Amplitude - Test, Geschicklichkeit, PlayStation3, PlayStation2, PlayStation4
Amplitude und der Vorgänger Frequency gelten als visionäre Meilensteine des Musikspiels. Unter anderem, weil man sich von dem Senso-Prinzip entfernt hat, mit dem z.B. PaRappa the Rappa oder Space Channel 5 die Spieler vor den Bildschirm lockten. Während man dort die nächste Tastenfolge angesagt bekam und dann nachspielen durfte, musste man bei den Premierentiteln von Harmonix die geforderten Tasten ad hoc zu den Noten drücken. Zudem musste man ständig die Spuren wechseln, die für die einzelnen Instrumente wie Drums, Gitarre, Keyboard, Gesang usw. der lizenzierten Tracks zuständig waren, wenn man das klangliche Gesamtbild der Songs genießen wollte.
Blick zurück im Glück
Etwas mehr als zwölf Jahre sowie eine erfolgreiche Kickstarter-Kampagne später steht die Neuauflage in den Startlöchern, um die PS4-Musikfans an die Pads zu locken. Mechanisch hat sich grundlegend nichts verändert: Nach wie vor schwebt man mit einem futuristischen Gleiter in einer klar strukturierten Technowelt über die Tonspuren, um die Noten abzuschießen. Immer noch löst sich die mitunter verwundene Soundstraße nach einer erfolgreichen Kombo auf, damit man sich der nächsten Spur zuwenden kann. Leider kommt es in seltenen Fällen vor, dass die Gefälle und Steigungen zusammen mit den Kurven etwas spät zeigen, auf welcher Spur es weitergeht, so dass unnötige Hektik entsteht. Und weiterhin sind Taktgefühl, Timing und geschickter Einsatz der Specials gefragt, wenn man den Track in seiner akustischen Gesamtheit genießen sowie Höchstpunktzahlen erreichen möchte. Schafft man es nicht, die Noten oder einzelne Spuren abzuräumen, verliert man Energie, was schließlich zu einem Spielende führen kann - es sei denn, man rettet sich zum nächsten Kontrollpunkt, an dem die Energie wieder aufgefüllt wird.
Harmonix hat es immer noch drauf
Immerhin: Die größtenteils elektronischen Tracks mit ihren krachenden Beats, die häufig mehrere Drum-Spuren in Beschlag nehmen, haben mich als nicht unbedingt "electrophil" geltenden Musikfan mehr in den Bann gezogen, als ich nach den ersten zwei Liedern der 15 Songs umfassenden sowie als "Konzeptalbum" angelegten Kampagne gedacht hätte. Das Hauptziel besteht darin, einen komatösen Patienten mit Hilfe von Musik zu retten und aufzuwecken. So erfährt man zu Beginn jedes Songs über einen kurzen Dialog-Schnippsel immer wieder etwas Neues über die geheimnisvolle Person bzw. die Begleitumstände. Allerdings bleibt vieles kryptisch und wird auch nach dem Finale nicht aufgelöst, das nicht nur akustische Wahrnehmung und Rhythmik, sondern mit seinen wabernden Formen, Farbenspielen oder verwischenden Spuren auch die visuelle Koordination bzw. Aufnahmefähigkeit auf eine harte Probe stellt. Vier Schwierigkeitsgrade stehen zur Verfügung, wobei der Sprung zwischen dem zweiten und dritten erstaunlich hoch ist und das Potenzial hat, Spielern schnell die Grenzen aufzuzeigen, die die zweite Stufe gemeistert haben.
Musik-Therapie
Fazit
Für mich als Rhythmusspiel-Veteran kann die Neuauflage von Amplitude nicht mehr den Wow-Effekt hervorrufen, den ich noch vor etwas mehr als zwölf Jahren verspürt habe. Dafür ist in diesem Genre einfach zu viel passiert. Dass das Musikabenteuer dennoch von Anfang bis Ende Spaß macht, liegt an dem genial einfachen, dabei aber stets fordernden Spielprinzip. Gutes Design ist zeitlos und Amplitude ist dafür ein weiteres Beispiel. Mitunter verdecken die gewundenen Tonstraßen zwar den Einstieg für die nächste Spur, so dass man auf sehr gute Reaktionen angewiesen ist, doch dies schmälert den Unterhaltungswert kaum. Die als Konzeptalbum aufgezogene Kampagne ist gleichermaßen kryptisch wie interessant und legt mit ihren Electro-Beats den Grundton, der sich durch den gesamten Soundtrack zieht. Dass dieser weniger Bandbreite zeigt als im Original, ist bedauerlich, aber dafür ist die dymamische Soundausgabe qualitativ so hochwertig, wie man es von Harmonix gewohnt ist. Und als Kirsche auf der Sahne wartet ein manchmal hektischer, herrlich chaotischer Mehrspielermodus für bis zu vier Spieler, bei dem man sowohl kooperativ als auch gegeneinander den Noten nachjagen kann. Amplitude war bei seiner PS2-Premiere ein Meilenstein und hat in seiner runderneuten PS4-Auflage nur wenig von seiner Faszination eingebüßt.
Pro
- kyrptische Kampagne als 15 Songs umfassendes Konzeptalbum
- klar strukturiertes Design
- bis zu vier Spieler lokal kooperativ oder kompetitiv (auch in Teams)...
- Sound wird durch Aktionen des Spielers beeinflusst
- optionaler FreQ-Modus mit dem "Tunnel" aus Frequency
- sehr gute Kontroll-Abfrage
- insgesamt gut 30 Tracks integriert
Kontra
- happiger Sprung zwischen zweitem und dritten Schwierigkeitsgrad
- Electro-Soundtrack ist nicht über alle Zweifel erhaben
- ... Mehrspieler-Modus mitunter hektisch und chaotisch
- hügelige bzw. kurvige Notenstraßen verdecken mitunter die nächsten Spuren