Submerged - Test, Action-Adventure, PC, PlayStation4, XboxOne

Submerged
13.08.2015, Mathias Oertel

Test: Submerged

Allein in einer vergessenen Welt

Das Indie-Team von Uppercut Games möchte mit Submerged ein klassisches Action-Adventure inszenieren, dabei aber auf Kampf verzichten. Stattdessen setzt es auf eine geheimnisvolle Spielwelt und möchte als Ersatz für die Gefechte mit Atmosphäre punkten. Ob das Vorhaben geglückt ist, verraten wir im Test.

Man erfährt nicht, wie die vollkommen überflutete und in Ruinen befindliche Stadt heißt, die das vielleicht sechzehnjährige Mädchen Miku mit ihrem Bruder Taku erkundet. Auch die Geschichte der beiden Geschwister erfährt man erst nach und nach. Wieso sie z.B. mit einem motorisierten Fischerboot den offensichtlichen schweren Weg auf sich genommen haben. Was mit ihren Eltern ist. Und wieso der Bruder schwer verletzt wurde. Doch vorerst ist das 'Warum' nicht wichtig. Es zählt nur, dass Miku Versorgungsgüter findet, um ihn gesund zu pflegen. Dazu muss man mit ihr die offene Stadt erforschen. Mit ihrem Motorboot fährt man durch die immer wieder gespenstisch wirkenden Betonskelette der einstmals stolzen Hochhäuser, die teilweise eingestürzt sind. An bestimmten Schauplätzen kann sie ihr Boot verlassen und die Ruinen erforschen, die in ihren stärksten Momenten an jene aus Enslaved erinnern. Die dann folgenden Kletterpartien können mitunter nur wenige Augenblicke dauern. Manchmal ist man aber auch gut zehn bis 15 Minuten beschäftigt, bis man auf der obersten Etage des Wolkenkratzers angekommen ist, wo ein offensichtlich in einer früheren Ära von einem Flugzeug abgeworfenes Rettungspaket wartet.

Kampf gegen den Tod

Eine untergegangene Stadt, ein Geschwisterpaar und zahlreiche Geheimnisse stehen im Mittelpunkt von Submerged.
Zehn dieser Pakete muss man finden, wenn man den Bruder retten möchte. Doch die Stadt birgt noch viele weitere Geheimnisse. Es gibt 60 Bücher, die der Chronik jeweils ein Piktogramm hinzufügen und mit ein wenig Interpretation schließlich ein Gesamtbild der Katastrophe zeichnen, die scheinbar nicht nur diese Stadt heimgesucht hat. Man kann besondere Sehenswürdigkeiten entdecken, die man als Brücke, Statue oder Überbleibsel eines Riesenrads identifiziert, die in dieser wohl von überlebenden Stämmen bewohnten Welt jedoch neue Namen wie "Die aufmerksame Lady" bekommen haben. Man lernt die Fauna kennen, die die vermeintliche Katastrophe überlebt hat und nun ihr Habitat beherrscht, ohne Übergriffe der menschlichen Bevölkerung fürchten zu müssen. Man trifft aber auch immer wieder auf geheimnisvolle Wesen, die wie eine Mischung aus Menschen und Krebswesen aussehen und die eine zwielichtige Rolle spielen - ihre Beweggründe bleiben lange ebenso unklar wie ihre Herkunft. Und man wird z.B. mit der Frage konfrontiert, welche Opfer man bereitwillig für eine Person macht, die man liebt.

Das sieht zwar gefährlich aus, ist es aber nicht - man kann beim Klettern nicht abstürzen.
Submerged verzichtet dabei weitgehend auf Sprachausgabe - und nutzt bei den wenigen inneren Monologen Mikus eine eigene Fantasiesprache. Stattdessen setzt man auf die Atmosphäre, die im Zusammenspiel zwischen dem stimmungsvollen, sehr ruhigen Soundtrack aus der Feder von Jeff van Dyck (Shogun 2, Hand of Fate) und der Kulisse entsteht, die sich Unreal Engine 4 zu Nutze macht. Wo sich der Kevin-Costner-Film Waterworld mit einer ähnlichen erzählerischen Basis in Action verzettelt, kommt es hier immer wieder zu emotionalen Situationen. Wenn z.B. eine Art Wal neben Mikus Boot unvermittelt auftaucht oder sie für ein paar Minuten auf ihrer Odyssee von der "postapokalyptischen" Version von fliegenden Fischen bzw. Delphinen begleitet wird, während die untergehende Sonne sich in dutzenden Fenstern spiegelt, sorgt dies mit den getragenen Melodien für ein friedvolles Gefühl. Mit Einbruch der Dunkelheit oder einsetzendem Regen kann sich dieses jedoch schnell in Einsamkeit verwandeln. Mit wenigen Stilmitteln schafft Submerge eine bemerkenswerte Atmosphäre in der Spielwelt. Einzig Bedrohung wird nicht hervorgerufen.

Stimmungssache

Das ist während der Erforschung der Stadt auch gar nicht nötig. Man lässt sich treiben und nutzt ab und an das Fernrohr, um die Umgebung auszuspähen, wobei Entdeckungen wie Standorte von Büchern auf der übersichtlichen Karte markiert werden. Doch spätestens beim Erklimmen der Gebäude (die schließlich einen Großteil der Spielzeit einnehmen) hätte ich mir mehr Dramatik gewünscht. U.a., um einen Kontrapunkt zum beschaulichen Schippern durch die Stadt zu inszenieren. Doch hier bleibt alles ähnlich gefahrlos wie die Reise durch die Ruinen. Miku kann nicht abstürzen. Egal, was man auch versucht, kann ihr nichts passieren. Insofern ist es beinahe schon eine zwangsläufige Designentscheidung, dass man nicht aktiv mit ihr springen kann. An vorgesehenen Stellen kann sie sich zwar an ein Regenrohr klammern oder sich über Vorsprünge fortbewegen, während die Kamera gelegentlich die Perspektive wechselt und über eine neue Position so etwas wie Spannung aufzubauen versucht. So werden ihre Ausflüge zu einem leidlich unterhaltsamen Wimmelbild degradiert: Wo ist der nächste Vorsprung und über welche Umwege komme ich zu der Stelle, an der ich ein Buch ausgemacht habe?

Die Wale sind ungefährlich.
Doch das ist nicht einmal das größte Problem. Die Atmosphäre, die die Schwächen des Klettersystems übertünchen könnte und auch mit den beeindruckenden Aussichten von einem Kran oder den Dächern der Hochhäuser punktet, verliert durch kleine Inkonsequenzen an Reiz. Und dadurch, dass Submerged mechanisch leider schnell durchschaut ist. Während die 60 Bücher durchaus Sinn ergeben und helfen, Stimmung sowie Neugier auf die Welt aufzubauen, sind die über 20 Upgrades, die dafür sorgen, dass Mikus Boot länger mit Boost über die Wellen jagen kann, überflüssig. Auch das Fernrohr als Stilmittel der Welterkundung nutzt sich schnell ab – nicht nur, weil es inkohärent arbeitet und mal Gegenstände markiert, sie ein anderes Mal jedoch nicht auf der Karte niederschreibt. Sondern, weil man es eigentlich nicht braucht. Klar kann man von Zeit zu Zeit anhalten und die oberen Etagen der versunkenen Wolkenkratzer unter Beschau nehmen, um die Fallschirme zu entdecken, die die zehn Versorgungskisten markieren.

Vorhersehbare Idylle

Die Stadt strahlt eine eigentümliche Atmosphäre aus.
Doch man kann auch einfach nur um die Gebäude fahren und Ausschau nach den mit roten Blüten markierten Ranken halten, die ein "Klettergebiet" markieren und die immer entweder zu Büchern oder Ausrüstung führen, die Miku für ihren Bruder benötigt - selbst wenn man sie vorher nicht entdeckt hat. Diese einhundertprozentige Trefferquote lässt ebenfalls viel der situativen Spannung weichen. Wieso kann man nicht mal eine der ohnehin nicht fordernden Kletterpartien machen und wird "nur" mit einer schönen Aussicht belohnt? Weitere Stimmungskiller sind die mitunter staksigen Animationen Mikus und die fehlerhaft bzw. unzureichend eingesetzte Wasserphysik. So wird man zwar z.B. zur Seite "gedrückt", wenn eines der Walwesen unvermittelt neben einem auftaucht. Doch die dadurch entstehenden Bugwellen spielen für die Bewegung des Bootes keine Rolle. Schade, dass sich ein Spiel, das derart auf Atmosphäre setzt und zu großen Teilen Erfolg damit hat, mit solchen Kleinigkeiten torpediert.

Fazit

In der ersten der etwa dreieinhalb bis fünf Stunden, die man für die Geschichte benötigt, ist Submerged geheimnisvoll und macht dadurch neugierig . Die in Grundzügen an Enslaved erinnernde überflutete Spielwelt zieht einen zusammen mit dem sehr guten sowie angenehm ruhigen Soundtrack in den Bann. Auch die Entscheidung, mit einer Fantasie-Sprache zu arbeiten und wichtige Momente über Piktogramme zu erzählen, die Spielraum zur Interpretation lassen, passt gut. Zu diesem Zeitpunkt ist die Welt der Hauptdarsteller, von dem man nicht genug bekommen kann und den man erforschen möchte. Doch je weiter man vordringt, je mehr man entdeckt, umso schneller verflacht das Interesse. Denn mechanisch ist Submerged nicht so faszinierend wie erzählerisch oder visuell. Vorhersehrbare Elemente in der Spielwelt und Einschränkungen beim Klettern, das vollkommen gefahrenfrei ist, sorgen dafür, dass dem konzeptionell interessanten Action-Adventure zu schnell die Luft ausgeht.

Pro

  • stimmungsvoller getragener Orchester-Soundtrack
  • Fantasysprache
  • geheimnisvolle Spielwelt
  • Action-Adventure ohne Kampf
  • ansehnliche Kulisse

Kontra

  • anspruchsloses Klettern
  • kein aktives Springen der Hauptfigur
  • Boots-Upgrades unnötig
  • Wasserphysik uneinheitlich
  • Fernrohr markiert Geheimnisse nicht immer

Wertung

PC

Konzept und Kulisse machen neugierig, doch Submerged verzettelt sich in kleinen Problemen wie vollkommen gefahrlosem Klettern und Vorhersehbarkeit.

PlayStation4

Konzept und Kulisse machen neugierig, doch Submerged verzettelt sich in kleinen Problemen wie vollkommen gefahrlosem Klettern und Vorhersehbarkeit.

XboxOne

Konzept und Kulisse machen neugierig, doch Submerged verzettelt sich in kleinen Problemen wie vollkommen gefahrlosem Klettern und Vorhersehbarkeit.