Typoman - Test, Logik & Kreativität, Wii_U, PlayStation4, Mac, Switch, PC, XboxOne

Typoman
18.11.2015, Jan Wöbbeking

Test: Typoman

Plattformer trifft auf Worträtsel

Während die Branchengrößen das Gamepad der Wii U kaum ausnutzen, gibt es im eShop immer mehr kreative Experimente: Im Plattform-Knobler Typoman z.B. mixt man auf dem Touchscreen Wörter, die einem Buchstabenmännchen durch seine finstere Welt helfen. Ein cleverer Mix aus Jump-n-Run und Scrabble?

Das von der Bonner „Brainseed Factory“ erdachte Prinzip ist ebenso einfach wie genial: Aus dem Buchstabengebilde „PART“ wird z.B. blitzschnell ein „TRAP“, wenn ich mich ihm zu ungestüm nähere. Dann klappt das Wort sofort um und stampft den armen Typoman platt. Natürlich lässt sich die Attacke ausnutzen, wenn man nur hartnäckig bleibt. Nachdem ich die Falle ein paarmal ausgelöst habe, lockert sich durch ihr wildes Stampfen anderswo ein „S“, das sich in die Nähe des angriffslustigen Wortes schieben lässt. Und schon wird aus „TRAP“ ein „STRAP“ – also ein Riemen, der die Falle einwickelt und den Weg frei macht. An einem anderen Ort muss ich einen altertümlichen Drucker bedienen, der nur ein paar vorgegebene Buchstaben ausspuckt. Nachdem ich ein paar Exemplare produziert habe, erscheinen sie auf meinem Touchscreen, wo ich sie zu einem hilfreichen Wort drehe. „ON“ aktiviert z.B. ein Stückchen weiter den Aufzug und andere elektrische Schalter. Oft müssen das Timing und der Abstand stimmen, damit sich der gewünschte Mechanismus in Bewegung setzt. Nur wenn sich alle Zeichen des gesuchten Wortes berühren und nah genug an der Maschine liegen, kann es losgehen.

Wort-Puzzles aus Bonn

Englische Sprachkenntnisse werden vorausgesetzt. Die Puzzles beschränken sich aber auf bekannte Worte.
Wenn z.B. am Buchstabendrucker T, P, O und S zur Verfügung stehen, lasse ich die vier Buchstaben produzieren, schiebe sie zusammen und forme ein STOP. Et voilà: Die tödlich stampfende Müllpresse kommt zum Stillstand. Meist ist es richtig inspirierend und unterhaltsam, mit Wörtern und Mechanismen zu experimentieren. Gegen Rätselfrust hilft in kniffligen Situationen das zweistufige Hilfe-System. Beim ersten Druck aufs Fragezeichen wird auf dem Touchscreen ein poetisch formulierter Hinweis angezeigt, beim zweiten erscheint das Lösungswort. Auch ein kleiner Roboter kommt zum Einsatz, der nach Aktivierung gefährliche Widersacher einsaugt, um neue Worte auszuspucken.

So weit, so faszinierend – doch leider funken immer wieder handwerkliche Schwächen dazwischen. Vor allem, wenn Typoman unter Zeitdruck knifflige Sprungpassagen meistern muss. Es passt zwar zum Konzept, dass das kleine zerbrechliche Buchstabenmännchen nicht so agil ist wie Mario oder Super Meat Boy – aber die Steuerung ist zu träge.

Tolle Idee, unsaubere Umsetzung

Endlich mal ein Wesen, dass Typoman nicht den Kopf abreißen will...
Das Handling fühlt sich einfach nicht griffig genug an, um einem Monster unter Zeitdruck davonzulaufen und souverän die Kletterpassagen zu meistern. Außerdem verlassen sich die Entwickler etwas zu oft auf Trial & Error, so dass ich erst beim zweiten Anlauf einschätzen konnte, an welcher Stelle eine Feuersbrunst ausbricht oder ein Gegner mir den Kopf abreißt. Manchmal bin ich sogar unverschuldet abgestürzt, weil das Bild mitten in der Bewegung kurz einfror. Für noch mehr Ärger sorgen Bugs und Abstürze. Rund sieben Mal musste ich das Spiel neu starten, weil Typoman irgendwo hängen blieb, sich nicht mehr bewegen ließ oder die Konsole sich komplett aufgehängt hatte. Entschärft wird das Problem zum Glück dadurch, dass die Entwickler viele Speicherpunkte eingebaut haben, an denen man direkt wieder einsteigen kann.

Es gibt kein schlechtes Wetter - nur die falschen Buchstaben! Manchmal muss man sich vorm Puzzeln an die passende Position schwingen.
Schade auch, dass sich die Geschichte um ein schwebendes Mädchen und die wuselnden Dämonen so sehr im Hintergrund hält. Vermutlich beziehen sich die zahlreichen Rätsel-Metaphern darauf, inmitten der etwas fummeligen Action hatte ich aber nicht die Muße, sie zu deuten. Das Artdesign der finsteren Welt ist den Entwicklern klasse gelungen: Vor allem die zackigen Buchstabenmonster gebärden sich richtig schön bedrohlich. In einem Albtraum-Wald wird Typoman immer wieder von fiesen Spritzen attackiert, deren Gift die komplette Welt verschwimmen lässt. Auch der reduzierte sphärische Ambient-Soundtrack erzeugt eine angenehm düstere Stimmung und schreckt in dramatischen Momenten auch nicht vor bedrohlich anschwellenden Disharmonien zurück. Beim diesjährigen Deutschen Entwicklerpreis wurde das Spiel übrigens in fünf Kategorien nominiert

Wortwörtlicher Albtraum

Fazit

Schade – da wäre mehr drin gewesen! Eigentlich steckt in Typoman ein faszinierender Mix aus Plattformer und Worträtseln, der das Gamepad der Wii U geschickt ausnutzt. Auf dem TV wird gehüpft, während man auf dem Touchscreen Buchstaben zu magischen Wörtern mixt, die den Weg frei machen. In der hübsch designten Welt gibt es viele ideenreiche Kopfnüsse zu knacken. Leider wird der bizarre Trip aber immer wieder von handwerklichen Fehlern gestört: Die träge Steuerung und plötzliche Ruckel-Attacken sorgen mitunter dafür, dass man unverschuldet im Abgrund landet. Manchmal bewegt sich der kleine Held sogar überhaupt nicht mehr oder lässt die komplette Konsole abschmieren. Mit etwas mehr Feinschliff hätte Typoman das Zeug zu einem exklusiven Highlight gehabt - in der aktuellen Form reicht es aber noch für eine gute Wertung.

Pro

  • ideenreiche Verquickung von Wort- und Plattformrätseln
  • abwechslungsreiche Puzzles
  • sinnvoller Touchscreen-Einsatz als Wortmixer
  • surreales finsteres Artdesign
  • unheilvoller Ambient-Soundtrack
  • zweistufiges Hinweis-System

Kontra

  • zahlreiche Bugs und Abstürze
  • träge Jump-n-Run-Steuerung nicht immer präzise genug
  • regelmäßiges Bildstottern versaut manche Sprünge
  • etwas zu viel Trial & Error
  • Geschichte bleibt zu sehr im Hintergrund

Wertung

Wii_U

Der clevere Mix aus Plattform- und Buchstaben-Rätseln fasziniert, wird aber von Bugs sowie einer trägen Steuerung ausgebremst.