STAIRS - Test, Action-Adventure, PC

STAIRS
09.10.2015, Michael Krosta

Test: STAIRS

Das Treppenhaus des Wahnsinns

Mit Stairs findet sich ein weiterer Vertreter der Marke „Indie-Horror“: Was vor gut zwei Jahren mit der Demo einer kleinen Gruppe schwedischer Studenten begann, ist mittlerweile trotz einer gescheiterten Kickstarter-Kampagne zum fertigen Spiel gereift. Also zittern wir uns einmal mehr mit dem schwachen Lichtkegel der Taschenlampe und bewaffnet mit einer Kamera durch düstere Gänge, um uns von dämonischen Kreaturen ins Boxhorn jagen zu lassen. Gibt es ein Entkommen aus diesem Treppenhaus des Wahnsinns?

Ein Journalist? Check. Eine Kamera? Klar doch! Ein Notizblock? Natürlich immer am Mann! Waffen? Braucht man nicht! Wobei...eigentlich schon: Wie es sich für ein Horrorspiel gehört, treiben an Schauplätzen wie einer leer stehenden Fabrik, einer verschachtelten Miene oder einem verlassenen Dorf einige übernatürliche und finstere Gestalten ihr Unwesen, in deren Gesellschaft man sich mit einem reichhaltigen Waffenarsenal etwas wohler fühlen würde. Aber das  ist nicht der Sinn der Sache. Genau wie bei artverwandten Horrortrips von Slender über Daylight bis hin zu Outlast zieht auch Stairs seine Spannung vor allem daraus, dem Spuk und den Monstern hilflos ausgeliefert zu sein.

Das bekannte Schema

Nein, das bedeutet nicht, dass man hier ständig auf der Flucht ist und den Großteil des mit zwei bis drei Stunden recht kurzen Abstechers panisch durch dunkle Gänge hetzt. Im Gegenteil: Den Entwicklern gelingt es zwar, das Gefühl einer allgegenwärtigen Bedrohung zu erzeugen, doch direkte Konfrontationen mit den tödlichen Kreaturen bilden eher die Ausnahme, laufen dann aber ähnlich dramatisch und spannend ab wie bei Slender & Co.

Lauert da etwa ein Slenderman im Hintergrund?
Meist ist man mit der Erkundung der leider sehr statischen sowie wiederholungsanfälligen Schauplätze und dem Lösen von kleinen aber durchdachten Umgebungsrätseln beschäftigt. Da gilt es z.B., Drehventile richtig auszurichten oder anhand von Fotos versteckte Schalter mit Hilfe der Kamera zu finden, die darüber hinaus auch die eine oder andere verborgene Tür durch einen Druck auf den Auslöser sichtbar machen kann. Darüber hinaus sollte man die Augen nach vorgegebenen Motiven offen halten und die geforderten Schnappschüsse anfertigen.  

Kleine Rätseleinlagen

Bedienung und Spielmechanik fallen sehr rudimentär aus: Es gibt weder eine Zoom-Funktion noch muss man sich um Batterien sorgen – selbst die Taschenlampe glänzt durch ewiges Licht, bevor sie später durch ein Nachtsichtgerät ersetzt wird. Auch die Steuerung ist simpel, denn neben der Bewegung gibt es lediglich eine Aktionstaste, mit der man mit der Umgebung interagiert, um etwa Türen zu öffnen oder Objekte aufzunehmen. Ärgerlich: Es wird weder ein Controller unterstützt noch hat man die Gelegenheit, die Y-Achse zu invertieren. Neben dem schnarchigen Gehtempo darf man zum Glück auch etwas schneller laufen und hat außerdem die Möglichkeit, sich zu ducken, um sich vorsichtiger zu bewegen – etwa über einsturzgefährdete Brücken -  oder um durch schmale Öffnungen hindurch zu kommen. Springen gehört allerdings nicht zu den Fähigkeiten, mit denen dieser Journalist gesegnet ist, obwohl ich mir diese Funktion manchmal gewünscht hätte.

Man sollte immer die Augen nach vorgegebenen Kamera-Motiven offen halten.
So landete ich während meiner Erkundung z.B. irgendwann in einer Ecke, aus der es anschließend kein Entkommen mehr gab, weil mein Alter Ego nicht in der Lage war, auf den kleinen Holzbalken vor ihm zu steigen, der ihm jetzt aufgrund der fehlerhaften Kollisionsabfrage für immer den Weg zurück versperrte. Da nur automatisch an recht weit auseinanderliegenden Punkten gespeichert wird und nur ein Spielstand existiert, musste ich notgedrungen einen neuen Anlauf wagen. An anderer Stelle wirkte sich der Verzicht auf manuelles Speichern in Kombination mit einem unglücklich platzierten Speicherpunkt noch fataler aus: Gerade wurde ich von einem Biest entdeckt, das den Raum betrat und mich genau in dem Moment tötete, als das Spiel den Speicherpunkt anlegte. Als Folge dessen wurde ich bei jedem weiteren Versuch, den Spielstand zu laden umgehen erwischt und konnte wieder ganz von vorne anfangen. Auch traf ich in der Mine irgendwann auf ein Monster, das regungslos mit in einem Gang verharrte und überhaupt nicht auf mich reagierte. Dazu gesellen sich hin und wieder Ton-Aussetzer oder ein Einfrieren des Notizbuches, bei dem plötzlich das Umblättern für zusätzliche Beiträge nicht mehr funktionierte und auch die Foto-Motive im neuen Abschnitt nicht aktualisiert wurden. Diese unglückliche Anhäufig an Bugs kostet Stairs eine Wertung, die ansonsten sicher im guten Bereich gelegen hätte.

Viele Bugs

Schade, denn inhaltlich macht man viel richtig: Ähnlich wie im Genre-Kollegen Hektor verändert sich auch hier spontan die Anordnung mancher Abschnitte und fördert so die Orientierungslosigkeit bei diesem Abstieg in den Wahnsinn. Alleine mit diesem surreale Touch fragt man sich zwischendurch immer, was genau da eigentlich auf dem Bildschirm abgeht. Und auch spielerisch hat man ein paar interessante Varianten in petto, denn abseits der Rätsel muss man an anderer Stelle z.B. die pechschwarze Umgebung mit dem Blitzlicht erhellen, auf der Flucht vor der Dunkelheit mobilen Leuchtquellen folgen oder vorsichtig an schlafenden Biestern vorbei schleichen. Manches artet zwar etwas zu stark in Trial & Error aus, aber insgesamt wird immer wieder für angenehme Überraschungen und Abwechslung gesorgt, wenn man etwa aus einem einsturzgefährdeten Stollen fliehen muss.

Interessante Ideen

Später hilft ein Nachtsichtgerät mehr oder weniger den Durchblick in der Dunkelheit mit ihren tödlichen Gefahren zu behalten.
Visuell hätte dagegen vor allem den Innenpassagen mehr Variationen gut getan, doch blitzt das Potenzial der Unreal Engine 4 immerhin in den Außenarealen mit ihren schicken Lichteffekten auf, auch wenn die Spielwelt insgesamt zu statisch wirkt, enge Grenzen aufweist und physikalische Auswirkungen bzw. Interaktionen quasi nicht vorhanden oder nur geskriptet sind.      

Die Atmosphäre stimmt und auch spielerisch wird etwas geboten, aber den erzählerischen Rahmen hat das Team von Greylight Entertainment versiebt. Zwar sind die Geschichten um drei vermisste Personen inhaltlich miteinander verknüpft und man erhält durch gefundene Notizzettel gewisse Einblicke, aber von dem abrupten Ende werden sicher viele überrascht und mehr Fragen haben als Antworten. So auch ich, aber damit war ich nicht alleine: Im Steam-Forum zum Spiel konnten viele Leute nichts mit der Auflösung anfangen und auch die Entwickler räumten ein, die Story-Hintergründe vielleicht etwas unglücklich im Spiel vermittelt zu haben. Liest man jetzt ihre Erklärung in den Antwort-Kommentaren, erkennt man durchaus ein interessantes Potenzial in der Geschichte, aber bei der Umsetzung ist man schlichtweg gescheitert.

Kein Durchblick

Fazit

Nach den zuletzt vielen mauen Vertretern aus der Indie-Horror-Ecke ist Stairs endlich mal wieder ein kleiner Lichtblick. Die Atmosphäre stimmt und Erkundung, Rätsel, Spannung sowie dramatische Fluchtpassagen halten sich prima die Waage, während spielerische Variationen immer wieder für angenehme Überraschungen sorgen. Leider verhindern zahlreiche, mitunter fatale Bugs den Weg in höhere Wertungsregionen und auch die Einbettung der Storyelemente ist dem kleinen Team einfach nicht gut gelungen – vor allem, wenn es um die finale Auflösung geht. Ich bin trotzdem froh, dass sich die Schweden nicht von der gescheiterten Kickstarter-Kampagne entmutigen ließen und das Projekt schließlich doch noch durchgezogen haben. Gerade für Freunde des eher subtilen Horrors hat Stairs ein paar tolle Momente zu bieten!   

Pro

  • beklemmende Atmosphäre
  • stimmungsvolle Soundkulisse
  • wechselnde Schauplätze
  • grafisch ansprechende Außenareale mit schicken Lichteffekten
  • nette Rätseleinlagen
  • variationsreiche Spielelemente
  • wenige, aber gut gesetzte Schockmoment

Kontra

  • mitunter extrem nervige Bugs (Kollisionsabfrage, Speicherpunkte)
  • verwirrende und erzählerisch schlecht aufgelöste Story
  • schlecht gesetzte Speicherpunkte / kein manuelles Speichern möglich
  • relativ kurze Spielzeit (2-3 Stunden)
  • überwiegend sterile und sehr statische Kulisse
  • sehr rudimentäre Steuerung und Mechaniken
  • keine Controller-Unterstützung
  • keine invertierte Steuerung möglich
  • nur auf Englisch

Wertung

PC

Stairs ist ein solides Horrorspiel mit ein paar gelungenen Spielideen und netten Rätseln. Mitunter krasse Bugs verhindern aber den Aufstieg in höhere Wertungsregionen