Fanatec ClubSport Wheel Base V2 - Test, Hardware, PlayStation4, XboxOne, PC, PlayStation3
„Hello Realism, Goodbye Toys“ - mit diesen Worten wird man beim Auspacken der gut vier Kilo schweren Wheel Base begrüßt. Und schnell wird klar, dass es Fanatec damit ernst meint: Mit Spielzeug hat dieser aus Aluminiumteilen gefertigte Hightech-Kasten nicht mehr viel gemeinsam. Und verglichen mit durchaus soliden Einstiegsmodellen wie dem Logitech Driving Force GT spielt man hier schon alleine hinsichtlich der Verarbeitung in einer ganz anderen Liga. Abseits des massiven Gehäuses überzeugen aber vor allem dessen innere Werte, mit denen das Fahrgefühl intensiviert wird und ein Niveau erreicht, von dem man vor ein paar Jahren bei Force-Feedback-Lenkrädern nur träumen konnte.
Ein anderes Niveau
Das Herzstück der Wheel Base ist der bürstenlose Servomotor, der zusammen mit dem hochwertigen Riemenantrieb nicht nur für äußerst kraftvolle, sondern auch subtile Force-Feedback-Effekte sorgt, bei denen man das Gefühl hat, selbst kleinste Bodenwellen zu spüren. Gleichzeitig erlauben die detaillierten und vielfältigen Kräfte, sich perfekt ans Limit heranzutasten. Verlieren die Reifen z.B. zunehmend an Haftung, ist nicht länger nur das Reifenquietschen ein guter Indikator, sondern auch am Lenkrad kann man gut nachempfinden, wenn man es mit der Geschwindigkeit übertreibt, die Pneus zu stark belastet oder das Bremspedal zu heftig beackert. Die zwei Magnetsensoren, die sowohl
am Motor als auch an der Lenkachse angebracht wurden, sorgen zudem für eine erfreulich präzise Erfassung der Lenkbewegungen ohne spürbare Verzögerung.Tatsächlich sind mir die Ausmaße dieses Kraftpakets sogar eine Spur zu heftig – und das sage ich als jemand, dem das Force Feedback eigentlich nicht stark genug sein kann. Doch was Fanatec hier ins Gehäuse gepackt hat, sprengt meine bisherige Rüttel-Skala! Beim Rasen in Forza Motorsport 6 waren die Effekte während Abflügen mitunter so krass, dass ich bei den starken Ausschlägen des Wheels Probleme hatte, den Knopf für die Rewind-Funktion zu erwischen. Auch in PC-Simulationen wie Assetto Corsa oder Project Cars artet das Fahren mit diesem Setup schnell in schweißtreibende Arbeit aus, die einem Besuch im Fitnessstudio nahe kommt. Die Kräfte der bis zu drei Motoren gehen sogar über das Lenkrad hinaus und haben meinem Rennsitz aufgrund der starken Vibrationen den kleinen Hauch eines Full-Motion-Simulators verpasst.
Ersatz fürs Fitnessstudio
Ein Glück, dass man die Intensität des Force Feedback und Vibrationen nicht nur in den meisten Spielen, sondern auch durch Einstellungen am Lenkrad den eigenen Wünschen anpassen kann. Und nicht nur das: Auch der maximale Lenkwinkel lässt sich zwischen 45 und 900 Grad selbst bestimmen und für die entsprechenden Spiele verändern. So reicht in der Formel-Eins z.B. ein deutlich geringerer Maximalwert als z.B. in Tourenwagen oder Rallye-Boliden. Darüber hinaus lässt sich auch festlegen, ab wann das ABS greifen und die entsprechenden Vibrationen an den
Spieler weitergeben soll – nicht nur anhand eines kleinen Vibrationsmotors im Bremspedal, sondern auch auch innerhalb des Lenkrads. In Zehnerschritten lassen sich getrennt außerdem Werte für die Linearität und eine künstlich herbeigeführte Deadzone („Spiel“) einstellen, falls die Software entsprechenden Anpassungen erfordert. Die Aktivierung des Drift-Modus ist dagegen vornehmlich für Fahrer interessant, die das Lenkrad möglichst schnell und ohne Widerstand drehen wollen, so wie es eben bei Schlitter-Wettbewerben üblich ist. Schließlich lassen sich mit den Optionen Force, Spring und Damper sogar noch Detaileinstellungen hinsichtlich der Intensität der jeweiligen Kräfte vornehmen, damit sich in den verschiedenen Spielen auf jeden Fall das gewünschte Gefühl beim Fahren einstellen kann. Und damit man nicht nach jedem Wechsel der Software dazu gezwungen wird, Veränderungen an den Werten vorzunehmen, dürfen bis zu fünf Setups im Lenkrad abgespeichert werden. Gerade am Anfang wird man von dieser Vielfalt an Einstellungsmöglichkeiten etwas erschlagen, doch lernt man die Vorteile bald zu schätzen und tüftelt entweder selbst an präferierten Anpassungen oder orientiert sich in diversen Foren oder Seiten wie F-Wheel.com an den Werten anderer Fahrer.Die Wheel Base kommt von Haus aus fertig montiert an eine Befestigung, die dank eines 20-Grad-Winkels schon eine ideale Position des Geräts mit sich bringt, um es an den meisten Rennsitzen oder Wheelstand anzubringen. Dank vorgefertigter Löcher für die Schrauben muss man bei den meisten Exemplaren nicht selbst zum Bohrer greifen - falls doch, stellt Fanatec eine entsprechende Bohrschablone zur Verfügung. Eine einfache Tischbefestigung ist allerdings nicht enthalten und muss separat erworben werden, wäre aber ohnehin nur zweite Wahl. Bevor man mit der Montage beginnt, sollte man allerdings unbedingt darauf achten, die nötigen Kabel für Strom und USB sowie Zubehör von Pedalen über Schaltknüppel bereits einzustöpseln, denn die entsprechenden Anschlüssen befinden sich unten an der Rückseite der Basis und lassen sich nach dem Festschrauben nur noch schwer bzw. gar nicht mehr erreichen. In diesem Zusammenhang hätte ich mir übrigens etwas längere Kabel gewünscht – vor allem das USB-Exemplar, das für den Anschluss am Lenkrad einen 90-Grad-Stecker erfordert und die Wheel Base mit PC oder Konsolen verbindet, ist mit zwei Metern etwas knapp bemessen, doch schafft ein handelsübliches Verlängerungskabel Abhilfe. Auch das Teilstück des Stromkabels vom Lenkrad zum Netzteil erscheint mir etwas kurz, weil ich Letzteres gerne etwas weiter nach hinten unter meinen Rennsitz geschoben hätte. Großzügig fällt dagegen die Verbindung vom Netzteil zur Steckdose aus, die eine gewisse Flexibilität erlaubt und fiese Stolperfallen gar nicht erst entstehen lässt.
Einfache Montage
Das modulare System
Abseits der elf Knöpfe und den beiden Schaltwippen, deren Abstand und Position man übrigens verändern darf, ist das BMW-Wheel außerdem mit einer LED-Anzeige für die Motorendrehzahl und einem LED-Display zur Darstellung von Gängen oder anderen Funktionen ausgestattet – sofern es von den Spielen unterstützt wird. Gleichzeitig kommt das Display für die Tuning-Funktionen am Lenkrad zum Einsatz. Ebenfalls nützlich sind die beiden kleinen Sticks, die nicht nur das Navigieren durch Spielmenüs erleichtern, sondern z.B. auch das Umsehen im laufenden Renngeschehen ermöglichen. Bei der Verwendung an PlayStation-Konsolen ist es lediglich etwas gewöhnungsbedürftig, dass die Funktionen des linken Controller-Analogsticks hier auf dem rechten Stick liegen.
Universal-Hub als Alternative und All-in-One-Lösung
Und wie sieht es mit der Xbox One aus? Hier musste Fanatec etwas tricksen, um die Kompatibilität der Wheel Base zur nicht gerade anschlussfreudigen Microsoft-Konsole zu gewährleisten. Die Lösung fand man schließlich im Universal Hub – einer Art Basis-Schablone, die Fanatec bereits für den PC im Sortiment hatte und die man jetzt um eine Xbox-One-Variante ergänzt hat. Der große Vorteil an diesem System: Man genießt die absolute Freiheit, wo man welche Knöpfe anbringen oder ob man die insgesamt fünf Bedienelemente sogar komplett abmontieren will. Selbst in dieser „nackten“ Variante ist die Navigation noch möglich, da sich auch an der Oberseite des Hubs eine Reihe an Knöpfen sowie eine LED-Anzeige befindet, die sich abnehmen und stehend montieren lässt. Alternativ darf man sogar ein Handy am Hub befestigen, um Begleit-Apps zu nutzen – so z.B. zur Telemetrieanzeige. Praktisch: Um die Stromversorgung zu gewährleisten und Kabelsalat zu vermeiden, hat man gleich noch einen USB-Port an der Unterseite des Hubs integriert. Auch die Position der Schaltwippen lässt sich hier wieder anpassen – alternativ tauscht man die beiden großen Exemplare sogar gegen kleinere Varianten aus, die sich ebenfalls im Lieferumfang befinden. Nicht enthalten ist bei einem Preis von knapp 350 Euro das Wichtigste: das Lenkrad. Dafür hat man die Freiheit der Selbstbestimmung und darf neben Fanatec-Lenkradkränzen (Preis: ab ca. 130 Euro aufwärts) auch (Sport-)Lenkräder von Herstellern wie Momo, Sparco oder OMP verwenden, die auch in realen Rennwagen zum Einsatz kommen – vorausgesetzt, sie entsprechen den Normen 70mm-Durchmesser / sechs Schrauben oder 50mm-Durchmesser / drei Schrauben. Hier bewegt man sich also einen weiteren großen Schritt auf das Ziel zu, dem Gefühl so nah wie möglich zu kommen, wie im realen Motorsport hinter dem Steuer eines Rennwagens zu sitzen. Alternativ bietet Fanatec ebenfalls Bundles aus Universal Hub und Rim an, die preislich bei knapp 480 Euro angesiedelt sind.
Wer sich mehrere Rims anschaffen möchte, braucht keine Angst vor großen Umbauten zu haben: Dank eines Schnellverschluss-Mechanismus tauscht man die Lenkräder in Sekundenschnelle aus, indem man den Ring auf deren Rückseite einfach nach hinten drückt und anschließend von der Lenkachse der Basis abzieht. Umgekehrt und damit ebenso simpel erfolgt das Anbringen des neuen Lenkrads oder Universal Hubs.
Schneller Austausch und simple Einrichtung
Ähnlich problemlos gestaltet sich die Einrichtung – vor allem am PC, wo man nach der Installation des Treibers auch Pedale und die Gangschaltung kalibrieren kann. Etwas fummeliger wird es, wenn man nur eine Konsole zur Verfügung hat und unter Umständen nur über das Lenkrad diese Justierungen vornehmen muss. Schön: Für das Firmware-Update muss nicht länger wie in der Vergangenheit ein separates Programm geladen werden, sondern es ist direkt in den Treiber integriert und sollte sofort aufgespielt werden. Zum einen ist die neue Firmware dringend erforderlich, bevor man den Universal Hub der Xbox One an die Basis anschließt. Zum anderen werden auch die Lüfter richtig eingestellt, die ohne das Update merkwürdige Geräusche von sich geben, danach aber ruhig vor sich hin schnurren und sich hinsichtlich der Betriebsgeräusche auf dem akzeptablen Niveau eines PCs oder der PS4 bewegen. Störender
ist das recht laute Klicken der Schalthebel – egal ob beim BMW-Lenkrad oder dem Universal Hub: Zwar ist es auf der einen Seite durchaus nützlich, ein Geräusch-Feedback bei Schaltvorgängen zu bekommen, aber insgesamt dürfte es für meinen Geschmack trotzdem etwas gedämpfter sein.Neben der Wheel Base V2 und dem nötigen Zubehör hat uns Fanatec auch die neuen ClubSport Pedale V3 für einen Test zukommen lassen. Ich nutzte bisher immer noch die erste Generation, die schon mit zu den besten Pedalen gehörte, die man in diesem Preissegment bekommen konnte. Doch obwohl sich die neue Variante optisch kaum vom Original entscheidet, ist der Unterschied immens. Das liegt in erster Linie an der einstellbaren Load Cell, die einen realistischen Bremsdruck von bis zu 90 Kilogramm aufbauen kann. Hier zählt also nicht länger nur der Weg des Bremspedals, sondern vor allem der Druck, mit dem es betätigt wird. Und genau das verleiht dem Umgang mit der Bremse einen herrlich realistischen Touch – es fühlt sich einfach 'echt' an. Schön auch, dass man die Bremssteifigkeit sowie den Pedalweg jetzt einfach mittels einer kleinen Drehscheibe justieren und das Werkzeug im Koffer lassen kann. Auch Gas und Kupplung sind eine Freude für die Füße, auch wenn mir Letztere etwas zu wenig Widerstand bietet und man sie nicht richtig schleifen lassen kann, wie man es von einem echten Auto gewohnt ist.
Eine Freude für die Füße
Doch schon von Haus aus bietet die gut acht Kilo schwere Pedaleinheit diverse Individualisierungeoptionen: Wie schon bei den Vorgängermodellen lässt sich die Position der Pedaloberflächen dank der jeweils neun Schraubenlöcher verändern. Zusätzlich legt man Pedalerweiterungen bei, mit denen man den Pedalwinkel einstellen kann. Darüber hinaus finden sich in der Verpackung drei D-förmige und gekrümmte Pedalplatten als Alternative. Die ohnehin schwachen Vibrationen, die von den Sensoren bei Gas sowie Bremse ausgehen und den Grip-Verlust auch an den Füßen spürbar machen wollen, büßen dabei aber noch stärker von ihrer kaum vorhandenen Intensität ein.
Pedale austauschen und anpassen
Im Zusammenspiel mit der Xbox One hatte ich übrigens meine Probleme mit der automatischen Kalibrierung der Pedale. Dies führte dazu, dass ich bei Forza Motorsport 6 nicht mehr durch die Fahrzeugliste der einzelnen Händler navigieren konnte, weil die Pedale ohne Berührung angesprochen wurden. Abhilfe schaffte nur eine manuelle Korrektur, in der ich eine minimale Deadzone einrichtete und dadurch die Empfindlichkeit entsprechend einschränkte. Mit etwa 360 Euro sind alleine die Pedale teurer als so manches Komplettset, doch bekommt man im Gegenzug eine
Top-Verarbeitung der robusten Aluminium-Teile, die auch der intensiven Bearbeitung mit Schuhwerk standhalten dürften. Die Vibrationsmotörchen an Gas- und Bremspedal ist in dieser Form allerdings nur ein Gimmick. Es ist nett, dass es sie gibt, aber gebraucht hätte ich das nicht unbeding. Kleine Notiz an Rande: Die V3-Pedale funktionieren selbstverständlich nicht nur im Zusammenspiel mit der neuen Wheel Base, sondern allen Lenkrädern von Fanatec, also auch den älteren Modellen wie dem Porsche Turbo S Wheel oder dem CSR Wheel. Umgekehrt lassen sich auch ältere Pedaleinheiten weiterverwenden. Schön auch, dass nicht nur die Lenkräder und Base, sondern auch die Pedale in passenden Stoffbeuteln in der Verpackung landen, die sich anschließend hervorragend als Staubschutz weiterverwenden lassen. Für deutsche Kunden wäre es allerdings schön, wenn Fanatec nicht nur die beigelegten Schnellanleitungen, sondern auch die kompletten Handbücher in der Muttersprache anbieten würde, denn über die Webseite werden bisher lediglich die englischen Versionen zum Download bereitgestellt.Fazit
Qualität hat ihren Preis: Angesichts der Summen, die schon bei der Zusammenstellung eines Basis-Setups bestehend aus Wheel Base V2, Lenkrad / Hub und Pedalen zusammenkommen, muss man als Rennspiel-Fan schwer schlucken. Kommt dann noch optionales Zubehör wie eine H-Gangschaltung oder die Handbremse hinzu, schnellen die Anschaffungskosten noch weiter in die Höhe. Qualität hat eben ihren Preis – und den ist dieses Zubehör aufgrund der hochwertigen Verarbeitung, der zahlreichen Anpassungsmöglichkeiten durch Tuning sowie Umbauten und nicht zuletzt des fantastischen Fahrgefühls mit seinem grandiosen Force Feedback durchaus wert. Natürlich nicht für Leute, die ab und zu mal eine kleine Runde drehen wollen. Das wäre etwa so, als würde man sich einen Ferrari kaufen und ihn nur zum Einkaufen ausführen. Fanatecs Wheel Base V2 ist in Kombination mit den sehr gut verarbeiteten Lenkrädern und den famosen Pedalen ein Ferrari unter dem Racing-Zubehör! Teuer? Ja! Aber jeden Cent wert, wenn man sich mit größeren Ambitionen regelmäßig auf die Piste begibt und dabei den puren Fahrspaß hinter dem Luxus-Steuer genießt. Vor allem am PC kommt das Set voll zur Geltung, während auf den aktuellen Konsolen die Kompatibilität noch zu wünschen übrig lässt. Hier sind sowohl Fanatec als auch die Entwickler von Rennspielen gefordert, damit diese erstklassige Hardware auch zunehmend an PS4 und Xbox One entsprechend gewürdigt und unterstützt wird.
Einschätzung: sehr gut