Sorcerer King - Test, Taktik & Strategie, PC
Okay, das musste irgendwann passieren: Der Sorcerer King hat sich bisher nur misstrauisch über meine Expansion geäußert, aber jetzt greift er an. Seine Feldherren Aegethon und Vetrar ziehen über die Karte. Erst hat er nur in kleinen Trupps blaue Kristalle zerstört oder Kundschafter vernichtet, jetzt hat er tatsächlich meine erste Stadt mit einer großen Armee geschliffen. Sie ist nach schwacher Gegenwehr einfach so vom Erdboden verschwunden - ein einsamer Pionierwagen wartet auf Befehle. Weil sie in meinem Zentrum lag, steht der Feind mit seinen lila Schergen jetzt nicht irgendwo an der Grenze, sondern mittendrin in meinem Reich. Wenn ich die Karte ganz weit rauszoome, kann ich mein strategisches Problem auf der vergilbten Übersicht erkennen, die Straßen und Orte aus der Draufsicht anzeigt. Hätte ich diese Schergen früher attackieren sollen? Oh ja, aber ich fühlte mich noch zu schwach für den offenen Krieg.
Krieg vor der Haustür
Zuckerbrot und Peitsche...
Schön ist nicht nur, dass man im Stadt-Management abseits der Rohstoffplanung auch manuell Schwerpunkte setzen kann, um z.B. temporär mehr Mana zu bekommen. Hinzu kommt das territoriale Prinzip, das sichtbare Grenzen auch für neutrale Mächte anzeigt. Nur wenn man Monster- und Banditenlager vernichtet oder sein Gebiet über neue Türme und Städte ausweitet, kann man auch die darin enthaltenen Metall- und Kristallminen sowie Pferdeweiden bebauen, um Rohstoffe oder Ritter zu produzieren. Und auch die für den Spielsieg wichtigen blauen Kristalle lassen sich erst nutzen, wenn sie sich im eigenen Gebiet befinden - dann spenden sie wertvolles Mana, das einem unterstützende oder vernichtende Zauber sowohl auf der Karte als auch in der Schlacht ermöglicht. So kann man z.B. die Nahrung oder Produktion einer Stadt erhöhen, damit sie schneller wächst oder Gebäude bzw. Truppen baut. Oder man kann eine Armee einfrieren, damit sie etwas länger zum Ziel braucht. Das hätte mir vielleicht geholfen und meine Stadt gerettet!
Apropos Schlacht: Die finden zwar nur in relativ kleinen Arenen ohne Höhenunterschiede statt, aber dafür punkten die rundenbasierten Gefechte mit tollen Animationen, Truppenvielfalt sowie taktischen Finessen. Man hat nicht nur zig Nah- und Fernkämpfer, dazu berittene oder fliegende Einheiten und diverse Bestien zur Verfügung. Hinzu kommen universelle Zauber wie z.B. Nebel in den eigenen Reihen, der gegen Projektile schützt, sowie sehr interessante Fähigkeiten - cool ist z.B. das Wechseln der Plätze, das einen miesen Bogenschützen aus der hintersten Reihe mal schnell zwischen die eigenen Ritter teleportiert; autsch! Es gibt zig temporäre Stärkungen und Schwächungen, dazu weite Rundumschläge oder das Galoppieren oder Versengen durch ganze Reihen, wobei finale Hiebe auch wuchtig inszeniert werden.
Rundentaktik im flachen Gelände
Lethargische KI und eingleisige Diplomatie
Auch die Diplomatie ist zu schnell eine Einbahnstraße: Es gibt die immer gleichen Handelsangebote und fast keine außenpolitischen Möglichkeiten oder Abkommen abseits von Bündnis oder Krieg. Der Weg zum Bündnis läuft ebenfalls nach Schema F, indem man in Multiple-Choice-Dialogen die charmante Antwort wählt und danach ein, zwei Aufgaben für die Fraktuon erledigt.
Einigermaßen spannend ist immerhin, dass sich nach Erledigung nicht nur die eigene Bündnisleiste füllt, sondern auch der Einfluss des Sorcerer Kings auf jene Fraktion steigen kann - dann muss man sich sputen.Zwar gibt es keinen Online-Modus, sondern nur einsehbare Ranglisten, aber dafür kann man das Spiel in zig Bereichen den eigenen Bedürfnissen anpassen: Es gibt fünf Schwiertigkeitsgrade und fünf Kartengrößen für knapp ein Dutzend möglicher Areale wie "Hidden Valley" oder "Archipelago". Man kann auch einen eigenen Startcharakter samt Name, Fähigkeiten und Truppen erstellen, falls die sechs vorgegebenen Anführer nicht gefallen. Außerdem lässt sich die Anzahl der wichtigen Kristalle sowie das Tempo der apokalyptischen Leiste anpassen.
Kein Multiplayer, aber zig Optionen für Solisten
Fazit
Sorcerer King hat mich vor allem in den ersten Partien sehr gut unterhalten, weil es sich erfrischend anders spielt - fast so, als würde man bei seinen Zügen ständig von einem Dungeon Keeper beobachtet. Denn im Hintergrund agiert der schon zu Beginn mächtige "Sorcerer King" als trügerische Kraft mit Zuckerbrot und Peitsche, Geschenken und Nadelstichen - kann man ihn besiegen, obwohl er die eigenen Aktionen kommentiert und alles beobachtet? Das ist endlich mal ein kreativer Impuls in der 4X-Strategie! Ansonsten geht es um Rohstoffe und Stadtausbau, Verbündete und Truppenmanagement, Monsterjagd und Heldenkarrieren sowie kleine Quests und Anekdoten, die neben den Eroberungen für etwas Rollenspielflair sorgen. Aber so humorvoll dieses kreative Vabanque-Spiel inszeniert wird, schwächelt Sorcerer King zum einen hinsichtlich des etwas faden Artdesigns und auf lange Sicht vor allem in den wichtigen Bereichen KI und Diplomatie. Unterm Strich kein grandioses, aber ein empfehlenswertes Strategiespiel!
Pro
- kreative Spielidee mit ultimativem Gegner
- Sorcerer King kommentiert, beobachtet und lockt
- sechs Anführer-Charaktere zur Wahl
- Techtree für Anführer und Helden
- Gebiet erweitern, Kristalle beschützen
- Helden ausrüsten, Waffen & Ausrüstung verzaubern
- etwas Rollenspielflair durch kleine Quests
- Truppen gewinnen Erfahrung, steigen auf
- sehr schöne Animationen und Soundeffekte
- fünf Kartengrößen, fünf Schwierigkeitsgrade
- Online-Ranglisten
- zig Optionen zum Feintuning
- offen für Modifikationen
Kontra
- sehr lethargische KI
- kaum Möglichkeiten in der Diplomatie
- Kämpfe und Dialoge wiederholen sich
- nur ein Volk spielbar
- Texte und Sprache komplett Englisch
- kein Online-Modus
- fades Artdesign