ANNO 2205 - Test, Taktik & Strategie, PC

ANNO 2205
03.11.2015, Marcel Kleffmann

Test: ANNO 2205

Ein großer Schritt für ANNO?

Nach dem gewagten Zeitsprung mit ANNO 2070 geht es mit ANNO 2205 (ab 5,89€ bei kaufen) noch weiter in Zukunft. Dabei werden Story- und Endlosmodus zusammengefasst, der Multiplayer gestrichen, kriegerische Auseinandersetzungen auf eigene Karten verbannt, Schiffswerften ausrangiert und einiges an der gewohnten Aufbau- und Wirtschaftsmechanik verändert. Wird der Mut zur Veränderung belohnt oder ist das eher frischer Gegenwind für den Spielspaß? Mehr dazu im Test.

Erstmal: Keine Panik! Bei ANNO dreht sich weiterhin alles um den Aufbau einer Stadt, den Ressourcenabbau, die Produktion von Waren und die Erfüllung der Bedürfnisse der Einwohner, die immer mehr Wünsche haben und bei Zufriedenheit gerne mehr Steuern zahlen. Normalerweise war es bei der ANNO-Reihe immer so, dass man auf einer großen Karte mit diversen Inseln spielte. Auf einer dieser Inseln baute man seine zentrale Siedlung und gründete danach weitere Kolonien, um seltene Rohstoffe oder Waren zu erlangen. Alles spielte sich auf dieser Karte ab und dieses seit (ANNO) 1602 bestehende Konzept wird in ANNO 2205 erstmalig im größeren Stil verändert. Fortan spielt man nicht mehr auf einer großen Karte mit vielen Inseln, sondern baut und verwaltet mehrere Siedlungen gleichzeitig in unterschiedlichen Sektoren. Verbunden werden diese Sektoren mithilfe einer Weltkarte. Und auf dieser Weltkarte, die Erde, Mord und eine Orbitalstation umfasst, gibt es mehrere markierte Positionen, die als Bauplätze dienen können.

ANNO bleibt ANNO?!

Die Weltkarte: Bei ANNO 2205 werden mehrere Städte parallel betrieben. Das Zentrum ist dabei die Stadt in der gemäßigten Klimaregion. Auch zwei Transportrouten bestehen bereits.
Los geht es in ANNO 2205 mit der zentralen Stadt in einem gemäßigten Klimagebiet - inmitten grüner Landschaft und umgeben von imposanten Bergketten. Nach der Errichtung der ersten Wohnhäuser und der Beschaffung der grundlegenden Waren zur Bedürfnisdeckung wächst die Siedlung ziemlich rasant und die Bevölkerung verlangt nach speziellen Waren (hier: Neuralimplantate), die nur mit Ressourcen hergestellt werden können, die in diesen Breitengraden nicht aufzutreiben sind. Also muss ich die Arktis erobern. Somit verlasse ich die Karte des gemäßigten Klimagebietes und wähle auf der Weltkarte eine Arktisregion zur Besiedlung aus - sofern die Arktis-Quest abgeschlossen wurde.

Im malerischen Startsektor

Nach einer Ladepause kann ich die Arktis betreten und in den weißen Weiten erste Wohngebäude für Forscher hochziehen, um dort später die notwendigen Rohstoffe abbauen zu können. Im Prinzip kann diese Arktis-Siedlung als Erweiterung des Orient- oder Tech-Konzeptes aus ANNO 1404 bzw. ANNO 2070 verstanden werden. Ist die notwendige Produktionskette mit Bergwerk und Produktionsanlage in Betrieb, springe ich wieder zurück auf die Weltkarte und lege eine Waren-Transferroute für Neuralimplantate von der Arktis in die gemäßigte Klimaregion an. Betrete ich (nach einer Ladepause) wieder die Startstadt, stehen die Implantate frisch aus der Arktis bereit und decken im Handumdrehen die Bedürfnisse meiner Stufe-2-Einwohner. Die Zufriedenheit wächst. Der Credit-Zuwachs auch.

Die Einwohner der dritten Bevölkerungsstufe verlangen nach "Mobilität". Abhilfe schafft da der U-Bahnhof, der jedoch ziemlich viel Platz einnimmt. Zum Glück lassen sich mit der praktischen Verschiebefunktion die Gebäude direkt auf der Karte bewegen - obgleich diese Funktion doch ziemlich unrealistisch ist.
Anstatt also auf einer großen Karte zu spielen, betreibt man fortan mehrere Städte in unterschiedlichen Regionen parallel und kann jederzeit zwischen den Siedlungen hin- und herspringen. Dabei laufen Produktion und Co. in den nicht aktiv gespielten Partien im Hintergrund weiter. Wenn ich also gerade in der Arktis unterwegs bin, werden Steuereinnahmen, Unterhaltskosten, Einwohnerzufriedenheit, Bedürfnisdeckung, Bevölkerungswachstum etc. aller anderen Städte weiter berechnet. Darüber hinaus fällt auf, dass diese "Zuliefersiedlungen" in der Arktis - und später auf dem Mond - größer und umfangreicher als die Vertreter in den Vorgängern ausfallen und das ist eine richtig gute Sache.

Das neue System erinnert ein wenig an die Nachbarschaften aus SimCity, nur dass diesmal keine mysteriöse "Cloud" für "Berechnungen" benötigt wird und man nicht online sein muss. Trotzdem sind die einzelnen Sektorkarten noch so groß bzw. bis zu fünfmal so groß wie die Umgebungen aus ANNO 2070, dass man dort Siedlungen an mehreren Orten errichten kann. Im Arktissektor können z.B. drei oder vier kleine Städtchen auf getrennten Inseln gebaut werden, wenn die vorhandenen Küsten- oder Minenbauplätze nicht ausreichen sollten.

Die Stadt der Zukunft ist vernetzt

Abgesehen von den Ladepausen beim Sektorwechsel funktioniert die parallele Verwaltung der Städte erstaunlich gut. Durch das neue System gibt es Handels- bzw. Transportrouten nur zwischen den Sektoren oder "Sessions" (wie Ubisoft es nennt). Transporte innerhalb eines Sektors fehlen gänzlich und demnach stehen die Waren und Rohstoffe überall in einem Sektor zur Verfügung, sofern genug "Logistik" (wird durch den Bau von Logistikzentren erhöht) vorhanden ist - im Grunde genommen entspricht das dem vorherigen System aus Markthäusern, Marktkarren und Straßenverbindungen. Es ist nur diesmal transparenter umgesetzt worden. Anfänglich fühlt sich das System und die sektorweite Verfügbarkeit von Ressourcen zwar etwas gewöhnungsbedürftig an, aber mit der Zeit zeigen sich die Stärken. So wirken die anderen Sektoren eigenständiger, bedeutungsvoller, reichhaltiger und bieten zugleich mehr Aktionsmöglichkeiten. Top!

Warentransport nur von Sektor zu Sektor

Bedingt durch die Umstellung auf das parallele Sektorensystem fällt nicht nur der Mehrspieler-Modus weg, sondern auch der komplette Bau von eigenen Schiffen oder Raumfähren. Ein Transportvehikel muss beim Erstellen einer "Handelsroute" also nicht ausgewählt werden.

Der Anfang geht bei ANNO 2205 ziemlich leicht von der Hand. Erst im späteren Verlauf zeigt das Wirtschaftssystem seine Stärken und dann kann es mit den ganzen Transportrouten schon recht unübersichtlich werden ...
Lediglich Ware, Startpunkt, Zielort und Liefermenge sind festzulegen. Die zu transportierenden Güter gelangen vielmehr automatisch via Frachter, Raumschiff, Weltraumaufzug und Co. zum Ziel. Selbstständig Schiffe bauen, kann man nicht, was ich bedauerlich finde. So hätte man die Frachtschiffe, die zwischen Arktis und gemäßigter Region kreuzen und vor allem die Raumschiffe ruhig in unterschiedlichen Größen (Lagerkapazität) händisch bauen können. Es ist so, dass man den Mond "einfach" mit dem Upgrade der Sektor-Station freischaltet und danach so viele Transport-Routen anlegen kann, wie es das Budget ermöglicht. Mit den Transport-Vehikeln hat man nichts zu tun. Schade! Der manuelle Schiffbau als typisches ANNO-Element fehlt mir und hätte die Komplexität der Routen (nur) leicht gesteigert. Apropos fehlender Schiffbau: Kriegsschiffe werden über ein anderes System bereitgestellt, auf das ich später eingehen werde (Seite 4).

Keine Schiffe?!

Im weiteren Spielverlauf, besonders bei Stufe-4-Einwohnern, wird das Konzept rund um die interagierenden Sektoren sukzessive zugespitzt. Neben einigen technischen Spielereien, die man nur auf dem Mond produzieren kann, wird es zum Beispiel beim Fusionsreaktor komplizierter. Dieses Bauwerk kann ausschließlich auf dem Mond errichtet werden und damit der Reaktor den Betrieb aufnimmt, muss Deuterium als Rohstoff in der Arktis abgebaut und zum Mond geschossen werden - vorher muss jedoch der lokale Sektorhafen ausgebaut bzw. die Siedlung erweitert werden. Mit dem Deuterium werden auf dem Mond mithilfe von Helium-3 Fusionsenergiezellen hergestellt.

Neben den typischen Wohngebäuden gibt es auch Wohnkomplexe, die so groß wie vier normale Wohngebäude sind und zur optischen und planerischen Vielfalt beitragen.
Und dann muss die produzierte Energie (sprich Storm) noch vom Mond auf die Erde zurückgeleitet werden. Aber auch der Bau von Quantencomputern erfordert viel sektorübergreifenden Ressourcen-Austausch.

Zunehmende Komplexität und Sektorinteraktion

Anderes Beispiel: In der Arktis werden dringend Vitamindrinks benötigt, können dort jedoch nicht hergestellt werden. Also kann ich die Drinks entweder auf dem "Weltmarkt" von Nicht-Spieler-Charakteren teuer einkaufen oder ich schicke einige Drinks, die zur Versorgung der Bevölkerung in der gemäßigten Klimazone notwendig sind, dorthin. Daher vergrößere ich zunächst die Produktion und richte die Transportroute ein. Noch während ich in der gemäßigten Zone aktiv bin, bekomme ich die Auswirkungen mit, denn das Vitamindrink-Bedürfnis der Arktis-Forscher wird gestillt. Sie werden also zufriedener und zahlen deswegen mehr steuern - all das wird live berechnet, ohne dass ich aktiv in dem Gebiet sein muss. Ich kann förmlich mit ansehen, wie die Auswirkungen sind und wie der Geldzähler steigt.

In meinen zwanzig Spielstunden gab es nur einmal ein Problem bei der Berechnung der unterschiedlichen Siedlungen und zwar wurde mir auf der Weltkarte angezeigt, dass in meinem Hauptsektor ein Mangel an Sicherheit und Information (beides Bedürfnisse, die durch ein Gebäude gedeckt werden) vorherrschen würde. Als ich das Gebiet betrat, war von der Mangelversorgung weit und breit nichts zu sehen. Beim nächsten Weltkarten-Sprung war wieder alles in Ordnung …

Ebenfalls gelungen ist, dass sich die Städte in den verschiedenen Sektoren anders spielen und zum Glück deutlich mehr Unterschiede aufweisen als die Ecos und die Tycoons in ANNO 2070. Neben spezifischen Bedürfnisse, z.B. Weltraumnahrung oder Fischkonserven, ist es in der Arktis so, dass dort nur Wohngebäude in der Nähe von Hitzequellen gebaut werden können. Solche Hitzequellen sind Fabriken. Im Gegensatz zur Siedlung in der gemäßigten Zone, in der Produktions- und Wohngebiete in der Regel sauber getrennt werden, muss in der Arktis eine für ANNO-untypische Mischsiedlung errichtet werden. Auf dem Mond hingegen hätten die Unterschiede ruhig größer ausfallen können. Dort müssen lediglich Schutzschildgeneratoren gegen Asteroiden hochgezogen werden und nur in den aufgespannten Einflusskreisen können Gebäude werden. Da hätte ich mir etwas mehr gewünscht, aber dafür muss man sehr stark auf die laufenden Kosten achten, denn alles auf dem Erdtrabanten kostet einen Haufen Credits. Hier ist tatsächlich (zunächst) Sparsamkeit König.

In der Arktis und auf dem Mond wird anders gebaut

Durch die Veränderungen und einige weitere Details, auf die ich später eingehen werde (z.B. Erweiterungen für Gebäude, Arbeitskraft, Logistik; Seite 5), spielt sich ANNO 2205 gerade in der Anfangsphase deutlich rasanter als die Vorgänger. Die zweite Bewohner-Stufe hat man schon nach fast enttäuschend kurzer Zeit erreicht, da nur Wasser, Reis und Informationen erforderlich sind - plus Bauzellen für die Bauwerke und Energie.

Bevor ich das erste Mondgebiet erobere, darf ich die Karte auswählen.
Kommt man zur dritten oder vierten Stufe der Einwohner, wird die Sache erst interessant - also wenn die Sektoren untereinander Waren austauschen müssen. Dann ist es so, dass man permanent eine Siedlung ausbaut und sich im Anschluss daran immer und immer wieder um die anderen Sektoren kümmern muss. Soll heißen, wenn ich in der gemäßigten Zone die Wohngebäudezahl hochschraube oder den Einwohneraufstieg großflächig erlaube, muss ich nicht nur die dortige Warenproduktion zur Bedürfnisdeckung anheizen, sondern ebenfalls die Arktis und den Mond ausbauen. Man springt förmlich hin und her, denn wenn bei Siedlung X etwas gebaut wurde, muss bei Siedlung Y gleichermaßen etwas verändert werden, was weiteres Handeln bei Siedlung Z erfordert usw.

Höheres Tempo und mehr Durchblick

Zugleich wurde gehörig an der Transparenz des Wirtschaftssystems geschraubt. In keinem anderen ANNO-Teil wird anhand der Zahlen so deutlich dargestellt, wie viele Einheiten von X in der Zeit von einer Fabrik hergestellt oder verbraucht werden. Somit kann man direkt erkennen, wie viele Gebäude nötig sind, um eine Produktionsstätte möglichst effizient auszulasten. Da sich die Bauwerke jedoch modular erweitern lassen und ggf. nicht einfach das Doppelte produzieren, ist das System zwar transparent, aber nicht zu simpel - zumal man beim Start einer Partie zwischen drei Schwierigkeitsgraden wählen kann, die sich vor allem im Wirtschaftsbereich, bei der Effizienz und bei der Rückvergütung bei Abrissen unterscheiden. Auch das Fehlen bestimmter Rohstoffe oder die Nichterfüllung mancher Bedürfnisse werden sinnvoll visualisiert und helfen beim Aufbau.

Die klassische Unterteilung in Endlosspiel und Story-Kampagne entfällt. Stattdessen gibt es (nur) einen Spielmodus, der beides in sich vereint. Alles beginnt mit der Gründung eines Unternehmens, das an dem Mondlizensierungsprogramm - also der Besiedlung des Mondes - teilnehmen möchte.

In der Arktis rücken wärmeproduzierende Produktionsanlagen und Wohngebäude näher zusammen. Praktisch bei der Wärmeversorgung sind die modular ausbaubaren Anlagen.
Und mit der Entscheidung für einen Startsektor in der gemäßigten Klimaregion startet das Unterfangen. Begleitet wird man von einem mehrstufigen Questsystem, das der Reihe nach erklärt, wie die grundlegenden Schritte aussehen - also wie die Aufwertung der Einwohner, die Eroberung der Arktis und die Mondlandung so funktionieren. Dieses Quests sind an bestimmte Nicht-Spieler-Charaktere geknüpft, die einerseits bedeutende Figuren aus anderen Firmen oder andererseits Vertreter von bestimmten Fraktionen sind. Hierzu gehören z.B. die Arctic Custodians als Wächter der Arktis, deren Vertrauen man erst gewinnen muss. Diplomatische Handlungsmöglichkeiten wie Allianzen etc. sind nicht vorhanden. Man hat, bis auf wenige Ausnahmen, Kontakt zu unfassbar freundlichen und gut gelaunten Neben-Charakteren, die mit Hinweisen, manchmal nervend, manchmal hilfreich, zur Seite stehen. Nervig ist dies z.B., wenn manche Charaktere zu oft auf einen Krisensektor oder mögliche Handelsbeziehungen hinweisen und auf das Aufwerten von Gebäuden drängen, obwohl man dies schon x-mal gemacht hat.

Endlosspiel und Kampagne in einem Modus

Ansonsten wird die stringente Geschichte rund um Fusionsenergie und Monderoberung in Form von Kameraflügen, Zwischensequenzen, animierten Charakterporträts und Sprachausgabe ziemlich gut präsentiert - jedenfalls für ein Aufbau-Strategiespiel. Nach dem Abschluss der Story-Ziele darf man die Partie einfach weiterspielen, die anderen Konkurrenzen samt Sektoren aufkaufen und am Ende einen Firmensitz als großes und teures Monument hochziehen. Oder man setzt sich z.B. selbst das Ziel, mehr als eine Million Angestellte/Einwohner zu haben. Man kann außerdem mehr als ein Unternehmen gründen und daher neue Partien starten - anders als bei Die Siedler: Königreiche von Anteria, da gab es nur ein Profil; aber das Siedler-Projekt ist nach der Ankündigung ohnehin in der Versenkung verschwunden …

Abseits der "Hauptmission" warten auf allen Karten kleine Nebenmissionen, die mit Ressourcen und Credits belohnt werden. Hierbei muss man oft mit seinem Kommandoschiff (das einzige frei steuerbare Schiff in Sektor) oder dem Mond-Kommandofahrzeug irgendwo hinfahren, Sachen einsammeln, ein Schiff abschleppen, eine Sonde am Schiff befestigen und dann auf "Schatzsuche" gehen oder mit einer Militärsonde im Gepäck andere Schiffe ausschalten. Gelegentlich muss man dabei auf Radar-/Detektionsfelder aufpassen. Diese Einsätze sind als kleine Abwechslung beim Aufbau oder zur Verringerung der Wartezeit gedacht - und bieten nicht sonderlich viel Mehrwert. Die grundlegenden Typen sind schnell durchschaut.

Nebenmissionen zum Zeitvertreib

Besser sind da die Sektorziele, quasi einzigartige Questreihen, die an die jeweilige Karte gebunden sind. So lassen sich in einem der Arktissektoren z.B. ausrangierte Bohrinseln wieder in Betrieb nehmen, die dann die seltenen Petrochemikalien (für Gebäude-Erweiterungen) produzieren. Oder auf dem Mond lassen sich seltene Erden entdecken. In meinem Startsektor durfte ich je nach Firmenstufe (basierend auf Einwohner- bzw. Angestelltenzahl) drei derangierte und stellenweise verminte Staudämme wieder in Schuss bringen

Auf dem Mond müssen die Gebäude im Einflussbereich von Schildgeneratoren gebaut werden. Keine schlechte Idee, aber das Baukonzept rund um Wärme in der Arktis ist überzeugender.
, die nicht nur schick aussehen, sondern ziemlich viel Energie für den Sektor produzieren. Jeder Sektor verfügt über solch ein spezielles Großprojekt, das an eine Reihe von Quests gekoppelt ist.

Gekämpft wird in ANNO 2205 auch. Nur diesmal sind die See-Schlachten vollkommen optional und in so genannte Krisensektoren ausgelagert - erneut zugänglich durch die Weltkarte. Obwohl in wenigen Quest-Missionen (z.B. zur Arktis-Freischaltung) ein Kampfeinsatz vorkommt, besteht die Möglichkeit, diese Kämpfe beiseite liegen zu lassen und stattdessen (alternativ) die an die Einwohnerzahl gekoppelte Firmenstufe zu erhöhen. Da man ja keine Schiffe bauen kann, bekommt man vor jeder Krisenmission eine Flotte basierend auf der erreichten Kriegsstufe zugeteilt und darf kleinere Missionen ausführen. Diese können (je nach Schwierigkeitsgrad) bis zu 30 Minuten dauern, währenddessen die Stadtsektoren im Hintergrund weiter simuliert werden.

Optionale Kampfsektoren

In den optionalen See-Schlachten können Ressourcen, Kampferfahrung und Treibstoff gesammelt werden. Mehr als ein Minispiel zur Auflockerung sind die Gefechte trotzdem nicht.
In den Krisensektoren müssen Schiffe zerstört, überfallene Konvois gerettet oder lahmgelegte Klimastabilisatoren wieder aktiviert werden. Dazu befehligt man unterschiedliche Arten von Schiffen in Echtzeit-Gefechten über die Karte und attackiert die Gegner. Dabei können Spezialaktionen wie "Raketenschlag" oder "Begleitschiffe" sowie Power-Ups (Reparatur, kinetische Schilde) genutzt werden, die wiederum Treibstoff verbrauchen, den man einsammeln kann. Auf den Karten befinden sich außerdem reichlich Bonusziele und Ressourcen, die dem Siedlungsbau zugutekommen. Da man aber alle Rohstoffe abseits der Kämpfe bekommen kann, können die Kämpfe als Minispiel zur Abwechslung genutzt werden.

Je nach gesammelter Kampferfahrung und abgeschlossenen Einsätzen steigt man im Militärrang (zusätzlich zum Firmenrang) auf und darf seine Schiffe rudimentär aufwerten, wobei die Flotte automatisch vergrößert wird. Werden Schiffe in einer Mission zerstört und der Krisensektor trotzdem erfolgreich abgeschlossen, erscheinen die zerstörten Einheiten beim nächsten Einsatz einfach erneut. Mehr als ein erweitertes Minispiel sind diese Kampfsektoren nicht, aber im Vergleich zu den anderen ANNO-Teilen geht dieses ziemlich überschaubare Kampfsystem schon völlig in Ordnung.

Jeder Sektor verfügt neben Rohstoffen und Bauplatz über drei allgemeine Ressourcen, ohne die die Produktion überhaupt nicht funktionieren würde: Logistik, Arbeitskraft und Energie. Energie wird zum Betrieb von Fabriken und Infrastrukturbauwerken benötigt und lässt sich z.B. mithilfe von Gezeitenkraftwerken oder Windkraftanlagen produzieren - oder man importiert Energie aus einem anderen Sektor wie dem Mond. Die Zahl der freien Arbeiter (Arbeitskraft) fußt auf der Einwohnerzahl pro Stadt - ohne freie Arbeiter können neu errichtete Produktionsstätten z.B. nicht effektiv funktionieren. Bei der Logistikkapazität sieht es ähnlich aus. Jedes Produktionsgebäude verschlingt etwas "Logistik", schließlich müssen die hergestellten Waren irgendwie ins sektorenweite Lager überführt werden. Ohne ausreichend Logistik kommt der Transport ins Stocken. Mit weiteren Logistikzentren kann die Anzahl der verfügbaren Logistik erhöht werden.

Von Logistik, Arbeitskraft und Einflusskreisen

Die Mutter aller Bauprojekte: Der Firmensitz ist das große Monument am Ende aller Bauketten.
Nahezu jedes Produktionsgebäude kann mit An- oder Ausbauten erweitert werden - ähnlich wie manche Gebäude beim jüngsten SimCity. Die Effektivität der Anlage lässt sich beispielsweise erhöhen, indem man der Siliziummine einen weiteren "Abbauarm" spendiert oder die Meerwasserentsalzungsanlage mit einem weiteren Ausleger ergänzt. Weitere Anbauten beeinflussen den Verbrauch der drei allgemeinen Ressourcen: Mit einem angebauten Depot wird weniger Logistik benötigt, mit Drohnen sind weniger Arbeiter erforderlich und mit einer hauseigenen Energieanlage wird weniger Energie aus dem Sektor gebraucht. Da die Anzahl der möglichen Anbauten begrenzt ist, muss man sich entscheiden, was man baut. Gerade der zusätzliche Anbau von Produktionseinheiten oder von Energiekollektoren zur Reduktion des Energieverbrauchs bringt mehr Dynamik und Möglichkeiten ins Spiel.

Zwischensequenzen, Story-Inszenierung, Geschichte und Co. sind für ein Aufbau-Strategiespiel mit Wirtschaftsfokus völlig in Ordnung, gewinnen aber keinen Preis für Originalität und Klasse.
Bedürfnisse, die durch Gebäude gedeckt werden (wie Information oder Sicherheit), funktionieren im Vergleich zu vorherigen ANNO-Teilen anders. Bisher hatten die besagten Bauwerke einen Wirkungskreis. Diesmal versorgen sie eine bestimmte Anzahl an Einwohner-Bedürfnissen und werden mithilfe des Straßensystems verteilt. Wie weit die Abdeckung der Wohngebäude mit diesem Bedürfnis reicht, wird anhand der Straßen visualisiert. Wurde das Medienzentrum z.B. ausgewählt, sind alle Straßen (und damit auch die angrenzenden Häuser) markiert, wenn sie vollständig versorgt werden. Und da dieses Gebäude nur eine bestimmte Zahl an Menschen versorgen kann, ist es später erforderlich, weitere Bauwerke dieser Art hochzuziehen. Das Medienzentrum bevorzugt bei der Versorgung übrigens Wohngebäude, die näher am Medienzentrum gelegen sind - dadurch ergeben sich dynamischere Baumöglichkeiten.

Wie schon am Anfang kurz erwähnt: In ANNO 2205 gibt es keinen Mehrspieler-Modus, der durch die Sektorenaufteilung auch nicht unbedingt einfach umzusetzen gewesen wäre. Höchstens vielleicht als kooperatives Spiel-Element. So hätte sich z.B. ein Spieler um die Arktis und den Mond kümmern oder die Schlachten in den Krisensektoren ausfechten können, während die andere Person den zentralen Sektor lenkt. Nur wäre es in dem Belang schwierig gewesen, die recht hilfreiche Zeitbeschleunigungsfunktion umzusetzen. Nachtrauern tue ich dem fehlenden Multiplayer jedenfalls nicht.

Kein Mehrspieler-Modus

Fazit

Mit den Ecos und den Tycoons aus ANNO 2070 wurde ich nie richtig warm. Das Zukunftsszenario ließ neue Ideen und eine konsequente Umsetzung vermissen. Das macht ANNO 2205 deutlich besser und zwar deutlich: Das Sektorsystem und der parallele Betrieb mehrerer Städte ist richtig gut und sorgt dafür, dass die Städte in der Arktis und auf dem Mond nicht nur als bloße Zulieferer fungieren. Es gibt mehr Aufgaben, Inhalte sowie Möglichkeiten in diesen "Nebensektoren" und es ist toll, dass sich der dortige Aufbau von der Zentralsiedlung unterscheidet. Angenehm komplex wird es dann, wenn Arktis, Mond und die Hauptstadt mit- und untereinander Waren austauschen und der stetige Ausbau wieder Kettenreaktionen von Erweiterungen in anderen Sektoren nach sich zieht. Gerade bei der dritten und vierten Einwohnerstufe ist in ANNO 2205 im Vergleich zu den Vorgängern recht viel los, während der Anfang zu zügig über die Bühne geht. Mir fehlt allerdings der Bau von Schiffen und Raumfähren in entsprechenden Werften und bei den Nebenmissionen ist schnell die Luft raus. Dafür ist die endgültige Trennung von Aufbau und Kampf sehr gelungen, wobei die Echtzeit-Seeschlachten nur Minispiele sind. Hinzu kommen aber weitere gute Einfälle wie die Sektormissionen sowie die modular erweiterbare Produktionsstätten. Allerdings habe ich das Gefühl, dass der Wiederspielfaktor diesmal nicht so hoch wie bei den Vorgängern ausfällt, da es keine Zufallsinseln, keinen Editor und kaum Entscheidungsoptionen gibt. Für einen Mehrspieler-Modus hat es bei der vernetzen Stadtzukunft nicht mehr gereicht, sonderlich tragisch finde ich das aber nicht - höchstens ein Zwei-Spieler-Koop-Variante wäre nett gewesen. Kurzum: ANNO 2205 ist ein sehr gutes Aufbaustrategiespiel, das zwar nicht an die Klasse von ANNO 1404 heranreicht, sich aber mit dem Mut zu Veränderungen unseren Gold-Award verdient hat.

Pro

  • herausragendes, paralleles Sektorensystem
  • Management und Interaktion mehrerer Siedlungen pro Partie
  • ausgeklügeltes Mikro- und Makro-Management
  • stetig komplexer werdendes Waren- und Produktionssystem
  • Aufbau in der Arktis und auf dem Mond spielt sich unterschiedlich
  • beschleunigtes Spieltempo am Anfang
  • Verknüpfung von Story- und Endlos-Modus
  • deutlich transparentere Wirtschaft durch Workforce und Logistik
  • Questreihen als Sektor-Missionen
  • reduzierter Leerlauf im Vergleich zu den Vorgängern
  • Trennung von Aufbau und Militär
  • Militärsystem ist völlig optional
  • mehrere Schwierigkeitsgrade
  • sehr große Karte
  • durchweg sympathische und freundliche Wohlfühl-Welt
  • lebendige Stadtdarstellung mit Wuselfaktor
  • erstklassige Grafik mit vielen Details
  • sehr guter Soundtrack

Kontra

  • weder Schiffe noch Raumschiffe können gebaut werden
  • (lange) Ladezeiten beim Sektorwechsel
  • Stufe-1-Einwohner-Phase zu schnell vorbei
  • keine diplomatischen Aktionen mit anderen Fraktionen möglich
  • ziemlich belanglose Nebenmissionen
  • nicht alle Neuerungen/Veränderungen werden erklärt
  • sich wiederholende Beraterhinweise nerven
  • rudimentäres Kampfsystem; oft gleiche Schauplätze
  • niedriger Wiederspielfaktor: keine Zufallskarten, kein Karten-Editor
  • kein Mehrspieler-Modus

Wertung

PC

ANNO 2205 ist ein ausgeklügeltes Aufbaustrategiespiel, das sich mit dem Mut zu Veränderungen unser Gold verdient hat.