Rise of the Tomb Raider - Test, Action-Adventure, 360, XboxOne, PlayStation4, OculusRift, HTCVive, PC

Rise of the Tomb Raider
13.11.2015, Michael Krosta

Test: Rise of the Tomb Raider

Grabräuberin oder Killermaschine?

Zwei Jahre ist es her, seit Lara Croft in einem weiteren Neustart (Reboot) von Tomb Raider einmal mehr erste Abenteuerluft schnuppern durfte. Jetzt wollen Square Enix und Crystal Dynamics ihrer Geschichte auf dem Weg zur Grabräuber-Ikone ein weiteres Kapitel hinzufügen, das man aufgrund eines Exklusiv-Deals vorerst nur auf Xbox-Systemen erleben darf: Kehrt Rise of the Tomb Raider (ab 13,63€ bei kaufen) zu alten Erkundungs-Tugenden zurück oder mutiert die Heldin erneut zur schwer bewaffneten Killermaschine?

Es hätte so ein schönes vorweihnachtliches Duell werden können: Nathan Drake gegen Lara Croft. Uncharted 4: A Thief's End gegen Rise of the Tomb Raider. Tatsächlich dürfte dieser Schlagabtausch einer der Hauptgründe gewesen sein, warum sich Microsoft überhaupt auf den sicher kostspieligen Exklusiv-Deal mit Square-Enix einließ. Doch dann kam alles anders: Naughty Dog benötigte mehr Zeit, um seinem Helden ein würdiges Finale zu bescheren und musste die Veröffentlichung auf 2016 verschieben. Vielleicht gar nicht so schlecht, denn so muss sich Lara erst gar nicht auf den Showdown einlassen, bei dem die weibliche Videospiel-Ikone vermutlich arg ins Schwitzen gekommen wäre.

Vertagter Showdown

Die Kulisse ist atemberaubend schön.
Zumindest auf technischer Seite hätte man Uncharted sicher Paroli bieten können: Schon beim Reboot und der späteren Definitive Edition ließ die Engine von Crystal Dynamics eindrucksvoll ihre Muskeln spielen und auch hier darf man schon im packenden Einstieg imposante Kulissen mit stimmungsvollen Licht- und Partikeleffekten bestaunen, erfreut sich an nahtlosen Übergängen zwischen Filmszenen und Spiel sowie einer packenden Inszenierung, die mit tollen Kameraeinstellungen, großartiger Mimik und einer der bislang schönsten Haardarstellungen punktet – TressFX sei Dank! Hinzu kommt, dass die überwiegend eisigen Areale im kalten Sibirien nicht nur herrlich groß ausfallen und damit viel Raum für Erkundungsreize bieten, sondern auch mit Leben gefüllt wurden. Ständig trifft man auf Wild, es flattern diverse Vögel am Himmel oder man kann Hasen, Eichhörnchen oder Ratten dabei beobachten, wie sie durch den Schnee wuseln. Im Klangbereich präsentiert man sich ebenfalls von der Schokoladenseite: Nicht nur die wuchtige Surround-Abmischung lässt mit ihrer hohen Dynamik und klaren Stimmen kaum Wünsche offen, auch die professionellen Sprecher rund um Camilla Luddington und ihrem deutschen Pendant Maria Koschny machen einen großartigen Job, während der percussionlastige Soundtrack das Abenteuer passend untermalt und sich sogar mit dynamischen Übergängen der Situation anpasst. So wird etwa mit zunehmendem Tremolo der Streicher die Spannung auch klanglich wirkungsvoll unterstützt. Langer Rede, kurzer Sinn: Rise of the Tomb Raider ist ein audiovisuelles Prachtstück!

Großartige Technik - mit Abstrichen  

Nicht nur die Trinity-Schergen haben es auf Lara abgesehen.
Erst beim genauen Hinsehen und in manchen Situationen offenbaren sich leichte Schwächen wie fehlende Kantenglättung, recht grobe Schatten und die geringe Zeichentiefe, die in vereinzelten Pop-ups und Fade-ins resultiert. Schwerwiegender sind Probleme mit der Bildrate, bei denen die FullHD-Auflösung bei der gebotenen Qualität ihren Tribut fordert: Bewegte sich die Definitive Edition auf Xbox One und PS4 oft im Bereich von 60 Bildern pro Sekunde, fällt es der Engine hier in effektreichen Szenen wie etwa brennenden Gebäuden schwer, überhaupt die 30 Bilder pro Sekunde aufrecht zu halten. So hat man oft das Gefühl, als würde Crystal Dynamics die Hardware an ihr Limit treiben – und manchmal darüber hinaus. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Darstellung, denn auch die Steuerung leidet unter dem Schwitzkasten: Wurden die Eingaben im Vorgänger noch reaktionsfreudig erfasst und umgesetzt, spürt man hier eine gewisse Trägheit, die u.a. dazu führen kann, dass der Sprung zu spät erfolgt und man im Abgrund landet. In solchen Momenten lernt man wieder zu schätzen, dass die automatischen Speicherpunkte sehr fair verteilt wurden. Aber auch und vor allem beim Zielen vermisst man das nötige Tempo und damit die Präzision, wenn man von mehreren tierischen oder menschlichen Feinden umzingelt ist. Irgendwann lernt man zwar, sich halbwegs darauf einzustellen, aber ärgerlich ist es trotzdem - zumal sich die Steuerung davon abgesehen dank der gelungenen Einbindung der Impulse Trigger fantastisch anfühlt, wenn z.B. die Seilrutsche oder das Kraxeln von subtilen Vibrationen begleitet werden.

Die Graberforschung in Syrien fällt zwar kurz aus, hat aber viel zu bieten.
Schnell wird klar, dass die Entwickler spielerisch keine Experimente eingehen wollten und sich stattdessen lieber wieder an den Mechaniken orientierten, die man für den Reboot erschaffen hatte. Tatsächlich erlebt man nicht nur aufgrund von Elementen wie freispielbaren Fähigkeiten oder Waffen-Upgrades das eine oder andere Déjà-vu, sondern auch hinsichtlich des Ablaufs mit seinem Wechsel aus Erkundung, kleinen Rätseln, Kämpfen und den obligatorischen Fluchtsequenzen. Selbst die Architektur mancher Areale weckt Erinnerungen an den Vorgänger und auch die Lager inklusive der komfortablen Schnellreisefunktion sind wieder mit von der Partie.

Keine Experimente

Das muss per se nichts Schlechtes sein: Vor allem die Abwechslung im Spielverlauf ist immer noch klasse, zumal es hier noch mehr Gräber zu erkunden gibt, die mit kleinen aber feinen Physik-Rätseln bei der Stange halten und teilweise nur mit spezieller Ausrüstung zugänglich sind. Schade, dass diese Kammern kaum in die Kampagne eingebunden werden und lediglich optionale Aufgaben darstellen. Ausnahme bildet lediglich der großartige Abstecher nach Syrien kurz nach dem Einstieg, der in seiner kompakten Form genau das abbildet, was ich mir von einem Tomb Raider wünsche: Stimmungsvolle Erkundung, Umgebungsrätsel, fiese Fallen und auch dramatische Action. Leider fällt der Abschnitt nur sehr kurz aus. Ich hätte in dieser Qualität gerne mehr Zeit im virtuellen Bürgerkriegsland verbracht, anstatt mir im Anschluss mehr als zehn Stunden ausschließlich im eisigen Sibirien mit Lara den Hintern abzufrieren.

Okay: Auch das Schnee bedeckte, felsige Ödland hat mit seinen großen Arealen, weitläufigen Tälern, verborgenen Höhlen, russischen Außenposten und Gletschern für Entdeckungswillige eine Menge zu bieten, auch wenn man später in bekannte Gebiete zurückkehren muss. Grundsätzlich gefällt mir die Architektur und Umsetzung der Spielwelt. Wäre sie doch bloß nicht so überfrachtet mit irgendwelchen Kisten, Behältern, Körben oder anderen (Sammel-)Objekten, durch die Lara mit Ressourcen regelrecht zugeschüttet wird. Es macht einfach keinen Spaß, wenn man alle paar Meter irgendwas zerdeppern oder einsacken soll, damit man später beim erfreulich simplen Erstellen von Gegenständen (Crafting) oder dem Aufrüsten des Waffenarsenals genügend Materialien zur Verfügung hat. Hier wäre weniger auf jeden Fall mehr gewesen.

Sammelwahnsinn

Trotz zu einfacher Rätsel: Endlich dürfen wieder vermehrt Grabanlagen erkundet werden.
Die Wurzel des Übels ist schnell gefunden: Erst das ganze Fähigkeiten- und Upgradesystem macht diesen unsäglichen Sammelwahnsinn überhaupt erst nötig. Und wie schon im Reboot stelle ich mir hier noch lauter die Frage: Muss das denn sein? Nein! Es gäbe sicher viel elegantere Wege, Lara mit neuen Fähigkeiten oder Waffenteilen auszustatten, anstatt auf diese unglückliche Freischalt-Mechanik zurückzugreifen. Es mag zwar auf den ersten Blick schön sein, sich in den bekannten Kategorien Kämpfer, Jäger und Überlebender zu spezialisieren. Aber warum auf so plumpe Art? Ich hätte es besser gefunden, wenn sich Laras Fähigkeiten im Hinblick auf den Spielstil weiterentwickeln, wie es in einigen Shootern umgesetzt wird: Nutzt man erfolgreich den Bogen, sollten dort Verbesserungen gewährt werden. Setzt man verstärkt auf Nahkampf, würde es dort irgendwann zusätzliche Angriffsoptionen geben – und das alles ohne die mühsame und aufgezwungene Jagd nach Erfahrungs- und Fähigkeitspunkten.

Zumal sich hier eine weitere Frage stellt: Leidet Lara an Amnesie? Das wäre die einzig vernünftige Erklärung, warum sie viele der Fähigkeiten, die sie bereits im Vorgänger genauso mühsam erlernen musste, schon wieder vergessen hat. Hinzu kommt, dass gerade im Bereich „Überlebender“ viele Verbesserungen nur in Kombination mit dem Survival-Instinkt funktionieren – also der Mechanik, die auf Knopfdruck visuelle Hinweise liefert. Immerhin dürfen wahre Abenteurer diese Funktion in den Optionen deaktivieren, doch sind für solche Spieler einige der möglichen Fähigkeiten-Upgrades damit auch komplett nutzlos. Die überflüssigen XP-Einblendungen, die schon im Vorgänger ein kleiner Immersions-Killer waren, lassen sich übrigens erneut nicht deaktivieren.

Mit entsprechend freigeschalteten Fähigkeiten stürzt sich Lara von oben mit einem tödlichen Angriff auf die Gegner.
Der Weg zu weiteren Fähigkeiten sowie besserer Ausrüstung mag beschwerlich und mitunter nervig sein. Doch wenn man sich irgendwann wieder wie Indiana Jones mit Greifhaken und Seil über Abgründe schwingen, mit Pfeil und Bogen eigene Treppen und Seilrutschen bauen oder Molotow-Cocktails und Rauchbomben basteln kann, sind die Strapazen fast wieder vergessen. Es ist klasse zu sehen, wie sich Lara durch die zunehmend verbesserte Mobilität oder auch Sprengkraft völlig neue Optionen und Zugänge zu bisher versperrten Arealen eröffnen. So sorgt später z.B. eine Atemmaske dafür, dass man längere Tauchgänge auch ohne panische Schnappatmung überstehen kann.

Hohe Mobilität, (über-)starkes Arsenal

Für die stetig zunehmende Anzahl an Auseinandersetzungen ist die Protagonistin ebenfalls gewappnet – nicht nur durch den spürbaren Ausbau des Waffenarsenals, bei dem der anfängliche Bogen bald von Hightech-Modellen mit Spezialpfeilen (Feuer, Gift, Sprengladung), Pistolen, Gewehren und Shotguns ergänzt wird. Auch bei ihren Fähigkeiten legt Lara kontinuierlich zu und schaltet Gegner mit leisen Stealth-Attacken, gut getimten Kontern oder einem Sprung von oben souverän in Nahkämpfen aus. Das mag teilweise cool aussehen, doch fühlt man sich zumindest auf dem normalen Schwierigkeitsgrad schnell viel zu übermächtig. Zwar gibt es hier mehr Möglichkeiten für das unauffällige Ausschalten und man kann Gegner z.B. durch das Werfen von Gegenständen gezielt ablenken oder später sogar Leichen mit hinterhältigen Gas-Sprengsätzen versehen, doch verwandelt sich Lara spätestens dann einmal mehr zur Killermaschine, wenn ihr die Entwickler gezielt per Skript eine Shotgun in die Hand legen und deren Einsatz quasi erzwingen. Ja: Lara ist ein toughes Mädel, aber diese stupide Rambo-Mentalität passt einfach nicht zu ihr!

Die KI trägt ihren Teil dazu bei, warum die Kämpfe zu den großen Schwachpunkten dieses neuen Tomb Raider zählen. Zum einen suchen die Gegner kaum Deckung und schmeißen sich stattdessen wie bekiffte Suizidwillige in den Kugelhagel – das geht sogar so weit, dass sie sich von den Granaten ihrer Mitstreiter in die Luft jagen lassen. Zum anderen sind sie nicht sonderlich aufmerksam, wenn einer ihrer Kameraden nach einem gezielten Kopfschuss in unmittelbarer Nähe zusammensackt. Etwas anspruchsvoller wird es auf den höheren Schwierigkeitsgraden. Nicht aber, weil die Gegner plötzlich zu Intelligenzbestien werden, sondern vornehmlich deshalb, weil sie mehr einstecken können und sich Lara im Gegenzug nicht mehr so schnell von Verletzungen erholt.  Daher sind Begegnungen mit der Fauna zunächst spannender – vor allem der erste Zusammenstoß mit einem Bären hat es in sich! Doch relativ schnell stellen selbst die gefährlichsten Raubtiere kaum noch eine Bedrohung dar, weil ihre Klauen und Reißzähne Laras tödlichem Arsenal kaum noch etwas entgegenzusetzen haben. Selbst die vermeintlich übermächtigen Widersacher gegen Ende verlieren trotz Überzahl und Rüstung schnell an Schrecken, weil man sich eigentlich nie über Munitions- oder Ressourcenmangel Gedanken machen muss und die Wummen immer mehr

Über einen Mangel an Leuchtfackeln braucht man sich in den finsteren Höhlen keine Sorgen zu machen.
Durchschlagskraft aufweisen. Leider dominieren die drögen Auseinandersetzungen im letzten Drittel spürbar den Spielverlauf. Und obwohl der Bosskampf durchaus eine gelungene Krönung darstellt und es im letzten Akt noch ein paar interessante Hürden zu überwinden gilt, hätte man sich die eine oder andere Gegnerwelle ruhig sparen können.

„Dumm ist der, der Dummes tut“

Und so glänzt Rise of the Tomb Raider vor allem dann, wenn die Waffen im Holster verschwinden, Akrobatik sowie Köpfchen gefragt sind und Lara wieder zu dem wird, was sie eigentlich ist: eine Archäologin und Grabräuberin. Ich bin froh, dass mich Crystal Dynamics nach dem zaghaften Versuch im Vorgänger hier deutlich mehr dieser mysteriösen Kammern aufspüren und erforschen lässt. Genauso freue ich mich darüber, dass das Tauchen ein Comeback feiert, auch wenn es hier leider nur eingeschränkt und ein bisschen wie auf Schienen verläuft, da man sich nicht völlig frei unter Wasser bewegen kann, sondern automatisch in gewisse Bahnen gelenkt wird. Schade zudem, dass bei den Rätseln, die sich meist um physikalische Auswirkungen und die Einbindung von Wasser drehen, immer noch nur leichte Kost geboten wird. Gerade angesichts der Tatsache, dass die meisten Gräber ohnehin optionale Aufgaben darstellen, hätte man ruhig ein paar Kopfnüsse auffahren können, deren Lösung sich nicht schon nach ein paar Minuten erschließt. Und auch Fallen sowie fordernde Plattform-Abschnitte hätte es für meinen Geschmack ruhig noch mehr geben dürfen.    

Die wahre Grabräuberin

Wenn es nach krassen Sprüngen knapp wird, kann man Lara mit einer schnellen Reaktion vor dem Absturz bewahren.
Stattdessen hat man es an anderer Stelle übertieben – nämlich bei der inflationären Einbindung von Audio-Logs: Abgesehen davon, dass ich dieses Stilmittel zum Erzählen einer Geschichte furchtbar billig finde, ist es einfach nervig, hinter fast jeder Ecke eines dieser Dokumente oder Aufnahmen zu finden, in denen langatmig der erzählerische Rahmen rund um einen mysteriösen Propheten gesponnen wird, dessen Geheimnissen und Kenntnissen über eine göttliche Quelle für ewiges Leben nicht nur Laras verstorbener Vater auf der Spur war, sondern auch die finstere und überraschend gut ausgestattete Geheimorganisation Trinity hinterher jagt, um eine neue Weltordnung zu verwirklichen. Und selbstverständlich gibt es auch noch ein Volk, das sich von der Außenwelt isoliert hat und seine Existenz darauf ausrichtet, die Quelle dieser Macht unter allen Umständen zu beschützen. Jedem dürfte schon nach dieser kurzen Zusammenfassung klar sein, dass das Skript nicht unbedingt vor Kreativität strotzt. Trotzdem hält die Geschichte bei der Stange, was sie aber weniger den Audio-Logs, sondern viel mehr den hervorragend inszenierten Zwischensequenzen und interessanten Charakteren verdankt, zumal es auch die eine oder andere überraschende, aber für mich irgendwie doch extrem vorhersehbare Wendung innerhalb der Handlung gibt. Immerhin geht der etwa 15-stündige Ritt durch Syrien und Sibirien insgesamt erfreulich kurzweilig sowie abwechslungsreich über die Bühne. Zudem herrscht kein so extrem krasser Widerspruch mehr wie im Vorgänger, wo Lara in Zwischensequenzen extrem verletzlich und unsicher wirkte, im Spiel dagegen als Killer-Amazone auftrat. Zwar kann Crystal Dynamics diesen Bruch auch hier nicht ganz vermeiden, doch wirkt die Charakterdarstellung zumindest homogener und nachvollziehbarer. Etwas störend empfinde ich lediglich Laras Daddy-Komplex, der etwas zu häufig und penetrant in den Vordergrund geschoben wird.     

Nachdem der Abspann über den Bildschirm geflimmert ist, der am Ende übrigens mit einer Cliffhanger-Szene als Einstimmung auf die unvermeidliche Fortsetzung abgeschlossen wird, bleibt immer noch genug zu tun. Zwar verzichtet man im Gegensatz zum Vorgänger auf einen direkten Mehrspielermodus, hat mit den Expeditionen und Bestenlisten aber eine interessante Alternative parat. Schon in der Kampagne fällt auf, dass die eigenen Leistungen in diversen Arealen mit denen von Freunden verglichen und in einer Bestenliste verewigt werden. Neben Punkten wird dort u.a. auch aufgeführt, wie lange die Konkurrenten für den Abschluss des Abschnitts benötigt haben.

Auf zur Expeditionen

Die Expeditionen greifen dieses Konzept der asynchronen Duelle auf, bauen es dabei aber mit verschiedenen Modi und den so genannten Expedition Cards weiter aus. Letztere bekommt man entweder für das Erreichen von Meilensteinen innerhalb der Kampagne, gegen das Einlösen von Ingame-Währung oder – Überraschung – man kauft sich weitere Kartendecks für echtes Geld in Form von Mikrotransaktionen. Der Sinn hinter diesen Karten ist folgender: Mit ihnen kann man Herausforderungen ganz auf die eigenen Wünsche bzw. das eigene Können zuschneiden und beim Erfüllen der Vorgaben viele Credits gewinnen. Mit den Karten stärkt oder schwächt man z.B. Waffen, legt Aufgaben fest oder setzt sich selbst gehörig unter Druck, wenn man weder sterben noch Schaden einstecken darf. Die Möglichkeiten und Kombinationen sind nahezu grenzenlos. Karten, für die man keinen persönlichen Verwendungszweck sieht, lassen sich dabei wieder für Ingame-Währung verkaufen. Allerdings sollte man dabei immer den vermerkten Seltenheitswert und den Bonusmultiplikator bedenken. Auch lassen sich manche Karten nur einmal,

Film und Spiel gehen meist nahtlos ineinander über. Vor allem in den Zwischensequenzen kommt die hervorragende Mimik besonders gut zur Geltung.
andere dagegen mehrmals verwenden. Nett: Twitch-Übertragungen wurde erneut eine interaktive Komponente verpasst, so dass Zuschauer hier per Abstimmung Expeditionskarten bestimmen und dadurch den Spielverlauf beeinflussen können.

Im Modus Punktangriff zählen vor allem Geschwindigkeit und Kombozähler, wenn man sich erneut in vorher festgelegte Kampagnen-Abschnitte stürzt und neben dem Erledigen von Feinden auch mit dem Abschluss von Laternen, Irrlichtern und dem Sammeln von Objekten den Punktezähler in die Höhe treibt. Bei der Kapitelwiederholung spielt man die Level ohne diesen Druck ein weiteres Mal und darf in der Elite-Variante sogar seine verbesserten Fähigkeiten und Ausrüstung mitnehmen. Eine Anreihung kleiner Mini-Missionen wartet im Modus „Widerstand der Verbliebenen“, in dem man u.a. Geiseln befreien, eine bestimmte Anzahl an Wölfen oder einen markierten Anführer der feindlichen Truppen ausschalten muss. Cool: Man darf dabei nicht nur Herausforderungen der Community meistern, sondern auch eigene Missionen mit bis zu fünf Aufträgen selbst gestalten und dabei z.B. Witterungsverhältnisse und Tageszeiten sowie eigene Expeditions-Karten einbringen. Damit es fair bleibt, müssen Spieler dieser Herausforderungen die geforderten Karten nicht selbst besitzen oder kaufen, um daran teilzunehmen. Sie werden nur bei der Erstellung eigener Missionen benötigt. Insgesamt empfinde ich die Expeditionen als eine nette Ergänzung, zumal die Mini-Herausforderungen hier besser aufgehoben scheinen, als in der Kampagne. Leider trifft man auch dort hin und wieder auf optionale Aufgaben nach dem Motto „Schieße zehn verteilte Zielscheiben ab“ oder „Finde fünf Glocken“, die im Rahmen der Geschichte aber mehr wie eine überflüssige Beschäftigungstherapie wirken und neben dem Sammelkram ebenfalls zur Überfrachtung beitragen.

Mission-Editor Light

Fazit

Rise of the Tomb Raider ist eine gelungene Fortsetzung des Reboots, die dank einer größeren Auswahl an atmosphärischen Gräbern und kleinen Rätseln inhaltlich wieder mehr für traditionelle Schatzsucher zu bieten hat. Darüber hinaus begeistert das jüngste Abenteuer von Lara Croft mit atemberaubenden Kulissen, gelungenen Tempowechseln, starken Sprechern und einer cineastischen Inszenierung, die von wuchtigen Soundeffekten und dynamischer Musikuntermalung gestützt wird. Leider wirkt die Hardware der Xbox One stellenweise überfordert und die Steuerung präsentiert sich nicht mehr so reaktionsfreudig wie im Vorgänger. Zudem fehlte Crystal Dynamics der Mut oder der Wille, stärker von der Reboot-Schablone abzuweichen und das Action-Adventure weiterzuentwickeln – auch wenn dies bedeutet, sich von Mechaniken zu verabschieden und alte Zöpfe abzuschneiden. Als Folge dessen wird die Spielwelt noch stärker mit Ressourcen-Sammelkram sowie Audio-Logs zugemüllt und wirkt zusammen mit dem überflüssigen Erfahrungs- und Fähigkeitensystem völlig überfrachtet. Weniger wäre mehr gewesen! Trotzdem ist Rise of the Tomb Raider insgesamt ein Fortschritt gegenüber dem Reboot, weil man sich trotz zu vieler Kämpfe gegen strunzdumme KI-Gegner und übermächtigen Fähigkeiten bei der Erkundung wieder stärker auf das konzentriert, was den Reiz und die Faszination als Grabräuber ausmacht.  

Pro

  • überwiegend fantastische Kulisse, gelungene Animationen und Haardarstellung...
  • meist große Areale mit Erkundungsreizen
  • abwechslungsreiche Schauplätze
  • lebendige Spielwelt (dank ausgeprägter Fauna)
  • umfangreiche Story-Kampagne
  • nette Rätseleinlagen...
  • gelungene Inszenierung
  • visuelle Hinweise lassen sich optional abschalten...
  • interessante Storyansätze mit Überraschungen und Wendungen...
  • Bogen als starkes Allzweck-Werkzeug
  • stärkerer Fokus auf Gräber und Erkundung inkl. Taucheinlagen
  • mehr Stealth-Optionen
  • unkompliziertes Crafting-System
  • zahlreiche Verbesserungen für Waffen und Fähigkeiten
  • großartige deutsche Sprecher
  • starker Einstieg
  • komfortables Schnellreisesystem
  • faire Speicherpunkte
  • Expeditionen für individuelle Herausforderungen & Online-Vergleiche
  • stimmungsvoller und dynamischer Soundtrack
  • gute Nutzung der Impulse-Trigger
  • interessante & interaktive Twitch-Einbindung

Kontra

  • ...aber hin und wieder zu Lasten der Bildrate, Schattendarstellung und Kantenglättung
  • träge Steuerung (vor allem beim Zielen)
  • KI weder clever noch besonders aufmerksam
  • viel zu viel aufgedrängter und überfrachteter Sammelkram (Loot-Kisten)
  • zu hohe Frequenz an Audio-Logs
  • ...aber insgesamt zu anspruchslos
  • ...die aber vorhersehbar sind
  • überflüssiges, aufgesetztes und unlogisches Erfahrungssystem
  • ...die ständigen EP
  • und Freischalt-Einblendungen dagegen nicht
  • Survival-Ansatz spielt kaum eine Rolle
  • Syrien-Abschnitt zu kurz
  • Lara wird in Kämpfen zu schnell zur übermächtigen Killerbraut
  • gegen Ende zu häufig aufgezwungene Baller-Action und Gegnerwellen
  • (optionale) Mikrotransaktionen bei Expeditions-Kartenpaketen
  • mitunter geringe Zeichentiefe (Pop-ups / Fade-ins)

Wertung

XboxOne

Rise of the Tomb Raider klammert sich zu sehr an Elemente des Vorgängers und schwächelt bei den Kämpfen. Dank des stärkeren Fokus auf versteckte Gräber und Erkundung kehrt Lara aber allmählich wieder zu alter Stärke zurück.