dumont wäre dafür klasse) doch einer der Hauptgaranten für die Stimmung, die bei den vermeintlichen Zwiegesprächen entsteht. Dennoch ist der Eindruck, den der allwissende und scheinbar allmächtige Meister der Karten hinterlässt (er hat sie alle entwickelt und natürlich alle bisherigen Herausforderer besiegt), ein positiver. Die Kommentare tragen ebenso wie die minimalistische Kulisse und die orientalisch angehauchte, immer wieder an Diablo’sche Wüstenlevel erinnernde Melodien zur eigentümlichen Atmosphäre bei, die bei dieser Mischung aus Tabletop, Sammelkartenspiel sowie Hack&Slay ensteht. Ja, richtig gelesen: Auch Hack & Slay ist mit von der Partie.

Die Kämpfe werden in Hack&Slay-Manier in Echtzeit ausgetragen.
Die Grundregeln sind einfach: Man zieht seine Spielfigur von einer angrenzenden Karte zur nächsten, wobei die noch nicht betretenen Gebiete bzw. Situationen noch verdeckt sind. Im Idealfall hat man vier Optionen, sich zu bewegen, häufig sind es weniger. Nachdem die Zielkarte umgedreht wurde, wird die Situation ausgespielt. Das können Entscheidungen sein, die man treffen muss und deren Ergebnisse wiederum mit einer weiteren verdeckten Kartenauswahl bestätigt werden müssen, wobei das Scheitern bei den vier zur Verfügung stehenden Karten bis zu 75% betragen kann. Auch die jeweiligen positiven oder negativen Effekte wie gefundene Gegenstände oder Gold auf der einen, zugefügte Schäden bzw. Flüche auf der anderen Seite, werden aus einem weiteren Kartenstapel gezogen. Selbst die Anzahl und Art der Gegner, denen man auf dem Schlachtfeld begegnet, werden über Karten festgelegt. Sobald jedoch die Waffen sprechen müssen, wird das Kartenspielfeld verlassen. Man wechselt in eine an Fable erinnernde isometrische Ansicht, auf der sich sowohl die eigene Figur mitsamt Ausrüstung und Bewaffnung als auch die Gegner aus den Karten herausschälen und nun in Echtzeit-Action aufeinander losgehen.

Einfaches Regelwerk, actionreiche Kämpfe

Dabei hat man mit der Spielfigur abhängig von den Gegenständen die Möglichkeit, wie bei der Batman-Serie oder Mittelerde zu kontern oder aus dem Weg zu rollen, kann aber auch Spezialaktionen mit Abkühlzeit einsetzen. Zusätzliche Modifikatoren wie Fallen, die allerdings auch den Gegnern zu schaffen machen, können ebenfalls auf dem Schlachtfeld zu finden sein und schneller die Lebensenergie verringern, als man „Pik As“ sagen kann. Das Konzept der in das Kartenspiel eingebundenen Kämpfe ist interessant, lockert die Tabletop-Atmosphäre auf und ist spätestens ab der Mitte der Kampagne sehr fordernd. Allerdings auch, weil die dem Spieler zur Verfügung stehenden Mittel überschaubar sind und die Gegner samt aufgestellter Fallen durch Masse zu überzeugen versuchen anstatt durch Klasse oder taktische Sperenzchen. Hier zollt man der Zufälligkeit des Kartenprinzips Tribut, das an diesen Punkten gelegentlich in den Frust abdriftet, aber mich dennoch nicht davon abhalten konnte, eine weitere Runde in Angriff zu nehmen. Und noch eine. Und noch eine – auch wenn z.B. auf den Konsolen die Kulisse etwas länger braucht, um in den Speicher geladen zu werden als auf dem PC. Darüber hinaus gibt es in den Gefechten ab und zu Bildraten-Probleme. Daher schneidet das actionreiche Kartenspiel auf PS4 und One unter dem Strich schlechter ab als auf Rechenknechten. Die isometrische Ansicht bzw. eine leicht erhöhte Schulterperspektive wird auch eingesetzt, wenn man seine Figur durch ein mit Fallen gespicktes Labyrinth navigieren muss, um zur am Ende wartenden Schatztruhe zu gelangen. Dass diese in späteren Abschnitten auch ein Mimic sein kann, versteht sich von selbst.

Auch mit Fallen gespickte Labyrinthe müssen durchquert werden.
Jeder Zug, den ich mache, kostet mich eine Ration. Sind diese aufgebraucht, wird jeder weitere Schritt von meiner knappen Lebensenergie abgezogen. Mit etwas Glück trifft man jedoch auf Händler, bei denen man für das gewonnene Gold nicht nur Ausrüstung, sondern auch Rationen erwerben kann. Oder man sorgt bei der Auswahl der eingesetzten Karten dafür, dass man auch genug Händler oder Sondereffekte auf den Tisch bekommt, die einem Lebensmittel zuspielen. In späteren Abschnitten kämpft man allerdings nicht nur mit zunehmend stärkeren oder zahlenmäßig überlegenen Gegnern sowie den knallharten Bossen, es kommen auch noch Flüche hinzu oder Karten mit weiteren negativen Auswirkungen, die der Spielmaster in das Deck gemischt hat – er versucht alles, um den Sieg zu erreichen, ohne unfair zu werden. Bei aller Zufälligkeit habe ich niemals das Gefühl, dass mich der Kartengeber über den Tisch zieht. Und er überrascht immer wieder: Mal kann man den Dungeon über die letzte Karte in Form eines Höhleneingangs oder Feldweges einfach verlassen, ein anderes Mal wird man aus dem Hinterhalt attackiert und muss froh sein, wenn man den nächsten Abschnitt zumindest lebend erreicht.

Zufallsprinzip

Vor dem Duell kann man seinen Kartenstapel modifizieren und versuchen, das Glück auf seine Seite zu ziehen.
Doch nicht nur er stockt sein Deck kontinuierlich auf. Für die meisten Karten, die ausgelegt werden, bekommt man bei erstmaliger Bewältigung eine Marke, die am Ende des Duells für neue Karten eingelöst werden kann, die der Deckauswahl hinzugefügt werden. So steht schließlich eine stattliche Auswahl zur Verfügung, die dafür sorgt, dass auch spätere Spiele überraschend bleiben - auch wenn man natürlich wie bei jedem Sammelkartenspiel irgendwann die Elemente und deren Auswirkungen kennt. Aber da man vor jedem Duell sowohl sein Gegenstands-Deck als auch das der Ereignisse und Schauplätze zusammenstellt, hat man merklichen Einfluss auf den Spielverlauf. Und man lernt, die Mankos der mechanisch letztlich zu simplen Kämpfe zu umschiffen. Schade ist allerdings, dass es hinsichtlich der Spielfigur keinerlei visuelle Einflussmöglichkeiten gibt. Zwar wird die angelegte Ausrüstung akkurat angezeigt. Doch man kann weder auf Statur, Geschlecht oder Aussehen einwirken. Man muss den grobschlächtigen bärtigen Barbaren nehmen, der von Hand of Fate vorgeschrieben wird. Auch im Endlosmodus, der mit jeder durchquerten Dungeon-Etage per Fluch-Modifikatoren erschwert wird, hat man nur diese eine Figur zur Verfügung.

Fazit

Die stimmungsvolle englische Vertonung könnte auf Dauer abwechslungs- und umfangreicher sein. Die Kämpfe könnten mechanisch anspruchsvoller sein. Und auf der Xbox One hätten die technischen Defizite in Form von erhöhten Ladezeiten und gelegentlichen Bildraten-Problemen ausradiert werden können. Doch in der Summe ist Hand of Fate mehr als seine Einzelteile. Die anfänglich merkwürdig anmutende Mischung aus Tabletop-Sammelkartenspiel und Echtzeit-Kämpfen geht auf. Angetrieben von dem mal süffisanten, dann wieder zynischen oder herausfordernden virtuellen Erzähler und Spielmaster in Personalunion wird man in eine magische Welt gezogen. In eine Welt, in der klassisches Karten-Ziehen und -Ausspielen sich abwechselt mit hektischen und in der Schlussphase der Kampagne fordernden Echtzeit-Auseinandersetzungen. Hand of Fate ist nicht perfekt. Aber es ist frisch. Es ist anders. Und es macht immer wieder Spaß, sich auf eine neue Runde zwischendurch einzulassen – aus der ohnehin meist zwei, drei oder mehr werden.

Pro

  • interessante Mischung aus Tabletop-Kartenspiel und Action-Hack&Slay
  • Decks für Gegenstände und Ereignisse modifizierbar
  • stimmiges Artdesign
  • sehr gute englische Erzählstimme
  • Endlosmodus
  • stimmungsvolle Musik
  • einfaches Regelwerk

Kontra

  • simple Kampfmechanik
  • keine deutsche Sprachausgabe
  • nicht alle Situationen vertont
  • nur ein nicht modifizierbarer Charakter
  • gelegentlich frustrierende Zufälligkeit

Wertung

XboxOne

Das Konzept aus Echtzeit-Action und Sammelkarten-Tabletop funktioniert gut, doch technische Probleme werfen die Konsolenfassungen zurück.

PlayStation4

Das Konzept aus Echtzeit-Action und Sammelkarten-Tabletop funktioniert gut, doch technische Probleme werfen die Konsolenfassungen zurück.

PC

Die Mischung aus Action und Sammelkarten zieht einen immer wieder für ein Match an den Spieltisch - auch wenn es im Detail die eine oder andere Schwäche gibt.