NHL 16 - Test, Sport, 360, XboxOne, PlayStation3, PlayStation4

NHL 16
24.09.2015, Benjamin Schmädig

Test: NHL 16

"Reißt euch zusammen!"

Was für ein Frühschuss! Als EA sein Eishockey im vergangenen Jahr zum ersten Mal aufs Eis von PlayStation 4 und Xbox One schickte, kassierte der Quasi-Neuzugang durchgehend schlechte Noten: Spielerkarrieren waren kastriert und Trainer durften nicht einmal eine normale Saison starten. Schnee von gestern? Findet NHL 16 (ab 8,68€ bei kaufen) zu alter Form zurück? EA will mehr denn je zuvor auf seine Fans gehört haben - unser Test fühlt dem Versprechen auf den Zahn.

Kein Wunder: Wie will man das zurecht empörte Echo auch überhören? Natürlich musste EA gesenkten Kopfes und gefalteter Hände Besserung geloben! Selbstverständlich ist NHL 16 umfangreicher als der unfertige Vorgänger. Aber reicht das? Stecken in NHL 16 neben einer vollwertigen Simulation des Sports auch wertvolle Neuerungen?

Drum und dran

Was ist denn drin? Zunächst einmal dürfen endlich auch Besitzer einer aktuellen Konsole einzelne Saisons als Trainer bestreiten. Sie nehmen online am Penaltyschießen teil, spielen zu zweit online am geteilten Bildschirm, die EA Sports Hockey League bietet sechs Spielern pro Team Platz und die Karriere erlaubt den Aufstieg aus der Canadian Hockey League in die NHL. Der Modus GM Connected, in dem mehrere Spieler zur gleichen Zeit Karrieren als Manager

NHL 16 verbessert die Dynamik auf dem Eis: Man kann den Puck leicher abfangen, aber auch besser kontrollieren.
erleben, kehrt allerdings nicht zurück. Laut EA interessierten sich zu wenige dafür.

Ebenfalls zum Spiel gehört - da machte nicht einmal NHL 15 eine Ausnahme - die verdammt gute Action auf dem Eis. So überschaubar die Steuerung nämlich ist, so viele Finessen erlaubt sie Anfängern und erfahrenen Spielern. Im Handumdrehen beherrscht man Schlagschüsse oder schnipst den Puck aus dem Handgelenk ins Tor. Körpereinsatz gehört in der NHL ohnehin dazu, feinfühliges Hantieren mit dem Schläger löst gegnerische Skater vom Spielgerät, schnelles Abfangen des Pucks unterbricht eine Passkette, Körpertäuschungen verhindern, dass man ihn selbst verliert.

Echt eisig

Gewohnt gut ist die überzeugende Physik, denn häufige Abpraller erlebt man ebenso wie glaubwürdiges Zusammenprallen zweier Profis oder zerbrochene Schläger. EA hat das Spielgefühl sogar verbessert: Body-Checks sind nach wie vor wichtig, knallen aber weniger überzeichnet als zuletzt und in der Hardcore-Einstellung ist die

Die alten Konsolen

Diese entspricht inhaltlich und spielerisch NHL 15 auf PS3 und 360 (zum Test), wurde allerdings um aktuelle Kader ergänzt. Wer den Vorgänger nicht besitzt, erhält damit ein gutes Spiel, das allerdings schon im Vorjahr kaum mehr als ein Update zu NHL 14 war.Geschwindigkeit jetzt näher an der Realität. Selbst ohne wesentliche Neuerungen ist diese Simulation deshalb die bislang beste!

Auch auf PlayStation 3 und Xbox 360 ist NHL in diesem Jahr erschienen - allerdings als so genannte "Legacy Edition" und ohne Jahreszahl.

Und es ist viel einfacher, mit diesem NHL warm zu werden. Neue Trainingsmöglichkeiten erlauben nicht nur das Üben verschiedener Spielsituationen. Neue Einblendungen zeigen wahlweise auch an, welche Aktion man ausführen kann. Dabei wird stets die aktuell sinnvollste eingeblendet – zunächst matt und ab dann hervorgehoben, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, den entsprechenden Knopf zu drücken oder den Analogstick zu bewegen. Im Anschluss kennzeichnet eine Bewertung die Präzision eines Passes oder ob man beim Bully im richtigen Moment reagiert hat. Kenner der Serie finden so schneller in die Feinheiten der Steuerung zurück, während Anfänger auf sanfte Art Minute für Minute dazulernen.

Hilf mir!

Kleine Neuerungen gibt es auch in den Karrieren als Manager und Einzelprofi, denn wer ein Team führt, sollte nicht mehr nach Belieben schalten und walten. Schließlich spielt die Moral der Mannschaft eine entscheidende Rolle: Wer einen bei seinen Mitspielern beliebten Profi verkauft, muss mit Leistungseinbußen rechnen, weil der Transfer die Stimmung herunter zieht. Spieler, die zu lange auf der Bank sitzen, verlieren ebenfalls an Elan.

"Geht raus und zeigt es ihnen!"

Unterschiedliche Persönlichkeitstypen reagieren zudem anders auf den Tabellenstand oder die Ansprachen ihres Managers. Als solcher kann man der Mannschaft nämlich während einer Siegesserie oder nach häufigen Niederlagen auf verschiedene Art auf die Schulter klopfen bzw. sie zum Zusammenreißen motivieren. Selbst das kommt bei jedem Spieler anders an.

Und wenn man lieber Sportler als Schreibtischtäter ist? Dann beginnt man eine Laufbahn direkt in der NHL oder empfiehlt sich zunächst in der CHL für die große Liga. Während eine Partie dabei die volle Länge von dreimal zwanzig

Manager müssen genau darauf achten, dass die Chemie im Team stimmt.
Minuten dauert, darf man die Erholungsphasen auf der Bank wieder überspringen, was den unsinnigen Dauereinsatz im Vorgänger vergessen macht.

Training statt Tabellenkalkulation

Klasse auch, dass Leistungen auf dem Eis die Entwicklung der Charakterwerte beeinflussen, und zwar im Guten wie im Schlechten. Wer sich zu sehr verausgabt, verliert z.B. an Ausdauer – nicht viel, aber genug, um den Ehrgeiz anzustacheln. Das übliche Verteilen von Erfahrungspunkten ersetzt EA hingegen durch das Erstellen von Trainingsplänen: Unterschiedlich lange Übungen für den Umgang mit dem Puck oder aufmerksames Defensivverhalten müssen so gewählt werden, dass sie in die verfügbare Zeit passen. Aktiv trainieren darf man nicht und im Kern gleicht das Zuweisen der Prioritäten dem Kauf von Erfahrungspunkten. Es wird aber im Sinne der Karriere glaubwürdiger präsentiert.

Leider ist die Präsentation nach wie vor die größte Schwäche dieses Spiels. Noch immer entsteht nicht das geringste Flair durch Filmszenen, umfassende Gespräche mit der Presse oder andere entsprechend inszenierte Ereignisse. Eine hervorragende Simulation, eingebettet in trockene Menüs und Stichpunkte  das ist NHL 16.

Höhepunkte in Stichpunkten

Nicht einmal die von NBC Sports gesponserten Wiederholungen und Vorstellungen herausragender Spieler erreichen ein Niveau, wie es Sportspiele mit Blick auf NBA 2K anstreben sollten. Einspieler versprühen nicht den Charakter eines "Highlight-Reels", die Einwürfe des dritten Experten wirken überflüssig, Interviews gibt es gar nicht. Die

Mit dem hervorragenden NBA 2K kann die Präsentation in NHL 16 nicht mithalten.
Kommentatoren begleiten gerade so das Spielgeschehen, informieren aber kaum über das Umfeld des Profizirkus. Selbst Einläufe und die Stimmung auf den Rängen werden nur angerissen. Die Ansprachen der Manager in Teambesprechungen sind trockene Multiple-Choice-Übungen.

Eine ganz andere Schwäche übernimmt NHL 16 ebenfalls aus den Vorgängern: die mangelnde Qualität der Onlinematches. Man erlebt ja kaum eine einzige Partie ohne häufigen Schluckauf – mit jedem Mal wird das Spiel kurz angehalten. Das unterbricht den Spielaufbau, verhindert einen wichtigen Check und mehr. Richtig schlimm sieht es sogar in den grundsätzlich packenden Spielen aus, für die jede Position eines Teams mit einem menschlichen Spieler besetzt wird: Dort übernehmen sie zwar feste Spielerklassen, damit ein faires Match gewährleistet ist, doch ihre Profis reagieren über weite Strecken verzögert auf Eingaben und der Ablauf leidet unter ständigem Stottern.

Zwölf Leidende

Fazit

Ganz generell übernimmt NHL 16 so viele Altlasten, dass die sehr gute Simulation nur von einem leidlich guten Spiel verpackt ist. Zu nüchtern sind die Präsentation der Karrieren sowie der Action auf dem Eis. Und viel zu fehleranfällig ist das Onlinespiel, als dass die aktuelle Saison eine Auszeichnung verdient hätte. Eine grundlegende Entwicklung erlebt die Serie ohnehin nicht. Dass Manager beim Transfer die Empfindsamkeiten ihrer Spieler beachten müssen und ihr Team durch Ansprachen motivieren können, ist eine tolle Neuerung! Dass sich Leistungen auf dem Eis auf die Charakterentwicklung in der Karriere von Einzelspielern auf die Entwicklung ihrer Fähigkeiten auswirkt, ebenso. Im Wesentlichen betreibt EA in diesem Jahr aber lediglich den Wiederaufbau der Inhalte, die zuletzt fehlten. Das feine Spielgefühl wurde verbessert - NHL 16 ist glaubwürdiger und dynamischer als seine Vorgänger - und das neue Training bringt sowohl Einsteigern als auch Experten die Finessen des Sports nahe. Immerhin: Wer damit leben kann, "nur" ein endlich vollwertiges, rundum gelungenes Eishockey auf aktuellen Konsolen zu erleben, der wird richtig gut bedient!

Pro

  • zugängliche Steuerung erlaubt leichten Einstieg und wichtige Finessen
  • gutes Training erklärt Grundlagen der Steuerung und gibt Feedback
  • verschiedene Spielweisen von schneller Arcade bis "Hardcore"-Simulation
  • glaubwürdige Kollisionen, viele unvorhersehbare Abpraller, Stick-Brüche und mehr
  • KI zieht in Offensive gut mit und verteidigt geschickt, macht selbst nachvollziehbare Fehler
  • Karrieren für Trainer, Manager und einzelne Spieler (Be a Pro)
  • Moral beeinflusst Leistungen der Spieler in Manager-Karriere
  • Leistungen auf dem Eis beeinflussen positive (und negative) Charakterentwicklung in Be-a-Pro-Karriere
  • schnelle Taktikänderungen
  • verschiedene Onlinevarianten: Shootouts, Einzelspiele und Ligen
  • Schiedsrichter geben Tore mitunter nicht oder erst nach Evaluation
  • einzelne Trainingssitzungen mit verschiedenen Spielsituationen
  • zahlreiche Optionen zum Anpassen des Spielgefühls
  • wer's mag: kurze, einfache Kämpfe (abschaltbar außer im gewerteten Onlinespiel)

Kontra

  • keine wesentlichen Neuerungen zu Inhalten der vergangenen Konsolengeneration
  • häufiges Stottern im Onlinespiel, besonders im Sechs gegen sechs
  • stichpunktartige Anmerkungen in Be-a-Pro-Karriere, keinerlei Persönlichkeit oder Flair abseits der Eisfläche
  • keine Taktikanweisungen des Trainers in Be-a-Pro
  • müde Präsentation und dröge Kommentare mit langweiligen Spielervorstellungen
  • gelegentliche und kleine Programmfehler, selten auch Abstürze
  • komplett Englisch

Wertung

XboxOne

Eine erstklassige Simulation - mit einigen guten, aber wenigen großen Neuerungen und verpackt in spröden Menüs.

PlayStation4

Eine erstklassige Simulation - mit einigen guten, aber wenigen großen Neuerungen und verpackt in spröden Menüs.