VoidExpanse - Test, Rollenspiel, PC

VoidExpanse
09.04.2015, Mathias Oertel

Test: VoidExpanse

Das isometrische Elite: Dangerous?

Die Weiten des Alls erforschen. Handelsrouten ausarbeiten. Sich als Söldner die Freizeit vertreiben. Sein Raumschiff auf- und ausrüsten. Nein, hier handelt es sich nicht um Elite Dangerous. Doch das Indie-Projekt VoidExpanse setzt auf ähnliche Versatzstücke, verpackt diese jedoch in eine isometrische Perspektive und garniert sie mit ein paar Rollenspiel-Elementen. Ob die Mischung aufgeht, verrät der Test.

Auch wenn Elite Dangerous und das kommende Star Citizen auf aufwändige 3D-Galaxien setzen, kann das Erforschen unbekannter Weiten auch aus isometrischer Vogelperspektive unterhalten. Spiele wie Space Pirates and Zombies oder Drox Operative, die klassische Elemente von Weltraum-Opern mit Action-Rollenspiel garnierten, haben dies eindrucksvoll gezeigt. In die gleiche Kerbe schlägt auch das vom Indie-Team Atomic Torch entwickelte VoidExpanse (VE). In der Rolle einer von acht Klassen (z.B. Abenteurer, Scout, Händler, Schurke usw.) wird man in einem zufällig genierten Universum abgesetzt, dessen Größe (zwischen 50 und 100 Systemen) man über einen Schieberegler festlegt. Und ab diesem Moment liegt es am Spieler, was er macht, ob und welcher der um die Vorherrschaft und gegen eine außerirdische Bedrohung kämpfenden Fraktionen er sich anschließt.

Es muss nicht immer 3D sein

Der isometrische Weltraum wird von der Unity-Engine in Szene gesetzt.
Man bekommt auf der ersten Raumstation, in deren Nähe man abgesetzt wird, zwar den Hinweis, sich der "Order" anzuschließen, aber man kann auch neutral bleiben oder sich für die "Fanatics" oder "Freedom" entscheiden. Um sein spärlich ausgerüstetes Schiff auszutauschen und mit besserem Equipment zu versehen, stehen einem ebenfalls viele Mittel und Wege offen. Man kann sich als Asteroiden-Bergbauer versuchen, Missionen für die Fraktionen (meist aber erst nach Zugehörigkeit) oder die Stations-Kommandeure erledigen und damit Geld verdienen, auf Piraten Jagd machen, Handelsrouten planen usw. Auf den Raumstationen kann man sein Schiff nicht nur auftanken oder reparieren, sondern auch mit zahlreichen Figuren reden. Die Dialogbäume mit ihren interessant geschrieben englischen Texten sind mitunter weit verzweigt, bieten aber nur sehr selten Entweder-Oder-Gabelungen. Vor allem in der Anfangsphase erfährt man viel über die von mehreren außerirdischen Rassen bedrohte Galaxie. Später lässt dies bedauerlicher stark nach, da die meisten Gesprächspartner kaum noch neue Aspekte ins Spiel bringen.

Fähigkeiten, wohin man schaut... Hinsichtlich der Figurenentwicklung und der Auswirkungen der Talente macht VoidExpanse viel richtig.
So wenig geheimnisvoll sich das mit Unity-5-Engine schick in Szene gesetzte Universum erzählerisch bereits nach kurzer Zeit präsentiert, so durchdacht ist der mechanische Unterbau. Für die Spielfigur gibt es vier Fähigkeitsbäume, die sich auf die Bereiche Pilot, Kampf, Sozial und Technik erstrecken und über 100 teils in mehreren Stufen und natürlich voneinander abhängige Fertigkeiten anbieten. Hier spielt auch die eingangs gewählte Klasse eine Rolle, denn entscheidet man sich z.B. für den "Fighter", sind einige der Kampffähigkeiten bereits vom Start weg verfügbar. Die Punkte, die man für das Freischalten oder Erweitern anderer Talente benötigt, erhält man beim Figurenaufstieg. Um die dafür nötigen Erfahrungspunkte zu bekommen, kann man entweder Abschüsse markieren, Missionen erledigen oder Asteroiden-Bergbau betreiben. Für erfolgreich bewältigte Aufgaben wird das Gros der Erfahrung ausgeschüttet, allerdings ist dies natürlich auch mit größeren Gefahren verbunden.

Interplanetares Action-Rollenspiel

Die Sektoren werden ebenso zufallsgeneriert wie das hinsichtlich der Größe variable Universum.
Sehr schön: Die zum Erwerb verfügbaren Schiffe sind ebenso stark mit dem Fähigkeitenbaum und der benötigten Charakterstufe gekoppelt wie die Möglichkeiten, seine Pötte mit Waffen und neuer Ausrüstung wie Treibstofftanks, Antriebs-Aggregaten, Schilden etc. zu versehen. Viele Gerätschaften lassen sich erst ab einer bestimmten erreichten Position im Baum nutzen. Und natürlich profitieren auch die Echtzeitkämpfe von Verbesserungen, sei es durch verbesserte Manövrierfähigkeit, höhere Geschwindigkeit oder der Option, seine Waffen in einem höheren Streuwinkel nutzen zu können. In späteren Stufen haben die Fähigkeiten sogar Einfluss auf Treibstoffverbrauch, effektiver Nutzung des Frachtraums usw. So wird man schnell in eine Motivationsspirale gesogen: Nicht mehr lange bis zum nächsten Level. Dann kann ich mir endlich die große Laserwumme leisten. Mist, die lässt sich nicht auf dem Schiff installieren. Und für das nächste brauche ich noch mehr Aufwertungspunkte. Verdammt. Okay. Noch ein Auftrag. Undsoweiter...

Noch motivierender wäre es allerdings, wenn sich Atomic Torch hinsichtlich des Missionsdesigns ähnlich viel Mühe gegeben hätte wie bei der Charakterentwicklung oder der Kulisse. Doch bis auf zu wenige Ausnahmen hat man hier mit irgendwelchen Hol- und Bringdiensten oder den typischen Finde-und-Töte-Missionen zu tun. Ab und an kommt zwar angenehme Abwechslung in den Alltag, wenn man auf einer Station etwas über ein Gespräch lösen oder einen Hacker-Auftrag annimmt. Doch selbst die unterschiedlichen Fraktionen stellen nur unwesentlich veränderte Forderungen, wenn man sich ihnen anschließen möchte. Als Ergebnis sorgt das immergleiche Abspulen der gleichen Aufgabentypen schließlich für Frust. Der war dank der guten Kampf- und Flugmechanik, die auch Trägheit einbezieht, zwar nie so groß, dass ich die Segel streichen wollte, aber das ganz große Bedürfnis, unbedingt weiterspielen zu wollen, wurde merklich gedämpft. Ebenfalls sinnvoll wären Konsequenzen gewesen. Doch es hat weder Auswirkungen, wenn ich mich als "Order"-Pilot den "Freedom"-Stationen nähere noch wenn ich zivile Frachter abschieße. Für Atomic Torch stand eindeutig die gelungene Technik sowie die Mechanik im Vordergrund.

Redundantes Grinding

Man kann sich nicht über zu wenig Ausrüstungs-Optionen beklagen.
Dass der Moment, in dem einen das große Universum kaum noch Neues sowie nur wenige Geheimnisse zu bieten hat, mit dem Moment der ersten Fraktionsspezifischen Mission sowie einem sprunghaften Anstieg des Schwierigkeitsgrads zusammen fällt, macht es nicht gerade leichter. Zumal bei mir auf der Festplatte auch noch die eingangs angesprochenen Drox Operative und Space Pirates and Zombies schlummern, die jeweils in speziellen Bereichen, zu denen nicht die Kulisse gehört, einiges besser machen als VoidExpanse. Die Kämpfe, die bei den gegen Zombies kämpfenden Weltraum-Piraten ähnlich ablaufen und auch auf Trägheits-Einwirkungen etc. setzen, haben eine stärkere strategische Komponente. Und das ebenfalls zufällig generierte Universum von Drox bietet deutlich mehr Geheimnisse, Crew-Management sowie stärkere Auswirkungen der Spieler-Entscheidungen.

Dem stellt VoidExpanse zwar eine deutlich stimmungsvollere Kulisse mit Lensflares, wunderschön kolorierten im Hintergrund vorbeiziehenden Gaswolken, abwechslungsreichen Planeten sowie eindrucksvollen Protuberanzen gegenüber, wenn man sich zu nahe an die Sonnen wagt. Doch die Offenheit der Welt sowie der Charakterentwicklung wird hier vom Segen zum Fluch, da sie schonungslos die erzählerischen Grenzen dieses Universums aufzeigt. Um sich kurz die Zeit zu vertreiben und etwas Geld oder Erfahrung zu scheffeln, ist VoidExpanse gut geeignet. Zumal der intelligente Autopilot einen weitgehend sicher von A nach B oder C bringt, während man mit etwas anderem beschäftigt ist.  Doch mittelfristig sorgt nur die Ankündigung der Entwickler für Hoffnung, Updates in Form von Crafting, Planeten-Interaktion, neuen Schiffen, erweiterten Missionslinien, usw. zu veröffentlichen, die die inhaltliche Seite von VoidExpanse auch nötig hat.

Offen, schick und variabel

Die Kämpfe sind actiongeladen, dynamisch und fordernd.
Andererseits kann man sich hier auch mit hunderten Gleichgesinnten auf Servern treffen und gemeinsam das All unsicher machen, wodurch die persistente Welt an Reiz gewinnt - natürlich kann man auch Server aufsetzen, die nur kleinen Gruppen bzw. dem Freundeskreis Zutritt gewähren. Und um die Questarmut aufzufangen, kann man auch die Hoffnungen in die Community setzen, die von Atomic Torch mit Modding Tools und Unterstützung des Steam Workshops versorgt werden. Doch an Stelle der Entwickler hätte ich weniger darauf gehofft, dass die Fans das erzählerisch schwache Abenteuer durch Eigenkreationen aufwerten, sondern erst einmal ein Story-Fundament gelegt, das die Spieler schon jetzt bei der Stange hält und die Fantasie zusätzlich anregt, mit Mods darauf aufzubauen.

Fazit

Konzeptionell hat das Team von Atomic Torch seine Hausaufgaben gemacht. Der Weltraum ist interessant, ansehnlich und mit sechs Fraktionen gefüllt, für oder gegen die man Aufträge erledigt. Mit haufenweise Schiffstypen, viel Ausrüstung, einer breit gefächerten Figurenentwicklung, einem ordentlichen Wirtschaftssystem sowie einem guten Kampfsystem kann man ebenfalls Punkte einfahren. Zudem wird Modding ebenso unterstützt wie Mehrspieler-Gefechte sowie eine Steam-Workshop-Anbindung. Und man hat für die Zukunft bereits Pläne, um z.B. Handwerk, planetare Interaktion usw. hinzuzufügen. Doch sobald es darum ging, das hinsichtlich der Größe variabel einstellbare Universum mit Leben, Konsequenzen und interessanten Aufträgen zu füllen, war die Kreativität offensichtlich verbraucht. Anfänglich können die Dialoge noch für Interesse sorgen. Doch bereits sehr früh wiederholen sich die Aufgabenstellungen und sobald man sich einer Fraktion angeschlossen hat, zieht der Schwierigkeitsgrad enorm an, so dass Grinden ebenso unumgänglich wie die häufige Nutzung des Autopiloten wird. Und dafür wiederum bietet die Welt zu wenig Geheimnisse. Wer Titeln wie Space Pirates and Zombies oder Drox Operative etwas abgewinnen kann, liegt auch mit VoidExpanse nicht falsch. Doch man muss sich bewusst sein, dass die beiden genannten isometrischen Weltraum-Opern trotz ihres Alters jede für sich mehr zu bieten haben und hier erst mit den nächsten Updates mehr Inhalt zu erwarten ist.

Pro

  • stimmungsvolle isometrische Vogelperspektiven-Kulisse
  • haufenweise Schiffe und Ausrüstung
  • skalierbares Universum
  • Modding- bzw. Steam-Workshop-Unterstützung
  • gelungenes Kampfsystem
  • Trägheitsfaktor
  • Mehrspieler-Einbindung mit eigener Server-Struktur

Kontra

  • redundantes Missionssystem
  • sprunghaft steigender Schwierigkeitsgrad
  • Grindzwang
  • keine Konsequenzen für das Töten von Zivilisten
  • wenig Abwechslung

Wertung

PC

Konzeptionell macht VoidExpanse viel richtig und die isometrischen Ausflüge in zufallsgenerierte Universen sehen gut aus. Doch vor allem das Missionsdesign wird schnell eintönig.