Steam Controller - Test, Hardware, PC
Die Vorfreude war groß, als der vorbestellte Steam-Controller mit seiner schicken Verpackung in der Redaktion eintraf. Umso enttäuschender fiel der erste persönliche Kontakt nach dem Auspacken aus: Ließen die Promo-Bilder und erste Berichte vom Prototypen noch auf eine hochwertige Verarbeitung hoffen, ist davon am Ende nicht mehr viel übrig geblieben. Tatsächlich hatte ich ein kleines Déjà-vu, denn das Plastikgehäuse und auch die Schultertasten fühlen sich ähnlich billig an wie damals der Ouya-Controller. Darüber hinaus gibt es eine weitere Gemeinsamkeit mit dem Eingabegerät der gescheiterten Android-Konsole: Genau wie dort landen die beiden mitgelieferten AA-Batterien jeweils in den rechten und linken Griffen. Allerdings muss man hier nur eine Klappe an der Unterseite öffnen, anstatt wie beim Ouya-Controller die beiden Plastik-Schalen an der Oberfläche getrennt vom Gehäuse zu entfernen. Dadurch ergibt sich eine ähnliche Gewichtsverteilung des Controllers, der sich aufgrund des gewählten Designs im Zentrum ungewöhnlich leicht anfühlt.
Schicke Verpackung, enttäuschende Verarbeitung
Touchpads statt Analogsticks
Das kann man von den Triggern, also den beiden unteren Schultertasten, leider nicht behaupten: Zum einen lassen sie sich viel zu leicht drücken und zum anderen – was besonders Rennspiel-Fans sauer aufstoßen dürfte – bieten sie einen viel zu kurzen Hebelweg. Zwar kann dieser kleine Bereich verhältnismäßig präzise abgetastet werden, aber dafür muss man schon eine Menge Feingefühl in den „Trigger-Fingern“ seiner Wahl aufbringen. Zu schnell ist der Punkt erreicht, an dem es „Klick“ macht und das Ziehen der Schultertasten mit einem weiteren Tastendruck beendet wird, dessen Funktionen übrigens separat belegt werden können. Theopraktisch wäre es demnach z.B. möglich, in einem Shooter mit den Triggern zu schießen und bei durchgedrückter Schultertaste etwa eine Granate zu werfen. Damit unterscheidet sich das Steam-Pendant ebenfalls von üblichen Controllern. Das gilt auch für die beiden zusätzlichen digitalen Hebel, die sich rechts und links an der Unterseite befinden und die man am Anfang gerne aus Versehen betätigt. Hat man sich aber an sie und ihr übermäßig lautes Klicken gewöhnt, lernt man sie schnell zu schätzen, wenn man sie z.B. mit Standardfunktionen wie Ducken und Springen oder einem manuellen Getriebe bei Rennspielen belegt.
Zu kurze Trigger-Wege
Zahlreiche Anpassungsmöglichkeiten
Trotzdem: Grundsätzlich ist der Steam-Controller zu allen Spielen kompatibel, die sich in der Bibliothek befinden – auch wenn man für manche von ihnen mehr Zeit für die individuellen Anpassungen investieren muss. Bei klassischen Abenteuerspielen wie Indiana Jones and the Fate of Atlantis stieß die Belegungsfreiheit aber an ihre Grenzen: Ich konnte die Mausklicks partout nicht wie gewünscht auf die Touchfeld-Taste oder die beiden unteren Klickhebel legen. Stattdessen wurden sie lediglich bei der Verwendung mit den beiden Triggern richtig erkannt. Hinzu kommt ein weiterer, aber offensichtlicher Nachteil: Der Steam-Controller funktioniert tatsächlich nur innerhalb von Steam oder zur Bedienung des Desktops! Startet man aber z.B. ein Spiel aus Origin oder GOG, verweigert er die Zusammenarbeit und ist folglich nicht so universal einsetzbar wie andere Gamepads. Dafür funktioniert die Navigation innerhalb von Steams Big Picture Modus richtig gut und auch die Einrichtung ist ein Kinderspiel: Steckt man den USB-Empfänger ein und drückt am Controller die zentrale Steam-Taste, wird er umgehend erkannt. Um die Reichweite zu erhöhen, hat man außerdem noch ein USB-Kabel und eine kleine Station für den Dongle beigelegt.
Alternative für Maus und Tastatur?
Anders sieht es aus, wenn man den Controller als Ersatz für Maus und Tastatur einsetzen möchte – vornehmlich in Spielen wie Civilization oder Cities: Skylines, die nativ überhaupt keine Pad-Steuerung anbieten. Denn zum einen vermisst man bei solchen Titeln kein Feedback und zum anderen fällt der 360-Controller als Alternative flach. Gerade in Genres wie Rundenstrategie oder Adventures entpuppt sich die Steam-Variante als eine durchaus gelungene Option, um solche Spiele bequem vom Sofa aus in Angriff zu nehmen. Sobald es allerdings hektischer auf dem Bildschirm zugeht – wie etwa im Bereich der Echtzeitstrategie – wünscht man sich schnell wieder die Maus zurück. Hinzu kommt ein weiteres Problem, das auch der Steam-Controller nicht lösen kann: Gerade in typischen PC-Genres ist die Darstellung meist darauf optimiert, dass der Spieler relativ nah vor dem Monitor sitzt – und nicht etwa ein paar Meter entfernt gemütlich auf der Couch hockt. Und so wirken z.B. Dinge wie Schriftgröße oder Icons einfach zu klein, wenn man zu weit weg sitzt. Deshalb ist es nicht nur damit getan, dass ein Controller jetzt im Ansatz die Funktionen von Maus und Tastatur übernehmen kann – auch die Spiele müssten hinsichtlich Benutzerfreundlichkeit für den Couch-Einsatz optimiert werden. Und ich wage es zu bezweifeln, dass viele Studios dazu bereit sein werden...
Zwar bieten die meisten PC-Shooter mittlerweile auch eine Gamepad-Steuerung als Alternative an, doch erlaubt es der Steam-Controller nicht nur das Gamepad zu emulieren, sondern auch die Tastatur- und Mausbefehle auf die Knöpfe, den Stick und die beiden Touchpads zu übertragen. Das Ergebnis ist...gewöhnungsbedürftig. Vor allem die Tatsache, dass man für den emulierten Maus-Rundumblick den Daumen am Rand immer wieder absetzen und dann von neuem über das
linke Feld gleiten lassen muss, beeinträchtigt die Spielerfahrung und ich würde den klassischen Gamepad-Modus wahrscheinlich vorziehen, weil er mir zumindest gefühlt ein präziseres Zielen ermöglicht.Präzision durch Bewegung
Eine weitere Alternative bietet der verbaute Gyro-Sensor, mit dessen Hilfe man per Bewegung die Kamera führen kann. Was schon bei Nintendos Splatoon überraschend gut funktionierte, klappt auch hier: Das Zielen mittels Gyroskop kann zwar die Maus ebenfalls nicht ersetzen, ist aber trotzdem erstaunlich präzise und ich kam mit dieser Variante meist besser zurecht, als mich nur auf das Touchpad zu verlassen! Schön auch, dass man die Aktivierungdes Bewegungssensors auf Wunsch mit Tasten verknüpfen kann. Dadurch wird die Funktion z.B. erst dann aktiviert, wenn man einen Knopf gedrückt hält oder sich ein Finger auf einem der Touch-Felder befindet – toll.
Fazit
Der Steam-Controller ist schon allein aufgrund seiner unkonventionellen Architektur interessant. Aber eignet er sich tatsächlich als echte Alternative zu den bewährten Steuerungsmethoden? Jein. Es mag die Macht der Gewohnheit sein, aber nicht nur hinsichtlich der deutlich besseren Verarbeitung, sondern auch beim Layout, den Vibrationseffekten und der Präzision würde ich das Xbox360-Pad weiterhin bevorzugen, denn es fühlt sich einfach rundum komfortabler an. Hinzu kommt, dass ich es in Spielen nutzen darf, die sich nicht in meiner Steam-Bibliothek befinden. Als Ersatz für Maus und Tastatur hinterlässt Valves Controller hingegen einen deutlich besseren Eindruck – vor allem, wenn es auf dem Bildschirm weniger hektisch zugeht, so wie bei Vertretern der Rundenstrategie oder Knobel-Abenteuern. Also bei Titeln, die nativ keine Pad-Unterstützung anbieten. Hier profitieren Controller und Nutzer von den enormen Anpassungsmöglichkeiten, die von der einfachen Tastenbelegung bis hin zur Einstellung von präzisen Parametern bei der Abtastung der Touch-Flächen oder des Gyroskops reichen. Und dank der eifrigen Unterstützung durch die Community findet man für viele Titel bereits eine breite Auswahl an Setups. Das löst allerdings nicht das Problem, dass viele PC-Spiele nicht für ein Spielen von der Couch ausgelegt sind – sei es durch kleine Schrift, Mini-Icons oder Anzeigen, die auf die Nutzung von Maus und Tastatur ausgerichtet sind. Und so interessant das Konzept des Steam-Controllers auch sein mag: Ich sehe derzeit keine Notwendigkeit, warum man ihn anschaffen sollte. Für Spiele mit Gamepad-Unterstützung leisten klassische Controller einen besseren Job. Und falls ich Spiele mit Maus und Tastatur unbedingt von meinem Sofa aus spielen will, würde ich mein Geld wohl lieber in Kabelverlängerungen oder ein Funk-Setup sowie in eine Tablett-Auflage investieren.
Einschätzung: befriedigend
(Diesen Test gibt es auch in kürzerer Video-Version, Anm.d.Red.)