Steam Controller - Test, Hardware, PC

Steam Controller
26.10.2015, Michael Krosta

Test: Steam Controller

Der Universal-Controller?

Runden- oder Echtzeitstrategie bequem vom Sofa aus steuern? Oder Rätsel von Point'n'Click-Abenteuern ohne die Maus knacken? Eine ähnlich präzise Steuerung für Shooter wie bei der bewährten Kombo aus Tastatur und Nager? Der Steam Controller (ab 399,99€ bei kaufen) soll es möglich machen! Wir haben ihn ausprobiert und verraten euch im Test (auch als Video), ob die eigenwillige Hardware-Architektur mit ihren Touch-Pads eine richtungsweisende Alternative zu herkömmlichen Pads darstellt und sich sogar als Ersatz für die Maus anbieten kann...

Die Vorfreude war groß, als der vorbestellte Steam-Controller mit seiner schicken Verpackung in der Redaktion eintraf. Umso enttäuschender fiel der erste persönliche Kontakt nach dem Auspacken aus: Ließen die Promo-Bilder und erste Berichte vom Prototypen noch auf eine hochwertige Verarbeitung hoffen, ist davon am Ende nicht mehr viel übrig geblieben. Tatsächlich hatte ich ein kleines Déjà-vu, denn das Plastikgehäuse und auch die Schultertasten fühlen sich ähnlich billig an wie damals der Ouya-Controller. Darüber hinaus gibt es eine weitere Gemeinsamkeit mit dem Eingabegerät der gescheiterten Android-Konsole: Genau wie dort landen die beiden mitgelieferten AA-Batterien jeweils in den rechten und linken Griffen. Allerdings muss man hier nur eine Klappe an der Unterseite öffnen, anstatt wie beim Ouya-Controller die beiden Plastik-Schalen an der Oberfläche getrennt vom Gehäuse zu entfernen. Dadurch ergibt sich eine ähnliche Gewichtsverteilung des Controllers, der sich aufgrund des gewählten Designs im Zentrum ungewöhnlich leicht anfühlt.

Schicke Verpackung, enttäuschende Verarbeitung

Die Batterien landen - wie beim Ouya-Controller - in den beiden Griffen. Mehr dazu auch im Test-Video.
Der wohl größte Unterschied im Vergleich zu klassischen Gamepads sind die beiden runden und berührungsempfindlichen Flächen, die sich rechts und links auf einer Höhe an Positionen befinden, wo man eigentlich einen Analogstick und die Aktionstasten erwarten würde. Insgesamt stellen sie eine würdige Alternative dar, da sie sich für die typischen Funktionen wie die Kamerasteuerung (rechts) oder das Bewegen der Figuren eignen – das links Feld bietet sich sogar als ein gelungener Ersatz für das übliche Digitalkreuz an. Trotzdem war die nachträgliche Platzierung eines (linken) Analogsticks eine sinnvolle Ergänzung der Valve-Designer, denn es fühlt sich für den klassischen Controller-Spieler gewohnter und komfortabler an, die gummierte Oberfläche unter dem Daumen zu spüren. Und es ist erstaunlich zu sehen, wie gut Tradition und Veränderung im wahrsten Sinne des Wortes bei manchen Spielen Hand in Hand zusammenarbeiten. Hätte ich mir lieber noch einen zweiten Analogstick gewünscht? Das Gewohnheitstier in mir sagt „ja“, aber ich muss trotzdem zugeben: Vermisst habe ich ihn nicht, denn schon nach einer kurzen Eingewöhnungszeit fühlte sich das Spielen mit dem Steam-Controller bei Titeln wie Metal Gear Solid 5: The Phantom Pain fast genauso an wie mit einem herkömmlichen Pad.

Touchpads statt Analogsticks

Die Verpackung wirkt edler als die Verarbeitung des Controllers.
Problematisch wird es vor allem dann, wenn das rechte Touch-Feld gleichzeitig mit den rechten Schultertasten zum Einsatz kommt. Dadurch wird z.B. die Benutzung des Fernglases bei Kojimas Schleichspiel zu einem kleinen Krampf für Zeigefinger und vor allem den rechten Daumen, der aufgrund des zu geringen Abstands zwischen Tasten und Touchpad in dieser Situation unangenehm gekrümmt werden muss, zumindest bei Spielern mit etwas längeren Fingern. Völlig misslungen ist alles rund um die vier Aktionstasten im klassischen XYAB-Layout: Zum einen ist deren Position an der Stelle eines rechten Analogsticks sowie unterhalb des Touch-Feldes arg gewöhnungsbedürftig und erfordert zum Drücken mitunter etwas Fingerakrobatik – vor allem beim Umgreifen vom oder zum Touch-Feld. Zum anderen sind die Knöpfe nicht nur viel zu klein ausgefallen, sondern sie liegen auch viel zu dicht beieinander! Immerhin bieten sie aber einen angenehmen Widerstand beim Drücken.

Das kann man von den Triggern, also den beiden unteren Schultertasten, leider nicht behaupten: Zum einen lassen sie sich viel zu leicht drücken und zum anderen – was besonders Rennspiel-Fans sauer aufstoßen dürfte – bieten sie einen viel zu kurzen Hebelweg. Zwar kann dieser kleine Bereich verhältnismäßig präzise abgetastet werden, aber dafür muss man schon eine Menge Feingefühl in den „Trigger-Fingern“ seiner Wahl aufbringen. Zu schnell ist der Punkt erreicht, an dem es „Klick“ macht und das Ziehen der Schultertasten mit einem weiteren Tastendruck beendet wird, dessen Funktionen übrigens separat belegt werden können. Theopraktisch wäre es demnach z.B. möglich, in einem Shooter mit den Triggern zu schießen und bei durchgedrückter Schultertaste etwa eine Granate zu werfen. Damit unterscheidet sich das Steam-Pendant ebenfalls von üblichen Controllern. Das gilt auch für die beiden zusätzlichen digitalen Hebel, die sich rechts und links an der Unterseite befinden und die man am Anfang gerne aus Versehen betätigt. Hat man sich aber an sie und ihr übermäßig lautes Klicken gewöhnt, lernt man sie schnell zu schätzen, wenn man sie z.B. mit Standardfunktionen wie Ducken und Springen oder einem manuellen Getriebe bei Rennspielen belegt.

Zu kurze Trigger-Wege

Innerhalb von Steam werden zahlreiche Feineinstellungen angeboten, um Controller und Steuerungsoptionen den eigenen Wünschen anzupassen.
Überhaupt sind die softwareseitigen Anpassungsmöglichkeiten die ganz große Stärke des Geräts: In den Steam-Optionen werden zwar drei generelle Vorlagen angeboten, um Funktionen klassischer Gamepads oder die Kombination aus Maus und Tastatur auf den Controller zu übertragen. Aber für jedes Spiel dürfen Nutzer eigene Profile mit individuellen Tastenbelegungen anbieten – und diese auch mit der Community teilen. Dabei lassen die Möglichkeiten kaum Wünsche offen: Nicht nur Maus- und Gamepad-Funktionen lassen sich zusammen mit Tastaturbefehlen auf das Layout des Controllers übertragen, auch Optionen wie Tote Zonen diverser Bereiche, der Radius für die Außenringfunktionen, Ansprech-Empfindlichkeit oder ein Trackball-Modus stehen zur Verfügung. Ist man dazu bereit, die nötige Zeit zu investieren, hat man tatsächlich alle nötigen Werkzeuge zur Hand, um die Steuerung nahezu perfekt auf die eigenen Vorlieben abzustimmen. Oder man wählt den einfacheren Weg und bedient sich an den meist gelungenen Vorlagen der Community, die für die meisten Spiele bereits zahlreich angeboten werden. Anders sieht es bei den offiziellen Empfehlung seitens der Entwickler aus, die im Konfigurationsbereich sogar den eigenen Menüpunkt „Empfohlen“ bekommen, denn dort herrscht meist gähnende Leere. Enttäuschend zudem, dass selbst Valve viele der eigenen Titel wie Left 4 Dead noch nicht für den eigenen Controller aufbereitet hat. Eine der positiven Ausnahmen ist bisher das grandiose Puzzlespiel Portal 2, bei dem sowohl diverse Konfigurationen empfohlen als auch die Anzeigen im Spiel auf die Benutzung des Steam-Controllers aktualisiert werden.

Zahlreiche Anpassungsmöglichkeiten

Trotzdem: Grundsätzlich ist der Steam-Controller zu allen Spielen kompatibel, die sich in der Bibliothek befinden – auch wenn man für manche von ihnen mehr Zeit für die individuellen Anpassungen investieren muss. Bei klassischen Abenteuerspielen wie Indiana Jones and the Fate of Atlantis stieß die Belegungsfreiheit aber an ihre Grenzen: Ich konnte die Mausklicks partout nicht wie gewünscht auf die Touchfeld-Taste oder die beiden unteren Klickhebel legen. Stattdessen wurden sie lediglich bei der Verwendung mit den beiden Triggern richtig erkannt. Hinzu kommt ein weiterer, aber offensichtlicher Nachteil: Der Steam-Controller funktioniert tatsächlich nur innerhalb von Steam oder zur Bedienung des Desktops! Startet man aber z.B. ein Spiel aus Origin oder GOG, verweigert er die Zusammenarbeit und ist folglich nicht so universal einsetzbar wie andere Gamepads. Dafür funktioniert die Navigation innerhalb von Steams Big Picture Modus richtig gut und auch die Einrichtung ist ein Kinderspiel: Steckt man den USB-Empfänger ein und drückt am Controller die zentrale Steam-Taste, wird er umgehend erkannt. Um die Reichweite zu erhöhen, hat man außerdem noch ein USB-Kabel und eine kleine Station für den Dongle beigelegt.

Die zusätzlichen Hebel an der Unterseite sind durchaus nützlich, aber auch sehr laut.
Als Alternative zum klassischen Controller macht die Steam-Variante zwar eine gute Figur, doch ersetzen oder gar übertreffen kann sie ihn nicht. Neben der Präzision des Analogsticks und längeren Wegen bei den Triggern vermisse ich vor allem auch den Rumble-Effekt. Zwar gibt es ein haptisches Feedback, das sich am ehesten wie ein leichtes Klacken beim Streichen über die Felder beschreiben lässt, doch kommt es längst nicht an die Intensität und Vielfalt klassischer Controller-Vibrationen heran.

Alternative für Maus und Tastatur?

Anders sieht es aus, wenn man den Controller als Ersatz für Maus und Tastatur einsetzen möchte – vornehmlich in Spielen wie Civilization oder Cities: Skylines, die nativ überhaupt keine Pad-Steuerung anbieten. Denn zum einen vermisst man bei solchen Titeln kein Feedback und zum anderen fällt der 360-Controller als Alternative flach. Gerade in Genres wie Rundenstrategie oder Adventures entpuppt sich die Steam-Variante als eine durchaus gelungene Option, um solche Spiele bequem vom Sofa aus in Angriff zu nehmen. Sobald es allerdings hektischer auf dem Bildschirm zugeht – wie etwa im Bereich der Echtzeitstrategie – wünscht man sich schnell wieder die Maus zurück. Hinzu kommt ein weiteres Problem, das auch der Steam-Controller nicht lösen kann: Gerade in typischen PC-Genres ist die Darstellung meist darauf optimiert, dass der Spieler relativ nah vor dem Monitor sitzt – und nicht etwa ein paar Meter entfernt gemütlich auf der Couch hockt. Und so wirken z.B. Dinge wie Schriftgröße oder Icons einfach zu klein, wenn man zu weit weg sitzt. Deshalb ist es nicht nur damit getan, dass ein Controller jetzt im Ansatz die Funktionen von Maus und Tastatur übernehmen kann – auch die Spiele müssten hinsichtlich Benutzerfreundlichkeit für den Couch-Einsatz optimiert werden. Und ich wage es zu bezweifeln, dass viele Studios dazu bereit sein werden...    

Zwar bieten die meisten PC-Shooter mittlerweile auch eine Gamepad-Steuerung als Alternative an, doch erlaubt es der Steam-Controller nicht nur das Gamepad zu emulieren, sondern auch die Tastatur- und Mausbefehle auf die Knöpfe, den Stick und die beiden Touchpads zu übertragen. Das Ergebnis ist...gewöhnungsbedürftig. Vor allem die Tatsache, dass man für den emulierten Maus-Rundumblick den Daumen am Rand immer wieder absetzen und dann von neuem über das

Vor allem das linke Touchpad ist ein guter Ersatz für die Maus.
linke Feld gleiten lassen muss, beeinträchtigt die Spielerfahrung und ich würde den klassischen Gamepad-Modus wahrscheinlich vorziehen, weil er mir zumindest gefühlt ein präziseres Zielen ermöglicht.

Präzision durch Bewegung

Eine weitere Alternative bietet der verbaute Gyro-Sensor, mit dessen Hilfe man per Bewegung die Kamera führen kann. Was schon bei Nintendos Splatoon überraschend gut funktionierte, klappt auch hier: Das Zielen mittels Gyroskop kann zwar die Maus ebenfalls nicht ersetzen, ist aber trotzdem erstaunlich präzise und ich kam mit dieser Variante meist besser zurecht, als mich nur auf das Touchpad zu verlassen! Schön auch, dass man die Aktivierungdes Bewegungssensors auf Wunsch mit Tasten verknüpfen kann. Dadurch wird die Funktion z.B. erst dann aktiviert, wenn man einen Knopf gedrückt hält oder sich ein Finger auf einem der Touch-Felder befindet – toll.    

Fazit

Der Steam-Controller ist schon allein aufgrund seiner unkonventionellen Architektur interessant. Aber eignet er sich tatsächlich als echte Alternative zu den bewährten Steuerungsmethoden? Jein. Es mag die Macht der Gewohnheit sein, aber nicht nur hinsichtlich der deutlich besseren Verarbeitung, sondern auch beim Layout, den Vibrationseffekten und der Präzision würde ich das Xbox360-Pad weiterhin bevorzugen, denn es fühlt sich einfach rundum komfortabler an. Hinzu kommt, dass ich es in Spielen nutzen darf, die sich nicht in meiner Steam-Bibliothek befinden. Als Ersatz für Maus und Tastatur hinterlässt Valves Controller hingegen einen deutlich besseren Eindruck – vor allem, wenn es auf dem Bildschirm weniger hektisch zugeht, so wie bei Vertretern der Rundenstrategie oder Knobel-Abenteuern. Also bei Titeln, die nativ keine Pad-Unterstützung anbieten. Hier profitieren Controller und Nutzer von den enormen Anpassungsmöglichkeiten, die von der einfachen Tastenbelegung bis hin zur Einstellung von präzisen Parametern bei der Abtastung der Touch-Flächen oder des Gyroskops reichen. Und dank der eifrigen Unterstützung durch die Community findet man für viele Titel bereits eine breite Auswahl an Setups. Das löst allerdings nicht das Problem, dass viele PC-Spiele nicht für ein Spielen von der Couch ausgelegt sind – sei es durch kleine Schrift, Mini-Icons oder Anzeigen, die auf die Nutzung von Maus und Tastatur ausgerichtet sind. Und so interessant das Konzept des Steam-Controllers auch sein mag: Ich sehe derzeit keine Notwendigkeit, warum man ihn anschaffen sollte. Für Spiele mit Gamepad-Unterstützung leisten klassische Controller einen besseren Job. Und falls ich Spiele mit Maus und Tastatur unbedingt von meinem Sofa aus spielen will, würde ich mein Geld wohl lieber in Kabelverlängerungen oder ein Funk-Setup sowie in eine Tablett-Auflage investieren.

Einschätzung: befriedigend

(Diesen Test gibt es auch in kürzerer Video-Version, Anm.d.Red.)

Wertung

PC

Für Spiele mit Gamepad-Unterstützung leisten klassische Controller einen besseren Job.