Crypt of the NecroDancer - Test, Musik & Party, PC, PS_Vita, PlayStation4, Mac, XboxOne
Für kampflastige virtuelle Höhlenwanderungen bin ich immer zu haben. Und bei Rhythmusspielen fällt es mir auch schwer, nein zu sagen. Unter diesem Aspekt war Crypt of the NecroDancer bei seinem finalen Steam-Release nach einer erfolgreichen Early-Access-Phase im April letzten Jahres beinahe die perfekte Kombo. Auch und gerade weil das Konzept mit zusätzlichen Elementen angereichert wurden, die man mit dem für mich mittlerweile fast zum Unwort verkommenen "Roguelike" kategorisieren und in eine Schublade packen kann: Permanenter Tod, zufällig generierte Level und Gegner-Anhäufung sowie ebenso zufällig ausgeschüttete Gegenstände als Beute oder kaufbare Ware bei Händlern.
Dungeon-Ballett
Man braucht keine Illusionen haben, dass es sich hier um eine Art "Kloppmist" mit musikalischem Hintergrund handelt. Stattdessen schlummert hinter der bunten, bei jedem Start zufällig generierten Fassade ein taktischer Echtzeit-Puzzler, der einem klaren Regelwerk folgt. Jeder Gegner folgt einem vorgegebenen Bewegungsmuster und Takt. Manche Figuren bewegen sich bei jedem Schlag. Manche lassen zwischen jeder Bewegung einen Schlag Pause, andere wiederum bewegen sich nur bei jedem vierten Beat. Die eigene Figur nimmt nur Schaden, wenn sie und der Gegner mit ihrer Bewegung auf dem gleichen Feld landen - und natürlich bei besonderen Distanzangriffen von End- oder Zwischenbossen wie den fiesen Drachen. Befinden sich die Heldin und der jeweilige
Feind auf angrenzenden Feldern, wird mit der entsprechenden Pfeiltaste keine Bewegung, sondern ein Hieb mit der Waffe ausgeführt. Je nach Durchschlagskraft der ausgerüsteten Waffe, ihrer Reichweite sowie der Lebensenergie der Feinde sind mitunter mehrere Schläge nötig, die man wiederum sorgsam mit den eigenen Bewegungen sowie denen der Gegner koordinieren muss.Klare Regeln
Dieses Konzept klingt anfangs verwirrend, geht einem aber unglaublich schnell in Fleisch und Blut über. Und ab diesem Moment wird Crypt of the Necrodancer zu einem mitunter anspruchsvollen Bewegungs-Puzzle, dem man sich nicht entziehen kann. Wenn diverse unterschiedliche Gegnertypen auf einen zukommen, ist ein kühler Kopf und Kenntnis der Bewegungsschemata zwingend notwendig, da man sich sonst verdammt schnell in der Lobby wiederfindet. Auch den Fallen (die auch die Feinde in Mitleidenschaft ziehen) sollte Bedeutung geschenkt werden. Und nicht zuletzt kann man sich mit seiner Schaufel auch durch bestimmte Wände graben. Teils aus taktischen Gründen, weil eine abgebaute Wand als Taktfüller genutzt werden kann, bis der nächste Feind neben einem steht, ohne den Multiplikator zu verlieren. Teils, weil sich dahinter Verstecke oder Diamanten befinden können, die neben Gold als zweite Währung dienen. Erforschung der Umgebung und Sammeln werden belohnt.
Allerdings muss man sich bewusst sein, dass die Besitztümer nur kurzzeitig für Freude sorgen. Das Gold, das man für erledigte Gegner erhält, bleibt beim Ableben komplett im Dungeon und sollte daher bei den herrlich zu den schmissigen Melodien mitsingenden Händlern für die dort angebotene Ausrüstung ausgegeben werden. Diese kann aber ebenfalls nicht den Dungeon verlassen. Dies ist einzig den gesammelten Diamanten vorbehalten, die man in der Lobby bei verschiedenen Figuren ausgeben kann, um mitunter kostspielige Spielerweiterungen freizuschalten. Dazu gehören z.B. mehr Lebensenergie-Herzen oder neue Gegenstände, die man dann im Dungeon entweder in Kisten findet oder bei Händlern erstehen darf. Aber auch die Trainings-Möglichkeiten gegen die diversen Mini- und Endbosse sind nur gegen die Kohlenstoff-Modifkation möglich. Die Bewegungsmuster der Standard-Kontrahenten lassen sich kostenlos studieren, damit man beim nächsten Durchlauf für alles gewappnet ist.
Wie gewonnen so zerronnen
Dass die Level hinsichtlich Befüllung und Layout bei jedem neuen Anlauf zufällig ausgewürfelt werden, sorgt nicht nur für Freude. Denn während einerseits bei jedem Start ein neues Erlebnis gewährleistet wird, ist man neben seinen Fähigkeiten sehr stark vom Glück abhängig, wenn man überleben möchte. Hat man gleich im ersten Abschnitt den Drachen mit seinem Distanzangriff und exorbitanten Lebenspunkten als Torwächter und nicht den tumben Minotauren, der ständig gegen die Wand stürmt, wird es schwer, die nächste Stufe zu erreichen. Vor allem, wenn die Schatztruhen keine ordentlichen Waffen ausspucken und man beim Händler für sein schwer verdientes Gold nur einen Kompass, eine Fackel
sowie eine verbesserte Schaufel bekommt. Das führt zwangsläufig zu Frust - der einen allerdings nicht lange vom nächsten Versuch abhält. Denn in den meisten Fällen liegt das Scheitern nicht an schlechtem Spieldesign, sondern den eigenen Unzulänglichkeiten.Mehr ist mehr
Und wenn alles zusammenpasst, man von ein wenig vom Inventar-Glück begünstigt wird und in einen rhythmischen Fluss kommt, entsteht bei Crypt of the Necrodancer ein kleines Stück Spielemagie. Das ist auch den ins Ohr gehenden Melodien zu verdanken, die aus der Feder von Danny Baranowsky stammen, der schon Super Meat Boy oder The Binding of Isaac musikalisch veredelte. Und wem ein spezieller Track eventuell bekannt vorkommt: Das Team von Harmonix hat in seinem Amplitude-Remake mit einem Song dem Erfolg dieses Indie-Projekts gehuldigt. Schade ist allerdings, dass man im Gegensatz zur PC-Fassung weder mit eigenen Songs durch die Gewölbe stapfen kann und auch im geschlossenen Sony-Universum auf Modding-Tools oder den Leveleditor verzichten muss. Immerhin darf man auch auf PS4 kooperativ die Gewölbe im Takt durchstreifen.
Fazit
Auch wenn auf PlayStation 4 keine eigenen Level erstellt oder eigene Musiken importiert werden können, ist Crypt of the NecroDancer auch beinahe ein Jahr nach seiner Erstveröffentlichung immer noch ein außergewöhnliches Spiel. Die anfänglich merkwürdig scheinende Mischung aus actionreicher Höhlenerforschung und Rhythmusspiel entwickelt sich je nach Figurenwahl zu einem spannenden Echtzeit-Puzzler oder einer rundenbasierten Musikstrategie. Zwar können die zufällig generierten Levelinhalte auch für gelegentlichen Frust sorgen. Doch wenn man es schafft, im mitunter entstehenden Gegnerchaos den Überblick zu behalten und zudem ein wenig vom Gegenstandsglück angelächelt wird, entstehen auch auf der Konsole magische Momente. Das führt dazu, dass man immer wieder für einen "kurzen" Abstecher in die Gewölbe des Nekrotänzers zurückkehrt. Und genau das werde ich jetzt auch...
Pro
- ungewöhnliches Konzept mit Mix aus Rhythmus-Spiel und Dungeon Crawler
- treibender Soundtrack mit zahlreichen Remix-Optionen
- sympathische 16-Bit-Kulisse
- abwechslungsreiche Charakterauswahl, die unterschiedliche Herangehensweisen fordert
- interessante Bosskämpfe
- kooperatives Spiel möglich
- Tanzmatten werden unterstützt
Kontra
- zufällige Levelgenerierung kann für Frust sowie einen uneinheitlichen Schwierigkeitsgrad sorgen
- keine eigenen Musiken importierbar
- kein Level-Editor