J-Stars Victory Vs + - Test, Prügeln & Kämpfen, PlayStation3, PlayStation4, PS_Vita

J-Stars Victory Vs +
02.07.2015, Mathias Oertel

Test: J-Stars Victory Vs +

Mega-Auflauf japanischer Comicstars

Naruto schlägt sich mit Ruffy aus One Piece. Dragonballs Son-Goku versucht, Kenshio aus Fist of the Northstar zu verhauen. Und Seiya (richtig: der aus Saint Seiya) tauscht Handkanten mit Ichigo aus der Bleach-Serie. Hinzu kommen noch dutzende Figuren, von denen höchstens eingefleischte Manganime-Fans etwas gehört haben dürften. Möglich macht dies Namcos Crossover-Prügler J-Stars Victory Vs. Plus, der auf Sony-Systemen an die Controller ruft. Ob der Figurenmix punkten kann, verrät der Test.

Es ist eine mächtige Sammlung an Comic-Stars, die Spike Chunsoft hier im Auftrag von Bandai Namco zusammengetrommelt hat. Während ich die Stars aus Naruto Shippuden, Bleach, Fist of the North Star, Saint Seiya, One Piece oder DragonBall Z entweder aus anderen Spielen, Film oder TV kenne, musste ich bei den übrigen integrierten Lizenzen passen. Wer jedoch auch mit Manganime wie Beelzebub, Assassination Classroom, Haikyuu!!, Medaka Box, Phwoo! Blows the Jaguar oder "This is Kameari Park Police Station, Katsushika Ward" etwas anfangen kann und darüber hinaus ein Faible für Prügler hat, wird wahrscheinlich ein breites Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht kriegen - immerhin dürfte J-Stars Victory Vs Plus (JSV) dann der heilige Gral sein.

Star Power?

Die Kulisse ist ordentlich, kann aber nicht über Durchschnittswerte hinauskommen.
Über 50 Figuren aus 30 Lizenzen stehen zur Verfügung, um sich in Zwei-gegen-Zwei-Kämpfen (plus einem Hilfscharakter pro Team als Smartbomb mit Abkühltimer) die Standard-Attacken ebenso um die Ohren zu hauen wie die mächtigen Spezialangriffe. Diese kosten entweder Kondition, die sich erst nach und nach wieder auflädt. Oder aber sie benötigen einen so genannten Siegtaumel, aus dem heraus man einen verheerenden Sonderstatus aktiviert, der allerdings mühsam über erfolgreiche Aktionen aufgeladen werden muss - soweit die Theorie.

In der Praxis wird man dank der überschaubaren Steuerung mit zwei Angriffsknöpfen, einem Block, einem Spezial-Modifikator (kostet Kondition), Sprung, Sprint sowie Zielaufschaltung nicht überfordert und kann schnelle Erfolgserlebnisse feiern. Der Verzicht auf Richtungskombos à la Street Fighter (Oben-Unten-Rechts-Schlagtaste), kommt dem arcadigen und auf schnelle Action getrimmten Spielfluss zu Gute: Man wird auch ohne Knoten in den Fingern mit abgefahrenen Kombos, effektgeladenen Spezialattacken und zerstörbarer Umgebung belohnt. Besonders bemerkenswert: Die gut 40 zur Verfügung stehenden Hauptcharaktere spielen sich in den

Die Kämpfe sind angenehm hektisch, manchmal chaotisch und mitunter schlichtweg absurd.
allermeisten Fällen angenehm unterschiedlich. Man muss ihre Reichweite ebenso einkalkulieren wie ihre spezifischen Bewegungsoptionen beim Sprint oder die allgemeine Geschwindigkeit. Abgesehen davon, dass ihre sehenswerten "ultimativen Angriffe" mitunter unglaublich imposant, dann wiederum unglaublich witzig oder schlichtweg herrlich absurd sind, bekommt man so Lust, mit den Figuren zu experimentieren; zumal diese Mega-Attacken noch lange keine Sieggarantie darstellen.

Erstaunlich variabel

Denn man muss auch noch eine weitere ganz spezielle Mechanik bei J-Stars beachten: Nach einem heftigen Niederschlag oder einer verheerenden Kombo kann man als Angreifer nicht einfach weiter Knöpfe und Gegner malträtieren. Stattdessen muss man warten, bis der Gegner nach einer kleinen Pause, die man am ehesten mit einem Respawn vergleichen kann, wieder kampfbereit ist. Mit diesem kleinen Kniff bekommen die Duelle eine sehr spezielle Dynamik, bei der es Spike Chunsoft schafft, dass der Fluss dennoch nicht unterbrochen wird.

So kann man schließlich für die Arcade- oder  Victory-Road-Modi bzw. für Online-Kämpfe ein schlagfertiges Duo (samt Smartbomb-Helfer) aus den zur Verfügung stehenden Charakteren zusammenstellen. Am meisten Spaß kommt natürlich auf, wenn man mit einem zweiten Spieler an der Seite die Team-Duelle austrägt. Doch dank einer ordentlichen KI, der man sogar rudimentäre Anweisungen geben kann, werden die Auseinandersetzungen auch solo nicht langweilig. Allerdings hätten die Entwickler gut daran getan, mehr Arenen einzubauen. Es gibt nicht einmal für jedes verwendete Comic-Universum einen eigenen Kampfschauplatz.

Zudem kämpft die Kulisse auf der PS4 ohnehin um Anerkennung: Im Rahmen der Multiplattform-Entwicklung (J-Stars erscheint auch auf PS3 und Vita samt Cross-Save-Funktion) wurde offensichtlich Wert auf den größtmöglichen Kompromiss gelegt. Das wiederum bedeutet, dass die Kulisse auf Sonys Highend-System zwar einen sauberen, aufgeräumten Eindruck hinterlässt, aber weit davon entfernt ist Standards zu setzen. Die mangelnde Arenenvielfalt wird dabei besonders dem Kampagnen-Modus „J-Abenteuer“ zum Verhängnis. Die vier Erzählstränge (Naruto, Bleach, One Piece, Toriko) führen einen per Schiff über eine mehr oder weniger offene isometrische Welt, auf der man anderen Crews begegnet, kämpft, neue Gebiete erkundet und simple Missionen  erledigt. Da man aber immer wieder in den gleichen Gebieten seine Gefechte austrägt, bekommt man kein Gefühl für die Größe der Welt. Schade ist außerdem, dass die

Viele der verwendeten Lizenzen (hier z.B. "Kuroko's Basketball") dürften hierzulande nur eingefleischten Fans bekannt sein.
Szenarien allesamt nach Schema F ablaufen. Würde man die vier Geschichten parallel spielen, hätte man angesichts der Ähnlichkeiten abseits der Hauptfiguren keine Ahnung, in welcher man sich nun befindet.

Luft nach oben

Zudem habe ich ein Problem mit der Story-Präsentation im Allgemeinen. Natürlich kann ich es mit dem Manga-Hintergrund der gesamten Figurenriege verstehen, dass man bei den Zwischensequenzen auf starre Figureneinblendungen setzt, zu denen japanische Sprachausgabe ertönt. Doch selbst mit diesem Stilmittel ist mehr möglich, ist eine interessantere Inszenierung zu erreichen. Beweis dafür liefert Nippon Ichi seit Jahren u.a. mit der Disgaea-Serie ab, deren Zwischensequenzen ähnlich simpel gestrickt sind, aber mit unterschiedlichen Einblendungen sowie Minimal-Animationen deutlich facettenreicher in Szene gesetzt werden. Dem gegenüber steht das gut gelungene dreidimensionale Figurendesign in den Kampfabschnitten, das mit sauberen Animationen überzeugt, aber dafür auch eine nicht immer zweifelsfreie Kollisionsabfrage an den Tag legt. Dennoch macht es Spaß, sich durch die Szenarien zu kloppen. Das liegt allerdings nicht an der Qualität der Geschichten, die ich irgendwann im Schnelldurchlauf weggeklickt habe. Sondern vielmehr an den geskripteten Figurenwechseln, den Sonderaufgaben, der durch die Bank unterhaltsamen Kampfmechanik sowie der daraus entstehenden angenehm hektischen Duelle, die in Ausnahmefällen allerdings Richtung Chaos kippen.

Fazit

Die Freude über J-Stars Victory Vs Plus dürfte proportional zur Kenntnis der über 30 integrierten Lizenzen steigen. Doch egal ob man jetzt mit Chinyuki, Gintama oder Ruroni Kenshin etwas anfangen kann oder nicht, zeigt der mal herrlich hektische, dann wiederum sehr chaotisch wirkende Prügler universelle Unterhaltungs-Qualität. Das Kampfsystem der Zwei-gegen-Zwei-Duelle ist einerseits überschaubar, bietet andererseits dank zahlreicher Modifikatoren, einem Ausdauersystem und vor allem der sehr unterschiedlich spielbaren Charaktere viel Abwechslung. Während die zerstörbare Umgebung hilft, die Wucht der mitunter spektakulären Attacken zu unterstützen, hat man sich auch angesichts der nicht gerade zahlreichen Arenen an den einstürzenden Mauern usw. bald sattgesehen. Schade, hier wäre sicherlich mehr möglich gewesen - wie auch bei der Kulisse im Allgemeinen, die unter der Multiplattform-Entwicklung leidet und die PS4 nicht einmal ansatzweise auszureizen scheint. Dass die vier so genannten Story-Zyklen rund um die Kronjuwelen der Sammlung wie Naruto oder One Piece sehr gleichförmig ablaufen, ist ebenfalls bedauerlich. Aber dafür hat man genug freischaltbares Material sowie unterhaltsame Alternativ-Spielmodi zur Verfügung, um dies auszugleichen. Unter dem Strich bleibt ein erfrischend anderes Prügelerlebnis, das sich irgendwo zwischen Powerstone und den letzten DragonBall-Titeln einsortiert.

Pro

  • gelungene Auswahl an Figuren aus über 30 Comic-Universen
  • eingängige Steuerung
  • "Respawn" nach verheerenden Kombos sorgt für ungewöhnliche Tempo-Variation
  • japanische Sprachausgabe stärkt die Atmosphäre...
  • herrlich hektisch Auseinandersetzungen...
  • klasse inszenierte Spezialangriffe
  • zerstörbare Umgebung
  • Figuren spielen sich angenehm unterschiedlich
  • ordentlicher Online-Modus
  • über alle Modi hinweg verteilte Aufrüstungspunkte
  • umfangreiches freischaltbares Material

Kontra

  • wenige Arenen
  • die vier Kampagnen-Modi laufen inhaltlich sehr ähnlich ab
  • schwache Präsentation in den Zwischensequenzen
  • ... kann bei manchen Figuren aber extrem nervtötend werden
  • ... die aber manchmal ins Chaos wechseln
  • Kulisse insgesamt nur auf durchschnittlichem Niveau

Wertung

PlayStation4

Unterhaltsame Team-Kämpfe mit einem bislang wohl unerreichtem Aufgebot an japanischen Comicstars.