Mario Tennis: Ultra Smash - Test, Sport, Wii_U

Mario Tennis: Ultra Smash
20.11.2015, Jan Wöbbeking

Test: Mario Tennis: Ultra Smash

Nintendos Ultra-Sparmenü

Was ist das denn? Wo ist denn hier die Karriere? Oder wenigstens ein Turnier? Wer sich Mario Tennis: Ultra Smash (ab 8,65€ bei kaufen) für Wii U zulegt, kann sich auf eine böse Überraschung gefasst machen. Bis auf K.O.-Matches und ein Minigame gibt es hier wenig zu tun. Taugt das Spiel wenigstens online oder für die Party?

Der Blick ins Hauptmenü wirkt hier fast schon surreal: Es gibt Einzelmatches gegen die KI - wow! Und ein Minispiel – na prima! Sogar ein K.O.-Wettkampf ist dabei, in dem man sich im Tie-Break gegen immer stärkere Gegner durchkämpft. Leider ist das auch der einzige Modus, der mich immerhin ein paar Stunden ordentlich unterhalten hat, das war’s dann aber auch schon. Schon früh hoffte ich also darauf, dass wenigstens auf den Online-Servern mehr los ist. Wie kann man denn sein eigenes Spiel derart am langen Arm verhungern lassen? Vor allem, wenn es sich im Grunde um ein gelungenes Arcade-Tennis handelt. Die schnell durchschaubare Handhabung macht den Einstieg sehr einfach: Drei Knöpfe starten jeweils eine Slice, Topspin oder einen geraden Schlag. Wer länger auflädt, haut mit mehr Schmackes zu, kann sich währenddessen aber nicht so schnell bewegen. Dazu kommen ein Hechtsprung, ein Lob sowie ein Stoppball, die sich mit dem rechten Trigger bzw. einer einfachen Knopf-Kombo auslösen lassen.

Seltsam, oder?

Grafisch liefert Nintendo erneut einen sauberen Job ab: Das farbenfrohe Stadion und die geschmeidig animierten Athleten flitzen in sauberen 60 Bildern pro Sekunde über den Platz.
Um es Einsteigern leichter zu machen, signalisiert ein farbiger Schweif, welche Aktion gerade am sinnvollsten ist. Wer den passenden Schlag zur rechten Zeit in einem farbig markierten Kreis anbringt, startet sogar einen besonders kräftigen „Glücksschlag“: Im Ideallfall handelt es sich dabei sogar um einen glitzernden Schmetterball – dem namensgebenden Ultra Smash. Er wird vor allem dann möglich, wenn man sein Gegenüber zuvor in die Defensive gedrängt hat.

Wer die Augen offen hält, kommt also auch ohne Vorkenntnisse schnell in einen angenehmen Spielfluss und kann seinen Freunden oder der KI schon früh ordentlich Kontra geben. Wem selbst das zu komplex ist, kann auch einfach auf X hämmern und löst damit immer den passenden Schlag aus. Damit bloßes Button-Mashing nicht zu stark wird, dauert das Aufladen der Schläge dann allerdings länger. Neu dabei sind Superpilze, die nach dem Zufallsprinzip aufs Feld geworfen werden und einen Athleten kurzzeitig zum Riesen wachsen lassen.

Ideal für Einsteiger...

Die Verwandlung sorgt vor allem zu Beginn für Verwirrung. Weil währenddessen das Spiel kurz pausiert und die Perspektive wechselt, kann man im Durcheinander schon mal eine Filzkugel verpassen. Nach ein paar Matches hatte ich mich aber an die Unterbrechungen gewöhnt. Auch nach der Verwandlung beeinflusst die Neuerung den Ablauf: Der Riesenspieler kann stärker zuschlagen, bildet aber auch ein leichteres Ziel für fiese Körpertreffer. Wer partout nicht mit dem neumodischen Schnickschnack warm wird, kann in Einzel- und Mehrspieler-Matches aber auch ohne Verwandlungen spielen.

Entwickelt wurde das Spiel erneut von Camelot, das vor allem für die Serie Golden Sun bekannt ist.
Neben dem Feld landet der Ball nur extrem selten, auch das kommt vor allem Anfängern zugute. Für meinen Geschmack übertreibt es Nintendo hier ein wenig: Die Angst vor dem Aus spielt schließlich fast überhaupt keine Rolle. Selbst die arcadelastige Steuerung von Virtua Tennis ist bei weitem nicht so gutmütig. Wenn man sich erst einmal auf die Eigenheiten von Nintendos Spaß-Tennis eingestellt hat, bietet es aber auch genügend Möglichkeiten, die eigene Spielweise zu perfektionieren. Dann dreht sich fast alles darum, das Gegenüber in den langen Ballwechseln unter Druck zu setzen, um schließlich mit einem gewaltigen Ultra-Smash abzuschließen. Oder man führt den Gegner aufs Glatteis und trickst ihn z.B. mit extrem sehr kurzen Stoppball oder einem stark angeschnittenen Slice aus.

…und Fortgeschrittene

Die Reaktionen auf solche Gemeinheiten wurden schön animiert. Schurke Wario etwa malträtiert das Feld manisch mit seinem Schläger - oder er flackert schelmisch mit den Augenbrauen. Noch cooler sind aber seine hämischen Sticheleien, die man auf Knopfdruck ablassen kann: Einfach vorm Aufschlag ein paarmal „Hääh-hää!“ rufen und schon bekommt der Return mehr Zunder. Auch die übrigen Spieler besitzen Verhöhnungen, die allerdings nicht ganz so albern klingen.

Damit es in den wenigen Modi nicht allzu schnell langweilig wird, lassen sich immerhin einige der 16 Figuren freischalten. Im Aufgebot befinden sich z.B. Mario, Luigi, Peach, Rosalina, Yoshi, der Geist Buu Huu sowie und die Feenprinzessin aus Super Mario 3D World. Die massigen Vertreter wie Donkey Kong schlagen besonders kraftvoll zu, andere Figuren sind besonders präzise oder vielseitige Allrounder. Auch einige Alternativ-Beläge kommen im Laufe des Spiels dazu: Neben den Klassikern Hartplatz, Sand und Rasen gibt es auch exotischen Wüstensand, Teppich, Eis oder einen „Zickzack-platz“ auf dem der Ball seitlich abprallt. In einer Medaillen-Übersicht warten außerdem einige freischaltbare und mit Ingame-Währung käufliche „Erfolge“, die an Super Smash Bros. erinnern. Die konservativ gehaltenen Aufgaben setzen meist lediglich voraus, dass man eine bestimmte Zahl an Herausforderungen oder Ballwechseln meistert.

Mickriges Gesamtpaket

Im lokalen Duell bekommt das Gamepad seinen großen Auftritt: Der Touchscreen lässt sich als zweiter Bildschirm nutzen, so dass beide Spieler die beste Perspektive genießen können. Allgemein hat mir Mario-Tennis lokal am meisten Spaß gemacht: Bei unserer Studio-Einweihung hatten wir zu viert jede Menge Spaß im Doppel. Vor allem mit Warios dämlichen Sprüchen konnte ich meine Gegner richtig schön aus der Ruhe bringen. Neben Gamepad und Wii-Fernbedienung werden auch Pro- und Classic-Controller unterstützt. Die Einzel- und Internet-Matches lassen sich übrigens ebenfalls im Doppel bestreiten. Wer möchte, kann außerdem einen Amiibo im Spiel anmelden und zusammen mit der KI loslegen.

Im Einzelmatch darf man bis zu fünf Sätze und sechs Spiele auswählen, online ist nur ein einziger Satz oder ein Tiebreak erlaubt.
Die Online-Möglichkeiten wirken geradezu steinzeitlich: Es gibt lediglich Einzelmatches mit oder ohne Ranglisten-Einfluss. Bei Letzteren erhält man ähnlich wie in Super Smash Bros. oder Halo 5 eine Fähigkeits-Zahl, die je nach Leistung steigt oder sinkt. Nach dem Spiel darf man aber nicht einmal in der Lobby bleiben oder um ein Rückmatch bitten. Vorm Spiel hat man lediglich die Wahl, Superpilze und Glücksschläge zu deaktivieren und sich zwischen einem Tiebreak oder einem „längeren“ Match mit zwei Spielen und einem Satz zu entscheiden. Nicht einmal die Freundesliste oder ein Chat wurden integriert. Von Ausnahmen abgesehen laufen die Online-Matches aber schön flüssig. Nur selten kam es bei uns zu Lags oder Verbindungsabbrüchen.

Zurück in die Online-Steinzeit

Fazit

Ist das wirklich die Vollversion von Mario Tennis: Ultra Smash? Zuerst dachte ich, Nintendo hätte mir aus Versehen eine Preview-Fassung oder Beta geschickt, aber der karge Umfang ist offenbar tatsächlich so gewollt. Es gibt weder eine vollwertige Karriere wie bei Virtua Tennis noch andere lustige Beschäftigungen, die auf Dauer die Motivation aufrechterhalten könnten. Sogar online beschränkt sich Nintendo mal wieder auf die nötigsten Optionen – dafür laufen die Matches aber immerhin meist sauber und flüssig. So bleibt das Arcade-Sportspiel ein seltsames Stück Software: Auf kurze Sicht ist es richtig lustig, sich lokal mit bis zu drei Freunden zu ärgern. Dank der einsteigerfreundlichen Steuerung kann jeder sofort mitmachen. Wer online loslegt, bemerkt allerdings schnell, dass es trotzdem genügend Kniffe für geübte Spieler gibt. Auch die hübsch animierten Figuren und albernen Soundeffekte können punkten. Doch der Umfang wirkt wie ein schlechter Scherz. Empfinden die Entwickler es wirklich als motivierend, sich tagelang durch Einzelmatches oder ewig gleiche K.O.-Wettkämpfe mit 16 verschiedenen Figuren zu grinden? Ein paar Stunden lang ist es ja durchaus spannend, sich gegen eine immer stärkere KI durchzubeißen, aber dann wird es doch arg eintönig. Auch der Mangel an Online-Optionen und Minispielen ist selbst für ein Arcade-Tennis zu wenig. Schade um das gelungene Grundgerüst, aber diese Ausgabe von Mario Tennis taugt nur für zwischendurch. Ist das schon der Einfluss der neuen Handyspiel-Kultur? Hoffentlich besinnt sich Nintendo bald wieder auf alte Tugenden und lässt es nicht zur Regel werden, dass vielversprechende Titel zum Start mit zu wenig Inhalt ausgeliefert werden. Bei Splatoon und Super Mario Maker hat sich der Trend bereits angedeutet, Mario Tennis: Ultra Smash ist hier vorerst der traurige Höhepunkt.

Pro

  • sehr einsteigerfreundlich, aber trotzdem fordernd
  • idyllisch bunte Comicgrafik
  • lustige, detailverliebte Animationen
  • extrem alberne Soundeffekte
  • Gamepad in Duellen als zweiter Bildschirm nutzbar

Kontra

  • Umfang und Abwechslung sind winzig
  • Mangel an Online-Modi und -Optionen wirkt steinzeitlich
  • Ball landet übertrieben selten neben dem Feld

Wertung

Wii_U

Tolles Fundament, mickriger Inhalt: Das einsteigerfreundliche Fun-Tennis taugt nur für zwischendurch oder für gesellige Spielabende.