Ultra Street Fighter 4 - Test, Prügeln & Kämpfen, 360, PlayStation4, PC, PlayStation3

Ultra Street Fighter 4
28.05.2015, Mathias Oertel

Test: Ultra Street Fighter 4

Missglückte Generalprobe?

Street Fighter 4 und kein Ende: Es begann 2009, es folgte 2010 die so genannte "Arcade"-Version, im Jahr 2011 die "Super"-Variante und letztes Jahr im Spätsommer schließlich Ultra Street Fighter 4 (ab 2,85€ bei GP_logo_black_rgb kaufen). Und genau diese Version erscheint nun für die PlayStation 4, die von Capcom als exklusive Konsole für den Nachfolger Street Fighter 5 gewählt wurde. Ist die Generalprobe gelungen?

Schon wieder Ultra Street Fighter 4 (USF4)? Gab’s doch schon letztes Jahr - zumindest auf den "alten" Systemen. Geändert hat sich dementsprechend nur wenig: Im Vergleich zu den Versionen aus dem September 2014 sind ein paar Kostümpacks hinzugekommen.  Und man merkt, dass die PS3-Version als Portierungs-Grundlage verwendet wurde. Nicht nur daran, dass auch bestimmte PS3-Fightsticks unterstützt werden. Sondern auch daran, dass das verantwortliche Team von Other Ocean in Zusammenarbeit mit Sonys Third-Party Production Group u.a. übersehen hat, die Einblendung "Start drücken" auf PS4-Verhältnisse anzupassen - denn selbstverständlich verfügt der PS4-Controller über keinen derartigen Knopf.

Wer braucht's?

Das Artdesign hat mehr als fünf Jahre nach der Premiere kaum an Reiz eingebüßt.
Das Grafikdesign mit seinem Comic-/Tusche-Stil, der dennoch nicht auf sehr geschmeidige und jederzeit überzeugende Animationen verzichtet, hat bereits vor sechs Jahren begeistert - und schafft dies immer noch. Allerdings wurde auch hier unter dem Strich nur halbherzig gearbeitet. Dafür, dass ein im Kern sechs Jahre alter Titel auf der derzeit wohl potentesten Konsole läuft, flimmern mir die Kanten in manchen Abschnitten zu sehr. Zudem haben alle Figuren eine zusätzliche merkwürdige Umrandung, die vor allem in der Training Stage auffällt. Andere Probleme, die derzeit zu kursieren scheinen, wie Lags bei Menü-Eingaben, unsichtbar werdende Figuren etc., sind uns in der Testphase nicht begegnet, werden bei Capcom und Sony jedoch untersucht.

Das Kampfsystem ist leicht zu erlernen, fordert aber eine immense Einarbeitungszeit, wenn man alle Finessen der bewährten, aber im Vergleich zu Super Street Fighter 4 in Nuancen verbesserten Mechanik kennen und nutzen möchte. Dementsprechend stellt sich für Veteranen natürlich nicht mehr die Erstfaszination ein; für Besitzer der PS3-Fassung noch weniger. Man kennt das Spiel und weiß,

Die Kampfmechanik ist gleichermaßen bewährt wie vielschichtig.
welche Qualität dahinter steckt - immerhin konnte die Premiere von Street Fighter 4 seinerzeit mit einer Wertung von 90% einen Platin-Award einheimsen.  Teilweise auch dadurch bedingt, dass die Kollisionen seinerzeit framegenau abgefragt wurden. Hier tauchen allerdings weitere dunkle Flecken am nicht mehr wolkenfreien Portierungs-Himmel auf. Denn auch wenn man den Finger nicht ganz genau in die Wunde legen kann, fühlt es sich nicht hundertprozentig korrekt an - zumindest wirken die PS3- und 360-Versionen in dieser Hinsicht unangreifbarer. Hardcore-Kämpfer mögen die zwei bis drei Frames, um die es geht, verfluchen, doch für Normalspieler ist dieses Manko verschmerzbar.

Wie genau ist genau?

Denn wenn alles funktioniert, bleiben natürlich die meisten Vorzüge der Ultra-Variante bestehen. Dazu gehört z.B. die Steuerung, die mit einem entsprechenden Arcadestick wunderbar akkurat aus den Fingern fließt, während das Pad traditionell einen eher unsauberen Eindruck hinterlässt - auch wenn die Sony-Systeme hier immer die Nase vorn hatten. Aber es bleibt auch bei den bekannten Nachteilen: Ein klassisches Tutorial sucht man nach wie vor vergebens. Und wer gehofft hat, dass die mitunter groben Hintergrundfiguren in den ansonsten sehr ansehnlichen Kulissen angehübscht wurden, sieht sich enttäuscht. Dennoch gibt für Neulinge in die Street-Fighter-Welt genug Gründe, sich die Ultra-Version anzuschaffen - auch auf der PS4, wo man das kompletteste Paket zu einem fairen Preis bekommt.

Bei einigen Usern scheint es zu Lags und Grafikfehlern zu kommen. In unserer Testphase war davon nur wenig zu spüren.
Man kann wie letztes Jahr auf PS3 und 360 auf fünf neue Kämpfer zurückgreifen, von denen jedoch nur Decapre als spielbare Figur komplett frisch ist - allerdings ähnelt sie vom Aussehen her Cammy. Die anderen Neulinge in SF4 kennt man aus dem Crossover Street Fighter X Tekken, aber auch aus ihren Gastspielen in der Street-Fighter-3-Reihe. Dennoch sind Elena, Hugo, Poison und Rolento wie auch Decapre eine sehr gelungene Ergänzung des Kaders, der nunmehr 44 Kämpfer(innen) aufweist, die über einen Haufen Kostüme usw. verfügen. Zusätzlich hatte Capcom die bisherigen Kämpfer neu ausbalanciert. Sehr schön: Wenn einem die Änderungen nicht gefallen, kann man (insofern vorhanden) die Classic-, Super- oder Arcade-Version wählen. Es gibt auch eine Hand voll neuer Arenen, die sich hinsichtlich der farbenfrohen Gestaltung und den Animationen in Vorder- bzw. Hintergrund ebenfalls nahtlos in die bestehenden einreihen.

Das volle Programm

Dass es kein Tutorial gibt, wird durch den bekannten Herausforderungsmodus einigermaßen kompensiert. Hier muss man pro Kämpfer 24 Übungen bestehen, die einen in die fortgeschrittenen Techniken und Kombos einführen. Allerdings stehen dort nur die 35 Recken der "Super"-Version zur Auswahl. Wer sich also auf die Arcade- und die Ultra-Charaktere einschießen möchte, muss die Menüs konsultieren. Schade, hier hätte man ruhig etwas nacharbeiten können. Online laufen die Gefechte tendenziell ebenso lagfrei, wie man es erwarten konnte - die angesprochenen sporadischen Frameraten-Genauigkeiten inklusive. Allerdings gab es gelegentlich Probleme, beim schnellen Ranglisten-Spiel Kontrahenten zu finden. Es wurde zwar eine Sitzung aufgebaut, doch bevor man in die Lobby gelangte, kam es zu Verbindungsabbrüchen. Macht man eine eigene Sitzung auf, dauert es jedoch nicht lang, bis man einen Gegner findet, so dass dieses Problem nicht so schwer wiegt. Und bei den anderen Modi wie "Endless Battle", "Team Battle" oder Turnier lief alles so, wie man es sich wünscht und wie man es von der Serie kennt - was wiederum ein weiteres Argument dafür ist, dass sich Other Ocean vorrangig bei der PS3-Version bedient hat, die ähnliche Probleme hatte.

Fazit

Ja: Im Vergleich zur im letzten Jahr veröffentlichten PS3-Version, auf der diese Portierung zu beruhen scheint, hätte man mehr erwarten können. Dass der Startbildschirm einen zum Drücken des nicht auf dem PS4-Controller vorhandenen Startknopfes auffordert, ist das eine. Das andere ist jedoch das Kantenflimmern oder die mitunter unsauber ausfransenden Figurenränder, die beide auf einer modernen Konsole nichts mehr zu suchen haben. Schon gar nicht bei einem im Kern sechs Jahre alten Spiel, dessen Artdesign mit seinem exzellenten Comiclook dem Zahn der Zeit eindrucksvoll widersteht. Die Mechanik ist bis auf leichte Unstimmigkeiten hinsichtlich der Frame-Genauigkeit der Kollsionsabfrage gleichermaßen bewährt wie sehr gut.  Mit fünf neuen Kämpfern wird die Auswahl auf 44 erweitert. Mit zahlreichen Konfigurations-Möglichkeiten, Balance-Updates sowie Ergänzungen kommen sowohl Veteranen als auch Neulinge auf ihre Kosten. Es gibt Unmengen an Gimmicks und Goodies freizuspielen. Und es lassen sich mit einem Trick sogar Arcade-Sticks der PS3 verwenden. Wer diese Version allerdings schon besitzt, hat abseits von ein paar neuen Kostümpacks keine Veranlassung, jetzt auf die PS4 aufzurüsten. Denn unter dem Strich ist die alte Version dieses nach wie vor sehr guten Prüglers immer noch besser.

Pro

  • mit fünf neuen Kämpfern wird die Riege auf 44 hochgeschraubt
  • perfekte Steuerung mit Arcadestick...
  • großartiger Soundtrack
  • exzellentes Figurendesign
  • geschmeidige Animationen
  • motivierender Online-Modus
  • Spielprinzip leicht zu lernen, schwer zu meistern
  • viele Balance-Änderungen
  • bei Bedarf stehen auch die normalen, Arcade- und Super-Varianten der Kämpfer zur Verfügung

Kontra

  • stark vertraute Spielmechanik
  • ... mit Gamepad etwas schwammiger
  • Hintergrundfiguren mitunter etwas klobig
  • teilweise unsaubere Umsetzung (u.a. Frames/Kollisionen, Kantenflimmern)

Wertung

PlayStation4

Besitzer der PS3- oder 360-Version müssen nicht zwangsläufig upgraden. Alle anderen bekommen eine sehr gute, aber nicht herausragende Umsetzung eines modernen Prügel-Klassikers.