WWE 2K16 - Test, Sport, 360, PlayStation4, PC, XboxOne, PlayStation3

WWE 2K16
02.11.2015, Mathias Oertel

Test: WWE 2K16

Freunde? Feinde? Auf's Maul!

Das letztjährige Debüt der Wrestlinghelden auf den aktuellen Konsolen war ambitioniert, aber letztlich halbgar. Visuell konnte man zwar zumeist überzeugen, doch sowohl inhaltlich als auch mechanisch blieben viele Wünsche offen. Mit WWE 2K16 (ab 16,73€ bei kaufen), auf dessen Cover die Texas Rattlesnake "Stone Cold" Steve Austin prangt, möchte man die Scharte auswetzen. Ob dies gelungen ist, klären wir im Test.

Die WWE-Spiele haben eine undankbare Aufgabe: Sie müssen ein geskriptetes Sportevent in ein spannendes Kampfspiel verwandeln. Dass dabei sowohl die Akrobatik als auch das Drama, das in den Showkämpfen steckt, nicht vernachlässigt werden darf, macht die Aufgabe nicht leichter. Doch das Team von Yuke's, das schon zu Zeiten von THQ die Spiele rund um die Athleten des World Wrestling Entertainment zur Hochform führte, schien immer ein glückliches Händchen zu haben. Doch in den letzten Jahren geriet man ein wenig ins Stolpern: Nach dem Ende von THQ übernahm zwar 2K die Lizenz und traf die gute Entscheidung, die Entwicklung bei Yuke’s zu belassen. Doch mit dem ersten unter dem 2K-Sports-Label veröffentlichten WWE 2K14 hatte man so spät im Herstellungszyklus kaum Einflussmöglichkeiten.

Mehrfach-Crux

Man kann aus über 120 Wrestlern wählen. Wem das nicht reicht, nutzt die potenten Editoren oder lädt Community-Kreationen herunter.
Beim Nachfolger 2K15 hingegen musste man nicht nur die angestammten Systeme PS3 und 360, sondern auch die aktuellen Konsolen bedienen. Und das Ergebnis war nicht Fisch, nicht Fleisch. Die unter Mitarbeit der NBA-Könige von Visual Concepts entstandene Karriere zeigte wie die Kulisse und vor allem das überarbeitete und taktischer geprägte Kampfsystem viel Potenzial. Es fehlte aber in nahezu jeder Hinsicht der Rohschliff. Dazu kam, dass die PS4- und One-Premiere von reduzierten bzw. fehlenden Editoren und einer für Serienverhältnisse sehr kleinen Kämpferauswahl geplagt wurde. Sicher: Für Mortal Kombat oder Tekken sind etwa 60 Kämpfer etwas Besonderes. Doch im Rahmen der Wrestling-Spiele war dies doch sehr wenig.

Zumindest nominell hat WWE 2K16 in diesem Bereich keine Probleme mehr - stattdessen wechselt man von einem Extrem ins andere. Letztes Jahr noch vergleichsweise klein, stellt man mittlerweile mit über 120 Superstars, Legenden und Diven die größte Auswahl der Serie zur Verfügung. Nach dem Rassismus-Skandal um Hulk Hogan fehlt dieser zwar. Doch abseits dessen hat man eine Riege zusammengetrommelt, die sich sehen lassen kann und bei der hauptsächlich Athleten fehlen, die derzeit noch bei anderen Ligen aktiv sind wie z.B. die Hardys oder Kurt Angle. Dass bei den Diven Lita oder Trish Stratus nicht dabei sind (allerdings per DLC nachgereicht werden sollen), ist allerdings ebenso schade wie das Fehlen von Eddie Guerrero, Giant Gonzales, Rob Van Dam oder einigen Managern wie Harvey Wippleman. Zudem wird die Zahl auch durch die verschiedenen Versionen einiger Wrestler nach oben geschraubt. Vom Undertaker z.B. sind auch die American-Badass- sowie Ministry-Versionen dabei, von Sting finden sich ebenfalls drei Personas, Big Show ist auch als Paul Wight vertreten. Dennoch ist dies unter dem Strich eine beachtliche Auswahl,  mit der man auch eine stattliche Anzahl von Duellen einer längst vergessenen Ära wieder aufleben lassen könnte.

Mehr ist besser?

Der Wiedererkennungswert schwankt zwischen "grandios" und "naja".
Und wem das nicht reicht, der kann natürlich auf die bereits angekündigten Download-Pakete warten, im Editor nachbessern oder sich darauf verlassen, dass die rege Community Nachschub liefert. Und der sieht besser aus als je zuvor - auch wenn die Übersichtsseiten der Download-Börse von fiesen Ladezeiten geplagt werden. Nicht nur, weil man dieses Jahr auch wieder weibliche Wrestler erstellen darf. Sondern auch, weil man bei selbst erstellten Superstars jetzt noch mehr Einstellmöglichkeiten hat als je zuvor, so dass mit etwas Geduld nur noch der Fantasie Grenzen gesetzt sind. Zwar kann man bei den Gesichtern in 2K16 nicht mehr aus einer breiten Massen vorgefertigter Nasen, Augenpartien, Ohren, Mündern etc. auswählen, sondern muss das mitunter etwas umständliche Morphing-Tool verwenden, um Köpfe zu individualisieren. Dafür jedoch geben bereits im Spiel integrierte Fotos einen Ausblick auf das, was von Morphing und dem bereits angekündigten Bilderimport per mobiler App möglich ist. Die Ladezeiten für neue Elemente halten sich meist in Grenzen - mit Ausnahme der Kleidung, deren Nachladen vor allem beim Wechsel der Oberflächenbeschaffenheit (z.B. von Stoff zu Lack) immer wieder an den Nerven zehrt.

Die Action im Ring profitiert vom überarbeiteten Kontersystem.
Doch natürlich kann man nicht nur Figuren erstellen. Eng damit zusammen hängen die editierbaren Move-Sets oder die Einmärsche. Doch gerade bei Letztgenanntem ist es schade, dass man auf PS4 und One weder eigene Musiken importieren darf noch Videos aus Kampfszenen oder Einmärschen zusammenschneiden kann, damit diese auf dem "Titantron" angezeigt werden. Dafür jedoch darf man sich im Arena-Editor austoben und einen Schauplatz für die Showkämpfe arrangieren. Bühne, Rampen, Ringdesign: Nahezu alles lässt sich modifizieren, neu einfärben oder mit eigenen Logos sowie Texten versehen. Das geht zwar nicht immer so einfach von der Hand wie beim Figurendesign, wobei auch die Ebenenverwaltung eine große Rolle spielt. Doch hat man sich an die angesichts der Optionen gerade noch erträgliche Unhandlichkeit gewöhnt, kann man auch hier seiner Fantasie freien Lauf lassen und beeindruckende Ergebnisse erzielen.

Selbstbau-Overkill

Doch natürlich besteht WWE 2K16 nicht nur aus Baukasten-Tools - die Ringaction kommt nicht zu kurz. Neben einer breiten Auswahl an Schaukampf-Optionen von simplen 1-gegen-1-Kämpfen in unterschiedlichen Schattierungen bis hin zum herrlich chaotischen Royal Rumble mit 30 Kämpfern stehen einem beinahe 50 Varianten zur Verfügung. Schade ist zwar, dass beim Rumble abermals nur maximal sechs Athleten gleichzeitig im Ring sind und z.B. Klassiker wie Sargmatches ebenso fehlen wie die Möglichkeit, im Backstage-Bereich zu kämpfen oder Streitereien anzufangen. Immerhin: Die meisten der auch offline zur Verfügung stehenden Matchtypen kann man auch online wählen. Allerdings hat der Online-Modus seine ganz eigenen Mankos. Die fehlende Lobby ist dabei nur das kleinere Übel. Problematischer sind da schon die Lags, die mitunter unvermittelt auftauchen und unter Umständen das Match entscheidend beeinflussen. Läuft der Kampf problemlos, kommt es auch online zu spannenden Duellen, in denen die Änderungen am Kampfsystem positive Auswirkungen zeigen.

Autsch! "Heartbreak Kid" Shawn Michaels muss einstecken.
Bereits im letzten Jahr hatten sich die veränderte Spielgeschwindigkeit und ein überarbeitetes Ausdauergefühl bemerkbar gemacht und dafür gesorgt, dass Tempowechsel, die in den echten TV-Übertragungen für Dramatik sorgen, auch im Spiel zunehmend an Bedeutung gewinnen. Allerdings wurde der Kampf bei gleichwertigen Spielern irgendwann zu einem "Konter-Duell". Davon kann man sich dieses Jahr verabschieden. Jeder Kämpfer hat basierend auf seinen Werten eine bestimmte Anzahl an Konteroptionen (maximal fünf), die sich nur langsam wieder aufladen. Dementsprechend muss man sich die richtigen Momente aussuchen, um den Konter auszuspielen. Dabei braucht man übrigens keine Angst zu haben, dass man eines der wertvollen Segmente vergeudet: Nur erfolgreiche Versuche kosten etwas. Mit diesem kleinen Kniff bekommen die Kämpfe eine zusätzliche Dynamik sowie taktische Komponente. Denn unter Umständen kann es mittlerweile besser sein, den einen oder anderen Schlag bzw. Slam einzustecken. Denn im Gegenzug kann man versuchen, sein Gegenüber mit kleinen Aktionen zum Verschwenden der Konteroptionen zu bewegen. Und ist das letzte Segment erst einmal aufgebraucht, kann man mit seinem Gegner fast alles ohne großartige Gegenwehr machen. Eine zusätzliche Block-Funktion (gerne auch mit einer weiteren Energieleiste) würde den Gefechten aber dennoch gut zu Gesicht stehen - so fehlen mir im Kampf entscheidende Grautöne.

Taktische Geplänkel

Die ACtion im Ring wogt meist dynamisch hin und her.
Doch nicht nur hier hat man angesetzt. Das Entkommen aus einer Pin-Position wurde visuell angepasst und wirkt nun harmonischer, während Aufgabegriffe mit einem neuen Minispiel versehen wurden, das die Knopfhämmer-Mechanik der Vorgänger ersetzt. Jetzt hat jeder Spieler einen Bereich in einem Ring, den er bewegen kann; der eine ist rot, der andere blau. Der Angreifer muss versuchen, seinen Bereich über dem des Verteidigers zu platzieren, der wiederum genau dies verhindern möchte. Prinzipiell ist dies ein gutes und auch bewährtes System - Yuke's hatte es seinerzeit auch bei UFC Undisputed 3 eingesetzt. Allerdings hat es schon damals nur einigermaßen funktioniert und war den Aufgabesystemen unterlegen, die EA erst für EA Sports MMA und dann für UFC entwickelte. Dennoch zeigt sich WWE 2K16 mit den Änderungen insgesamt auf einem guten Weg. Die Kämpfe sind taktisch angehaucht, durch die Bank dynamisch und auch hinsichtlich der Tempovariation eine ordentliche Umsetzung dessen, was man Woche für Woche im Fernsehen sehen kann. Kleine Unstimmigkeiten mit Kollisionsabfrage oder Physik von Ringseilen bzw. Gegenständen kann man zwar weiterhin bemerken, doch sie wurden im Vergleich zum letzten Jahr spürbar eingedämmt.

Im 2K3:16-Showcase trifft man auch auf ältere Versionen von Steve Austin.
Deutlich aufgebohrt hingegen wurde die Karriere. Zwar fängt man wie letztes Jahr als Nachwuchs-Wrestler im Performance-Center an und muss sich über die NXT-Shows mühsam hocharbeiten. Doch der Weg in die Hall of Fame ist gepflastert mit Entscheidungen. Nach nahezu jedem wichtigen Match wird man kurz interviewt, wobei die gegebenen Antworten nicht nur beeinflussen, ob man Heel (böse) oder Face (gut) ist, sondern auch die Reaktion und das Verhältnis anderer Wrestler beeinträchtigen oder verbessern können. Zusätzlich kann man in nahezu jedes Match der jeweiligen Show eingreifen und sich so Respekt verschaffen bzw. neue Freundschaften oder Feindschaften pflegen. Man kann natürlich auch Rache üben, falls der gerade gültige Hauptfeind sich bereits beim Einmarsch oder im Match eingemischt und einen z.B. den Sieg gekostet hat. Weitere Entscheidungen betreffen u.a. die Pflege der Charakterwerte in über 30 Kategorien, die Wahl eines Managers oder besonderer Fähigkeiten. Und man darf sogar schließlich für oder gegen die "Authority" mit Stephanie McMahon-Helmsley und Triple H antreten, wodurch die Karriere in jeweils andere Richtungen gelenkt wird. In diesem Zusammenhang ist es schade, dass ausgerechnet Stephanie McMahon zu den etwa 20 Prozent der Spielfiguren gehört, deren Wiedererkennungswert nicht berauschend ist - wobei dies nicht nur der weiterhin problematischen Darstellung von langen Haaren geschuldet ist, mit der die Engine einfach nicht fertig wird. Auch Gesicht und Kopfform sind bei ihr wie auch Roman Reigns, The Rock und einigen anderen nicht in den akkuraten Proportionen abgebildet. Doch davon abgesehen hat die Karriere im Vergleich zum letzten Jahr einen großen Schritt nach vorne gemacht - auch wenn sie immer noch nicht an das Pendant der NBA-Kollegen herankommt. Unter anderem auch deshalb, weil die Interviews nach den Matches schwach inszeniert werden und darüberhinaus mit Ladezeiten und einer vollkommen unkenntlichen Renee Young als Interviewerin auffallen.

Ich gegen Steve Austin

Der zweite große Modus ist eine Fortsetzung der bewährten Showcases. Das Konzept mit seinen vorgegebenen Zielen, daraus folgenden freigespielten Belohnungen oder Objekten sowie einer cleveren Mischung aus Original-Videos, echten Soundschnippseln und Szenen in Spielgrafik ist zwar nicht neu. Aber die über 20 Episoden, die man nachspielt, drehen sich um niemand Geringeren als den Coverstar "Stone Cold" Steve Austin. Natürlich ist mir bewusst, dass Austin im Rahmen des Attitude-Modus von WWE '13 als Quasi-Mitbegründer der Attitude-Ära eine große Rolle gespielt hat. Doch da dieser Showcase auch weiter in die Vergangenheit von Steve Austin reicht und Stone Cold in seiner illustren Karriere gegen mehr als nur eine Hand voll namhafter Stars gekämpft hat, habe ich sehr gerne diese Reise in die Vergangenheit unternommen.

Fazit

Yukes, Visual Conecpts und 2K sind auf einem guten Weg. Man hat sich einiger mechanischer sowie inhaltlicher Kritikpunkte des letzten Jahres angenommen und bietet interessante Lösungsvorschläge an. Durch die endlich limitierten Konter bekommen die hinsichtlich der Tempovariationen sehr eng an den "echten" Kämpfen liegenden Auseinandersetzungen eine neue taktische Ebene. Und mit den frischen Pin- sowie Aufgabe-Systemen hat man ebenfalls eine gute Richtung eingeschlagen, wobei das sich an UFC Undisputed 3 orientierende Submission-Minispiel ebenso Luft nach oben hat wie die schwankende Qualität der Wiedererkennung. Doch mit einem "Roster" aus weit über 100 Athleten und einem breiten Spektrum an Matchtypen wird einem nicht so schnell langweilig. Der WWE-Universe-Modus wurde verfeinert, die Karriere hat ebenfalls einen Schritt nach vorne gemacht und bietet zahlreiche Entscheidungen bzw. Eingriffsmöglichkeiten, nervt allerdings auch auf Dauer mit den Mini-Interviews. Und für mich als älteren WWE-Fan ist die aufwändig inszenierte "Showcase"-Kampagne rund um Steve Austin zwar keine große Überraschung, aber dennoch die Kirsche auf der Sahne. Bleiben noch die Editoren, die dieses Jahr umfangreicher sind als je zuvor, aber auch mit einer nicht immer intuitiven Bedienung und mitunter fiesen Nachladezeiten auffallen. Langsam, aber sicher ist die WWE-Serie unter 2K-Führung wieder auf dem Weg zu alter Stärke.

Pro

  • Auswahl an über 120 Kämpfern
  • spannender, taktisch geprägter Kampfverlauf
  • neues Konter-, Pin- und Submission-System...
  • umfangreiche Editoren bis hin zu eigenen Arenen und Shows
  • ordentliche Match-Kommentare
  • große Auswahl an Matchtypen
  • interessante Karriere mit Entscheidungen
  • die meisten Athleten bieten einen hohen Wiedererkennungswert...
  • gut inszenierter "Showcase" rund um Stone Cold Steve Austin
  • im Detail verbessertes und erweitertes "WWE Universe"

Kontra

  • Online-Modus ohne Lobbysystem und mitunter mit herbem Lag
  • Interviews in der Karriere zu langatmig und schwach inszeniert
  • ... bei dem die Submission-Mechanik immer noch nicht ausgereift ist
  • stark schwankende Zuschauerkulisse
  • in manchen Editoren fiese Wartezeiten beim Nachladen neuer Objekte
  • manche Bewegungen lassen sich immer noch nicht unterbrechen/kontern
  • keine eigenen Musiken/Einmarschvideos
  • ... es gibt aber auch ein paar Totalausfälle
  • Physik und Kollisionsabfrage nicht immer akkurat

Wertung

PlayStation4

Nach dem letztjährigen Durchhänger nähert man sich auf den aktuellen Systemen langsam wieder an die alte Klasse an.

XboxOne

Nach dem letztjährigen Durchhänger nähert man sich auf den aktuellen Systemen langsam wieder an die alte Klasse an.