Dungeons 2 - Test, Taktik & Strategie, PlayStation4, Linux, PC, Mac

Dungeons 2
30.04.2015, Mathias Oertel

Test: Dungeons 2

Command & Keeper ohne Tiefgang

Erst vor kurzem hat mit War for the Overworld ein Fanprojekt versucht, die offizielle Nachfolge des altehrwürdigen Dungeon Keeper anzutreten. Mit Dungeons 2 (ab 7,48€ bei kaufen) unternehmen die Realmforge Studios ebenfalls einen Anlauf auf den vakanten Thron. Dass sie dabei im Gegensatz zu dem Spiel von Fans für Fans tatsächlich auch die Oberwelt mit einbeziehen, soll den Höhlenbau aufwerten. Im Test prüfen wir, ob diese Mischung ihren Zweck erfüllt.

"Das begriffsstutzige Böse setzte sich […] in Bewegung. Zumindest sollte es das. So steht es hier im Dungeons-2-Lösungsbuch". Spätestens in diesem Moment konnte ich das Drehbuch nicht mehr ernst nehmen. Schade eigentlich. Denn mit dem ehemaligen Comedian und derzeitigem Dozenten Monty Arnold wurde ein hervorragender Sprecher verpflichtet, der den Spieler in bester Tradition als Erzähler begleitet und mit Kommentaren piesackt. Er versucht alles in seiner Macht stehende, um so etwas wie Atmosphäre zu transportieren. Und solange er keine Witze reißen muss, geht dieses Vorhaben auch meist auf. Doch sobald die Autoren versuchen, komisch zu sein, erreichen sie nicht einmal das "Niveau" eines Mario Barth oder die Platitüden von Kinostreifen wie Die Pute von Panem oder anderen "Film-Spoofs". Klar kann man über Humor vortrefflich streiten - hierzulande erst recht und bekanntlich ist ja "Humor, wenn man trotzdem lacht." Nur hier blieb mir das Lachen nicht einmal im Halse stecken. Die Gags zündeten einfach nicht bei mir. Liegt es daran, dass zu häufig die vierte Wand aufgemacht und sich über den Spieler, seinen Fortschritt oder seine Spielgeschwindigkeit lustig gemacht wurde? Oder doch daran, dass pointierter Humor und witzige Dialoge zu den Königsdisziplinen für Autoren gehören und die Schreiber für Dungeons 2 die hohe Hürde nicht nehmen konnten? Es ist die Mischung, die mit ihren Haudrauf-Anspielungen auf andere Spiele, Filme usw. sehr uneinheitlich wirkt.

Das ultimative Böse

Man ist mit seinen Dienern nicht nur unterirdisch, sondern auch in der Oberwelt unterwegs.
Doch der vermeintliche Humor ist ja nur ein Teil des Höhlenmanagement-Mosaiks, das Realmforge hier zusammengesetzt hat. Und im Gegensatz zum Skript funktionieren andere Teile wesentlich besser. Im Kern geht es immer noch darum, in der Rolle des absoluten Bösen seine unterirdischen Behausungen auszubauen, mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen zu wirtschaften und treu ergebene Gefolgsleute anzuheuern. Im Gegensatz zum vor kurzem erschienenen War for the Overworld beschränkt man sich auf fünf Grundtypen, von denen die Schnodderlinge nur als Lakaien eingesetzt werden. Sie graben, transportieren und sind auch als Krankenwagen unterwegs, wenn sie Verletzte oder Tote ins Lazarett schleppen. Die anderen Gruppen (Orks, Naga, Goblins, Trolle) lassen sich entweder als Standard-Kanonenfutter in die Schlacht werfen oder mit entsprechender Forschung und Ausbildung in je zwei Einheitentypen spezialisieren. So kann aus dem Goblin z.B. der Gob-o-Bot werden, der mit einem dualen Flammenwerfer auf die Gegner losgeht, während die Naga-Königin alliierte Truppen heilen kann.

Dabei bieten die Echtzeit-Strategie-Kämpfe allerdings keinerlei Finessen, sondern verkommen zu unspannenden Materialschlachten.
Da die Spezialisierung bzw. der Entwicklungsweg dorthin kostspielig ist und bis auf die Orks alle Gruppen auch in die Produktion von dafür nötigen Ressourcen eingebunden sind, ist man mit vorausschauender Planung beschäftigt, bis die Truppe eine schlagkräftige Form angenommen hat. Denn wie es sich gehört, wird man auch von Zeit zu Zeit von Helden angegriffen, die den Weg in den Dungeon gefunden haben und verhindern wollen, dass das unsagbar Böse wieder zu voller Kraft zurückkehrt und sie vernichtet. Die Steuerung ist denkbar einfach. Mit der den Cursor ersetzenden Hand kann man Steine markieren, die von den Schnodderlingen zerkloppt werden, so dass neue Wege oder Räume entstehen – dabei geschürftes Gold wird schnellstmöglich in die nächste Schatzkammer gebracht. Freie Flächen kann man ebenso einfach als Lazarett, Wachstube, Manakammer usw. kennzeichnen, wobei der Boden im Gegensatz zur Dungeon-Keeper-Serie und ihrem modernen Nachfolger War for the Overworld nicht erst „eingenommen“ werden muss. Hier gilt: Was leer ist, kann bebaut werden. Wie man es kennt, kann man seinen Dienern (Sklaven?) mit der Hand einen Klaps geben, damit sie kurzzeitig effektiver arbeiten. Und natürlich kann man seine Figuren auch aufnehmen und an anderer Stelle wieder absetzen - ein probates Mittel, wenn sich Eindringlinge ankündigen und man schnell eine Abfangtruppe benötigt.

Manager des Bösen

Der Dungeon-Ausbau ist gelungen, wird aber unnötig zur Basisbau-Grundlage der Oberwelt-Ausflüge degradiert
Allerdings fehlen mir ein paar Komfortfunktionen. Zwar kann ich durch die verschiedenen Gruppentypen durchschalten, woraufhin die Kamera zur nächsten Figur der jeweiligen Art durchschaltet. Doch ich kann nicht z.B. alle Orks auf einmal aufnehmen, um sie ggf. schützend vor den Nagas zu postieren, die dummerweise in der ersten Kampfreihe gelandet sind. Stattdessen muss ich auf das Porträt klicken, dann ins Bild, dann wieder auf das Porträt, dann wieder ins Bild usw. Wenn man acht oder zehn Orks in seiner Höhle hat und mindestens die Hälfte davon schnell einsetzen möchte, verkommt das ansonsten durchdacht wirkende Interface zu einer unnötigen Klickorgie. Was die recht umfangreichen Forschungsbäume und Entwicklungsmöglichkeiten betrifft, hat man zwei Möglichkeiten, sich schnell zum Ziel zu bewegen. Entweder man lernt die üppig gefüllte Liste mit Tastaturkommandos oder man klickt in den entsprechenden Raum und kann nun entweder Forschung anstoßen oder zusätzliche Einrichtungen platzieren. Möchte man die Früchte seiner Arbeit genießen, kann man sich zurücklehnen und den Blick über seinen Dungeon schweifen lassen, der mit einem gelungenen Artdesign überzeugt und auch einen passablen Wuselfaktor bietet: Unbeschäftigte Vasallen hämmern an den Wänden herum. Orks übernehmen die Initiative und ohrfeigen an Stelle des Spielers die Schnodderlinge, wenn sie der Meinung sind, dass sie zu langsam arbeiten - nett! Allerdings würde ich mir hier eine Einstellmöglichkeit wünschen, mit der ich Ihnen die Macht wieder entreißen kann, damit die Dungeonpflege allein in meinen Händen bzw. meiner Cursor-Hand liegt.

Im Gegensatz zum Fan-Projekt War for the Overworld hat man bei Dungeons 2 tatsächlich die Gelegenheit, seine Höhle zu verlassen und den vermaledeiten Helden auch in "ihrem" Reich den Kampf anzusagen. Zudem kann man von dort auch den Einstieg in fremde Höhlen finden, die u.a. von einer dämonischen Entität bewohnt werden. Später kann man auch abseits der Standard-Mehrspielergefechte die Dämonen in einer Mini-Kampagne übernehmen, die sich allerdings unter dem Strich relativ ähnlich spielt. Doch dessen ungeachtet ist die Idee des direkten Angriffs auf die Gutmenschen statt der klassischen reaktiven Verteidigungsrolle hoch interessant. Man muss seine Truppen noch genauer planen und ggf. gut aufteilen. Denn natürlich unternehmen die Oberflächler weiterhin Angriffe auf den unterirdischen Standort des Bösen. Dass man zusätzlich ein (aufrüstbares) Einheitenlimit beachten muss, kann die taktische Komponente zusätzlich verstärken. Zumindest theoretisch.

Böser Fehler

Irgendwo müssen doch noch Gegner sein, die ich mit meiner Truppenwalze überrollen kann...
Denn in der Praxis entpuppen sich die Ausflüge nach oben als zwar ansehnliche, aber mechanisch maue "Echtzeitstrategie Light". Zwar kann man durch einen Doppelklick z.B. alle Orks markieren und man darf auch über Schnelltasten Gruppen definieren. Aber das ist auch das Mindeste. Das Problem: Mehr gibt es hier auch nicht. Es gibt keine Formationen. Keine einheitliche Marschgeschwindigkeit. Und trotz Optimierungen (getestet wurde die Version 1.1.4) hakt die Wegfindung manchmal. Zudem kann man für jede Spezialisierungsform auch Sonderfähigkeiten wie z.B. Tarnung beim Goblin-Schurken oder das Stationieren und damit Nutzung der Artillerie-Fähigkeit bei den Steinwurf-Trollen aktivieren. Allerdings benötigt man den Aktions-Schnickschnack nur selten. Im Endeffekt reicht es, sich auf eine Materialschlacht vorzubereiten, seine Truppen in einem riesigen Pulk vorzuschicken und die Gegner einen nach dem anderen in dem entstehenden Chaos auszuradieren. Das erinnert an die Frühzeit der Echtzeit-Strategie und hat in dieser puristischen Form im Jahr 2015 eigentlich wenig zu suchen.

Dank aufgestellter Schatztruhen-Fallen stellen selbst die sporadischen Helden-Überfälle keine Gefahr dar.
Zumal man unter dem Strich kaum scheitern kann. Hat man entsprechende Forschung betrieben, können alle Figuren wiederbelebt werden. Und auch die doppelte Bedrohung durch einfallende Heldengruppen hat man schnell unter Kontrolle, wenn man eine Fallenreihe aufstellt, die verhindert, dass die Gegner auch nur ansatzweise in den Thronsaal kommen und einem gefährlich werden können – selbst wenn sie einen Spion dabei haben, der die Fallen temporär entschärfen kann. Ja: Von Zeit zu Zeit hat man mit Goldproblemen zu kämpfen, die dann im Gegenzug dafür sorgen, dass beim Zahltag leer ausgehende Diener protestieren und ihre Arbeit niederlegen. Doch es hätte nicht geschadet, wenn das Anforderungs-Niveau nicht nur auf weitgehend problemloses Durchkommen angelegt wäre. Ich könnte dies mehr oder minder nachvollziehen, wenn hinter Dungeons 2 eine üppige Geschichte stecken würde. Oder wenn die Erzählung tatsächlich irgendetwas außer plattem Schenkelklopfer-Humor böte, so dass es eine Schande wäre, falls der Spieler es nicht zu Gesicht bekäme.

Scheitern unmöglich

Auch Dämonen stehen als spielbare Fraktion zur Verfügung.
Für mich gehören zu Höhlenausbau genau wie zur Strategie auch Situationen, in denen ich extrem gefordert werde. An denen ich zu verzweifeln drohe. Die mich dazu treiben, Stunde um Stunde zu investieren, bis ich das strategische Rätsel des jeweiligen Abschnitts gelöst habe - so wie es früher bei Dungeon Keeper und vor kurzem in Ansätzen auch bei War for the Overworld war. Doch hier wirkt alles zu geschmeidig, zu sehr darauf fixiert, den Spieler durch die ansehnliche Kulisse zu lotsen und ihn mit flachen Witzen zuzudröhnen. Es sei denn, man rechnet die mitunter merkwürdigen Verhaltensmuster seiner Diener dem Schwierigkeitsgrad zu. Doch Figuren, die mitten im Gefecht das Kampfgebiet verlassen, um ihre Bedürfnisse wie Gold oder Bier zu erfüllen, sind ein nerviges Ärgernis - eines, das nicht sein muss. Letztlich wird der eigentlich gelungene Dungeon-Ausbau mitsamt seinem überraschend tiefen Ressourcen-Management zu einer unterirdischen Command&Conquer-Basis, von der aus man seine Truppen losschickt, um z.B. den Halbgott Krötos zu erledigen. Dieses Konzept kann aufgehen, was Dungeons 2 auch in Ansätzen zeigt. Doch viel häufiger zeigt der vermeintliche Höhlenmanager, dass diese gut gemeinte Verknüpfung in dieser Form den erforderlichen Spagat nicht einmal ansatzweise meistert.

Fazit

Realmforge hat aus den Schwächen des Vorgängers die richtigen Schlüsse gezogen und einige interessante Ideen eingeworfen. Aber trotz aller Fortschritte in Sachen Höhlenausbau sowie -Management bleibt man in vielerlei Hinsicht immer noch hinter den Ambitionen zurück. Man muss sich selbst dem Fanprojekt War for the Overworld geschlagen geben, das entgegen des Namens keine Oberwelt-Strategie wie Dungeons 2 anbietet. Doch das erweist sich angesichts der fehlenden taktischen Finessen wie Formationen oder einheitlicher Marschgeschwindigkeit sowie dem oberflächlichen Rudel-Geplänkel sogar als Segen. Der Aufbau der eigenen Höhle hingegen macht beinahe so viel Laune wie seinerzeit beim guten alten Dungeon Keeper, zumal man immer wieder mit Ressourcenknappheit rechnen und dementsprechend seine kostspielige Forschung in nahezu allen Bereichen auf seine Bedürfnisse zurechtschneiden muss. Schade, dass der Rest zu sehr auf „Durchkommen“ angelegt ist und man daher letztlich kaum gefordert wird. Noch bedauerlicher ist jedoch, dass Dungeons 2 unter dem Strich weniger die bösen Keeper anspricht als vielmehr diejenigen, die damit leben können, dass man hier eigentlich nicht mehr als ein Command&Conquer mit unterirdischem Basisbau bekommt. Das kann zwar kurzzeitig durchaus Reiz entfachen, doch im Gegensatz zur ansehnlichen Kulisse fehlt auf Dauer die Substanz.

Pro

  • ansehnliche Kulisse
  • technisch saubere Sprachausgabe mit einem motivierten Sprecher...
  • ordentlicher Dungeon-Ausbau
  • interessante Mischung aus Dungeonbau, Forschung und Oberwelt-Eroberung
  • passabler Wuselfaktor
  • Landschaft der Oberwelt verändert sich je nach Fortschritt
  • mehrere Kartenebenen
  • Mehrspieler-Gefechte, auch per LAN

Kontra

  • oberflächliche Strategie ohne taktische Finessen in der Oberwelt
  • ... der allerdings am schwachen Skript und dem nicht zündenden Humor scheitert
  • nur eine Spielgeschwindigkeit
  • mitunter umständliche Benutzerführung
  • Wegfindungs-Schwächen
  • manchmal merkwürdige Verhaltensmuster (Bedürfnisse werden mitten im Kampf befriedigt)
  • niedrig angesetzter Schwierigkeitsgrad

Wertung

PC

Höhlenausbau und -Management haben einen Schritt nach vorne gemacht. Doch die Strategie-Komponente hat ebensoviel Luft nach oben wie die Texte, die auch der exzellente Monty Arnold als Sprecher nicht aufbohren kann.