The Incredible Adventures of Van Helsing 3 - Test, Rollenspiel, PC, XboxOne, PlayStation4
Zu den Prunkstücken der bisherigen Teile gehört u.a. das Kampfsystem, an dem Neocore auch für The Incredible Adventures of Van Helsing 3 (VH3) nur minimal geschraubt hat. Im Kern wie üblich am PC ein Klick&Weg-System, hat man abermals die Möglichkeit, die aktiven Fähigkeiten aufzuladen, wenn man genug "Wut" gesammelt hat. Dadurch ergeben sich taktische Abweichungen vom Kampfeinerlei, das auch durch die Pflicht des gelegentlichen taktischen Rückzugs aufgewertet wird: Selbst mit einem Nahkämpfer kann man sich nicht inmitten eines Gegnerpulks platzieren und wild um sich schlagen. Spätestens auf dem dritten von fünf jederzeit wechselbaren Schwierigkeitsgraden erlebt man dann sein persönliches Waterloo. Wobei es die Ungarn in manchen Momenten übertrieben haben: Die Gegnerwellen, die hier und dort auf einen zustürmen, sorgen unweigerlich für mehrere Tode in Folge - selbst, wenn man sich häufiger zurückfallen lässt. Und das drückt irgendwann auf die Motivation. In diesem Bereich sind Diablo 3 oder Torchlight 2 einfach ausgewogener. Auch und gerade weil Van Helsing 3 das System der Gesundheitstränke überarbeitet hat: Man muss nicht mehr zig Flaschen mit sich herumschleppen (oder Katarina zum Einkaufen schicken), sondern hat stets eine Flasche griffbereit. Allerdings wirklich nur eine. Nach Benutzung muss sie wieder aufladen - etwa 40 Sekunden. Dadurch kommt eine weitere taktische Ebene in die Auseinandersetzungen. Immerhin braucht man außerhalb des Kampfes keinen Trank vergeuden: Nach ein paar Sekunden ohne Kampf oder Schaden wird die Gesundheit wieder aufgeladen.
Das Tafelsilber
Schade ist allerdings, dass die ordentlich geschriebenen Dialoge so schwach inszeniert werden. Sobald es in Gespräche geht, werden die Defizite der Bildregie und der virtuellen Darsteller offensichtlich. Die Kamera wackelt müde vor sich hin,
während die Figuren herumstehen und nicht wissen, was sie tun sollen. Selbst simple Einblendungen von Porträt-Bildern, auf denen im Idealfall sogar unterschiedliche Gemütszustände abgelesen werden können, wären besser gewesen als das Laientheater, das die gute Leistung der Sprecher karikiert.Saubere Kulisse, spröde Inszenierung
Zumal die potente Engine in dieser Hinsicht mehr leisten könnte. An anderer Stelle lässt sie immer wieder die Muskeln spielen. Es werden dutzende Gegner auf den Bildschirm gepackt, die einem in einer durchweg ansehnlichen Fantasy-Steampunk-Kulisse nach dem Leben trachten. Und all das wird sehenswert begleitet von mitunter flächendeckenden Effekten. Sehr schön: In der dritten Auflage sieht das Geschehen nicht nur gut aus, sondern läuft auch endlich flüssig – ohne großartig neue Anforderungen an die Hardware zu stellen. Dem kommt sicherlich zugute, dass die Gebiete zwar immer noch weitläufig sind und mit versteckten Truhen etc. zum Erforschen locken, aber kleiner gehalten wurden als in den Vorgängern.
Sechsfacher Neuanfang
Der Kopfgeldjäger z.B. ist ein typischer Fernkämpfer, der mit Schusswaffen und Elementargeschossen versucht, seine Gegner auf Distanz zu halten, so dass sie das Zeitliche segnen, bevor sie ihm zu nahe kommen können. Zusätzlich kann er die Zeit anhalten, um z.B. seinen gezielten Schuss anzubringen, der nicht nur verheerenden Schaden anrichtet, sondern auch eine erhöhte kritische Trefferchance bietet. Diesen Schuss kann man zwar jederzeit versuchen, doch da die Aufladezeit dafür recht hoch ist, muss man ihn überlegt einsetzen. Ebenfalls die Gegner auf Distanz halten sollte der Elementalist: Wenn seine mächtigen Feuer- oder Eis-Zauber ins Nichts verpuffen, hat er eine geringere Überlebenschance als eine sommerliche Schneeflocke - Katarina ist für ihn als Kampfpartner wichtiger als bei den anderen Klassen.
Der Protektor, der gewisse Ähnlichkeiten zu Space Marines nicht von der Hand weisen kann, ist hinsichtlich Handhabung der klassischste aller Charaktere: Ein Nahkämpfer wie er im Buche steht. Schnörkellos und mächtig austeilend, macht er Spaß, bietet aber keine Überraschungen. Der Phlogistonier kann als Nahkämpfer zwar weniger einstecken, macht dies aber durch einen Schutzschild wett, der ganz oder teilweise den Schaden auffängt, bevor er sich negativ auf die Lebenspunkte auswirkt. Zusätzlich kann man mit ihm ähnlich wie beim Arkanmechaniker des Vorgängers das Schlachtfeld mit unterschiedlichen Minentypen bestücken, die mit den Gegnern kurzen Prozess machen. Im weitesten Sinne ebenfalls Nahkämpfer ist der Umbralist: Mit zwei Klingen ausgestattet, sucht er allerdings eher den Hinterhalt. Schafft er es, sich unentdeckt dem Feind zu nähern, kann man von einem massiven Schadensbonus profitieren. Zusätzlich kann er durch Angriffe Schattenmarkierungen an den Gegnern anbringen, die beim Auslösen von Sonderaktionen ebenfalls den Schaden erhöhen. Der Konstrukteur hingegen ist das Van-Helsingsche Interpretation einer "Pet"-Klasse. Er wird nicht nur von Katarina, sondern einer mehrere Meter durchmessenden Plattform begleitet, die allerlei Angriffs-Unterstützung ausspuckt, während einer mit einem potenten Strahlengewehr die Feinde beharkt. Jede der Klassen spielt sich angenehm anders und dürfte für jeden das Passende bieten.
Nahkampf, Schatten, Pet-Wahnsinn
Dabei kann man sich nicht über die abgeworfene Beute beklagen. In genau der richtigen Menge ausgeschüttet, findet sich zudem nur wenig "Schrott" darunter. Man muss auch Katarina nicht alle Nase lang zum Verkaufen wegschicken. Allerdings
ist das Wegwerf-Verhalten der Bosse uneinheitlich. Während der eine stattliche Ausrüstung liegen lässt, bleibt beim nächsten nur Gold übrig. Nicht, dass ich die bare Münze nicht gerne aufnehmen würde - Wiederbelebungen sind kostspielig. Doch wenn ich einen ausdauernden Kampf hinter mich bringe, möchte ich auch mit entsprechenden Federn schmücken, sprich: Ich möchte mit der dort errungenen Ausrüstung angeben, die selbstverständlich auch an der Figur angezeigt wird. Dass es im Lager eine Truhe zum Austausch von Gegenständen zwischen allen erstellten Figuren gibt, ist sinnvoller Standard. Noch sinnvoller (und auch evtl. ein größerer Anreiz andere Klassen auszuprobieren) wäre es, wenn man auch Beute finden würde, die man nicht selbst nutzen kann? Doch egal mit welcher Klasse ich spiele, egal wie fortgeschritten ich in der linearen Story bin, finde ich nur Zeug für die aktuelle Figur.Ordentlicher Kompromiss
Dass Neocore bereits an den Konsolen-Umsetzungen der Trilogie arbeitet, wird auch in Van Helsing 3 deutlich: Schließt man einen Controller an, kann man das Abenteuer komplett per Pad spielen, wobei die Fähigkeiten intelligent auf die zur Verfügung stehenden Knöpfe gelegt werden. Und nicht nur das: Gleichzeitig werden auch sämtliche Menüs auf "Konsolen"- bzw. TV-Betrieb umgestellt, so dass sie sich entsprechend komfortabel mit Gamepad navigieren lassen. Und ich muss zugeben, dass ich nach einer kleinen Gewöhnungsphase nicht mehr zur klassischen Maus-/Tastatur-Variante zurückgekehrt bin. Ob die Controller-Einbindung einer der Punkte ist, der man sich bei Neocore im Hinblick auf die ersten beiden Teile annehmen möchte, ist noch unklar, würde aber angesichts der Konsolenveröffentlichung Sinn ergeben. In jedem Fall wird man sich laut Steam-Mitteilung in absehbarer Zeit nochmals mit den Teilen 1 und 2 beschäftigen und diese basierend auf Feedback der letzten Monate aufwerten - ein löblicher Service, den man nicht häufig bekommt und der hier nicht von einem großen Publisher, sondern einem unabhängigen Studio angeboten wird.
Fazit
Schade, dass Neocore zum Abschluss der Trilogie nicht noch mehr ins Risiko gegangen ist. Wieso darf man z.B. nicht in einigen Missionen aktiv mit dem vorlauten Geister-Sidekick Katarina spielen? Zuletzt hat der Witcher gezeigt, dass ein Figurenwechsel die emotionale Anbindung an Charaktere erhöhen und dramaturgisch wertvoll sein kann. Auch beim Kampfsystem bleibt alles beim Alten: Eingängig wie eh und je gewinnt es seinen Reiz vor allem dadurch, dass man einzelne Fähigkeiten punktuell verstärken kann und man auch mal zu taktischen Rückzügen gezwungen wird. Die sechs Klassen sorgen für Abwechslung und frische Anforderungen. Zwar basieren sie weitgehend auf klassischen Archetypen wie Nahkämpfer, fragiler Magier oder Pet-Beschwörer, fördern aber unterschiedliche Spielweisen. Bedauernswert ist, dass die eigentlich gute Geschichte, die sich nicht mehr so konfus präsentiert wie im Vorgänger, so schwach inszeniert wird. Die potente Engine, die auch hier wieder mit aufwändigen Kulissen, schickem Gegnerdesign und Effekten protzt, wäre sicherlich zu mehr in der Lage gewesen. Doch angesichts der moderaten und damit sehr angenehmen Beuteflut kommt man schnell in einen Spielfluss, bei dem es Neocore allerdings auf höheren Schwierigkeitsgraden mit den Gegnerwellen übertreibt. Dennoch ist ihnen hier ein richtig guter Abschluss der Hack&Slay-Trilogie gelungen.
Pro
- sechs Charakter-Klassen
- angenehmer Humor
- fünf Schwierigkeitsgrade...
- stimmungsvolle Musikuntermalung...
- viele Easter Eggs und Anspielungen auf Pop-Kultur (u.a. Alien, Gladiator usw.)
- solides Kampfsystem
- Katarina als Sidekick ein integraler Bestandteil der Figurenentwicklung
- gute (englische) Sprachausgabe
- ordentliche Beute-Ausschüttung
- abwechslungsreiches Gegnerdesign
- ansehnliche Kulisse mit schicken Effekten
- alternativ auch mit Pad spielbar
- aufgeräumte Fähigkeiten-Bäume
- wahlweise auch mit Pad spielbar (angepasste Benutzerführung)
Kontra
- Katarina nicht spielbar
- Story schwach inszeniert
- ... wobei man es auf den höheren Stufen mit den Wellen übertreibt
- ... die aber nur selten interaktiv auf Action reagiert
- abseits der Klassen wenig mechanischer Fortschritt zu den Vorgängern
- alte Spielstände nicht kompatibel