Devil's Third - Test, Action-Adventure, 360, PlayStation3, PC, Wii_U
Es gab eine Zeit, da wurde Tomonobu Itagaki in einem Atemzug mit den ganz Großen der japanischen Entwickler-Zunft genannt. Und er fand sich vollkommen zurecht in diesem Olymp wieder - neben Designern/Produzenten wie Hideo Kojima, Hideki Kamiya, Yu Suzuki, Keiji Inafune, Shinji Mikami oder Hironobu Sakaguchi. Als Leiter von Tecmos Team Ninja war er verantwortlich für Dead or Alive und den Reboot von Ninja Gaiden. Nach der Übernahme von Tecmo durch Koei trennten sich die Wege und 2010 stellte er sein neues Projekt Devil’s Third vor, das er seinerzeit für THQ mit seinem frisch gegründeten Valhalla Game Studios entwickelte. Doch mehr als einen brachialen Trailer, der die überzogene Schwertkampf-Action à la Ninja Gaiden mit nicht minder spektakulären ballistischen Gefechten verband, gab es nicht zu sehen.
Legende, Alpha-Tier, Enfant Terrible
Eine kleine Randnotiz: Mit dem ersten Trailer hat das finale Spiel nur noch wenige Gemeinsamkeiten. Dazu gehört vor allem die Mischung aus brutalem Nahkampf sowie nicht minder brutalen Schusswechseln. Mit einem breit gestreuten Waffenarsenal (auch das Aufsammeln von gegnerischen Wummen ist möglich) zerfetzt es die Feinde, Blutfontänen spritzen über den Bildschirm und Körperteile fliegen in alle Richtungen. Abhängig von der gewählten Nahkampfwaffe variieren die Finisher ebenfalls. Mit einem Katana zerteilt man die Kontrahenten, während eine Brechstange für reichlich Kopfschmerzen sorgt. Schön, zumindest in dieser Hinsicht bleibt sich Itagaki-San treu – und die USK spielt in Form eines "Ab 18"-Siegels auch mit. Man hat die vollkommen überzogene Gewaltdarstellung richtig interpretiert. Das wäre zur Ankündigung kaum denkbar gewesen.
Lohnenswerte Wartezeit?
Konfus und generisch
Und davon ist Devil's Third ganz weit entfernt. Man verzettelt sich bereits in mechanischen Kleinigkeiten: Vernünftiges Zielen ist aus der Schulterkamera beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Die Streuverluste sind enorm hoch, aber okay. Also rein in die Visierung. Doch die Übergänge zwischen Schulter- und Ego-Ansicht sind viel zu häufig hakelig und wenn man in bestimmten Bewegungsabläufen die Perspektive wechselt, schaut man natürlich nicht in Richtung des Feindes und braucht erst einmal ein paar wertvolle Sekunden, bis man seine Sicht wieder justiert hat. Das würde umso stärker ins Gewicht fallen, wenn die KI nicht viel zu häufig absolut strunzdoof reagierte. Häufig nehmen die Feinde einen relativ effektiv unter Beschuss oder zerfetzen die Deckung, hinter der man kauert. Doch es gibt auch mindestens ebenso viele Momente, in denen man die oft auf den gleichen Laufwegen um die Ecken kommenden Feinde einen nach dem anderen ohne Probleme ins Jenseits schickt. Oder dass man sie in Deckung beschießt, sie trifft und sie nicht einmal den Versuch unternehmen, sich eine neue Position zu suchen. Oder dass sie mitunter nicht einmal auf einen schießen, wenn man frontal auf sie zuläuft. Was zu einem passablen Action-Fest hätte werden können, dessen Potenzial immer in den seltenen Momenten durchscheint, wenn Devil's Third zu einem durchschnittlichen Shooter wird, wird von der KI ständig auf den harten Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Brachial und banal
Unter dem Strich fühlte ich mich bei Devil's Third allerdings nicht an die Titel erinnert, an denen sich Itagaki offensichtlich orientierte, sondern an die Conduit-Serie auf Wii. Ebenfalls im Vorfeld viel versprechend, konnte sich die Shooter-Action vor allem durch grausiges Leveldesign sowie Technik- oder KI-Macken hervortun. Immerhin war die Steuerung auf der Vorläufer-Konsole der WiiU vorbildlich umgesetzt. Bei Devil's Third funktioniert die erzkonservative Steuerung ebenfalls, aber sie vorbildlich zu nennen, wäre vermessen - zumal sie keinerlei Nutzen aus dem Touchpad zieht.
Zwischen schick und schade
Ästhetisch läuft ebenfalls nicht alles rund. Das Artdesign wirkt über große Strecken generisch, das Figurendesign wirkt unangenehm vertraut. Und wieso die eigentlich passable Mimik der Antagonisten oft durch unpassend große Kieferbewegungen beim Sprechen beinahe den Eindruck von Schlangenwesen hinterlässt, die ihren Unterkiefer zwecks Nahrungsaufnahme "aushaken", stellt mich vor ein Rätsel. Dann wiederum passt es doch ins Gesamtbild: Devil's Third ist maßlos überambitioniert.
Mehrspieler-Bombe?
Das Umfeld mit umfangreicher Personalisierung, Levelaufstiegen und dem Erwerb neuer Fähigkeiten ist konzeptionell ebenfalls solide. Aber es bietet zum einen nichts, was nicht auch in anderen Multiplayer-Shooter zu finden ist. Und zum anderen gibt es Mikrotransaktionen, die auf "Pay-to-win" schließen lassen. Man findet bei der zweiten zur Verfügung stehenden Währung (goldene Eier!) eine Umleitung in den Store, der vorab allerdings noch keine Ergebnisse lieferte. Hier dürfte auch im Hinblick auf die Zukunft mit der Ankündigung von Devil’s Third Online als Free-to-play-Spiel für den PC vorgebaut worden sein.
Fazit
Seit der ersten Ankündigung habe ich mich als erklärter Fan der Arbeit von Tomonobu Itagaki auf Devil's Third gefreut. Und diese Vorfreude hat auch nicht gelitten, als Nintendo die WiiU-Exklusivität der Action verkündete und ich damit nach Bayonetta 2 einmal mehr das Gefühl hatte, dass sich die Anschaffung der Konsole gelohnt hat. Doch nicht einmal die euphorische Vorfreude konnte die Ernüchterung kaschieren, die sich im Prinzip kurz nach dem Einschalten einstellte und mich über die gesamte Spielzeit begleitet hat. Devil's Third will viel. Es will ein Shooter sein wie Call of Duty. Es will brachiale Nahkampf-Action à la Ninja Gaiden zelebrieren. Es will eine filmreife Story erzählen. Und es möchte Mehrspieler-Standards setzen. Doch egal in welchen Bereichen man sich umschaut, ist die Premiere des Valhalla Game Studios im Bestfall biederer Durchschnitt - all zu häufig noch nicht einmal das, vor allem auch erzählerisch . Ist Devil's Third das schlechteste Spiel, das Nintendo je veröffentlicht hat, wie ein amerikanischer Kollege im Vorfeld schrieb? Nein, denn dann müsste man die Existenz von Spielen wie Wii Music ebenso abstreiten wie die des vierten Indiana-Jones-Filmes. Doch diese Action ist durchweg gewöhnlich und entgegen Itagakis Natur vollkommen unspektakulär. Nintendo hat sich im Gegensatz zum schlauen Bayonetta-2-Schachzug mit dieser Exklusivität keinen Gefallen getan.
Pro
- Kulisse mit einigen schönen Panoramen und Hintergründen...
- Mischung aus brachialem Nahkampf und ballistischen Gefechten
- faire Kontrollpunkte
- ordentliches Waffenarsenal
- konzeptionell passabler Mehrspieler-Modus mit zehn Modi sowie Personalisierung
Kontra
- ... aber auch viel Durchschnitt und mit Bildratenproblemen
- abstruse Story ohne Trashbonus
- schwache KI
- linear
- schwache Bosskämpfe
- Übergänge zwischen Schulterkamera und Egosicht hakelig
- technisch unspektakuläre Zwischensequenzen