Satellite Reign - Test, Taktik & Strategie, Mac, PC

Satellite Reign
02.09.2015, Benjamin Schmädig

Test: Satellite Reign

Syndicate 3.0

Ich will in das Gelände der Uzy Korp eindringen, des russischen Konzerns, der das Industriegebiet kontrolliert. Doch wie komme ich durch das gut bewachte Tor? Das Bestechen des Wachpostens ist mir zu teuer – das Geld brauche ich für das kostspielige Erforschen neuer Ausrüstung. Ein Terminal zum Hacken des Eingangs kann ich hingegen nicht erreichen. Und genau in diesem Augenblick stiefelt eine Patrouille auf den Eingang zu, um den Komplex zu verlassen. Schnurstracks schalte ich die Tarnung meines Infiltrationsspezialisten ein und laufe einfach durch die offene Tür, verstecke den Agenten hinter einem Container – schon bin ich drin!

Ich muss ja nicht alle vier Agenten in das Gelände schleusen. So lange einer das Ziel erreicht und die benötigten Handgriffe ausführen kann, ist das genug. Dabei hatte ich meine Möglichkeiten längst nicht ausgeschöpft. Ein Agent hätte auch abseits des Eingangs – gerade so weit davon entfernt, dass ihn der "Türsteher" bemerkt – seine Waffe ziehen können. Dann hätte er einen Aufruf erhalten sich nicht zu bewegen, wäre zu einer kurzen Durchsuchung abgeführt worden und seine Partner hätten freie Bahn gehabt.

Nur eine Idee. Oder ein Dutzend.

Vielleicht hätten sie dann den Generator lahmgelegt, um die Stromversorgung des elektrisch gesicherten Tors außer Kraft zu setzen. Vielleicht hätten sie aber auch – immer darauf bedacht, nicht entdeckt zu werden – per Gedankenkontrolle den Willen einer Wache zu ihrem eigenen gemacht. Der unfreiwillige Doppelagent hätte dann

Genau so könnte ein modernes Syndicate aussehen.
unbehelligt an seinem Kollegen vorbei spazieren können. Und nur als Idee: Auf diese Art kontrollierte Wachen sorgen für eine effektive Ablenkung, wenn sie in den Stützpunkt eines konkurrierenden Konzerns eindringen und dort das Feuer eröffnen...

Die Konzerne, das sind mächtige Industrien einer hoch technisierten Ära, die statt einer Regierung das Sagen haben. Wie so viele Gedankenspiele zeichnet Syndicate das Bild einer dystopischen Zukunft, in der Menschenrechte klein geschrieben und Einwohner vor allem als Arbeiter, Konsumenten und Nachschub für Klonlabore "gehalten" werden. Unternehmen bekämpfen sich nicht nur wirtschaftlich, sondern auch mit Waffengewalt.

Human Ressources

Durch kybernetische Körperteile erweiterte Agenten sind hier Werkzeuge und vier solcher Agenten befehligt man in Echtzeit durch eine namenlose Metropole. Im Auftrag einer noch jungen Organisation sollen sie die

Tatsächlich wurde Satellite Reign als inoffizeller Nachfolger des Klassikers konzipiert.
Macht der bestehenden Firmen schwächen. Sie stehlen Daten, verschaffen sich Zugang zu Prototypen starker Waffen und schalten hochrangige Ziele aus. Wobei Syndicate völlig offen lässt, wer eigentlich den Kontakt zu den Agenten bzw. ihrem Lenker hergestellt hat und was die wahren Motive des geheimnisvollen Auftraggebers sind.

Und ja: Dieses Spiel heißt nicht Syndicate. Es fühlt sich aber genau so an! Es entstand unter der Regie von Mike Diskett, der als Produzent und hauptverantwortlicher Programmierer an Syndicate Wars beteiligt war, dem Nachfolger des großen Klassikers. Satellite Reign entstand mithilfe eines Kickstarter-Budgets. Es ist zu gleichen Teilen eine Liebeserklärung an die große Serie sowie deren Fortsetzung unter neuem Namen. Es ist genau das, was Syndicate im alten Stil heute wäre.

Ein moderner Klassiker

Ständiger Regen prasselt in die Pfützen der Metropole, die einmal komplett geladen und spätestens dann frei begehbar ist, sobald man eine Zugangsberechtigung für alle Stadtteile hat. Auf dem feuchten Asphalt spiegeln sich die fahlen Lichter der Laternen und die grellen Logos einschlägiger Ausflugsziele. Fahrzeuge rauschen an dicht frequentierten Einkaufsstraßen und den automatischen Stahltoren hoher Schutzmauern entlang. Aliens-, Tron- und Blade-Runner-Designer Syd Mead hätte kein schöneres Dystopia entwerfen können! Russell Shaw (Syndicate, Syndicate Wars, Fable) trägt das Szenario auf den dumpfen Bässen und brummenden Synthesizern, als wäre seit 1993 kein Tag vergangen.

Und immer fällt Regen

Satellite Reign ist, was Syndicate ohne seine technischen Einschränkungen vielleicht gewesen wäre. Immerhin ist die Metropole kein Level, in den Agenten hinein und wieder hinaus geladen werden. Es gibt keine Verzögerung nach der

Derzeit spricht und liest Satellite Reign übrigens ausschließlich Englisch. Die Lokalisierungen, darunter eine deutsche Fassung, sollen in wenigen Wochen erscheinen.
Auswahl eines Schnellreiseziels; binnen eines Wimpernschlags wird das Bewusstsein der Agenten an Signalstellen in frische Klone übertragen. Lange Wege bleiben ihnen so erspart. Aufträge wählt man im ständig aktualisierten Missionsplaner, Forschungsaufträge vergibt man per Fernauftrag, Ausrüstung holt man an den Signalstellen ab. Sie dienen als Rücksetzpunkte und Transportverbindung zum Hauptquartier.

Wie schnell reist das Bewusstsein?

Dieses ständige Vor-Ort-Sein erzeugt eine gerade für ein Taktikspiel ungewöhnlich starke Immersion, weil der Spielfluss nahtlos mit der phänomenalen Kulisse verschmilzt. Selbst der Tod ist nie das Ende, denn gestorbene

Frei drehen kann man die Kamera übrigens nicht, nur ein wenig in beide Richtungen schwenken.
Agenten werden an Signalstellen neu geklont – mit all ihrer Ausrüstung, aber weniger Erfahrungspunkten. Gedankenloser Übermut zahlt sich also nicht aus, man ist stets um eine erfolgreiche Taktik bemüht. Und sollte eine Aufgabe zu schwierig sein, zieht man sich eben zurück und erledigt eine andere.

Das ist tatsächlich sinnvoll, denn abseits des roten Fadens ist die Reihenfolge nicht vorgegeben. Mit etlichen Missionen gewinnen die Agenten an Erfahrung, können bald besser geschützte Terminals hacken, zielen genauer oder erhalten neue Fähigkeiten. Mit der richtigen Ausrüstung hat man außerdem die Möglichkeit einen Klon dort anzufordern, wo ein Agent sein Leben ließ; kurz darauf donnert eine Kapsel den frischen Spezialisten gen Boden. Das ist ein geschicktes Mittel, um frustrierende Ausfälle zu verhindern. Allerdings auch ein teurer und spätestens das Ersetzen eines gesamten Teams bedeutet einen ärgerlichen Einschnitt ins Budget.

Geld spielt eine wichtige Rolle: Dollar sind immer knapp, obwohl mit jedem gehackten Geldautomaten der stete Geldfluss in die eigene Kasse erhöht wird. Der Kauf besserer Waffen kostet ebenso wie das Erforschen neuer Ausrüstung. Den bei einem Diebstahl erbeuteten Prototypen eines Plasmagewehrs darf man einem Agenten zwar einfach in die Hand drücken, kann die Waffe dann aber nicht beliebig oft herstellen, um sie seinen Partnern zur Verfügung zu stellen. Verliert der Agent sein Leben, ist das Gewehr zudem futsch. Man müsste es zu unverschämt hohen Schwarzmarktpreisen nachkaufen...

Teure Experimente

Ausrüstung geht ja nicht nur auf dem illegalen Weg ins Geld. Schon die Anschaffung über das eigene Lager kostet so viel, dass ich meinem Quartett selten das Beste vom Besten in die Hand drücken konnte. Besonders die laufenden Kosten der Forschung lassen den Saldo schnell auf Null sinken. Abstellen will ich die Produktentwicklung aber auf keinen Fall! Dazu begegnen mir in den gut gesicherten Stützpunkten der konkurrierenden Konzerne viel zu gut ausgerüstete Widersacher. Ich brauche also jede Rüstung, jedes Tarnfeld und jeden Ersatz einer Gehirnhälfte, der die Treffsicherheit erhöht.

Immerhin ist Satellite Reign kein gemütliches "Hinlaufen und Knopfdrücken". Es erfordert einen guten Plan und in brenzligen Situationen die richtige Idee. In Wohn-, Vergnügungs- und Geschäftsvierteln ist das Vorankommen denkbar einfach: Ich muss aufpassen, dass meine Klone beim Hacken oder dem Installieren der Gedankenkontrolle nicht

Jeder Agent ist einzigartig, kann aber an verschiedene Bedürfnisse angepasst werden.
erwischt werden, die Konsequenzen wären aber harmlos. Entdeckt eine Streife meine Agenten etwa in einem Sperrgebiet, begleiten sie die Eindringlinge lediglich hinaus, treten einem von ihnen vielleicht in den Rücken – damit ist der Vorfall abgehakt.

Die Charakterfrage

Erst in abgeriegelten Zonen, wie den Stützpunkten der Konzerne oder auf dem Privatgelände einer Bank, herrschen andere Regeln. Auch dort führen feindliche Wachen meine Agenten lediglich vom Gelände, so lange die noch keine Waffen gezogen haben. Sicherheitskameras  lösen nach ein paar Sekunden allerdings Alarm aus und falls ich das Team dann nicht verdammt schnell verstecke, eröffnen ankommende Wachen sofort das Feuer. Dicke Geschütztürme gönnen meinem Team nicht einmal eine Schonfrist. Natürlich kann ich die Überwachungssysteme deaktivieren – aber nur, falls mein Hacker das richtige und oft gut geschützte Terminal erreicht. Manchmal ist es deshalb besser, den Spezialisten fürs Infiltrieren loszuschicken, denn der kann nicht nur über elektrische Leitungen von einem Dach zum nächsten hangeln, sondern sich auch einige Sekunden lang unsichtbar machen. Aufs Hacken versteht er sich jedoch nicht.

Das heißt: Doch, auch die anderen drei versuchen sich an Aufgaben, für die sie nicht ausgebildet wurden, wenn ich die Aktion forciere. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden sie beim Hangeln an einem Kabel aber herunterfallen oder beim Hacken einen Alarm auslösen und von einem Stromschlag vorübergehend außer Gefecht gesetzt. Und ein paar Sekunden sind alles, was die schnell anrückenden Gegner benötigen...

Einen Versuch ist es wert...

Es ist ein spannendes Spiel mit dem Risiko. Schaue ich mich kurz um und wage den gewagten Eingriff zum richtigen Zeitpunkt, lohnt sich die Aktion. Besser ist aber immer der Einsatz des darauf trainierten Agenten. Zumal ich den

Das Scannen zeigt u.a., welches Terminal mit welchen Kameras verbunden ist.
Klonen durch kybernetische Erweiterungen einige der Fähigkeiten verleihen kann, für die sie nicht ausgebildet wurden. Ein voll entwickelter Spezialist bleibt dabei stets im Vorteil.

Der kluge Einsatz des richtigen Agenten – darum dreht sich Satellite Reign. Oft ist es z.B. einfacher, nur einen oder zwei von ihnen loszuschicken. Am besten schleicht man dann wie in Metal Gear Solid oder Splinter Cell von Deckung zu Deckung, während Wachen und Kamera gerade nicht hinschauen. Mit zeitlich begrenzten Sprints überwinden sie kurze Distanzen, von hinten erschießen sie ahnungslose Wachen mit einem einzigen Schuss. So inszeniert Satellite Reign kleine Höhepunkte in einem coolen Spionagekrimi!

Leider fordert das Spiel die Aufgabenteilung aber nicht stark genug. Der Soldat ist im Kampf zwar unerlässlich, weil er mit den richtigen Fähigkeiten gegnerisches Feuer auf sich zieht, mehr Schaden zufügt und Stromgeneratoren außer Kraft setzt. Der Vierte im Bund, eine Art "Mädchen" für alles, heilt hingegen seine Begleiter und scannt die Umgebung, um die elektrischen Leitungen von Generatoren oder Terminals zu daran angeschlossenen Türen oder Kameras zu verfolgen.

Leider forciert das Spiel das räumliche Aufteilen der Agenten zu wenig.
Verschiedene Agenten wie der aufs Infiltrieren spezialisierte können zudem Wege gehen, die nur ihnen zur Verfügung stehen. Trotzdem ist es meist so, dass das Quartett auf einem geraden Weg geschlossen vorrückt.

Eine Hand wäscht die andere

Will sich ein Agent an einem elektrischen Kabel abseilen, muss ein anderer etwa erst den Strom abstellen. Das ist klasse, doch selten befindet sich der Generator so weit entfernt, dass Agent Nummer zwei dafür an ganz anderer Stelle in Position gehen muss. Eine solche Aufteilung hätte der taktischen Planung aber erst den entscheidenden Pfiff verleihen. Dabei bieten Informanten sogar Informationen an, die wertvolle Hinweise auf versteckte Seiteneingänge und andere Tipps offenbaren. Manchmal öffnen Codes Zugänge, die einem nicht voll ausgebildetem Hacker verschlossen bleiben. Diese aus Syndicate bekannte Informationsbeschaffung hätte Spielemacher Diskett allerdings ausbauen und auf einen komplexere Gebietsstruktur übertragen sollen.

Abgesehen davon gleichen sich die Diebstähle, Datenmanipulationen und sonstigen Aufgaben allzu sehr: Immer wieder muss ich meinem Team einen Weg zum Ziel bahnen – wo ich lediglich auf eine Tür oder ein Terminal klicke, um den Auftrag abzuschließen. Das ist zu profan. Warum muss der Hacker für einen Bankraub etwa nicht einen hartnäckigen Code besonders lange knacken. Seine Begleiter könnten dafür Stellung beziehen, damit der Scharfschütze ankommende Wachen rechtzeitig ausschaltet, während der Soldat die Stellung im Notfall bis zur letzten Sekunde verteidigt. Solche Akzente fehlen Satellite Reign.

Dem Spiel fehlt außerdem eine gehörige Portion Feinschliff im Verhalten der Wachen und ihrer Drohnen. Die bleiben nämlich schon mal dauerhaft an Mauern oder Zäunen hängen, was besonders fies ist, wenn die Agenten einen dahinter liegenden Zugang dann nicht mehr erreichen können, ohne entdeckt zu werden. Viele Gegner verlassen mitten im Schusswechsel auch ihre Position, um sich in freier Wildbahn ohne Deckung zu postieren. Gelegentlich reagieren sich auch nicht auf einen entdeckten Agenten. Leider fallen ihnen heimlich getötete Kameraden zudem nicht auf, da deren Leichen fast umgehend verschwinden und weil sie keinen Funkkontakt halten, dessen Ausfall sie bemerken würden.

Kopfschütteln über Feind...

Die eigenen Mannen und Frauen beherrschen dieses Spielchen ähnlich gut. Einer meiner Agenten kam aus einer Tür etwa nie mehr heraus, was mich zum Laden eines alten Spielstands (innerhalb einer Sperrzone ist das Abspeichern

Im Gefecht verhalten sich sowohl eigene Agenten als auch feindliche Wachen mitunter ungeschickt.
nicht erlaubt, sonst jederzeit) zwang. Ich wundere mich auch darüber, dass meine Kämpfer feindliches Feuer nicht erwidern, obwohl sie ihre Waffen gezogen haben. Und es gefällt mir nicht, dass präzises Positionieren einzelner Agenten auf die Schnelle oft schwierig ist.

... und Freund

Immerhin zeigen Markierungen an, wo sie in Deckung gehen können, das erleichtert die Navigation. Die Umgebung ist außerdem zerstörbar, weshalb eine vermeintlich sichere Situation schnell kippen kann. Überhaupt ist der geschickte Positionswechsel im Gefecht sehr wichtig, denn hinter einer Deckung werden Freund und Feind zwar noch getroffen, finden insgesamt aber wertvollen Schutz. Ein schneller Ortswechsel kann dann den entscheidenden Vorteil bringen, vielleicht durch ein tödliches Kreuzfeuer.

Umso ärgerlicher, dass die Agenten ungefragt ihre Stellung wechseln und sich teilweise ebenfalls ungeschützt vor mehrere Feinde stellen. Blöd auch, wenn sich mein Agent nach dem Entdecktwerden ganz von selbst aus einem Sperrgebiet begleiten lässt, ohne dass weit und breit eine Begleitung zu ihm stößt. Zumindest kann ich ein solches Begleiten jederzeit unterbrechen – falls ich mit den ballistischen Konsequenten leben kann. Schön zu sehen übrigens, wie aus nächster Nähe getroffene Feinde zurückgeworfen werden.

Dennoch hat die KI ihre Stärken, große sogar, wenn sich Wachen stets aufmerksam umschauen und ihre Umgebung nach einem Zwischenfall gründlich durchsuchen. Sie bemerken Zwischenfälle wie eine lahmgelegte Stromzufuhr und eilen sogar Kameraden in weiter Entfernung zu Hilfe. Wer geschickt ist, nutzt eine solche Ablenkung zu seinem Vorteil oder profitiert davon, dass nicht nur seine eigenen, sondern auch die Agenten anderer Konzerne in feindliche Territorien eindringen. Das sorgt ebenso für eine spontane Dynamik wie die unvorhersehbaren Patrouillewege einiger Wachen.

Kein einfacher Weg vorbei

Nicht zuletzt sind die Wachen kein Kanonenfutter: Schon eine Handvoll stellt eine echte Bedrohung dar. In Anbetracht eines ganzen Dutzends nimmt selbst ein voll ausgebildetes Team besser die Beine in die Hand. Eine Herausforderung

Darf nicht fehlen: Echte Spione klettern natürlich durch Luftschächte!
sind dabei verschieden stark gepanzerte und eventuell durch einen Schild geschützte Gegner. Ich muss meinem Team daher Waffentypen mit auf den Weg geben, die in unterschiedlichen Situationen effektiv sind.

Weil ich solche Waffen vornehmlich durch das Erforschen neuer Ausrüstung erhalte, scanne ich auch dann die Umgebung, wenn ich nicht in einen gesicherten Komplex eindringen will. So entdecke ich nämlich Wissenschaftler, die sich meinem Konzern anschließen wollen – gegen eine Gebühr, versteht sich. Je mehr von ihnen an einem Projekt arbeiten, desto mehr kostet mich zwar die Forschung, desto eher steht neue Ausrüstung aber zur Verfügung.

Auf der Suche nach frischem Material

Das Scannen enthüllt außerdem physische Grundwerte aller Wachen und Zivilisten: wie viel sie einstecken, wie schnell sie laufen, wie genau sie treffen und mehr. Der Hacker könnte einen lohnenswerten Körper dann per Gedankenkontrolle übernehmen und ins Hauptquartier schicken. Von da an kann ihn einer der Agenten als neuen Quell-Klon nutzen.

Trotz Schnitzern: Wachen suchen aufmerksam und sind vor allem als Team gefährliche Gegner.
Diese Akquise wurde mir nach der Einführung nie aufgezwungen. Ich habe immer frei entschieden, wann und wie ich mein Team verbessern wollte. Diese Freiheit fühlt sich gut an.

Ein wirklich lebendiger Schauplatz ist die Stadt dennoch nicht. Sie ist eine Ansammlung vielfältiger Spielmechanismen, mir fehlt aber eine Interaktion der Agenten mit wenigstens einigen Bewohnern, die über einen Klick hinaus geht. Denn mehr als ein Klick ist es ja nicht, wenn ich sie umbringe, besteche oder die Kontrolle über ihre Gedanken übernehme. Ein paar Dialoge mit Kontaktpersonen, ein sinnfreier, vielleicht aber unterhaltsamer Drink an einer Bar oder Menschen, die auch mal stehenbleiben, um über den Alltag zu lästern – es wäre einfach gewesen, der aufwändigen Kulisse mehr Leben einzuhauchen. An manchen Terminals lese ich zwar Nachrichten und E-Mails. Die drehen sich aber ausschließlich um den Konflikt zwischen den Konzernen. Dabei wäre ich gerne tiefer in diese düstere Zukunft abgetaucht!

Nur ein Spielplatz

Fazit

Und wie gerne hätte ich diesem Spiel eine goldene Auszeichnung verpasst! Die famose Dystopie ist eine Augenweide, an der ich mich heute noch nicht sattgesehen habe. Zwischen leuchtenden Reklamebildschirmen und im Blade-Runner-Dauerregen fühle ich mich pudelwohl – Satellite Reign trifft diesen Nerv an der Wurzel. Vor allem aber habe ich mich längst nicht sattgespielt. Das umsichtige Schleichen, weil von jedem Gegner eine echte Gefahr ausgeht, das offene Infiltrieren streng bewachter Sperrgebiete sowie die zahlreichen Möglichkeiten, mit denen meine vier Agenten auf verschiedene Weise zusammenarbeiten, machen den inoffiziellen Syndicate-Nachfolger zu einem packenden Taktik-Thriller. Dass der Spielfluss nie von Ladepausen oder einem Game Over unterbrochen wird, lässt mich nur tiefer im Geschehen versinken. Doch genau dabei stören eben auch Fehler, welche die Illusion zerstören. Dass die Stadt kein lebendiger Schauplatz im Stil eines Rollenspiels oder Grand Theft Auto ist, kann ich verschmerzen. Unsinniges Verhalten meiner Agenten und ihrer Gegner stört den Ablauf allerdings sehr. Einige Wachposten bleiben etwa in der Umgebung stecken und verbauen mir so den Weg. Und manche Gefechte kippen binnen weniger Sekunden, weil mein Team seine sichere Stellung verlässt. Beides ist frustrierend! Am meisten ärgere ich mich aber darüber, dass ein Aufteilen der Agenten zu wenig forciert wird und dass sich die zahlreichen Missionen zu stark ähneln. Meiner Begeisterung tut das keinen Abbruch – zu einem herausragenden Spiel fehlt Satellite Reign aber der entscheidende Feinschliff.

Pro

  • freies Bewegen in großer Stadt
  • etliche Aufträge einschließlich zahlreicher Nebenmissionen
  • kostenpflichtige Informationen enthalten wertvolle Informationen und Möglichkeiten
  • umsichtiges Vorgehen ist wichtig, da offener Kampf sehr schwierig
  • etliche Möglichkeiten der Manipulation von Umgebung und Wachen
  • Wachen reagieren auf Diebstahl, gezogene Waffen und stillgelegte Stromgeneratoren
  • etliche Wege führen in befestigte Stützpunkte und hinaus, tlw. andere wieder zurück
  • Wachposten können bestochen oder durch Gedankenkontrolle Teil des Teams werden
  • Deckung ist wichtig und kann zerstört werden
  • auch kleine Höhenunterschiede spielen wichtige Rolle
  • vier Charaktere mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften
  • trotzdem offene Charakterentwicklung
  • Agenten können gezwungen werden, Aktionen auszuführen, an denen sie evtl. scheitern
  • kurze Sprints an Wachen oder Kameras vorbei erzeugen kurze Spannungsmomente
  • Wachen laufen mitunter unvorhersehbare Routen
  • schmerzhafte Strafe für Tote Agenten, aber immer nie "Game Over"
  • umfangreiches Erforschen und Kaufen von Ausrüstung für spezielle Zwecke
  • freie Akquise neuer Klone und Anheuern von Forschern
  • Geld ist unerschöpfliche, aber immer knappe Ressource
  • teurer, aber wertvoller Schwarzmarkt
  • Prototypen können erforscht oder ausgerüstet werden und evtl. verloren gehen
  • interessante Hintergrundgeschichte in Nachrichten und E-Mails
  • umwerfend schicke Kulisse mit tollen Farbspielen
  • coole, unaufdringliche Musik
  • freies Belegen fast aller Tasten

Kontra

  • Agenten und Wachen verlassen mitten im Gefecht wichtige Deckung
  • Figuren bleiben mitunter an Wänden, in Türen und Zäunen hängen
  • präzise Klicks im Gefecht nicht immer möglich
  • Agenten können nicht hinter jedem sinnvollen Objekt in Deckung gehen
  • Agenten laufen nach Entdecktwerden evtl. ohne Begleitung zu gefordertem Sammelpunkt
  • Wegfindung versagt oft vor offenen Türen
  • Aufgabenstellungen wiederholen sich schnell
  • Infiltration zu letztlich geradlinig
  • Aufteilen des Teams wird kaum erzwungen
  • Kulisse dient als Ansammlung von Spielmechanismen, nicht als lebendige Umgebung
  • oberflächliche Erzählung spielt im Grunde keine Rolle
  • Gegner erkennen im Kampf genaue Position getarnter Agenten
  • Wachen reagieren nicht auf Tote, suchen keine Vermissten
  • derzeit ausschließlich englische Sprache und Texte

Wertung

PC

Ärgerliche Fehler im Figurenverhalten machen Satellite Reign zwar zu schaffen, trotzdem ist das clevere Taktieren mit vier Agenten ein fesselnder Echtzeit-Thriller!